Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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A 202. Dienstag, 16. Oktober 1888..
18. Jahrg.
zglitische Die Neuerungen im Verkehrswesen und daß der Ernst und die Hingabe der Strategen, wie
Politische Uebersicht. die dauernd steigenden Ansprüche an die Leistungsfähig-⸗ der Truppenführer 8 ee an ihre Aufgabe
Deutsches Reich. eit unserer Verkehrsanstalten erheischen große Auf- ein womöglich noch größeres Vertrauen rechtfertigen,
* Die „Pfälzische liberale Corre- merksamkeit. Es liegt dem Staate ob, Handel und als an den Tagen, denen das herrliche Denk—
pondenz“ bringt einen Leitartikel über die Wandel gegen Coalitionen der Betriebsgesellschaften mal. auf dem Niederwald seine Entistehung
tufgaben des Liberalismus in der inmnter sich, sein Verkehrswesen selbst aber auch gegen verdankt. Wie dieses dauern soll in alle
Rheinpfalz, dem wir die nachstehenden Ausführe ingeziemende Concurrenz, wie gegen jede muüßige Zeiten; wie der Welschen Herrschaft über
ingen entnehmen: „Mit der fortschreitenden Culur-⸗ Zeunruhigung der Werthe zu schützen. Die Sicher- die jetzt gesteckten Grenzen nimmermehr zurückkehren
atwicklung und den hiedurch bedingten neuen Ver- eit von Leben und Eigenthum kann bei dem täg⸗ doll, so wollen wir für unser Theil sorgen, daß der
ältnissen und Beziehungen in unserem Volksleben ich sich erweiternden Betrieb dem Staate nicht an- Radicalismus auf seinem Kriegspfade wider ein
at unsere Rechtsgesetzgebung sich stetig vorwärts elegentlich genug empfohlen, die sorgfältige Mit- arkes Kaiserthum, wider ein starkes Herr und einr
bewegen. — An der Ueberzeugung halten wir virkung hierbei nicht weit genug bethatigt werden. zekräftigte Reichsgemeinschaft die gründlichen Nieder⸗
est, daß die Grundlage der heutigen Erwerbs- die Beförderung von Personen und Frachtgütern agen, verleide die er vom Tage der nationalen Er—
rdnung dem Entwickelungsgange der Neuzeit vird ihre gegenwärtig langsam abwärts gehende hebung an stündlich mehr und mehr verdient hat.“
omohl, wie den Anspruchen der absehbaren Zu⸗ Breisbewegung innehalten dürfen; das Frachten— Bayerischer Landtag. Die nächste Plenar⸗
unft Genüge leisten und deswegen von Staat und arifwesen selbst jedoch erscheint an sich einer durch- iitzung der Kammer der Abgeordneten sindet Donner⸗
zesellschaft zu schützen sind. Aber mit aller Be⸗ jgreifenden Reform im ganzen Reiche benöthigt. stag den 18. Oktober statt. Auf die Tagesordnung
iitwilligkeit treten wir für die verbessernden Maß⸗ Die Ausdehnung des Wasserstraßen- derselben ist gesetzt: 1) Interpellation des Abgeord-
ahmen ein. Angesichts der fortschreitenden Ar- setzes bietet dem ganzen Geschäfteleben, zumal neten Off, die Revision des Gesetzes über die Zu—
eitstheilung und der Ausdehnung des Maschinen- iber der Landwirthschaft so viel neue Impulse und sammenlegung von Grundstücken betreffend. 2)
zetriebs entspricht es einem Gebote der Moral und o unbestritten große Vortheile, daß jede Vornehm- Berathung und Beschlußfassung über a. den Etat
er Humanität, den arbeitenden, nicht besitzenden ung in dieser Beziehung von vornherein sympathisch der Militärverwaltung des Königreiches Bayern
Nassen eine bestimmte Höhe der Lebenshaltung zu hu begrüßen wöäre. für das Etatsjahr 1883,84, b. den Entwurf eines
ewährleisten. Diese Höhe aufzusuchen und festzu— Auf dem Gebiete unserer Handelspolitik Gesetzes, den Hauptetat der Militärverwaltung des
iellen, ist unserer gegenwärtigen Erwerbsordnung at durch das Tarifgesetz vom Jahre 1879 eine Königreiches Bayern für die Zeit vom 1. April
eineswegs zuwider. Wir verlangen hierbei für ehr bedeutende Umwälzung sich vollzogen. Dieser 1888 bis 31. März 1884 betreffend.
