doch schon am folgenden Tage sah man König Al⸗
jfons auf der Parade in Ulanenuniform. Viele Blätter
zrücken sich sehr derb aus, doch soll der offizielle
Empfang nicht unterbleiben, wohl aber die Revue.
Man moͤge König Alfons nur durch Paris herum⸗
führen, was die Pariser betrifft, so sind sie nie
sehr begeistert für die Koönige gewesen. König Alfons
vird sie entschuldigen, wenn er sie auch zurückhal⸗
tender als gewöhnlich findet. Die Pariser sind zu
sehr an Hoͤflichleit gewöohnt, um das Oberhaupt
eines befreundeten Volkes nicht mit Achtung zu
»empfangen, aber sie sind zu patriotisch, um dem
UAlanentonig zu zeigen, daß es ihnen Vergnügen
zereite, ihn zu sehen. Sie werden sich aller äußer⸗
lichen Kundgebung enthalten und Schweigen be—
ohachten.
Einen Mahnruf an die Engländer
deröffentlicht der National:
Unsere überseeischen Nachbarn begreifen nicht den
Figensinn, mit dem die Franzosen ihre Anstreng⸗
ungen, der Republik im äußersten Osten eine De—
multhigung zu ersparen, beharrlich vertennen. Die
Blätler, welche wohlgefällig die Unmöglichkeit be—
tonen, in der Frankreich sich befinden soll, aus der
Eroberung Tongking's Nutzen zu ziehen, sowie die
Gefahr, China herauszufordern, wollen nur das
Beste der Republik. Um die Kräfte Frankreichs
unversehrt zu erhalten, rathen sie ihm einen de⸗
müthigenden Rückzug. Diese Ausdauer in der
Heuchelei ist ein Beweis von dem politischen Sinn
zer englischen Presse. Die Umarmung der britischen
Freundschaft lähmt wirksamer die Thätigkeit Frank⸗
reichs in Indo⸗China. als ein offener Widerstand zu
hun vermöchte. Die Chinesen haben dies voll⸗
kommen begriffen; die moralische Dazwischenkunft
Englands in der Tongkingfrage wird von ihnen
als eine kostbare Aufmunterung angesehen, und die
zuten Dienste des Lord Granville sind ihnen in
Wahrheit ebenso nützlich, wie der ehrlose Krieg der
Schwarzflaggen. Dieses doppelte Spiel wird sich
nicht ins Unendliche ausdehnen können. Wir wollen
zoch zugeben, daß die englische Regierung, wie die
Times neulich behauptete, zugleich mit Frankreich
und mit Deutschland befreundet sein kann. Frank⸗
ꝛeich und Deutschland bekriegen sich nicht und
wischen ihnen herrscht gegenwärtig keine Meinungs-
zerschiedenheit, welche England zwingen könnte, sich
ür das Eine oder das Andere zu erklären. Anders
erhält es sich min China, welches in dem Tongking⸗
dandel eine Frankreich entschieden feindselige Hal⸗
ung beobachtet. Der Augenblick ist für England
gekommen, zu beweisen, daß das Einvernehmen der
westlichen Mächte nicht eine trügerische Phrase ist.
Nach Allem, was die britische Presse über die
Gegenseitigkeit der europäischen Interessen im äußer—
sten Osten gesagt hat, nach allen Freundschafts⸗
betheuerungen, mit denen sie seit dem Beginn der
Unterhandlungen so freigebig war, hat Frankreich
das Recht, zu verlangen, daß die englische Regierung
einen energischen Druck auf China behufs Aner—⸗
ennung der vollendeten Thatsachen übe. Auf den
ersten Blick mag diese Forderung überspannt er—⸗
scheinen. Die englische Regierung sollte jedoch nicht
dergessen, daß eine andere Macht sich bereit erklärt,
Frankreich auf dem Gebiete der Kolonialpolitik die
Dienste zu leisten, die England ihm verweigern
würde. Das britische Kabinet muß es sich gesagt
sein lassen, daß die Kolonialausdehnung Frankreichs
nicht mehr von dem Belieben Englands abhängt.
