Full text: St. Ingberter Anzeiger

Karl Wwe., beide von Kleinniedesheim. wegen 
Meineides. Vertreter der k. Staatsbehörde: Herr 
II. St.⸗A. Schneider. Vertheidiger: Herr Rechts⸗ 
anwalt Schuler. 
— Zweibrücken, 17. Sept. Das frühere 
Gasthaus, zum deutschen Kaiser“ dahier, Eigenthum 
des Herrn Rentner, J. Bender, wurde von Herrn 
Zarl Adolf Käbrich, Gastgeber aus Mainz, um den 
Preis von 30,000 Mk. käuflich erworben. 
— Kaiserslautern, 17. Sept. (Lauter⸗ 
thalbahn.) Zum Zwecke einer technischen Vor— 
Prüfung des Bahngeleises ging gestern Vormittag 
1 ühr ein Probezug nach Lauterecken ab. Der⸗ 
relbe war ausschließlich von technischen Bahnbeamten 
besetzt, ca. 1012 Personen, worunter sich u. A. 
die Herren Direltionsrath Westhofen, Obermaschinen⸗ 
meisser Gayer von Ludwigshafen, Oberingenieur 
Opfermann, Ingenieur Levi, Kontroleur Carl, 
Maschinenmeister Dürr u. s. w. befanden. In dem 
Lenneeschen Gasthause in Lautereden wurde das Mit⸗ 
agsmal eingenommen. Der Probezug gelangte 
glücklich hin und zurück und traf Abends nach 7 
Ühr hier ein. Viele Passanten erwarteten im 
dauterihal die Rückkunft. — Heute Vormittag zwischen 
I0 und 11 Uhr geht, wie am Samstag berichtet 
wurde, die offizielle Probefahrt vor sich. Wie uns 
mitgetheilt wird, sind hiezu 70 Einladungen er⸗ 
gangen. Herr Bürklin von Wachenheim, (Inhaber 
der Firma Grohe⸗Henrich) hat die Fahrgäste zu 
ꝛinem Frühstück in der festlich dekorirten Fabril 
dampertsmühle eingeladen und wird bei dieser Ge⸗ 
legenheit aus dem renommirten Wolf'schen Wein⸗ 
eller Perlen der Pfälzer Weine, aus alten Jahr⸗ 
zängen von hochfeiner Qualität, krendenzen lassen. 
Nach der Rückkunft von Lauterecken findet das von 
der Direktion der pfälz. Bahnen bestellte Festessen 
m Holtel Schwan dahier statt. 
— Aus dem Lauterthal, 14. Sept. 
Heute Nachmittag entlud sich über unsere Gegend 
ein furchtbares Gewitter, das an verschiedenen Orten 
»edeutenden Schaden anrichtete. Es fielen Schlossen 
in der Dicke eines kleinen Taubeneies in ungeheurer 
Menge, die Hühner und Gänse niederschlugen. 
Nach dem Hagel folgte ein in Strömen hernieder⸗ 
allender Regen, der eine Ueberschwemmung zur 
Folge hatte. An manchen Orten sind ganze Kar⸗ 
ioffelfelder in Wiesenthäler weggeschwemmt worden. 
Noch dem Wetter gingen die Bewohner mit Körben 
n das Wiesenthal, um die fortgeschwemmten Kar—⸗ 
roffeln einzuheimsen. — Wie der „Pf. Post“ nach· 
zraͤglich mitgetheilt wird, standen Fabriksäle der 
dampertsmühle unter Wasser. Die Wasserab⸗ 
leitungskanäle an den niederen sogenannten eng⸗ 
lischen Bauten mit Glasdächer resp. Fenstern wurden 
durch Schlossen verstopft, der Regen konnte nicht 
ablaufen und so drang das Wasser in die Säle. 
In Weilerbach schlug um 944 Uhr der Blitz 
in das Anwesen des Tagners Jakob Steck, und 
hrannte die mit Frucht gefüllte Scheuer desselben 
sotal nieder. Die Frucht ist nicht versichert; der 
Eigenthümer war auf der Arbeit und während des 
Brandes gar nicht anwesend. 
