Atzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anzeiter“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonnutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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W 201. Montag, 15. Oktober 1883.
18. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Die Frage der Beamten⸗-Aufbesserung hat be—
reus einige Konsequenzen nach sich gezogen, mit
denen der bayerische Landtag sich eventuell
zu beschäftigen haben wird. Einige Blätter haben
hon einer Bewegung berichtet, die sich in den Reihen
des unterfränkischen Klerus zu Gunsten einer
Besserstellung der Geistlichen bemerkbar macht. Dem
Vernehmen nach liegen mehrere Anregungen dieser
Art auch aus anderen Provinzen dem Kultusbud—
getreferenten des Finanzausschusses vor.
Berlin, 13. Oktober. Der „Nordd. Allgem.
zug.“ zufolge, sind die Arbeiten an dem Auswan⸗
erungsgesetz ⸗Entwurf nicht eingestellt, sondern
verden rüstig fortgesetzt.
Die Abreise des Kaisers ist auf Sonntag.
ꝛen 21. Oktober festgesetzt; die Ankunft in Berlin
vird Montag früh erfolgen.
x* Bei der an Stelle v. Bennigsen's im
Wahlkreise Neuhaus a. d. Oste am 12. Oktober
tattgefnndenen Ersatzwahl zum Landtag ist Pastor
pfaff, ein persönlicher Freund Bennigsen's, mit 155
on 156 abgegebenen Stimmen gewählt worden.
Ausland.
Die Demission des spanischen Kabinets
Sagasta hängt, entgegen den Versicherungen der
ifiziösen Madrider Blätter, eng mit dem französisch
panischen Zwischenfall zusammen. Der spanische
gotschafter in Paris, Herzog von Fernan⸗Nunez,
rhielt vom Minister des Auswärtigen, Marquis
bega de Armijo, wiederholt Befehl, Paris zu ver⸗
assen, wogegen der Botschafter remonstrire. Armijo
zerief nun einen außerordentlichen Ministerrath ein,
n welchem er den Abbruch der diplomatischen Be—
iehungen mit Frankreich verlangte. Die übrigen
Minister widersprachen aber dieser bedenklichen
Fjorderung, worauf Armijo seine Demission gab
ind diesem Schritte folgten dann auch die übrigen
Mitglieder des Kabinets; auch der Herzog Fernan⸗
dunez ist jetzt von seinem Posten zurückgetreten.
Der Besuch des deutschen kronprinzlichen
ßadares bei dem italienischen Königshause in
Monza wird, wie der Nat.«“Ztg. ans Rom ge⸗
chrieben wird, allgemein mit lebhafter Befriedigung
egrüßt, denn weil dieser Besuch sich beinahe all⸗
ährlich wiederholt, wird er mit Recht als ein er—
reuliches Symptom der ungetrübten Fortdauer der
wischen beiden Höfen bestehenden freundschaftlichen
Beziehungen angesehen. Kein fremder Fürst genießt
n Italien so lebhafte Sympathien, wie der Kron⸗
xinz von Deutschland, der in Italien wie zu Hause
it und seinen freundschaftlichen Gesinnungen für
as italienische Königshaus bei jeder Gelegenbeit
den herzlichsten Ausdruck gihtf
heerstauden mit reifen, schön entwickelten Früchten
ibersendet.
*St. Ingbert, 16. Oktober. Die pracht-
olle Herbstwitterung brachte gestern unserer Stadt
recht zahlreichen Besuch aus der Nachbarschaft. In
Wirthschaften und anderen Geschäftslokalen zeigten
zie vermehrten Einnahmen die angenehmen Folgen
des schönen Tages. Während so unsere Stadt das
Ziel vieler Auswärtigen war, benutzten die Mit—
jslieder des hiesigen Vereins „Du kommst ja nicht“
Jen sonnigen Nachmittag zu einem Ausflug mit
Musik und Fahne nach Würzbach.
