Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 196. IJ
Montag, 8. Oktober 1883.
18. Jahrg.
iti die er schon an dem Tage gehegt, an welchem er
Politische Ueberficht. sein bisheriges Portefeuille uͤbernommen habe. Es
Deutsches Reich. war ein offenes Geheimniß, daß zwischen Thibaudin
Das Befinden des Kaisers ist, wie aus und der Mehrzahl seiner Ministerkollegen tiefgehende
Baden-Baden gemeldet wird, foriwährend ein Meinungsverschiedenheiten bezüglich verschiedener
vortreffliches, wenn er auch insolge der ungünstigen Fragen bestanden und die mehr als zweideutige
Witterung in den letzten Tagen wiederholt seine daltung Thibaudin's bei der Anwesenheit des Königs
Bohnung nicht verlassen konnte. Der Aufenihalt don Spanien in Paris hat dem Fasse den Boden
ves Kaisers in Baden⸗Baden wird bis in die zweite uusgeschlagen. Ueber den Nachfolger. Thibaudin's
hälfte des Oktober dauern, worauf er sich direk ist noch nichts Naͤheres bekannt, doch heißt es, daß
noch Berlin zurückbegiebt, während die Kaiserin noch das Kriegsminifterium dem General Saussier ange⸗
rinige Wochen in Koblenz zu verbringen gedenkt. voten worden sei. Es kann kaum bezweifelt wer⸗
* Der Bundesrath hielt am Freitag eine den, daß die Demission Thibaudin's die Schwierig⸗
Plenarsitzung ab, in welcher er sich u. A. auch mit leiten, welche infolge der Demonstrationen gegen
—DD0 Spanien
Reichsstage in der nächsten Session zugehen wird. entftanden sind, wesentlich verringern wird, und find
Ausland. die betreffenden diplomatischen Verhandlungen eifrig
In der letzten Feit macht sich ein Umschwung im Gange. Der panische Botschafter in Paris hat
n der Gesinnung des Schweizer Volkes gegen⸗ dem Minister des Auswärtigen Challemel · Lacour
iher Deutschland und Frantreich demertbar. Auch nuündlich Vorstellungen gemacht, die sich dem, Temps
seinere Biater fangen an, Deutschland gerecht zu ufolge namentlich darauf bezogen haben, daß keine
werden und seine auswartige Potint anzuerkennen. zerichtliche Verfolgung der Urheber der Kundgeb⸗
Man fieht endlich ein, daß man an deutschland ungen gegen den Koͤnig Alfons eingeleitet und daß
ninen wohlwollenden Nachbar hat, mit dem man icht der volle Wortlaut der zwischen Konig Alfon⸗
nuf dem besten Fuße lebi, der noch nie Anlaß zu und Präsident Grevy gewechselten Erkläruengen im
irgend einer Swreitigkeit gegeben hat und sein großes dJournal offiziell verdffentlicht worden sei. Be⸗
Vwicht hie zu Gunsten der Kleinen ausübt. Im reffs dieser beiden Punkte hat die franzoͤsische Re⸗
gleichen Verhälinisse mindern sich dagegen die Sym⸗ gierung bereits eine Erklärung abgegeben, welche,
hathien für Framteich, mit dem die Schweig immer vie der Temps weiter mittheilt, geeignet erscheint.
Ansfiände hat. Das Auftreten der Pariser gegen eine Verstandigung herbeizuführen.
Nonig Alfons wird allgemein verurtheilt. Ent⸗
rüstet ist man aber namentlich über die frivole Art
und Weise, wie die Presse und Militärschriftsteller
das vertragliche Recht der Schweiz in Betreff der
Neutralisirung Savoyens behandelu und ganz offen
erkllaren, daß Frankreich weder die Neutralität Sa⸗
boyens noch die der Schweiz achten werde, wenn
es bei einem Kriegsfalle in seinem Interesse liegen
werde, sie zu verletzen. Vollends ist man auch in
zundesräthlichen Kreisen aufgebracht über die Absicht
Frankreichs, in Savoyen, ganz an der Grenze Genfs,
eine Festung zu errichten. Ob der Bundesrath
diergegen Beschwerde erheben wird, ist noch nicht
bekannt; sicher ist nur, daß seidgenössische Offiziere
ain Ort und Stelle Erkundigungen eingezogen haben.
Nan ist in der That besorgt, daß die Franzosen
dei einem künftigen Kriege, den wir hier angesichts
der bis zum Wahnsinn gesteigerten Leidenschaft des
ranzoösischen Volkes wohl ins Auge fassen, sich um
—öA
werden. Man hört nun gegenwärtig selbst in den
inieren Vollsklassen Urtheile über die Fran⸗
zosen, die man bis jetzt uur in den oberen
Ständen zu hören bekam. Auch über die innere
Politik Frankreichs fängt man an anders zu
denken, da man nach und nach einsieht, daß die
Franzosen noch weit davon entfernt sind, wahre
Republikaner zu sein. Der Umschwung in der
Ztimmung des Schweizer Volkes vollzieht sich zwar
angsam, immerhin ist er schon bemerkbar.
