Full text: St. Ingberter Anzeiger

Stadt Straßburg nieder. Die „Roéͤpublique“ 
enthält eine Zuschrift, welche ihr, wie sie sagt, von 
nehreren einflußreichen Mitgliedern der hiesigen 
panischen Colonie zugeht und worin behauptet 
dird, daß der König von Spanien auf seiner 
deutschen Reise keinerlei Verpflichtungen eingegangen 
sei und daß Spanien seine guien Beziehungen mit 
Frankreich unter allen Bedingungen aufrecht er⸗ 
halten wolle. Die Bande, welche Spanien an 
Frankreich tnüpften, seien so unauflöslich, daß 
zolitische Mißverständniße nicht andauern könnten. 
Wenn bei der Ernennung des Königs zum Inhaber 
eines preußischen Ulanenregiments Mangel an X 
vorliege, so sei es nicht seine Schuld. Die spanische 
Colome wünsche, daß diese Kundgebung ihrer Ge⸗ 
innungen von der französischen Presse als der 
Widerhall der wirklichen Stimme Spaniens ange⸗ 
sehen werde. Mehrere Blaätter heben hervor, 
daß heute auch der Tag' der Einweihung des 
Riederwalddenkmals sei, weiches, wie „Paris“ be⸗ 
nerkt, die Deutschen klugerweise nicht an den Ufern 
der Mosel errichtet haben, wo es in Gefahr sein 
vürde, wir gestehen dies ein, sondern auf dem 
rechten Ufer des Rheins, wo wir nichtszu suchen 
haben. 
Paris, 30. Sept. (Koln. Z.) Die in Paris 
wohnenden Spanier, selbst die Carlisten, die den 
Zönig Alfons hassen, aͤber einen König von Spanien 
aicht im Auslande mißhandelt sehen wollen, sind 
sehr aufgebracht. Grevy erschien heute um halb 5 
Uhr mit General Pittie auf der spanischen Botschaft 
und sprach dem Könige sein Bedauern über die 
gestrigen Ereignisse aus; der König nahm die Ent⸗ 
schuldigungen entgegen. Um halb 8 Uhr wird der 
König im Elysee speisen. — Die Lanterne bringt 
einen Artikel mit der Ueberschrift: „Volksprotest! 
Rieder mit den Königen! Es lebe das Volk!“ — 
Die raditalen Blätter fallen in der schmutzigsten 
Wiese über König Alfons her und billigen die 
gestrigen Vorfälle. Der Intransigeant versteigt sich 
zu dem Satze: Mein Oberst, bist du zufrieden? 
Diese Mißgeburt Alfons ist unser Gast, und Spa⸗ 
dien wird schon wissen, daß in ihm nicht der 
Spanier, sondern der Deutsche ausgepfiffen wurde. 
Paris, 80. Sept. Köln. —A 
kandal bei Empfang des panischen Gastes wurde 
gestern Abend noch bis spät in die Nacht in allen 
oͤffentlichen Localen erörtert, aber von dem ruhigern 
Theile der Bevölkerung nichi bewundert. Die Bande, 
welche um 8 Uhr abends unter Absingung der Mar⸗ 
rillaise und Rufen: „Nieder mit dem Ulanen!“ 
pon der Esplanade der Invaliden nach der spanischen 
Botschaft zog, wurde von der Polizei zersprengt, 
eine zweite, welche zur Marseillaise den „Ulan“ 
verhöhnte. gleichfalls; auf dem Platze der Komischen 
Dper griff eine Bande einen Wagen, in dem drei 
Gymnasiasten saßen, unter dem Vorwande an, es 
seien Spanier. Der Wagen wurde umgestürzt, die 
Polizei vertrieb auch diese Bande sofort. Auch in 
den äußeren Vorstädten zogen mehrere Banden un⸗ 
ser dem Rufe: „Nieder mit dem Ulanen!“ umher, 
his die Polizei einschritt. Ueber die Fahrt des 
snigs vom Bahnhofe noch folgendes Nähere: Grevy 
ar n den Empfangssaal, als der König den Bahn⸗ 
hof verließ; Ferth begleitete den König bis zum 
Wagen und trib zur raschen Abfahrt. Als die 
Volismasse zu pfeifen und wüthend zu heulen an⸗ 
ing, bat der König den Conseilspräsidenten, zu ihm 
n ven Wagen zu sleigen. Eine Weile konnte der 
Wagen mit dem Gefolge nur langsam fahren und 
un' wurde der Gast mit Beschimpfungen überhäuft; 
ein wüthendes Frauenzimmer zerbrach seinen Sonnen⸗ 
schirm, mit dem es auf den Wagen schlug. Der 
Herzog von Sesto bemerkte später: „Niemals ist 
an Mensch mit Schimpfreden so überhäuft worden 
wie wir heute.“ Ferry soll geäußert haben, „wenn 
Zönig Alfons nicht in Paris Aufenhalt genommen. 
