Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbherti. 
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der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am ontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blati kostet vierteljiährlich 1AM 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Poß bezogen 1.M 69 —XX 
10 Zustellungzgebuhr. Die Einruckungsgebühr fuür die 4Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalziichen und solchen 
auf welche die Expedition Auslunft ertheilt, 13 4, bei Neclamen 30 . Bei Amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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Sonntag, 28. Januar 1888. 1. Jahrg. 
»Frür die Monate Februar Paris, 25. Jan. Auf der Nunuiatur traf 
und März nehmen die Postan— angeblich die Nachricht ein, daß ein modus vivendi 
alten, die Austräger und die Epedition wischen Berlin und Rom unmittelbar bevorstehe. 
Bestellungen auf dieses Blatt entgegen. Paris, 25. Jan. Die Kammerkommis— 
Fion nahm mit 6 gegen 4 Stimmen einen An— 
rag an, welcher allen Mitgliedern franzö— 
ischer Herrscherfamilien den Aufenthalt 
n Frankreich, Algier und den Kolonieen untersagt, 
dieselben der politischen Rechte beranbt, sie für 
aicht wählbar erklärt und hindert, der Armee anzu⸗ 
jehören, die Zuwiederhandlurgen vor die Zucht- 
polizeigerichte verweist, dieselben mit ein⸗ bis fünf⸗ 
ähriger Gefängnißstrafe bedroht und bestimmt, daß 
die Verurtheilten nach der Strafverbüßung über die 
Brenze gewiesen werden. Es ist das Gerücht ver⸗ 
reitet, der Kriegs⸗ und Marineminifster (Billot 
ind Jaursguiberry) und Duclherc hätten ihre 
sntlafsung erbeten. Es heißt, Ferry werde 
ins Elysée berufen werden, um ein neues Kabinet 
zu bilden. 
Paris, 26. Jan. Der MarseilleCorrespon⸗ 
dent des Evenement telegraphirt: Der Grafvon 
Fhambord ist in Frankreich, ich habe ihn gestern 
am Bahnhof von Portvendres erkannt. 
stairo, 26. Jan. Lächerliche Gerüchte, welche 
bdon einem, zwische England und Frank- 
reich ausgebrochenen Krieg wissen wolllen der— 
arsachten eine große Aufregung unter den Einge⸗ 
horenen. 
sowie die meisten Apparäte und Geschirte der Brau⸗ 
erei gerettet werden. 6gg. A.) 
—In Neüstadk wurde die Mildhhändlerin 
Elise Frey wegen Verkaufs gefalschtaer⸗ Milch zu 
6 Tagen Gefängniß und 20 M. Geldbuße verurtheilt. 
— Der diesjahrige deutsche Protestan— 
tentag wird in der Pfingstwoche, in. Neu⸗ 
stadt a. H. abgehalten. 5 
— Landau, 25. Jan. Die beim königl. 
zayer. 18. Infanterie- Regimente vorgenommene 
Z„ammlung für die. Wasserbeschädigten der Pfalz 
ergab die schöne Summe von 910 Mark, welche 
)eute an das Central⸗Comite der Pfalz abgesandt 
vorden ist. Cilbhb.) 
— In Germersheim erschoß sich ein Ge⸗ 
reiter der 5. Comp. des kgl. 17. Infant.⸗Regts. 
Motiv: Verbrauch von anvertrautem fremdem Gelde. 
— Oie Beförderung von Jagdhun— 
denin Begleitung von Jägern betr.) 
Die Jäger sind bei der Direltion der, pf. Bahnen 
zut angeschrieben; denn dieselbe hat folgende Ordre 
erlassen: Im internen Verkehre und im Verkehre 
mit der vormaligen kgl. Saarbrücker und Rhein⸗ 
Rahe⸗Eisenbahn ist es bis auf Weiteres gestattet, 
daß Jäger ihre Jagdhunde in das Coupo mitneh⸗ 
men, wenn von den in demselben Coup befind⸗ 
lichen Mitreisenden ein Einspruch nicht erhoben wird und 
venn die Jagdhunde von ihren Herren an der 
Leine geführt werden. Größeren Jagdgesellschaften, 
velche Hunde mit sich führen, sind moglichst beson⸗ 
ere Coupé's anzuweisen. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 25. Jan. Berlin hat heute ein 
Festkleid angezogen. Von allen Dächern wehen 
jeute, und nicht mehr am halben Masi, deutsche 
ind preußische Fahnen, in den Straßen herrscht, 
»egünstigt von dem zwar kalten, aber sonnenheilen 
Wintertage, ein festliches Treiben. Unter den 
Linden hatte man in den Vormittagsstunden Mühe, 
porwäris zu kommen; alle Welt wollte die Auffahri 
der Gratulanten am kronprinzlichen Palais sehen. 
