Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðxt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 174. 
Samstag, 8. September 1883. 
—18. Jahrg 
— 
Politische Uebersicht. — 
Deutsches Reich. 
Berlin, 5. Sept. Der Zusammentritt der 
teichskommission für die Untersuchung der Ursachen 
er Hochwasserschüäden am Rhein und seinen Neben⸗ 
üssen, um deren Einsetzung der Reichskanzler in 
folge des zu dem Antrage Thilenius gefaßten Be— 
hlusses des Reichstags ersucht worden ist, steht noch 
n dem laufenden Jahre bebor. Zum Reichskom⸗ 
nissar dürfte der schon mit der Leitung der Unter⸗ 
uchung der Korrektion im Rheingau mit großem Er⸗— 
olge betraut gewesene Unterstaatssekretär im Mini— 
jerium für Landwirthschaft, Marcard defignirt sein. 
Die Mitglieder der Vollzugscommission betreffend 
en Zollanschluß Hamburgs sind heute nach Ham⸗ 
zurg abgereist. 
Herr v. Schlözer beabsichtigt, wie wir hören, 
on Lübeck, seiner Vaterstadt, in welcher er jetzt 
veilt, nach Berlin zurückkehren. Ob er hier oder 
m einem anderen Ort dem Fürsten Bismarck 
nündlichen Bericht über seine roöͤmischen Erfahrungen 
rstatten, wird, ist noch ungewiß; ebenso die Zeit 
einer Rückkehr auf seinen Posten in Rom. 
Ausland. 
Budapest, 5. Sept. In Sopot, Croatien, 
aben die Aufständigen die Gendarmerie und das 
Nilitär zurückgeschlagen, wobei es Tote und Ver⸗ 
oundete beiderseits gab; in Ivanec wurden die 
zusaren hinausgedrängt; in Nagytabar, steierische 
grenze, sammeln sich zahlreiche Massen. Das Her⸗ 
bergreifen des Aufstandes wird befürchtet. In 
hednja Krapina hat die aufständische Bewegung 
edeutend zugenommen. 
Agram, 5. Sept. Auch in Beduja sind 
auernunruhen ausgebrochen. Eine halbe Eskadron 
husaren mußte sich zurückziehen, behufs Verstärk⸗ 
ingen. Bei einem Bauernangriff auf Infanterie 
ab es beiderseits Todte und Verwundete. Bei 
inem Zusammenstoß in Krapina zwischen den 
zauern und Gensdarmen wurde ein Bauer geiödtet 
ind mehrere verwundet. Nachdem die Gensdarmen 
Nilitär herangezogen, gelang es, die Menge zu 
erstreuen. 
Paris, 6. Sept. Das Journal des Débats 
tklärt in Erwiederung auf den letzten Artikel der 
dordd. Allg. Ztg., es habe nicht gesagt, der Grund⸗ 
ug der deutschen Politik sei die Isolirung Frank— 
eichs, sondern sie beabsichtige in Europa eine solche 
Ardnung der Dinge herzustellen, daß keine Allianz⸗ 
sombination ohne Teutschland möglich sei. Das 
journal vermag es nicht einzusehen, wie dadurch 
me Drohung betreffs des Frankfurter Friedens 
usgesprochen sei, daß auf obiges Werk der diplo— 
ratischen Kunst des Fürsten Bismarck hingewiesen 
ird. Die Nordd. sehe in jedem Artikel der fran⸗ 
osischen Presse eine Herausforderung. Es sei gerecht 
mzuerkennen, daß deutsche Staatsmänner die aggresside 
altung der Berliner Presse nicht nachahmen und 
mbestreitbar guten Willen bezüglich der Verwicke⸗ 
ingen im Mittelmeer und Orient kundgegeben hätten; 
ber das sei kein Grund, daß Frankreich die Augen 
etschließe über den Zustand auf dem Continent. 
