Full text: St. Ingberter Anzeiger

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St. Iugherter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlat und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 , bei Reclamen 80 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
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M 20. 
Füuͤr die Monate Februar 
und März nehmen die Postan⸗ 
alten, die AUusträger und die Expedition 
zeftellungen auf dieses Blatt entgegen. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 27. Jan. Der Kaiser hatte 
jestern eine längere Conferenz mit dem Fürsten 
ßismarck. 
Berlin, 27. Jan. Der russische Großfürst 
scrtkolaus empfing nach seiner Verabschiedung 
on dem Kaiser und der Kaiserin im Hotel der 
ufsischen Botschaft den Besuch des Fürsten Bis⸗ 
narck, welcher den Dreiviertelstunde bei ihm ver—⸗ 
deilte. Der Großfürst reiste heute Abend nach 
5tuttgart ab. 
Berlin, 27. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
zcoffentlicht ein schon kurz erwähntes Schreiben 
es Kaisers an den Papst vom 22. Dez. v. Is., 
a welchem der Kaiser für das päpstliche Schreiben 
om 3. Dez. dankt. Der Kaiser hofft, die Befrie⸗ 
iigung des Papstes über die Wiederherstellung der 
zesandtschaft werde ein neuer Beweggrund sein, 
as seitherige Entgegenkommen der Regierung bei 
er Besetzung von Bischofssitzen durch entsprechende 
Annäherung zu erwiedern. Eine Annäherung auf 
em Gebiete der Anzeige geistlicher Ernennungen 
ege noch mehr im Interesse der Kirche als des 
Ztaates, weil sie die Besetzung der kirchlichen Va⸗ 
anzen ermögliche. Könnie der Kaiser aus dem 
intgegenkommen der Geistlichkeit auf diesem Ge⸗ 
iete die Ueberzeugung gewinnen, daß die Bereit⸗ 
oilligleit zur Annäherung eine gegenseitige sei, so 
hvürde er die Hand dazu bieten können, solche Ge⸗ 
tze, welche im Zustande des Kampfes zum Schutze 
er Rechte des Staates erforderlich waren, ohne, fuͤr 
riedliche Beziehungen dauernd nothwendig zu sein, 
iner wiederholten Erwägung durch den Landtag 
interziehen zu lassen. 
Berliu, 28. Jan. Authentische Mittheil⸗ 
ugen aus Petersburg constatiren, daß ein ent⸗ 
hiedener Umschwung in der Politik des Zaren, 
owohl nach Außen als nach Innen sich vollzogen 
at. Ein fester Anschluß an die Kaisermächte auf 
drund der Gemeinsamkeit der Interessen sei ebenso 
icher als die Verwirklichung von Reformen im 
znnern. Man nennt schon Schuwaloff als Minister. 
Berlin, 28. Jan. Der Kaiser empfing 
jeure Mittag das Präsidium des Reichstages und 
»es Herrenhauses, sowie die die Mitglieder des 
Zundesrathes, welche condolirten. 
Die Präsidenten des Reichstages und des 
reußischn Abgeordnetenhauses haben sich 
»ahin verständigt, daß die nächste Sitzung des Ab⸗ 
jeordnetenhauses am 6. Februar stattfinden soll, 
von welchem Tage ab sich der Reichstag bis nach 
en Osterferien vertagen wird, um dem Abgeord⸗ 
jetenhause Zeit zur Erledigung seiner Geschäfte 
assen. 
dem Bundesrath ist eine Nachweisung über 
den Einzelstaaten bie Ende Dezember 1882 
berwiesenen Beträge an Münzen ESilber, Nickel, 
kupfer) zugegangen. Gesammtsumme 474, 987, 000 
N., davon 71,653,000 M. Fuünfmarkstücke, 
91,026,000 an Zweimarkstücken, 167,217, 000 
Einmarkstücken, 71,486,000 an 50.Pfennig⸗ 
ucken, 28,081,000 an 20. Pfennigstücken, 
0,829,000 an 10.-Pfennigstücken, 9,878.000 an 
11 
Montag, 29. Januar 1883. 
5⸗Pfennigstücken, 4,071,000 an 2⸗Pfennigstücken,! 
2,791,000 an Pfennigstücken. 