so wuürde Frankreich mit Recht sich verletzt gefühlt 
Jaben.“ Der französische Botschafter in Madrid 
zatte mit seinem RFuͤcktriite gedroht, wenn der König 
von Spanien nicht in Paris Besuch mache. 
Paris, 1. Oktober König Alfons ist heute 
Morgen 84 Uhr abgereist. Es kein Zwischeniall 
vorgekommen. 
Die antirepublikanischen Blätter sprechen ihre 
Entrüstung aus. Im Pays schreibt Cassagnac: 
Gestern wurde Deutschland in der Person des 
önig Alfons beleidigt. Der König Alfons ist 
ur der Vorwand, der Kaiser Wilhelm ist das 
Ziel.“ — Die Pariser Bevölkerung hat sich ihrer 
hauv. Presse würdig gezeigt. Bei allen Völkern, 
Abst den rohesten ist das Gastrecht heilig. Köniag 
Alfons telegraphirte an die Exkönigin Isabelle 
eine Mutter: „Tief betrübt!“— X 
Madrid, 1. Oktober. Gestern Abend tkrat 
in Minisierrath anläßlich der Manifestation gegen 
ꝛen König in Paris zusammen. Die Journale 
ind sehr erregt und klagen die französische Regier— 
inq wegen unzureichender Maßregeln an— 
Madrid, 1. Oltober. Die Correspondencia 
laubt, die Regierung werde eine Protestnote nach 
haris senden, und die Bestrafung der Urheber 
zer Manifestation verlangen. Einigen Journalen 
ufolge umstellte der Prafelt die französische Bot⸗ 
haft mit Gendarmen, um eine Gegenmanifestativn 
u verhüten. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
MSt. Ingbert, 2. Oktober. Der hiefige 
Turn-Verein hielt am 28. Sept. seine jähr⸗ 
iche Haupt⸗BVersammlung ab. Aus dem Berichte 
es Kassenwarts ging hervor, daß der Verein in 
ecuniärer Hinficht noch sehr darniederliegt. Leider 
st auch eine Abnahme in der Mitgliederzahl ein— 
jetreten. — Neu gewählt in den Turnrath wurden: 
Foh. Rickel (zum Turnwart), Knerr und Lem⸗ 
Jert. An der Spitze stehen nunmehr Joh. Wei⸗ 
rich als J. und Ernst Conrad junior als 
J. Sprecher. — Vom Heutigen ab wird wieder, 
vie früher, in der Oberhauser'schen Halle geturnt. 
— Möge die Theilnahme am Turnen eine regere 
verden, der Verein wachsen und derselbe sich auch 
ernerhin der Unterstützung von Seiten der verehr- 
ichen inaktiven Mitglieder zu erfreuen haben! 
ßut Heil! 
Zweibrücken, 1. Oktober. Am Sams- 
ag ereignete sich in der Nähe des Renuplatzes ein 
edauernswerther Unfall. Eines der preisgekrönten 
Bferde (von Haßlich) wurde auf dem Rennplatz ge- 
iiten; plötzlich brach dasselbe aus und schlug dem 
Irn. Heinrich Ewig von Rimschweiler, welcher 
eider nicht mehr ausweichen konnte, an einem Bein 
ie beiden Unterschenkelknochen dicht über dem 
-zprunggelenk durch. Der Verletzte wurde in die 
Vohnung des Herrn Dr. Hessert verbracht, welcher 
hn sofort in Behandlung nahm. Ist die Verletz⸗ 
ing auch nicht bedenklich, so wird sie doch einen 
leibenden Nachtheil zut Folge haben und kann 
so für Denjenigen, der sür den Schaden aufzu⸗ 
ommen hat, recht kostspielig werden. (3. 3.) 