— Neustadt, a.H., 17. Sept. (Bienen⸗ 
zucht.) Am 27. September 4. c. hält der Haupt⸗ 
Ferein Pfälzer Bienenzüchter im Hotel zu den Vier 
Jahreszeiten in Neustadt seine 26. Jahresversamm⸗ 
iung ab. Zu der hiemit verbundenen Ausstellung 
von Bienen und bienenwirthschaftlicher Apparaten 
sowie auf dem gleichzeitig stattfindenden Honigmarkt 
dürften Interessenten aufmerksam gemacht werden. 
Zur Ausstellung sind bereits einige höchst interes⸗ 
sante Gegenstände eingetroffen und werden die 
Bühnenzuͤchter eingeladen, das Schöne und Gute 
rus ihrer bienenwirthschaftlichen Einrichtung an 
Herrn Gust. Deidesheimer nach Nenstadt a.H. zu 
shicken, um dortselbst auf besagter Ausstellung dem 
Allgemeininteresse in angenehmer Weise dienstbar zu 
machen. Der Honigmarkt, den alle Vereinsmit⸗ 
glieder der ganzen Pfalz zu beschicken hiemit ersucht 
verden, dürfte für Produzenten und Consumenten 
des Honigs eine gewünschte Gelegenheit sein, ihren 
Vorraͤth abzusetzen oder anderntheils Vortätbe für 
den Winter einzukaufen. 
— Grünstadt, 15. Sept. In gestriger Stadt⸗ 
rathssitzung wurde eine Angelegenheit verhandelt, 
velche auch für weitere Kreise von Interesse ist. 
die von dem Deutsch-Amerikaner Holz s. Z. daselbst 
rrichtete Restauration, welche zuletzt unter der Firma 
„Hotel Holz“ auch Gastwirthschaft betrieb, wurds 
in Herrn Stauffer von Obersülzen und von diesem 
arz Ddarauf wieder an Herrn Frey, Oberkellner in 
Würzburg, verkauft. Holz schloß bei seinem raschen 
Abschiede von Grünstadt die Wirthschaft, deren 
Wiederbetrieb der jetzige Besitzer beabsichtigt, wozu 
r gesetzlicher Bestimmung gemäß um die behördliche 
Benehmigung ansuchte. Das Bürgermeisteramt hatte 
zas Gesuͤch an das kgl. Bezirksamt übergeben, das 
»en Stadtrath aufforderte, sein Gutachten über die 
gedürfnißfrage abzugeben. Herr Adjunkt Becker er⸗ 
riff das Wort und bemerkte, daß man über diese 
Frage leicht einig sei. Holz habe den Beweis ge— 
ijefert, daß kein Bedürfniß bestehe, da er 30,000 
M. zugesetzt habe. Herr J. Becker hält dem ent— 
jegen, daß weil wir Gewerbefreiheit hätten, auch 
edem die Gelegenheit gelassen werden soll, sein 
gewerbe auszuüben. Im JInteresse der Stadt sei 
zas Gesuch zu unterstüten, denn der Gesuchsteller 
nüsse Steuern und Umlagen zahlen, und je mehr 
deuie Umlagen zahlten, desto besser fahre die Stadt. 
derxr Adjunkt Beder replizirt, daß hier schon vier 
Wirthschaften bestehen, welche logiren. Da sich 
stiemand weiter zum Wort meldete, wurde abge— 
timmt und mit 15 gegen 3 Stimmen die Bedürfniß⸗ 
rage bejaht. 
- Bezüglich des Differentialtarifs der pfäl⸗— 
‚ischen Baähnen für Kohlen aus den Saar⸗ 
zruben in den Westrich, wird der „Kais. Ztg.“ ge⸗ 
chrieben: Der bayerische Landtag ist für die uächste 
Zeit nach München einberufen. Hauptgegenstand 
ieser Session wird die Berathung des Budgets 
ür die nächste Finanzperiode bilden. Dabei wird 
ich der bayerische Landtag auch mit den pfälzer 
zahnen befassen und zwar, wenn man den Zeit— 
ungsnachrichten aus unserer Hauptstadt glauben darf, 
nicht nur mit deren finanzieller Lage, sondern auch 
nit deren organisatorischen Verhältnissen. Ja es 
zerlautet sogar, als trüge man sich aus Preußen⸗ 
urcht ernstuch mit dem Gedanken der Verstaatlich⸗ 
ing derselben. Daran glauben wir nun nicht. 