Im franzssischen Kabinet ist die langfl
erwariete Krisis jetzt ausgebrochen, indem der Kriegs⸗
minister Thibaudin seine Demission gegeben hat,
welche auch vom Präsidenten Greyh angenommen
worden ist. Das Demissionsgesuch Thibaudin's
weißt auf die Machinationen seiner politischen Geg⸗
ner bin, die ihn während der parlamentarischen
Ferien in eine von ihnen berechnete Ohnmacht hät⸗
en versetzen wollen, dennoch habe er nicht gezoöͤgert
seine Demission zu geben, mit der nämlichen Er—
gebenheit gegen den PVräsidenten und die Republik,
werden müssen. Die Verunglückten waren schreckllich
perstümmelt worden; noch immer entwickeln sich
Gase und Wetter außerordentlich stark, so daß an
den Grubenbetrieb nicht gedacht werden kann.
— Aus der Südpfalz wird dem „Pf.
K.“ geschrieben: Infolge der stark auftretenden Fäule
der Trauben wird die Weinlese allenthalben sehr
früh stattfinden. In den meisten Gemeinden dieser
Gegend ist bereits Beschluß darüber gefaßt worden,
und wurde die Weinlese auf die Tage vom Montag,
Dienstag und Mittwoch u. s. w. festgesetzt, so daß
bis Ende dieser Woche aller „Neue“ schon in den
Fässern rumoren wird. Quantitativ wird sich das
Ergebniß sehr unterschiedlich gestalten.
— Das giahrige Töchterchen des Herrn Dr.
Jäger in Edenkoben sprang am Freitag Abend
von einem im Gange befindlichen Kartoffelfuhrwerke
herab, kam zum Unglücke unter die Räder und fand
so seinen Tod.
— Die Weinlese, der sog. „Herbst“, ist am
ganzen Haardigebirg entlang auf diese Woche festgesetzt.
— Unter den 2100 in der Pfalz geprüften
Rekruten befanden sich nur 5 mit mangelhafter
Schulbildung.
Vermischtes.
FSaarbrücken, 6. Okt. In der gestern
Nachmittag stattgehabten Sitzung der Stadtverord⸗
neten wurde der bisherige Buͤrgermeister Herr Fel d⸗
mann zu Wilhelmshafen (Sohn des früheren hie⸗
figen Bergbeamten Feldmann) einstimmig zum
Bürgermeister der Stadt Saarbrücken erwählt. Als
Bewerber traten einige 40 auf.
2 Saarbrücken, 8. Oktober. Die gelslern
Abend im Schuhmann'schen Saale hierselbst statt⸗
findende Unterhaltung der deutschen Reichsfechtschule
iahm den schoͤnsten Verlauf. Deklamatorische und
zratorische Vorträge wechselten mit Gesang und
Zitterspiel ab. Nachher vereinigte ein Tänzchen, was
aie fehlen darf, die Mitglieder noch bis zum frühen
Morgen. Eine angestellte Sammlung, sowie das
Berwlegen aller Theilnehmenden gegen Bezahlung
ergab das nette Suümmchen von annaͤhernd 64 Mtk.
zu Gunsten des Vereins. Die Theilnehmerzahl dürfte
mit 600 nicht zu hoch gegriffen sein.
F Mannheim. Auch gegen einige junge
Leute von hier steht die Untersuchung wegen wider⸗
rechtlicher Befreiung vom Militärdienst zu erwarten;
einer war bereits verhaftet und wurde nur gegen
Leistung von 10,000 M. Kaution wieder freigelassen.
F Ueber den kolossalen, leider sehr mangelhaft
eingerichteten Verkehr zwischen Rüdes heim und
Bingen gelegentlich der Einweihung des Nieder⸗
vald⸗Denkmals wird gemeldet, daß nach flüchtiger
Schätzung an den Festtagen von einem Ufer zum
indern befoͤrdert worden sind durch Dampfer ca.
60,000 und durch Nachen gegen 25—30,000 Per⸗
sonen. Die Zahl der mit Extraschiffen, Eisenbahn
und zu Fuß, sowie an den vorhergehenden Tagen ein⸗
getroffenen Besucher läßt sich nur schwer bestimmen.
F(Gindthorst über das Niederwald—⸗
fest.) Der Abgeordnete Dr. Windthorst besuchte
am Sonniag Abend auf seiner Heimreise von Rü⸗
desheim den katholischen Verein in Düfseldorf. Nach
dem Bericht des „Düsseld. Volksbl.“ sagte derselbe
in einer Ansprache ungefähr folgendes: Er komme
vom Niederwaldfest, einem der erhebendsten Feste
feines Lebens. Gerne habe er an demselben theil⸗
genommen, denn es habe dokumentiert, daß die
Deutschen aller Parteien und aller Konfessionen fesl
tanden, wenn es gelte, gegen den äußeren Feind in