— Die im 3. Quartal 1883/84, Oktober, No⸗ 
ember und Dezember 1883, zahlbaren Verpfleg⸗ 
ingszuschüsse wurden für die pfälzischen Garnisonen 
bie folgi festgesetzt: Zweibrücken für die Mann⸗ 
chafi I8 Pfg., für Unteroffiziere 27 Pfg., Kaisers- 
autern 17 uünd 26 Pfg., Landau 17 und 25 Pfg., 
hermersheim 16 und 24 Pfg.; in Speyer wird 
horläufig der bisherige Saß (18 und 27 Pfa.) 
ezahlt. 
— Pirmasens, J1. Oktober. Gestern Nach⸗ 
nittag entlud sich über unsere Stadt ein Gewitter 
nit heftigem Regen, Blitzen und Donnerschlägen, 
vie wir solches im Laufe des Sommers kaum 
chwerer gehabt. Auch fielen Schlossen in solcher 
Renge, daß sie, nachdei das Gewitier lange vorüber 
var, siellenweise noch zollhoch lagen. (P. A.) 
— Das „G. W.“ schreibt: Es wird uns die 
reudige Mittheilung, daß die Kapelle des in Ger⸗ 
nersheim garnisonirenden 17. Inf.Regmts. 
inter Leitung ihres bewährten Musikmeisters Herrn 
zipplis, dessen Ruf als solcher sich bereits weit 
ber die Pfalz hinaus erstreckt, mit seiner Kapelle 
46 Mann stark) zur Enthüllung des Niederwald- 
Ddenkmals berufen wurde. Vom Comite des Nieder⸗ 
vald⸗Denkmals waren sieben der tüchtigsten Regi— 
nenismusiken in Vorschlag gebracht worden und die 
es 17. Regiments, eine von Darmstadt und eine 
düsseldorfer dazu bestimmt. Von diesen drei Regi— 
nenis⸗Musiken hat diejenige des Herrn Zipplis bei 
er Weihe allein functionirt, also direkt vor Sr. 
— 
ie Weihe vollzog, die Ehre gehabt, zu spielen. 
— Edenkoben, 29. Sept. Herr Hinzler 
on hier theilte auf dem Binger Schützenfest den 
)erren Carl und Heinrich Gräff und Kaufmann 
dilsdorf im Auftrage des Schützenvereins seiner 
Zaterstadt mit, daß sie zu Ehrenmitgliedern ernannt 
eien. Herr Gräff⸗Bingen brachte dann auf die 
ahlreich vertretenen Edenkobener Gäste einen 
chwungvollen Trinkspruch aus. 
— Wachenheim, 28. Sept. Das Gewicht 
zes Portugieser-Moöstes stellt sich auf 70 ) was 
ven Erwartungen' nicht ganz entspricht. Der bis 
etzt geherbstete weiße Most zeigt ein Gewicht von 
70 bis 800, wenn gute Auslese stattfindet. Vo 
Allem müssen die bis jetzt schon faulen Trauben 
owie kranke, von denen man in minder guten Lagen 
iemlich antrifft, ausgelesen werden. Darum, iht 
WBinzer, laßt euch die Mühe nicht verdrießen, dag 
ʒaule, Kranke und Unzeitige beim Herbsie augn 
esen! Dann erhaltet ihr, nebst einem guten Produͤct 
senommee und mit diesem gute Preise. Das Aig. 
zeschiedene hat für euch selbst Werth in der —R 
ung als Haustrunk. ,G. B. 3) 
— In Gönnheim, stellt sich der Preis des 
Portugieser-Mostes bis zu 13 M. 50Pf. 
dro 40 Liter. — Neuer Portugieser-Most wurde 
steustadt am Samstag gewogen und ergaben fich 
30 2650 nach Oechsle. Die Logel wurde verlauf⸗ 
zu 13 und 15 M. (D. A.) 