luch liegt uns in dem Westrich eine ganz andere 
dlage schwer auf dem Herzen. Das ist der Kohlen⸗ 
arif auf den pfälzischen Bahnen in dem internen 
Jerkehr. Durch diesen wird der arme Westrich zu 
zunsten der reichen Vorderpfalz in ganz unglaub⸗ 
icher Weise belastet. Damit unseren Landsleuten 
n der Vorderpfalz die Kohlen billiger geliefert 
verden können, und damit die Saarkohle der Ruhr⸗ 
sohle in der Rheingegend konkurrenzfähig wird, 
nüssen wir in dem Westrich einen Theil der Fracht⸗ 
osten tragen, welchen die Kohlen bei ihrem Weiter⸗ 
ransport in die Vorderpfalz dem Betrieb der pfäl⸗ 
ischen Bahnen naturgemäß verursachen. Man 
pricht davon — und es wäre von unterrichteter 
Seite zur Beruhigung des Publikums Aufklärung 
rwünscht — daß durch diesen Differentialtarif die 
dohlen für den Westrich jährlich um mehr als eine 
jalbe Million Mark vertheuert würden. In 
zen letzten Jahren soll sogar die Summe auf A 
320,000 gestiegen sein. Sind diese Angaben der 
Vahrheit entsprechend, dann wäre die der Westpfalz 
auferlegte Kohlensteuer allerdings eine ganz enorme. 
der Beweis hierfür wäre leicht zu führen. Die 
Bfalz zählt 640,000 Einwohner. Die Vorderpfalz 
st beboͤlkerter als die Westpfalz; auf diese darf 
nan höchstens *3 der Einwohnerzahl der ganzen 
Irovinz rechnen. Es wären dieses ungefähr 
250,000 Einwohner und diese zahlen an die pfälzer 
Bahnen eine Kohlensteuer von 500,000 M durch 
»en für sie ungünstigen Differentialtarif. Das 
eutsche Reich hat 45 Millionen Einwohner. Es 
ntsprechen somit die Lasten, welche der Westricher 
Bebölkerung durch den Kohlentarif aufgebürdet sind, 
iner Reichskohlensteuer im Beirage 112* Mill. 
Nark. Diese Zahlen sprechen deutlicher als alle 
Worte für die Gerechtigkeit unserer Beschwerden. 
Schon oft wurden von dem hiesigen Handels- und 
Bewerberegium Vorstellungen um Abstellung dieser 
ingerechten Tarifirung der Transportkosten für 
dohlen an die Direktion der pfälzischen Bahnen 
gerichtet: bis heute ohne jeden Erfolg. Daß aber 
insere Abgeordneten endlich einmal unsere Bemüh— 
uingen um Beseitigung eines solchen Mißstandes, 
velcher das wirthschaftliche Leben des Westrichs arg 
chädigt, gelegentlich der Berathung des Budgets 
hei dem kgl. Ministerium kräftig unterstützen wer— 
den, da ja bei der Direktion der pfälzer Bahnen 
in dieser Hinsicht gar nichts zu erreichen ist — das 
hoffen und erwarten wir mit Zuversicht. Ein solches 
Beginnen muß von Erfolg gekrönt sein. Die Klagen 
ind berechtigt. Zu lange schon haben wir diese 
Zasten ohne Murren ertragen. Wir verlangen keine 
zevorzugung, aber wir ertragen auch keine Benach— 
qeiligung: wir wollen wie in allen anderen Lasten 
o auch hier, gleich mit den anderen Bayern he— 
hsandelt werden. I 
— Den Herausgeber der „Bayerischen Lehrer. 
eitung“, Lehrer Fr. W. Pfeifer in Fürth, einet 
der hervorragendsten deutschen Schulmänner, Meistet 
der Rede in Wort und Schrift, dabei ein Mann 
in des Wortes strengster Bedeutung, hielt unlängf 
hei Gelegenheit einer Gaulehrer-Versammlung in 
Hunzenhausen einen Vortrag, dem wir uns nich 
ersagen können, einige Sätze von besonderer B 
eutung zu entnehmen, weil sie geeignet sind, manche 
gegenwärtige Verhältnisse ins gebührende Licht su 
tellen. „Nach 1870 ist das Gestirn der Schule 
m Aufsteigen gewesen; da haben wir etwas ge. 