Die letzten Artikel der Nordd. Allg. Ztg. ermächtigen
zu der Vermuthung, daß Herr v. Bismarch nicht
auf gewisse Projekte verzichtet hat, deren Verwirk—
lichung den Enthusiasmus der Times für das
neue deutsche Reich erheblich abkühlen würde. Man
hätte Unrecht in der an England gerichteten Warnung
des offiziösen Berliner Blatts bloß einen Anfall
uübler Laune zu erblicken. Das Uebergewicht Eng—⸗
lands zur See und im Welthandel ist den Deut⸗
schen noch mehr, als den Franzosen, ein Dorn im
Auge und, wenn Frankreich weniger pietätvoll an
den Erinnerungen hing, so könnten die Erwägungen,
welche vor einiger Zeit von der Berliner Post und
üngsthin von der Nordd. Allg. Ztg. entwickelt
wurden, für seine Politik nicht ohne Einfluß sein.
Herr v. Bismarck möchte ohne Zweifel Frankreich
überreden, daß die Absteckung seiner Ostgrenze
Rebensache ist und daß die Freundschft Deutschlands
hm in anderen Welttheilen viel höhere Genug—
thuungen verschaffen könnte, als ein, wenn auch
zlücklicher Revanchektieg. Wir haben diese These
nicht zu erörtern. Wir konstatiren nur, daß die
Idee eines Einvernehmens. welches sich auf Frank—
reich zu gewährenden Entschädigungen im Bereich
der Kolonien stützt, in den Kombinationen, in welche
die Polemik der offiziösen Berliner Organe uns
einen Einblick gönnt, eine wichtige Rolle spielt.
Das ist ohne Zweifel nur eine im weiten Felde
liegende Eventualität; auf alle Fälle scheint bas
kntgegenkommen der deutschen Offiziösen gegenüber
Frankreich uns geeignet, der englischen Regierung
jeilsame Betrachtungen einzugeben.“
Nom, 26. Sept. In dem oberen Atrium
der Peterskirche empfing der Papsst Mittags unter
Führung des Cardinals Alimonda und des Erz⸗
zischofs Tusin ungefähr 400 italienische Priester,
vorunter viele römische. Der Cardinai las eine
krgebenheits⸗Adresse vor. Der Papst sprach seine
Freude über die enge Einigung des Episkopats und
Flerus Italiens mit dem päpstlichen Stuhle aus.
gemeinsame Feinde trachten sie wohl, sie zu ent⸗
weien, indem sie den Clerus anklagen, daß er dem
igenen Lande feindlich gesinnt sei und einen Theil
un sich zu ziehen hoffen und indem sie weiteres
uchen, den Clerus gegen seine Oberen aufzustacheln
ind ihm eine Besserung seines Looses vesrsprechen.
der Papst beglüdwünschte den Clerus zu seiner
Standhaftigkeit und Treue. Es bedeute, Italien
oahrhaft zu lieben, wenn man dagegen ankämpfe,
»aß es die Wohlthat der religiösen Einheit einbüße.
das Papstthum ist der glänzendste Ruhm Italiens,
zie reichste Quelle, dessen Prosperität und Größe,
ind erweisen sich die Priester als die aufrichtigsten
Freunde Italiens, wenn sie dem Papste anhänglich
leiben und die gänzliche Aufrechterhaltung seiner
Brärogative und Rechte, ja selbst seiner weltlichen
Macht fordern. Schließlich ertheilte der Papst dem
Tlerus entsprechende Rathschläge. Die Versammel⸗
len entfernten sich mit dem Rufe: Es lebe der
—X
Konstantinopel, 24. Sept. Die Be—
iehungen des Sultans zu Deutschland und Oester⸗
eich. Was die Beziehungen des Sultans zu Deutsch⸗
and und Oesterreich⸗Ungarn betrifft, so sind dieselben
nach der P. C., wo möglich, noch freundschaftlicher
ils je. Der Sultan empfing dieser Tage abermals
jerrn v. Radowitz, der ihm für den überaus
serzlichen und freundschaftlichen Brief, den der Sultan
»em Ghazi Mutkhtar Pascha für den Kaiser von
deutschland mitgegeben hatte, Dank sagte. Einige
Ttage später hatte auch Baron Calice eine Unter⸗
edung mit dem Sultan, die mehr als zwei Stunden
n Anspruch nahm, und obschon nichts Genaueres
iber das Thema der Conversation bekannt geworden
st, so weiß man doch das Eine, daß sich der Sultan
——
Desterreich-Unnarn äußerte
Lokale und pfälzische Nachrichten.