hor diesem und vor dem Palais des Kaisers stanten 
iich die Massen. und als in den Nachmittagsstunden 
der Kronprinz im offenen Wagen durch die Straßen 
fuhr, wurde er vielfach mit lautem Jubelruf be⸗ 
rüßt. Die Sümmen, welche dem kronprinzlichen 
ßaar zur freien Verfügung für wohlthätige Zwecke 
jeute überreicht werden, möchten 193 Millionen 
Mark erreichen. 
Berliu, 258. Jan. Reichstag. Das Haus 
erhebt sich beim Sitzungsbeginn zu Ehren der Sil— 
berhochzeit des Kronprinzenpaates von den Sitzen. 
ẽs folgt die Interpellation von Schulze⸗Delißsch 
iber den Rebverkehr. Der Bundeskonnnissar ant. 
vorlet, die bezügliche Gesetznorlage werde dem Bun⸗ 
»esrathe baldigst zugehen. Bei fortgesetzter Etals— 
erathung erwidert der Direktor des Reichseisenbahn⸗ 
mtes Koͤrte auf die Bemerkungen Gollers eine 
»ezügliche Einschrankung des Sonntagseisenbahnver 
ehrs und des Tarifs, sowie die Dauer des Dienstes 
der Eisenbahnbeamten sei wesentlich Sache der 
tinzelstaaten. Die Bahnunfälle bei Heidelberg und 
hugstetten seien, wie die Akten ergeben, durch 
leberbürdung der Bahnbeamten nicht herbeigeführt. 
Zei Revision der Tarife würden die Interessen der 
ꝛandwirthschaft möglichst berücksichtigt werden. Ger⸗ 
vig nimmt in Sachen des Heidelberger Bahnun⸗ 
alls die badische Eisenbahnverwaltung in Schutz. 
Unter den dem deutschen Kronprinzen und der 
dronprinzessin am 25. Jan zugegangenen Glückwunsch⸗ 
idresse befindet sich auch eine soiche vom Bres⸗ 
auer Fürstbischof Namens des preußischen Epis⸗ 
opats. s ew 
Von Abgeordneten verschiedener Parteien wird 
eabsichtigt, den Untergang der Cimbria' im 
deichstage zur Sprache zu bringen, wofuͤr sich 
jei der Etalsberathung eine geeignete Gelegenheit 
inschwer bieten dürfte. Man wünscht vornehmlich 
jon der Regierung zu erfahren, in welcher Weise 
'er telegraphische Nachrichtendienst, resp. die Ver⸗ 
indung der localen Hafenbehörden mit dem Aus— 
värtigen Amt organisirt ist, und wie es möglich 
var, daß das Ereigniß, welches sich im Angesicht 
der deutschen Küste in der Nacht vom Don—- 
nerstag zum Freitag vollzog, erst volle achtund⸗ 
Rierzig Stunden spaͤter durch den offiziösen Draht 
zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurde. 
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Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 27. Jan. In der vor⸗ 
zestrigen Stadtrathsfitzung wurde unter 16 Be— 
verbern Herr Fech ner, Werkmeister in der Lud⸗ 
vigẽhafener Anilin- und Sodafabrik, als städtischer 
Basmeister hier gewählt. 
* St. Ingberi, 27. Januar. Der Frost, 
velcher vor kurzem eingetreten war, ist schon wieder 
rübem, regnerischem Weiter gewichen. In Folge 
ꝛessen ist auch der in den lehßten Tagen gefallene 
Schnee zum größten Theil wieder verschwunden und 
ilft so, auf Straßen und Wegen den Schmuttz 
ermehren. 
