Full text: St. Ingberter Anzeiger

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szt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt lostet vierteliährlich 14 40 ¶einschlietßzlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 2. 75 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 49, bei Reclamen 30 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
—X 183. Donnerstag, 20. September 1883. 
18. Jahrg 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 17. Sept. Cardinal Howard 
t zu dreitägigem Aufenthalt hier eingetroffen. Der— 
lbe empfing die Besuche des hiesigen Nuntius, 
des Erzbischofs, des englischen und des französischen 
Hesandten. 
Die Nachricht von einer Zusammenkunft des 
russischen und des deutschen Kaisers wird 
srotz des offiziösen Dementis vielfach aufrecht er— 
halien. Nach einer aus Kopenhagen eingehenden 
MNeldung soll diese Zusammenkunft in einem der 
utschen Ostseehäfen stattfinden. 
Ausland. 
Wahre Gräuelthaten lassen sich die Aufständi— 
chen in Kroatien zu Schulden kowmen. Die 
Huth der Bauern richtet sich, da die große Menge 
neist gar nicht einmal weiß, warum sie revoltirt, 
hlind gegen ihre „Bedrücker“. Wer von den Be— 
imten in ihre Hand fällt, wird, wenn nicht todtge⸗ 
chlagen, zum mindesten eingesperrt und furchtbar 
mißhandelt. Das herbeeilende Militär fand die 
Anglücklichen mehrfach in einem entsetzlichen Zu—⸗ 
jande. In Maja wurde der Gemeindevorstand, 
ein alter 70jähriger Mann, gewesener Oberstlieute⸗ 
nant, mit Beilhieben todtgeschlagen. Die Aufstän⸗ 
dischen bringen den Tag meist in den Wäldern zu, 
vaͤhrend sie des Nachis pͤlündernd den Aufruhr 
weitertragen. Von den beim letzten Zusammenstoß 
in Kraljevcani Verwundeten sind bisher 23 gestorben. 
Rach dem Scharmützel wurden zahlreiche Verwundete 
n den Kukurutzfeldern gefunden. 
Die spanische Regierung hat, wie englischen 
Blättern gemeldet wird, von ihrer Gesandschaft in 
Washington und ihren Konsulaten die Meldung er⸗ 
halten, daß die spanischen Verbannten eine Er heb⸗ 
ungder Farbigen in einigen Bezirken Cubas, 
vo das Raͤuberwesen bereits in großem Maßstabe 
zxcsteht und die farbige Bevölkerung unzufrieden ist, 
vorbereiten. 
nachgefolgtem Tode. Vertreter der kgl. Staatsbe⸗ 
jörde 2. Staatsanwalt Schneider. Vertheidiger 
Rechtspraktikant Männer. Am Sonntag, den 8. 
Juli d. J., Abends, war der Angeklagte mit meh⸗ 
reren Personen, worunter sich auch Gustav Bellaire 
„efand, in der Puff'schen Wirthschaft in Einöd, 
voselbst sie Kegel spielten. Das Spiel wurde ab— 
gebrochen infolge des schlechten Kegelwerfens des 
gellaire und des dadurch hervorgerufenen Disputs 
wischen ihm und dem Angeklagten. Später wurde 
in neues Spiel begonnen, an welchem sich der 
Angeklagte, jedoch nicht Bellaire betheiligte. Auch 
vährend dieses Spieles kam es zu Disput zwischen 
Bellaire und dem Angeklagten. Nach dem Spiele 
entfernte sich der Angeklagte, kam jedoch bald wieder 
in Begleitung seinerFrau zurück und Beide begaben 
ich in die Wirthshausküche, woselbst die Frau des 
Angeklagten zu Ehefrau Pfuff sagte, sie sei ihrem 
Manne gefolgt, weil fie gefürchtet habe, es könne 
ein Unglück geben, da dieser zu Haus ein Messer 
zewetzt habe. Kurz darauf bemerkte der Angeklagte, 
Zellaire habe ihm vorgeworfen, er kenne seine Frau 
noch nicht, worauf letztere in voller Entrüstung die 
Züche verließ, während der Angeklagte noch daselbst 
blieb, wo ihn Frau Pfuff zu beruhigen suchte; 
allein ohne Erfolg, denn er sprang plötzlich nach 
der Kegelbahn, wo Bellaire noch verweilte, grif 
nach einem Bierglas und schlug dasselbe dem Bel⸗ 
jaire öfters auf den Kopf, so daß das Glas zer⸗ 
zrach und Bellaire aus mehreren Wunden blutete. 