Ausland. 
Paris, 27. Jan. Der Streit der Porzellan⸗ 
dreher in den Porzellan⸗Fabriken zu Limoges 
nachte die anderen dortigen Porzellanarbeiter be⸗ 
chäftigungslos. Zwölftausend Personen find ohne 
Urbeit. Der Gemeinderath von Limoges nahm 
ine Petition an die Kammer an, die Durchführung 
der sozialen und ökonomischen Reformen zu be— 
chleunigen. 
Paris, 28. Jan. Die Minister, welche 
zem heutigen Conseil beiwohnten, haben ihre De— 
nission gegeben. Dieselbe ist von Grevy noch nicht 
;cceptirt. 
RNom, 28. Jan. Der Moniteur bergrüßt mit 
zroßer Befriedigung das Schreiben des Kaisers 
Bilhelm an den Papst, und sagt, dasselbe sei ein 
ieuer Beweis der friedlichen Gesinnungen und 
vohlwohlenden Absichten des Kaisers. Das Blatt 
pricht insbesoudere seine Anerkennung über die in 
Aussicht gestellte Revision der Maigesetze aus, welche 
tets vom Papstthum reclamirt wordeun sei; eine 
roße Majorität des preußischen Landtags sei 
ibrigens für Revision. 
Aus Petersburger unterrichten Kreisen 
erlautet, daß nunmehr die Krönung des Czaren 
nuf Ende April, spätestens auf Mai, jedoch noch 
hne Bestimmung des Tages festgesetzt und daß be⸗ 
eits bezügliche Befehle an die Truppen ꝛ⁊c. ausge⸗ 
seben sind. An die auswärtigen Höfe, heißt es 
ollten in der nächsten Zeit die Einladungen er—⸗ 
jehen, doch glaubt man nicht, daß einer der Thron⸗ 
rben (z. B. der deutsche Kronprinz, der Kron⸗ 
rinz Rudolf, der Prinz von Wales) der Krönung 
veiwohnen würde. Man vermuthet beispielweise, 
zaß von Berlin Prinz Albrecht kommen werde. 
—— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 29. Jan. Wie wir hören, 
jat der Kriegerverein in seiner gestrigen Ge— 
neralversammlung beschlossen, in diesem 
Jahre den üblichen Fastnachts-Ball mit Rücksicht 
nuf das durch die Ueberschwemmung verursachte 
gzroße Unglück in den Rheingegenden ausfallen zu 
assen. 
— GCandrath der Pfalz.) Die in der 
ußerordentlichen Versammlung gefaßten Beschlüsse 
jaben die allerhöchste Genehmigung erhalten. Der 
ꝛezügliche Landrathsabschied wird alsbald publizirt 
verden. 
— Die durch des Landtagsabg. Hrch. Schmidt 
Tod nothwendig gewordene Nachwahl im Landtags⸗ 
vahlkreise Speier ist auf Donnerstag den 23. 
Februar festgesetzt. 
— Die „Sp. Ztg.“ nimmt Bezug auf die amt⸗ 
ichen Berichte über die Ueberschwemmungen im Jahre 
784, verfaßt und herausgegeben von der kurfürst⸗ 
ichen Kanzlei in Heidelberg, Mannheim, 1875 
ind hebt daraus Folgendes hervor: Am 7. Jan. 
Morgens bei einer Kälte von 7 Grad stellte sich 
as seit mehreren Tagen vorhandene starke Treib⸗ 
iis; Sonntag den 11. Januar 1784 wurden Bu⸗ 
zen mit Eßwaaren und dergleichen, sowie Kegel⸗ 
ahnen auf dem Rheine errichtet, wozu sich viele 
Tausende von Menschen einfanden, so daß es wie 
in Jahrmarkt aussah. Die eigentliche Dicke des 
fises betrug nur 1h3 Fuß . Vdasselbe lag jedoch 
m manchen Stellen bis 14 Fuß tief übereinander. 
znu diesem Zustande blieb der Rhein bis zum 26. 
—18. Jahrg. 
