Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches des königl. Amtsgerichts St. Ingber 
s St. Ingbert 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 197. Dienstag, 9. Oktober 1883. —18. Jahrg. 
x Dentschland, Spanien und Fraukreich. Ein gegen Frankreich gerichteter Bund Spaniens 
Die Anwesenheit des Königs von Spanien in mit Deutschland würde in Spanien gar nicht ver⸗ 
gzegleitung seinez Ministers des Auswärtigen sftanden werden, da Spanien von Frankreich nicht 
petquis Armijo de Vega am deutschen Kaiserhofe, bedroht wird, aber auch von dem durch die Pyri— 
je dort dem spanischen Monarchen gewordene näenkette getrennten Franzosenlande nichts ge— 
juszeichnung durch Verleihung des Schleswig- winnen will. 
solsteinischen Ulanen⸗Regiments, der Wuthausbruch 
her Franzosen über diese Auszeichnung, die darauf⸗ 
polgende Beleidigung des Königs von Spanien 
zurch den Pariser Pöbel haben in Verbindung mit 
den politischen Nachwirkungen dieser Vorgänge 
ffenbar die Beziehungen der drei Staaten, Deutsch 
and, Spanien und Frankreich theils alterirt 
heils gefestigt. 
Der berühmte Nationalstolz der Spanier ist 
uurch die ihrem Könige in Paris angethane Be— 
reidigung stark verletzt worden und wird dieserhalb 
nohl längere Zeit ein Schatten über den französisch— 
panischen Beziehungen lagern, wenn man sich in 
Madrid auch von den offiziell gewährten Genug— 
huungen Frankreichs bereits befriedigt zu sein er⸗ 
tlärt. Deutschland hat aber Spanien gegenüber 
durch den Pariser Skandal gewonnen, denn der 
eutsche Mann hat im Lande der Kastanien durch 
diese gesammten Vorgänge eine gewisse Popularität 
und Beliebtheit erlangt, die ihm ehedem fehlte. 
Freilich hat der Pariser Skandal den Deutschen 
much die bittere Wahrheit gezeigt, daß die Franzosen 
noch immer das leicht reizbare und in nationaler 
Leidenschast blind wüthende Volk wie in den Zeiten 
jon 1870 sind und daß es seitdem leider noch 
ieine französischen Staatsmänner und Schriftsteller 
jegeben hat, die ihrem Volke eine ruhigere und ge— 
echtere Beurtheilung der Dinge angewöhnt haben. 
Fast die gesammte Pariser Presse hatte sich sogar 
u der unsinnigen Behauptung verstiegen, der 
ꝛeutsche Kaiser hätte durch die Verleihung eines 
Uanen⸗Regiments und der König von Spanien 
vurch die Annahme desselben die französische Nation 
xleidigt. Das Wort „Ulan“ wirkt allerdings von 
dem Kriege her auf die Franzosen wie ein rothes 
Tuch auf einen wüthenden Stier oder kollernden 
Truthahn, aber auf solche unberechtigten Empfind⸗ 
iichleiten hat der deuische Kaiser bei den von ihm 
zJewährten Auszeichnungen keine Rücksicht zu nehmen 
denn sonst käme Deutschlands oberster Kriegsherr 
gielleicht gar noch in die Lage, den Franzofen zu 
Liebe die Ulanen-Regimenter ahzuschaffen Wenn 
die Franzosen dem deutschen Reiche nur nicht fort⸗ 
vaͤhrend alles Böse andichten wollten und in der 
Anwesenheit des spanischen Königs in Deutschland 
ücht ganz ungerechtet Weise ein Ränkespiel der 
eutschen Regierung gewittert hätten, dann wäre 
ꝛie Verleihung des deutschen Ulanen⸗Regiments 
in den König von Spanien auch kein Wuth 
tetz für sie gewesen. Mit Haänden ist es zu 
eifen, sdaß“ Deutschland und Spanien kein 
vündniß, am allerwenigsten gegen Frankreich 
ngeschlossen haben, denn es fehlen' zu einem solchen 
Lündnisse die geweinsamen Interessen und Gefahren 
Deutschland und Spanien. Der Zweck der 
de des Königs Alfonso nach Deutschland und 
— bestand lediglich darin, mit den alten 
onarchien in ein freundschaftlicheres Verhältniß 
— treten und sich dort Wohlwollen und Unterstütz⸗ 
. für den neuaufgerichteten spanischen Thron zu 
Derben. Dann hat die Anwesenheit des Königs 
onso in Deutschland auch noch dazu gedient, 
a mancherlei Bedenken über die deutsch⸗spanischen 
ndelsbeziehungen zu zerstreuen und in dieser 
tziehung die gemeinsamen Interessen klar zu legen 
die Nothwendigkeit ein, langsamer vorzugehen. In 
der nächsten Session hofft sie das Unfallversicher⸗ 
ungsgesetz unter Dach und Fach zu bringen. 