Hierauf packten sie sich, sielen zu Boden und waren 
iur mit Hülfe Anderer, welche dazu kamen, aus⸗ 
einander zu bringen. Die Verwundung des Bel—⸗ 
aire war so schwer, daß ärziliche Hülfe in Anspruch 
zenommen werden mußte. Es stellte sich bald Wund⸗ 
tose ein und eine bedeutende Entkräftung, welche 
im 16. Juli den Tod des Verletzten zur Folge 
hatte. — Das Urtheil lautete auf zwei Jahre Ge— 
fängniß. — 
— Dem Ackerer Ludwig Seibert in Hüffler 
vurde unter dem Grubennamen „Im Flur“ das 
Bergwerks⸗Eigenthum in dem bei Hüffler, k. Be— 
zirksamis Kusel, gelegenen Felde von 75. 000 qm. 
oder 7,6 Hektaren Flächeninhalt zur Gewinnung 
aller in diesem Grubenfeld vorkommenden Stein⸗ 
kohlen verliehen. 
— Die Lauterthalbahn erhält sogenannte 
Württemberger Wagen, welche bekanntlich in der 
Mitte einen Gang freilassen zum Verkehr der 
Reisenden. — Die Probefahrt auf der neuen 
Strecke fand am Montag statt, unter festlichem 
Empfang auf allen Stationen. 
— Bergzabern, 18. Sept. Nächsten Sonn⸗ 
tag, den 23. ds. Mis. findet dahier ein landwirth⸗ 
schafiliches Fest mit Preisevertheilung statt. Mit 
demselben verbunden ist eine Obstausstellung für 
den Kanton Bergzabern. 
— Nußdorf, 18. Sept. Gestern wurde 
hekannt gegeben, daß die Weinberge in unserer Ge⸗ 
narkung geschlossen sind und von ihren Vesitzern 
rur noch an bestimmten Tagen — Montag, Mitt⸗ 
voch und Samstag — betrrten werden dürfen. 
daui Beschluß des Gemeinderathes werden die 
Weinberge vom 30. September an bis zur Wein⸗ 
sese gänzlich gesperrt. 
— Ein Tagner in Pfortz stieß in der Scheuer 
an eine aufgehängte Sichel, die ihm die Nase 
paltete. 
— Die „Neust. Zig.“ brachte vor einigen 
Tagen die auch in unser Blatt übergegangene Mit- 
heilung, „daß einem Herrn aus St. Martin 
auf der Kirchweihe in Kirrweiler 13500 Mk. nebst 
iner Quittung über 6000 Mk. entwendet wurden.“ 
der Eigenthümer ist nun wieder im Besitze des 
zermeintlich Verlorenen, da, wie die „Ggt.“ mit— 
cheilt, die betr. Brieftasche mit Inhalt gelegentlich 
eines vor der Fahrt nach Kirrweiler stattgehabten 
Besuches bei einem Anwalt in Landau bei dem⸗ 
selben liegen blieb und dem Eigenthümer zuge— 
tellt wurde. 
— Spehyer, 19. Sept. Die protestantische 
cheologische Aufnahmsprüfung ging gestern dahier 
zu Ende; sämmtliche 15 Kandidaten haben dieselbe 
hestanden. 
— Aus der Pfalz erhielten bei der Preise⸗ 
zertheilung der Internationalen Kolonial-Ausstel⸗ 
ung in Amsterdam für Möbel⸗Branche 1. goldene 
Medaillen: Eisenwerk Kaiserslautern, in Kaisers⸗ 
autern und F. Raim und Günther in Kirchheim. 
Für Nahrungsmittel, chemische Produkte erhielten 
Joldene Medaillen: Fabrik „Biffar“ in Deidesheim, 
ind chemische Fabrik vormals Hoffmann und 
Schötensack in Ludwigshafen a. Rh. 2. silberne 
Medaille: J. Cron, Neustadt. S. Eber, Neustadt. 
7. Geisel, Neustadt. F. Seyler, Deidesheim. 
z. Bronce-⸗Medaille: J. G. Zumstein, Dürkheim 
zweimal in zwei verschiedenen Gruppen.) 4. ehren⸗ 
dolle Erwähnung: Joh. Cron, Neustadt. H. Lichten⸗ 
herger, Neustadt. 