— Gleishorbach, 28. Sept. Gesier 
vurde in unserer Gemeinde der erste neue Most 
as Hektolitter zu 31 M. aus einem isolirt liegen. 
den Feldwingert verkauft. Im Allgemeinen haben 
zie Trauben in den letzten 14 Tagen an Güie be— 
—XG dunnhautig und suf 
jeworden. Die Qualität wird voraussichtlich gut 
eider bleiben wir aber bezüglich der Quantität geher 
»as untere Gebirg zurück. Die Berg⸗-Wingerte 
velche gewöhnlich den meisten Wein lieferten, sieher 
a. alsz seien manche bereits geherbstet. 
,. 
Vermischtes. 
Neunkirchen, 30. Sept. Gestern Nach— 
nittag gegen 5 Uhr wurde eine männliche, bis jeßt 
noch unbekannte Leiche in der Nähe des Mehlpfuhi 
chachtes durch dort sich tummelnde Knaben in de 
Blies, auf der Oberfläche des Wassers schwimmend 
aufgefunden, und ist dieselbe mittelst Leilerhalen 
ofort geländet worden. Da die Verwesungser⸗ 
cheinungen an der Leiche sehr stark vorgeschritten 
varen, so ist anzunehmen, daß dieselbe mehrere 
Tage im Wasser gelegen hat. Die Leiche des an⸗ 
cheinend dem Arbeiterstande angehörigen älteren 
Rannes war bekleidet mit einer gestreiften dunklen 
dose von Baumwollbiber, welche auf den Knieen 
nit demselben Stoff geflickt war, mit einem weiß 
einen Wamms und einem alten, roth und schwar 
gestreiften Hemd und Zugschuhen (ohne Strümpfe. 
(S. u. Bl.⸗Ztg.) 
F Straßburg, 28. Sept. Dem Unter— 
taatssekretär Ledderhose, welcher gegenwärtig Herrn 
heorg v. Mayr. in der Leitung des Finanzdepar⸗ 
ements vertritt, ist es gelungen, zwölf Millioner 
Figarren, Produkte der „kaiserl. Tabakmanufaltur“ 
in ein Consortium loszuschlagen. Die Bedingungen 
ind begreiflicherweise für das Consortium sehr günstige 
ie Waaren wurden theilweise um 80 pCt. unter 
)dem Herstellungspreise abgegeben. So bericht⸗ 
venigstens die „Frankf. Ztg 
f'Mannheim, 29. Sept. Vor dem hie 
igen Schwurgericht kam ein Fall zur Verhandlung 
velcher wiederum die Forderung einer Entschädig 
ing für unschuldig erlittene Haft als durchaus be 
echtigt erscheinen und den Mangel eines diesbezüg 
ichen Gesetzes in drastischer Weise erkennen läößt 
der 24jährige Korbflechter Heinrich Lenz von Nedar— 
vimmersbach stand unter der Anklage wegen Mein 
ids, die sich darauf stützte, daß Lenz am 7. Apri 
8. I8. gelegentlich einer Schöffengerichtsverhand 
ung in Eberbach, bei der eine Körperverletzun 
erhandelt wurde, bei seiner eidlichen Einvbernahm— 
— V0 
Jeweiserhebung ergab sich nun nicht nur kein An 
jaltspunkt, aus dem mit Sicherheit auf eine falsch 
ilngabe geschlossen werden konnte, sondern es wurd 
ruch festgestellt, daß das über jene Zeugenaussag 
iufgenommene Protokoll nicht den Bestimmungen 
ar Strafprozeßordnung entspricht und deshalb über 
aupt die Anklage gegen Lenz auf Grund falsche 
horaussetzungen erhoben worden ist. Es erfolgt 
sernach dreisprechung des Angetlagten, der seit 1/ 
üpril d. J., also über fünf Monate. unschuldia 
Untersuchungshaft gesessen hat. 
p'Ruüdesheim, 28. Sept. Eine starle D 
onalion, die heute Abend gleich nach 8 Uhr in de 
Jroßen Festhalle erfolgte, setzte die Festtheilnehme 
udie großie Bestürzung. Der starke Knall kur 
inter dem großen Hauptbüffet her und d 
dufterschütterung' schleuderte das dort befindlich 
Deinloger vollständig durcheinander und der San 
log über alle Tische. Die Güste verließen ängstn 
ast alle die Festhalle, so daß nach einer Viern 
tunde kaum noch hundert Personen darin winn 
Nach Aussage des Wirthes ließe das tiefe . 
helches in dem Boden der Festhalle entstanden w