henn man nun sagt, daß ohne die Zustimmung 
)eutschlands keine AÄllianz möglich sei, dann werde 
lan angeklagt, den Krieg heraufzubeschwören. Suche 
jan nur Verbündete zur Kriegführung? Wir haben 
utschland eine Reihe Allianzen zur Erhaltung 
„ Friedens schließen sehen und nehmen an, daß 
iese Ctiquette echt ist. Wir denken, Deutschland 
i diese Allianzen gebildet, wenn auch nicht als 
Varantie eines allgemeinen, so doch als Garantie 
teines eigenen Friedens und zur Vermehrung seiner 
Autorität, sowie als solide Grundlage für seine 
degemonie, das ist zweifellos. Dieser Zustand bildet 
en Grund der Schwächung aller Staaten, 
deutschland ausgenommen, weil er jede Al⸗ 
ianz zwischen diesen Mächten ohne Deutsch- 
and verhindert. Was uns betrifft, so suchen 
vir keinen Verbündeten, um den Frankfurter Friedens⸗ 
nertrag zu brechen, weil wir wissen, daß wir keine 
inden würden; aber es ist uns wohl erlaubt, die 
Nittel zu studiren, womit Deutschland seinen Be— 
itzstand und seine Hegemonie gegen die Chancen der 
Zukunft bewahrt. 
Ein Telegramm der Vossischen Zeitung aus 
stom besogt, das Lakalkomits von Cassamic— 
iolha, das aus lauter von der Katastrophe be⸗ 
roffenenen Personen befteht, hat beschlossen, auf jede 
zilfe seitens Frankreichs zu verzichten, da die An— 
iahme eines „Almosens“, wie Rochefort eine solche 
dilfe genannt hat, unter der Würde Italiens sei. 
)Oie italienische Presse tadelt allgemein diesen Be— 
hluß undaist der Meinung, daß Rochefort nicht 
Frrankreich vertrete. Fanfulla hat dagegen, da in 
Folge des schlechten Wetters das Fest für die Pa— 
iser Armen verdorben ist, zu Gunsten derselben 
iine Subskription mit 100 Fr. eröffnet und ladet 
PBersonen jeder Partei zur Theilnahme ein. 
Neapel, 5. Sept. In der letzten Nacht wurden 
uf Ischia in den Ortschaften Torio, Serrara, 
Fontana und Barand zwei schwache Erdstöße wahr—⸗ 
jenomen, die großr Aufregung hervorriefen, aber 
einen Schaden verursachten. — Dem Central⸗-Hilfs⸗ 
omite für die Hinterbliebenen in Jschia sind bereits 
wei Millionen Francs zugegangen. 
Ueber die deutsche Bevölkerung in 
den Vereinigten Staaten von Nord⸗-Amerika schreibt 
»as Newyorker Journal of Commerce, daß die Zahl 
der Deutschen aus dem letzten Census nicht genau 
rmittelt werden könne, da blos die im deutschen 
seiche Geborenen als Deutsche angeführt, Oester⸗ 
reicher, Schweizer und Lothringer aber unter anderen 
Nationalitäten angeführt erscheinen. Unter den, Ameri⸗ 
anern“ befinden sich 5,500, 000, welche von deutschen 
xẽltern abstammen: Hunderttausende sprechen noch in 
weiter und dritter Generation das Deutsche als ihre 
Muttersprache und man werde noch zu niedrig greifen, 
venn man die Zahl der Deutschen in den Ver— 
inigten Staaten um 9 Millionen veranschlagt. 
— Ueber den „Traubenkurort Dürk— 
heim“ schreibt die „Koln. Ztg.“: Das milde Klima, 
wodurch Dürkheim in der Pfalz sich auszeichnet, 
jat diese Gegend von jeher zur Herbvorbringung 
vortrefflicher und frühreifer Weintrauben befähigt. 
Nach dreißigjähriger Erfahrung empfiehlt Bezirksarzt 
Dr. Kaufmann daselbst den Gebrauch der Trauben— 
lur gegen Brust⸗, Herz⸗ und Unterleibsleiden, Hä⸗ 
morrhoiden und Krankheiten des Uro-Genitalsystems. 
Die Dürkheimer Trauben rivalisiren an Süße mit 
den Meranern und übertreffen alle deutsche Trauben 
an Gewürzigkeit und Dünnhäutigkeit. Die natür—⸗ 
iche Frische genießen sie nur, wenn man sie an 
Ort und Stelle gebraucht; sie leiden durch den 
Versandt. Bei dem milden Himmel der Gegend 
am Haardtgebirg, welche durch den Peterskopf ge⸗ 
chützt ist, kann mon die Kur bis Ende Oktober 
ausdehnen. Was lohnende Ausflüge anbelangt, so 
ei nur an die romantische Limburg, das waldum— 
gebene Hardenburg, das stille Isenachthal, den präch⸗ 
tigen Drachenfels, ferner an die Anlagen in näch— 
ter Nähe Dürkheims, an den Gradirbau, den Ring— 
nauerhang, den Brunhildisstuhl, den Teufelstein, 
die Heidenmauer ꝛc. erinnert. — Die Kurdirektion 
hemüht sich außerdem, nach allen Seiten den An—⸗ 
prüchen der Kurfremdem gerecht zu werden. 