Februar, als Thauwetter eintrat, und in Folge 
essen eine Ueberschwemmung. Bei der Hauptüber- 
chwemmung vom 28. Februar, woselbst der Rhein 
in 123 Stunden um 10 Fuß stieg, stürzten von 
58 unter Wasser gesetzten Häusern in Sandhofen 
30 ein und an Vieh kamen 140 Stück um. Die 
Bewohner flüchteten sich alle nach Scharhof. Er⸗ 
vähnt sei bei dieser Gelegenheit noch, daß wie 
zjeute, so auch vor 99 Jahren sich die Privatwohlthä⸗ 
igkeit in großem Maßstabe zeigte. Das Unter⸗ 
tützungskomité in Mannheim, unter Vorsitz des 
Herrn v. Sturmfeder, verschaffte binnen wenigen 
Tagen 1029 Familien Unterkunft, Wäsche, Kleider 
ic. Aber auch der Staat und seine Vertreter blie⸗ 
hen nicht zurück. Kurfürst Karl Theodor spendete 
aus eigenen Mitteln 120,000 Gulden, eine für 
damalige Zeit, wo man ein schönes Bauernanwesen 
ür 500 fl. haben konnte, sehr große Summe. Den 
Beschädigten wurden Steuern und Abgaben erlassen 
und unter der rühmenswerthen Thätigkeit einer 
andesherrlichen Commission, Vorsitzender Vicekanz⸗ 
er Frhr. v. Fick, waren in verhältnißmäßig sehr 
schneller Zeit die Spuren und Nachwehen der Ver⸗ 
wüstungen im kurpfälzischen Lande (die die jüng⸗ 
terlebten sowohl an Größe als an Schrecklichkeit 
der einzelnen Seenen übertrafen) beseitigt. Möge 
in letzter Beziehung das 19. Jahrhundert hinter 
seinem Vorgänger nicht zurückstehen! 
— Eine gewiß seltene Bekanntmachung durch 
die Schelle wird von Grünstadt gemeldet, wo⸗ 
nach ein russischer Auerhahn, welcher von der rus⸗ 
fischen Grenze per Post dahin geschickt wurde und 
unbestellbar ist, auf der Postexpedition versteigert 
werden sollte. 
— In Ludwigshafen hat sich zur Ver⸗ 
theilung der bei den beiden dortigen Hilfskomité's 
eingegangenen Gelder an die durch das Hochwasser 
Beschädigten Kn Subkomité gebildet, bestehend aus 
—RV 
Vorsitze des Herrn Bürgermeister Kutterer. 
— In Ludwigshafen mußten mehrere 
Brunnen zum Schutze gegen den Eintritt anstecken⸗ 
der oder epidemisch auftretender Krankheiten ge⸗ 
cchlossen werden. 
— Der kgl. Verwaltungsgerichtshof hat aus⸗ 
zesprochen, daß Wirthschafisinhaber in der Pfalz, 
velche bereits vor dem Inslebentreten der Novelle 
»om 23. Juli 1879 dieses Gewerbe betrieben haben, 
yon diesem Zeitpunkte an beim Wechsel des Wirth⸗ 
chaftslokals einer Betriebserlaubniß bedürfen, wo⸗ 
zei auch die Bedürfnißfrage, daun die Frage, ob 
das betreffende Lokal nach Lage und Beschaffenheit 
den polizeilichen Anforderungen entspricht, ebenso 
der behördlichen Würdigung zu unterstellen ist, wie 
hei einer Neuverleihung. 
Vermischtes. 
F Das Ergebniß der Sammlung zur Errich⸗ 
zung eines Landes⸗-Denkmals zu Wörth-Fröschweiler 
'ür die im Jahre 1870,71 in Frankreich gefalle— 
ien Bayern beträgt bis jetzt die Summe von 
30226 M. 39 pf. 
F Karlsruhe, 26. Jan. Staatsanwalt 
Nibel hat eine Belohnung von 50 Mart ausge⸗ 
ichrieben für Entdeckung des Thäters, welcher kürz⸗ 
ich einen großen Stein auf der Bahnstrecke Bruch⸗ 
al⸗Bretten auf die Schienen gelegt hat, um einen 
Zug zum Entgleisen zu bringen. — Vorgestern 
rüh wurde im badischen Oberland ein ziemlich hef⸗ 
iges Erdbeben verspürt, daß in Triberg, Villingen, 
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