olten und der Kurs ist über pari gestanden.““ 
Die Siege der preußischen Armee ruhen auf dem 
grunde der preußischen Volksschule.“ — „Das er— 
vachte politische Bewußtsein des Volks sah im 
Lehrerstande einen Faktor zur Ausbreitung liberale 
Ideen und in den Lehrern Missionäre und Pionier 
ür einen vernünftigen, zeitgemäßen Fortfschritt 
Auch trug zur Schätzung des Lehrerstandes bei 
aß die Lehrer selbst, ihres Werthes und der Ver 
intwortlichkeit ihrer Arbeit sich bewußt, sich einigten, 
o daß ihre billigen Forderungen das Gepräge 
nnerer Einheit trugen.“ — „Freilich hat die 
Schule früher geringeren Aufwand gefordert, aber 
vo sie nichts gekostet hat, da hat sie auch nicht: 
jetaugt. Bei jeder Arbeit wird ein Mehraufwand 
on börperlichen und geistigen Kräften bezahlt.“ — 
Man mäkelt weiter an unserer Bildung. Dem 
xinen ist sie zu hoch, wie der „süddeutschen Land, 
»ost“, die erst vor kurzem meinte, der Lehrer soll⸗ 
iur ein wenig mehr können als die Schüler 
inem andern ist sie zu gering. Wenn einem 
ritten unsere Bildung unbequem ist, so heißt er 
ins halbgebildet.“ — „Andere wollen uns den 
niedern Kirchendienst lassen, weil er uns so gut 
insteht, möchten aber die Gemeindeschreiberei weg 
nehmen, weil sie den Einfluß fürchten, den dadurch 
der Lehrer ausüben kann. Andere stellen wiede 
ꝛinseitige Anforderungen an die Schule, und ver— 
jessen, daß diese blos eine allgemeine aber keine 
achliche Bildung geben kann.“ — „Traurig ist es 
venn man einem von uns mit Recht Unge 
ignetes nachredet; dann heißt es aber wieder nicht 
ie Maus, sondern die Mäuse haben den Sded 
jefressen.“ — „Es ist ein bekanntes Wort: „Wenn 
dunst verfällt, so sind die Künsiler daran schuld 
Penn Gebrechen vorhanden sind, muß etwas fau— 
ein.“ — „Vereinzelt regen sich wieder Neid un 
Mißgunst wie in früheren Zeiten der Zerrissenheit 
vo inan zwar auch den einzelnen achtungswerthen 
Lehrer achtete, aber den Stand als solchen weger 
olcher Auswüchse mindestens mißachtete. Dies 
Zeii schien überwunden; aber es gibt jetzt wicder 
heispiele, daß einzelne um sich zu nützen, die Ge— 
ammiheit schädigen.“ — „In jedem Lehrer sollt 
ich z. B. des Mannes Bewußtsein zu wohlgesehzte 
Replk krystallisieren, wenn man von ihm verlangt 
zaß er keine freisinnige Schriften lesen dürfe.“ — 
die Schule soll aus dem Leben schöpfen, für da 
deben wirken und mitten im Leben stehen. Di— 
celigiösen Unterweisungen sollten gründlicher und 
erfoigreicher auf den Lebeuswandel wirken; di 
—X— 
Mensch und Thier, die Heiligkeit des Eides, di 
deutsche Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit sollten ir 
Religionsunterricht mehr berüdsichtigt werden; ie 
möchte das hausbackene gemüthreiche Frömmigker 
nennen, die uns im Leben unsern Werth gibt.“ 
Erst vor kurzem hat ja auch ein kath. Bischofg 
einem Hirtenbrief seinen Klerus ermahnt, den er 
in seiner ganzen Würde und Heiligkeit im Vollz 
hewußtsein wieder lebendig zu machen, eine Mehr 
ung, die mit meiner Aufstellung konform ist.“7 
Moge es jetzt auch mitrclaltera, der Lehrer seh 
esten Fußes in der Gegenwart und lege jeden 
hrlichen Mann aus dem Volke das Wort nahe! 
„es liegt ihm etwas an meinen Kindern.“ Zun 
Schluß richtet Redner noch die Mahnnng an de 
Bersammlung, es unmöglich zu machen, im Verem 
die Konfession gegen einander auszuspieken. J 
das treue Zusammenhalten ohne Rückhsicht auf en 
Pekenntnißk werden wir vielfach beneidet“ 
— — 
Vermischtes. 
pNürnberg, 12. Sept. Ein wohl 
selten dagewesenes Reat: Die Beleidigung sümm 
licher die Geschworenenbank einnehmenden — 
renen, bildete den Gegenstand einer heutigen e 
andlung des Schöffengerichts. Bei der jünast hir