Ausland. 
Mailand, 8. Oktober. Das deutsche Kron— 
prinzenpaar ist hier eingetroffen und hat sich heute 
zum Besuche des italienischen Königspaares nach 
Monza begeben, woselbst sie auch diniren werden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 9. Oktober. Heute Mittag 
ereignete sich in der hiesigen Grube ein sehr be— 
dauerliche Unglücksfall. Der Bergmann Niko— 
saus Deffland von hier wurde während der Ar—⸗ 
»eit von einem herabstürzenden Felsen so schwer 
getroffen, daß er augenblicklich eine Leiche war. 
Der Verunglückte ist 80 Jahre alt und hinterläß! 
eine Witiwe mit 3 kleinen Kindern. 
*St. Ingbert, 9. Oktober. Mit Beginn 
des Winterse esters kommen, um der Ueberfüllung 
einzelner Schulklassen abzuhelfen, zu den bisherigen 
Volksschulen dahier noch zwei neuerrichtete 
Verweserstellen — 1 katholische und 1 pro⸗ 
testantische — hiezu. Die neuen Schulen werden 
borläufig, bis zur Fertigstellung des im Bau be— 
griffenen Schulhauses, im alten Gefängnißgebäude 
hinter dem Stadthause untergebracht werden. 
— Aus Zweibrücken,, 7. Oktober, wird 
dem „Pf. K.“ geschrieben: Während die Frequenz 
der kgl. Studienanstalt gegen das Vorjahr — er— 
freulicher Weise — einigen Rückgang zeigt, ist jene 
der kgl. Realschule um etwas gestiegen, und 
beträgt die Schülerzahl der letzteren jetzt um etwa 
30 mehr, als am Schluß des vorigen Schuljahres. 
Ich bin nicht in der Lage, beurtheilenzu können, ob diese 
Erscheinung etwa auf eine mehr entwickelte Erkennt⸗ 
niß nach der Richtung, welche Art der Vorbildung 
für das sogenannte praktische Leben die empfehlens⸗ 
werthere, zurückzuführen ist, jedenfalls aber dürfte 
man es freudigst begrüßen, wenn dem so wäre. 
Wer absolut studiren soll, um, was in fast allen 
Fällen als Ziel gilt, für irgend einen Zweig des 
pragmatischen Staatsdienstes vorbereitet zu werden, 
der trete natürlich in eine Studienanstalt; wer aber 
seinen Sohn für den Handwerker⸗ oder Kaufmanns⸗ 
tand zweckentsprechend will vorbilden lassen, der 
schicke ihn auf alle Fälle gleich, d. h. aus der Volks— 
chule aus, in die Realschule. Im Interesse unserer 
gesammten Gesellschaft läge ohne Frage eine stärkere 
Inanspruchnahme der Realschulen von Seiten des 
sogenannten Bürgerstandes, zumal ja nicht abzusehen 
ist, wie und wo die unverhältnißmäßig große Zahl 
der „Studirenden“ im sicheren Staatsdienst unter⸗ 
gebracht werden sollen. 
*Kaiserslautern, 8. Oktober. Im Hotel 
zum Schwanen hierselbst hielt gestern der Cen— 
tral-⸗Ausschuß, welchen die liberale Partei⸗ 
Conferenz am 29. Juli a. c. behufs Vorbereitung 
der Wahlen eingesetzt hat, seine erste ordentliche 
Sitzung ab. Erschienen waren die Herren aus 
sjämmtlichen Wahlkreisen der Pfalz. Es wurden 
zunüchst eine größere Anzahl von Details bezüglich 
der nunmehr erscheinenden „Pfälzischen liberalen 
Correspondenz“ erörtert. Soweit hierbei politische 
Fragen in Betracht kamen, ergab sich eine äußerst 
erfreuliche Uebereinstimmung der gesammten An— 
wesenden, — eine Uebereinstimmung, welche übri— 
gens auch darzuthun vermochte, daß sowohl die 
durch das Vertrauen der Wähler im Besitz der 
Mandate befindlichen offiziellen Vertreter der Pfalz,