?⁊ St. Ingbert, 27. Sept. Auch in hiesiger
Ztadt scheint sich ein Verein immer mehr Eingang
nerschaffen zu wollen, der in ganz Deutschland ver—
hreitet ist und das Interesse Aller verdient. Es ist
der ‚„Reichsfecht-Verein“, dessen Mitglieder
es sich zur löblichen Aufgabe gestellt haben, durch
Zammeln vieler kleiner Beträge in fröhlichen Kreisen
zroße Beträge zusammen zu bringen und diese zum
Bau und Unterhaltung deutscher Reichswaisenhäuser
zu verwenden, in denen Waisen von Eltern jeglichen
»olitischen und religiösen Glaubensbekenntnisses
(letztere jedoch getrennt) Aufnahme und Erziehung
inden können. Mitglied des Vereins kann jede
herson männlichen oder weiblichen Geschlechts werden,
zie gegen Zahlung von mindestens 30 Pf. eine
Jahresmitgliedskarte löst für die Gültigkeit dieser
darte, sowie diejenigen, die gegen einmalige Zah—
ung von mindestens 6 Mtk. eine Karte auf Lebens⸗
eit löst. Fechtmeister wird, wer eine Fechtschule
zründet, die mindestens 20 Mitglieder zählt und
Oberfechtmeister, der der 10 Fechtschulen errichtet,
oder 200 Mitgliedskarten begiebt. Die Mitglieder
»erpflichten sich ferner, verschiedenartige für sie
verthlose Dinge, wie Cigarrenspitzen, Staniol⸗
dapseln u. s. w. zu sammeln. Die erste Anregung
zu einem derartigen Unternehmen wurde durch ein
dalender des Lahrer Hinkenden gegeben. Am
13. Oktober 1880 wurde dann die erste Fechtschule
rrichtet, an die sich binnen wenigen Jahren üdber
6000 Töchterschulen, darunter einige in Paris,
Betersburg, London, Wien, überhaupt in Oester—⸗
weich, in Philadelphia, New-York, Boston, Melbourne,
Adelaide, Valparaiso ꝛc. ꝛc. mit annährend 500,000
Fechtschülern anschlossen. Es sind auf diese Weise
80,000 Mark gesammelt worden und ist die
dahres-Einnahme mit 150.000 Mark für nächstes
Jahr nicht zu hoch veranschlagt. Das erste Waisen⸗
haus in Lahr ist angekauft und bis auf die inner.
kinrichtung fertiggestellt. Bis nächstes drihn
hofft man 100 arme Waisen aus allen Gaun
Deutschlands (jede Gegend hat nämlich nach de
döhe des zugeschossenen Betrages das Recht, Kinder
sinzuschicken) einziehen zu sehen. Es ist ein hohe
Ziel, das sich die deutsche Reichsfechtschule geseg
at und werth, von Allen unterstützt zu werven
Selbst Fursten betheiligen sich an demselben. 8
ist der Fürst Günther v. Schwarzburg- Sondes
hausen selbst Fechtmeister und der Großherzog voh
Baden bewilligte neuerdings 400 Mark zu diesen
Werke. Vor allen Dingen find es auch Frauc
ind Jungfrauen gewesen, die durch regen Sammel.