Erfweiler. 183. Oktober. Herr Maurer⸗
neister Heinric Braun von Elversberg hatte
jestern auf der Jagd dahier ein seltenes Glück. Er
choß nämlich aus bedeutender Höhe einen starken
Steinadler. Derselbe hat ein prächtiges Ge—
ieder und dürfte, ausgestopft, die Zierde eines
Jagdzimmers bilden.
— Auf einer am verflossenen Donnerstag in
Zweibrücken stattgehabten Generalver fsammlung
des Vereins der pfälzischen Branntwein—
hrenner unterbreitet der J. Vorstand des land⸗
wirtschaftlichen Vereins, Hr. Freudenberg den
ahlreich Anwesenden den Vorschlag, der Verein
möge einen Wanderlehrer für kleinere und größere
Branntweinbrennereien anstellen, und solle die hohe
t. Kreisregierung gebeten werden, einen kleinen Bei⸗
rag zum Unterhalt desselben zu gewähren. Auch
väre das Anschaffen einer speziellen Zeitschrift nur
don großem Werthe. Von dem zu ernennenden
Wanderlehrer sollen dann auch junge Leute, die
tdebenbei in den errichteten landw. Winterschulen
herangebildet wurden und Lust und Liebe zur ratio⸗
nellen Branntweinbrennerei an den Tag legen,
unterrichtet werden. Besonders tüchtigen Schülern
möge man je nach Kräften Stipendien bewilligen,
im ihre begonnenen Studien an Branntweinbrennerei⸗
Anstalten, in Regensburg, Berlin u. a. fortsetzen
zu können. Dem Vorschlag des Herrn Freudenberg
wurde in allen Punkten zugestimmt, und versprachen
die anwesenden Mitglieder, für das Unterkommen
)erartig unterrichteter Schüler bestens zu sorgen.
Rach Verlauf von etwa einer Stunde wurde die
Versammlung geschlossen und, dem Antrage des
derrn Vorstandes gemäß, eine weitere Generalver—
sammlung auf ca. 4 Wochen später anberaumt.
— Kaiserslautern, 183. Oktober. Wie
man hört, macht sich in hiesigen israelitischen Kreisen
eine Bewegung bemerkbar, welche dahin abzielt, die
Zabathfeier mit der christlichen Sonntagsfeier zu
begehen, den Sabath auf den Sonntag zu verlegen,
und soll im Schoße der israel. Cultusgemeinde dieser⸗
halb auch keine gewichtige Opposition bestehen. So—
jern diese Frage wirklich ernste Gestaltung erhält,
ist Kaiserslautern die erste deutsche Stadt, in wel⸗
her der israelitische Cultus den modernen Weltan—⸗
chauungen Conzessionen macht, und den übrigen
Cultusgemeinden ein ermuthigendes Beispiel von
veittragenden Consequenzen gibt. Gais. Ztg.)
— Neustadt, 18. Oklober. Ueberall herrscht
rohe Herbsteslust und frohe Winzerfreude. Bacchus
zält seinen Einzug, festlich geschmückt und reben—
imkränzt. Ueberall findet er freudigste Aufnahme
ind herzlichsten Dank für seine gütigen Spenden.
Freilich sind die Göttergaben nicht überall gleich
Jut und werden nicht überall gleich gewürdigt und
‚araus läßt es fich erklären, daß wir hier für un—
ern Göttertrankt — normales Maaß à 40 Liter
— nur 12 bis 13 Mark erzielen, während in dem
nahen Hambach das edle Naß noch weniger ge⸗
schätzt und nur mit 10 — 11 Mk. honorirt wird.
Auffallend ist es, daß bei einem Gewichte von 76
— 86 Grad nach Oechsle eine solche finanzielle
Apathie zu Tage tritt. Auch die Preise en gros
cheinen sich nicht höher stellen zu wollen, da pro
000 Liter blos ca. 400 Mk. gezahlt werden.
(C. Tgbl.)