— Die Eröffnung der ersten pro 1883 bei 
dem kgl. Landgerichte Zweibrücken abzuhaltenden 
Schwurgerichtsitzung ist auf Montag den 
5. März anberaumt. Der igl. Oberlandesgerichts⸗ 
ath E. Schmidt in Zweibruͤcken wurde zum Vor⸗ 
itzenden und als Siellvertreter der kgl. Landge⸗ 
richtsdirector J. Herfeldt ernannnt. 
— Vom 1. Februar ab führt der Güterzug 
362 von Kalteubach nach Zweibrüdken 
Bersonenwagen 3. Klasse. Abfahrt in Kaltenbach 
28, Biebermühle 827, Rieschweiler 802, Contwig 
)u6, Ankunft in Zweibrücken 903 
— Pirmasens, 28. Jan. Heute Nacht 
egen 4 Uhr brach in der Malzdarre der Seitz'schen 
Zrauerei Feuer aus, das sich rasch verbreitete, aber 
urch energische Hilfe der Nachbarsleute und der 
lsbald eintreffenden Feuerwehr bald bewältigt wer⸗ 
‚en konnte, trotzdem zwei in der Nähe befindliche 
pdranten den Dienst versagten, da der eine ein. 
efroren, der andere beschädigt war. Es war wahr⸗ 
ich bei der bitteren Kälie (9 Grad R.) kein leichtes 
Stück Arbeit, das Feuer erfolgreich zu bekämpfen, 
„och es gelang, so daß außer der Malzdarre mit 
em zum Rösten dort befindlichen Malze und dem 
dache der Brauerei nicht allzuviel verbrannte und 
ein sehr bedeutender Schaden entstand. Nament 
ich konnten größere Vorräthe an Gerste und Malz 
Vermischtes. 
F. Wistolenduell.) Am Dienstag Morgen 
'and im Mooswalde (sog. „Matte“) bei Freiburg 
ein Pistolenduell zwischen zwei Studirenden der Hoch⸗ 
schule statt. Der Ausgang des Duells war ein 
unglücklicher; stud. mod. Belgardt aus Beuin er— 
hielt einen Schuß in den Unterleib und, starb im 
Hospital. Der Gegner des Gefallenen soll der nach 
der Schweiz geflüchtete Studiosus Weidig sein. Bel⸗ 
zardt gehörte der Burschenschaft Alemannia“ an, 
var jedoch in letzterer Zeit inaktiv da er sich für's 
Examen vorbereitete. 
.Der jüngste der beiden Enkel Goethe's, Wolf⸗ 
zang, ist am vorigen Samstag in Leibpzig am 
Herzschlage gestorben, während in Weimar der ältere 
Walther in steter Kränklichkeit sein Dasein fristet. 
Es liegt eine tiefe Tragik in dem Erlöschen dieses 
einst so strahlenden Namens. Beide Brüder sind 
ja durchaus nicht unbegabte Naturen; im Gegen⸗ 
heile, Wolfgang zumal war hervorragend angeiegt, 
iber er vermochte nicht die schwere Last der Erb⸗ 
chaft eines so großen Namens mit Unbefangenheit 
uu tragen. Seine Existenz sowohl wie die seines 
Bruders. sind an diesem. Verhangniß, zu Grunde 
jegangen; ihre Abgeschlossenheit und did Einsamleil 
im sie her wurden immer größer, zumql seit dem 
Tode der Mutter, an welcher die Sohne mit un⸗ 
zeschreiblicher Liebe hingen. Wolfgantg von Goethe 
jatte frühzeitig dem diplomatischen Dienste Preußens 
S er war bei den Gesandtischaften in Rom und 
Dresden angestellt gewesen — Valet gesagt und 
sich ernsten wissenschaftlichen Studien zugewendet, 
die nicht ohne einige bedeutendere Ergebnisse ge⸗ 
blieben sind. Er lebte in Weimar, Jena, Leipzig 
und in Wien, mit dem ihn so viele Erinnerungen 
durch seine Mutter Ottilie und seine Schwester 
Alma verbanden. Die letzten Monate hatte er in 
eipzig zugebracht, vier Treppen hoch in volligfter 
Ausland. 
Wien, 25. Jan. Der russische Minister des 
leußern, Herr o. Giers wurde heute Nachmittag 
on dem Kaiser in Privataudienz empfangen, fuhr 
ddann bei den hier weilenden Mitgliedern des 
kaiferhauseß dͤr.