leiß das Werk unterstützt haben. Auf die Kinder
virkt es erziehend, wenn sie sehen, welche Erfolge
Sparsamkeit im Kleinen, Sammeln scheinbar werth⸗
oser Gegenstände durch viele fleißige Hände zu er
ielen vermag. Möge auch in hiesiger Stadt dae
WVerk, ebenso wie in den Nachbarstädten Zweibrücken,
Saarbrücken, Neunkirchen u. s. w. bald festen Fuß
assen und reichen Segen bringen. Wir wünschen
s im Interesse der vielen armen Würmchen, die
irm und verlassen an Leib und Seele zu Grunde
jehen, weunn sie nicht in einer derartigen Anstalt
Aufnahme finden. Wie viele Thränen die furcht⸗
aren Unglücke, wir erinnern an das gräßliche Eisen-
ahnunglück Steglitz, hervorrufen, können durth
derartige Einrichtungen getrocknet werden. Es iß
insere Menschen⸗Pflicht, ein derartiges Unternehmen
u unterstützen, besonders, da es uns so wenig
Opfer kostet und keiner weiß, ob nicht auch seinen
Nachkommen dasselbe zum großen Nutzen wird
Nähere Auskunft ertheilt die Redaktion.)
— Ein ewa 6 Jahre altes Kind des Müllets
Jentes fiel am Sonntag bei Beeden in di—
Blies und ertrank.
— Altenglan, 23. Sept. Vor einiger
Tagen war ein Dienstpersonal aus Altenglan be⸗
chäftigt mit dem Haferschneiden auf dem Felde
Während dieser Ausübung fing es heftig an zu
cegnen, und genanntes Personal flüchtete, um nich
durchnäßt zu werden, unter einen in einem naheliegen⸗
den Acker stehenden Birnbaum. Der Eigenthümer die⸗
ses Birnbaumes ließ sich für gespeiste Birnen a Persor
fünfzig Pfennige bezahlen mit Ausnahme der Ftar
R. von Bedesbach, welche das doppelte entrichten mußte
weil sie ihrem Munde etwas zu viel Freiheit er⸗
laubte. Die ersten Menschen, Adam und Exva,
wurden aus dem Paradiese gejagt, als sie von der ver
botenen Frucht aßen, wäre eine Strafe von 50 Vf
nicht auch groß genug gewesen?
— Neustadt, 26. Sept. Die heute dahier
im Saalbau abgehaltene Weinversteigerung des
Herrn Theodor Schaaf in Winzingen war be
ziemlich schwachem Besuche von mittelmäßigem Ver⸗
laufe. Etwa nur die Hälfte des Vorraths konnte
zum Zuschlage gebracht werden. Schon bei denm
Anfange wurden die 6 Nummern 1880er nicht
abgegeben. Erst als die besseren 188er Weint
zum Ausgebote kamen, hat sich die Kauflust gebesserh.
Erzielt wurden folgende Preise: Karlbacher 400,
Herxheimer 480, 486, 500, 505. 550, 7 40, Ham⸗
»acher 530, 560, Rießling, 770, Winzinger 6765,
hausgarten 825, Mönchgarten 880, 915, Königs
zacher 805, 815, Forster 880, Ruppertsbetget
Traminer 1005, Deidesheimer Rießling auf 1280
M. per 1000 Liter. Ein Kallstadter Rothweir
kam auf 783 Mark.
— Aus Winden läßt sich L. Anz. schreiben
Die Nußernte ist bei uns im vollen Gange und
haben sich auch kauflustige Handelsleute eingefum⸗
den, welche heute hier und in Hergersweiler der
größten Theil der Nüsse zusammenkauften. Sit
ahlten für den Ztr. frisch vom Baume (wozu man
1 gewöhnliche graue Körbe voll rechnet 6 M. —
Es passirten hier 4 zweispänner Wagen, schwer
heladen mit Aepfeln, welche in Eilenbaih bei Dahn
der Ztr. zu 2 M. gekauft worden waren und n
Bruchsal gingen, woselbst sie zu Obstwein verwende
verden. — In Leinsweiler kauften Dierbacher
deute Aepfel zum Keltern fütr 2 M. 50 den Zir
Zu einer Ohm oder 100 Liter Wein braucht man
a. 9 gewöhnliche graue Körbe voll Aepfel.)
— Kandel, 24. Sept. Als Beweis de
heurigen gesegneten Obsternte verdient registirt
werden, daß hierorts im Laufe der letzten Woch
nach provisorischer Zusammenstellung etwa 45-0
Fuder Apfelmost produzirt wurden. pu
— Ludwigshafen, 26. Sept. Von 8
Thieme in Kaiserslautern geht dem „Pfälzer Journa