— Dannenfels, 5. Septbi. Ueber das 
gestern gemeldete Verschwinden des k. Oberförsters 
Kiefhaber dahier und die Aufsindung seiner Leiche 
derlautet Folgendes: Frau Oberförster Kiefhaber 
ind ihr Sohn, Gymnasiast, gingen vorgestern Nach⸗ 
nittag halb 3 Uhr, einer Einladung folgend, zur 
rirchweihe nach Bolanden; Herr Kiefhaber versprach 
gegen Abend nachzukommen, zuvor habe er noch 
einen Begang des Reviers zu machen, den er, Flinte 
und Hund mit sich führend, sofort ausführte. Als 
er am Abend nicht in Bolanden erschien und auch 
hei der Heimkunft seiner Angehörigen nicht zu Hause 
angetroffen wurde, gerieth man selbstverständlich in 
Besorgniß über sein Ausbleiben. Während der 
Jzanzen Nacht und am andern Morgen wurde der 
Wald abgesucht, bis man eine Leiche gestern kurz 
dor Mittag in der „Eschdelle“ einem Thaleinschnitt 
inks vom Wege nach Bastenhaus, auffand. Er 
hatte einen Schuß in der Herzgegend und eine be— 
deutende Verletzung im Gesichte. Ueber die Art 
seines Todes sind, wie gewöhnlich in solchen Fällen, 
die verschiedensten Gerüchte im Umlaufe. Die ge⸗ 
richtliche Untersuchung soll festgestellt haben, daß 
ein Verbrechen ausgeschlossen ist. Möglicherweise 
liegt also ein Unglücksfall vor, wogegen jedoch einige 
Anzeigen sprechen sollen. 
— Der durch den Pfälzischen Verschönerungs⸗ 
berein auf dem Moltkefels am Obstabhange 
des Donnersberges 1880 errichtete, von einem ver⸗ 
joldeten Adler gekrönte eiserne Triumphbogen hat 
eine neue Zierde durch Aufstellung der von den 
Bildhauern Karl Kauer u. Sohn in Kreuznach 
nodellirten, im Eisenwerk Kaiserslautern gegossenen 
Standbilder des Generalfeldmarschalls Grafen Moltke 
ind Reichskanzlers Fürsten Bismarck erhalten. Am 
iesjährigen Sedantage, Sonntag den 2. September, 
vurden diese Standbilder feierlich eingeweiht. Die 
Musik voran, begaben sich die Festtheilnehmer von 
der Villa „Donnersberg“ aus nach dem Moltkefel⸗ 
ien. Der erste Vorsitzende des Verschönerungsver⸗ 
eins, Karl Frhr. v. Gienanth auf Hochstein, 
dielt zunächst die Weiherede für das Standbild 
Moltkes; dann folgte der zweite Vorsitzende, Herr 
direktor Euler aus Kaiserslautern, mit einer 
olchen auf Bismarck. Ein Festmahl in der Villa 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
Ensheim, 6. Sept. Viktualienmarkt. Kar⸗ 
offeln 2,630 bis 8 Mk. per 50 Kilo, Butter 1,20 
Mk. per Kilo, Eier 80 Pfg. per Dutzend, Kraut 
25—30 Pfg. per Kopf. 
— Bei Gelegenheit des am Samstag den 8. 
September nächsthin in Homburg stattfindenden 
andwirthschaftlichen Bezirksfestes in 
PBerbindung mit der Kreisversammlung des land⸗ 
virthschaftlichen Vereins der Pfalz wurde zur Er— 
eichterung des Besuches den sich legitimirenden 
Mitgliedern des landwirthschaftlichen Bezirksvereins 
domburg, sowie des landwirthschaftlichen Vereins 
der Pfalz auf den Pfälzischen Bahnen eine Fahr— 
reisermäßigung in der Weise bewilligt, daß die 
zei sämmtlichen Stationen am 8. September ge— 
östen einfachen Fahrbillete nach Homburg durch 
Aufdruck des Stempels der Ausgabestation auf der 
Kückseite Giltigkeit zur freien Rückfahrt in der ent—⸗ 
prechenden Zugsgattung und Wagenklasse bis incl. 
J. September erhalten.