Vermischtes. 
F Von der Tauber, 15. Sept. In ein⸗ 
jelnen Weinbergslagen unseres Thales sind die 
Trauben in der Reife so weit vorgeschritten, daß 
. B. in Weikersheim in den letzten Tagen die 
Lese des Frühklevners vorgenommen wurde. Der 
neue Most wog 83 Grad. In den meisten Häcker⸗ 
orten hofft man heuer von den Trauben ein vor⸗ 
zügliches Getränk zu bekommen. 
Am Dienstag Abend, den 18. ds. hatte der 
13 Jahre alte Sohn des Wirthes L. Flaccus in 
Attweiler, als er einen Kahn in seines Vaters 
Hartenwirtschaft an der Blies an einem Pflock be⸗ 
»estigen wollte, das Unglück, auszugleiten und 
n die Blies zu stürzen, wo er, trotzdem er 
des Schwimmens gut kundig war, alsbald unter⸗ 
sank und ertrank. Etwa zwei Stunden später 
vurde die Leiche an derselben Stelle, wo der Knabe 
intergesunken, aufgefunden. (S.⸗ u. Bl.⸗Zig.) 
FHeidelberg, 16. Sept. Gestern wurde 
ein Schuß durch das Fenster eines Zimmers des 
Stiftes Neuburg, welches von Frau von Haymerle, 
Wittwe des österr. Ministers, bewohnt wird, abge⸗ 
euert. Der Thäter ist bis jetzt unbekannt. Auch 
weiß man nicht, ob böse Absicht oder nur ein 
leichtfertiges Versehen Schuld war. 
F Freiburg, 18. Sept. Die 56. Ver⸗ 
ammlung deutscher Naturforscher und Aerzte wurde 
deute durch Prof. Claus eröffneil. Von auswärts 
ind 600 Personen anwesend. Die rnächste Ver— 
ammlung findet 1884 in Magdeburg statt. 
f Bingen, 18. Sept. Der Besuch unseres 
Schützenfestes zur Feietr der Einweihung des National⸗ 
Denkmals ist durch das Entgegenkommen der Eisen⸗ 
zahn⸗Direktionen sehr erleichter. Sämmtliche kgl. 
zreußische Bahnen und die braunschweigischen Linien 
jewähren Retourbillete, welche vom Festkemiteé 
Bingen gegen Vorzeigung und Lösung einer Fest⸗ 
arte mit dem Vermerk versehen werden, der die 
Rückfahrtsgiltigkeit bis zum 1. Oktober verlängert. 
Die Hess. Ludwigsbahn und Pfälz. Bahnen ge— 
währen freie Rückfahrt innerhalb 8 Tagen, die kgl. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 19. Sept. Gestern Vor⸗ 
mitiag während des sehr starken Wochenmarktver⸗ 
ehrs gerieth das 20 Jahre alte Töchterchen des 
Zchuhhändlers Weber unter ein mit 2 Pferden 
espanntes nichtbeladenes Fuhrwerk, wobei das 
jordere Rad über das Mädchen ging. Dasselbe 
rrhielt außer einigen Hautabschärfungen und 
Quetschung am Beine glücklicher Weise keine erheb⸗ 
ichen Verletzungen. — Den Fuhrmann kann keine 
Schuld treffen, indem derselbe seine Pferde ganz 
vrfichtig am Zaume führte und langsam durch die 
Straße fuhr. Auf das Geschrei der Leute hielt der 
aus Blieskastel gebürtige Fuhrmann seine Pferde 
sofort an und stand im Augenblicke des Stillhaltens 
as hintere Rad am Halse des Kindes; noch ein 
Schritt der Pferde und das Leben des Kindes war 
gefährdet. Dieser Fall dürfte abermals eine War⸗ 
nung für die Eltern sein, ihre kleinen Kinder nicht 
ohne Aufsicht auf der Straße, besonders an Markt⸗ 
iagen umhetlaufen zu lassen. 
— Zweibrücken, 17. Sept. (Schwur— 
sericht.) Die Geschworenen waren zur ersten 
Sitzung vollzählich erschienen und wurden vom 
herrn Präsidenten begrüßt und mit ihrer wichtigen 
Aufgabe bekannt gemocht. Es wurde hierauf zur 
Verhandlung der ersten Sache geschritten. 
Verhandlung gegen Peter Dietz, 41 J. alt, 
olechschmied von Einod, wegen Körperverletzung mit