— Dürkheim, 13. Oktober. Im Weinge—
chäft zeigt sich etwas flotterer Gang; es wurden
dezahlt pro 40 Liter Mk. 12.50 — 17. — In
Ungstein stellt sich der Preis auf Mk. 13 —-16
-17- 18 - 20 und ist der größte Theil bereits
verkauft. Mostgewicht 80 bis 105 Grad nach
Dechsle. Vorlese pro 40 Liter Mk. 19-22 —
In Wachenheim wurde pro Logel (40 Liter)
Mk: 16— 19 bezahlt. Es wurden jedoch noch keine
iamhaften Käufe abgeschlossen, da sowohl Käufer
als auch Verkäufer noch zurückhaltend sind. — In
Dackenheim wurden pro 50 Liter M. 11 —
13 bewilligt.
— Die Polizeibediensteten der Pfalz gehen
mit dem Plan um, unter sich eine Sterbekasse zu
zründen und sind die Vorarbeiten hierzu im vollen
Hange. Es ist beabsichtigt, bei jedem Sterbfalle
von jedem Mitgliede 1 Mk. für die hinterlassene
Wittwe zu erheben. Wünschen wir dem segens⸗
reichen Unternehmen, das einem dringenden Bedürf-⸗
ruisse abzuhelfen bestimmt ist. besten Erfolg.
Vermischtes.
Im Prüfungsjahr 1882183 wurden in
Bayern approbirt: 188 Aerzte, 1 Zahnarzt, 21
Thierärzte und 59 Apotheker.
Wie ein australisches Blatt meldet, sind auf
dem Flufsse Tay in Neuguinea die Trümmer eines
zescheiterten Schiffes entdeckt worden. Die Einge—
horenen der dortigen Gegend bekundeten, daß die
aus 17 Mann bestehende Schiffsmannschaft von dem
tannibalischen Stamm der Kionai aufgegessen wurden.
F (Schutz gegen Einbrecher.) Eine
rankfurter Firma hat die Einrichtung getroffen,
daß, sobald Jemand nach Schließung des Geschäfts
iber die Thürschwelle des Geschäftslokales tritt,
ine mit dieser in Verbindung gebrachte elektrische
-chelle ertönt, die so lange lärmt, bis man fie ab⸗
gestellt hat. Dieselbe Vorrichtung läßt sich auch an
Wohnungsthüren anbringen.
F (Gel drüber!) Es ist der Vorschlag ge⸗—
macht worden, das bewegte Meer zwischen Calais
ind Dover durch Oel zu beschwichtigen, um den
Dampferreisenden die Seekrankheit zu ersparen. Die
Kosten des Unternehmens sind auf Lst. 75.000 ver
ainnnum veran'schlaat.
Sterbefälle.
Gestorben: in Speyer Lehrer Martin Schunck,
56 J. a.; in Pirmasens Frau Louise Magdalena
derrmann, geb. Horst, 72 J. a.; in Kusel
darl Müller, 16 J. a., Schriftsetzerlehrling;
bendaselbst Frau Jakobina Porcher, geb. Rein⸗
jerr; in Böhl Isaak Gerson, 78 J. a.; in
aiserslautern Heinrich Kennel, 33 J. a.; in
Kirchheimbolanden Ernst Friedrich, 4*28 M. a., S.
v. Friedrich Lucae; in Grünstadt die Gattin von
Joh. Ph. Kuhn 4., Magdalena geb. Friederich,
54 J. a.; in Frohnhofen Elisabetha Böhnlein,
geb. Pfaff, 45/2 J. a., in Dackenheim Engen
Floos, 30 J. a.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 15. Oktober. Am Sams—
ag Abend war der hiesige Bahnhof der Schauplatz
iner etwas tumultuarischen Szene. Zwei Herren
ius Saarbrücken versäumten den letzten dahin abgehen⸗
en Zug. Ihre allzulebhaften Protestationen, sowie
die Versuche, eine Anzahl Arbeiter aufzuwiegeln,
welche im sogen. Bergmannswartesaal den Abgang
des letzten Zweibrücker Zuges überhört hatten und
'benfalls zurückbleiben mußten, dürfte für dieselben
ein Nachspiel vor dem Strafrichter erhalten.
* St. Ingbert, 15. Oktober. Als Ab—
normität in der jetzigen Jahreszeit wurde uns heute
von einem Leser ds. Blattes ein Sträußchen Heidel—
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demetz.