en Arbeiter eine wirkliche Theilnahme an der Or- jsegenüber halten wir daran fest, daß die ehrliche Seit dem letzten Kriege ist es bis jetzt noch
anisation und Verwaltung der zu seinem wirth- brobe noch fortzudauern hat. — nicht gelungen, die entstandenen Lücken im Ofsi⸗
chaftlichen Schutze zu schaffenden Kasseninstitutionen, Nachdem durch die soeben beregte Zollreform zierskorps unserer bayer. Armee auszufüllen,
ind anerkennen, daß nur deren Einführung auf dvie finanzielle Unabhängigkeit des Reiches von den und es besteht immer noch ein bedeutender Abgang
em Wege des gesetzlichen Zwanges eine Ersprieß⸗ Finzelstaaten beiläufig erreicht ist, — so weit dies an Lieutenants, hauptsächlich bei der Infanterie
ichkett im Sinne aller Betheiligten und der Gesell- ven trotz der Frankenstein'schen Klausel anging, und den Jägern, auch wenn man per Kompagnie
chaft überhaupt garantirt. Nebstdem haben wir — hat sich die Steuerpolitik einer im Sinne nur 2 Secondlieutenants annimmt, obgleich 3 im
„as in der Gewerbeordnung dem Arbeiter zuge- der Gerechtigkeit ausgleichenden Thätigkeit zu widmen. Reichsmilitärgesetz normirt sind. Wegen der guten
tandene Recht auf eigene Regelung und Arbeitsbe- Das gegebene Verhältniß der direkten zu den in- Aussichten auf Avancement sind nun am 1. Okt.
ingungen in allen Consequenzen zu schützen. direkten Abgaben ist jetzt wohl festzuhalten. Für sehr viele junge Leute mit einem Absolutorialzeug—
Anter den Gesichtswinkel dieser sozialpolitischen die unabwiesliche Entlasiung der Gemeinden in allen nisse als Offiziersadspiranten in die Armee einge—
ͤrbeit bringen wir die Frage, ob das Soziali- kinzelstaaten wird das den Landeskassen zu über⸗ reten, welche bei guter Führung und entsprechender
sengesetß und sein negatder Charakter noch von veisende Mehrerträgniß der Börsensteuer, der refor. Absolvirung der Kriegsschule nach 2 Jahren die
döthen sein werde. Die Frage werden wir rund- mirten Zuckersteuer, der schärferen Heranziehung Beförderung zum Secondelieutenant sicher zu er⸗
oeg erst vernein können, wenn die Wirksamkeit der des Spiritus in seiner Eigenschaft als Genußmittel warten haben.
aatsseitig geplanten positiven Darbietungen zu ßu verwenden sein. Unsere gesammte innere Politik laborirt noch
bersehen ist. Vorher das Prohibitibgefetz beseitigen. Den Confessionen gebührt das Recht der un⸗ immer an einer gewissen Ereignißlosigkeit und wird
ime einem Widerruf der thätsächlichen Vorausseß chinderten Glaubensübung. Jede Beeine n jene wohl erst mit der im November beyaͤcstehen ⸗
mngen gleich unter denen es beschlossen wurde. rächtigung des lirchlichreligiösen Empfindens ist den Eröffnung des preußischen Landtages
zczu ist aber angesichts der bis auf die jüngsten uinstatthaft und auf das Entschiedenste zurückzuweisen. wieder ein frischerer Zug kommen. Einstweilen
sage reichenden starken sozialistischen Kundgebungen Unser Heerwesen endlich, in seiner heutigen, hilft sich die Presse mit Betrachtungen über das
eine Veranlassung vorhanden. müůbertroffenen Durchbildung und Gliederung schätzen neue Aktiengesetz, über die Steuer- und Zolltarif⸗
Die Bedrängniß, unter welcher große Theile vir als das feste, leider fast einzige reale Bollwerk Pläne der Reichsregierung u. s. w. aus; dagegen
merer Landwirthschaft leiden, verkennen bes europuischen Friedens. Mit nachdrücklicher Ente äßt fich der kirchenpolitischen Frage alsolut kein
iir durchaus nicht. Zur Beseitigung der Uebele üstung weisen wir darum sowohl die kleinlichen, dJeues Moment abgewinnen und auch die Reise des
ande erstreben wir die Organisalion einer Selbste iber auch deutlich auf das System abzielenden Aus- Kardinals Hohenlohe nach Deutschland, dessen Unter-
ife auf dem Wege des Vereinswesens. Dasselbe tellungen fortschrittlicher Herkunft zurück. Ebenso edungen mit dem italienischen Gesandten in Mün⸗
at auf eine Kapitalbildung abzuzielen, wodurch den kaum ernst zu nehmenden Ersatzplan der Dee hen, Grafen Bartolani, soꝛoie dem altkatholischen
mn Mitgliedern die Mittel hereit gehalten würden, nokratie, welche unser feldtüchtiges, sieggewohntes Stiftspropst Dr. Döllinger läßt sich zu kirchenpoli⸗
n drückende Schuldenlasten allmählig abzulöseu, Volksheer auf das Nibeau der Schweizer Miliz schen Zwecken anscheinend nur wenig fruktifiziren.
olötzlichem Nothstand begegnen zu können, — erabbringen möchte, — womit wir natürlich den Auch das Gebiet der Parteifragen ist so ziemlich
geeigneten Verbesserungen des Betriebs stets vuchtigen Heeresmassen zunserer Nachbarn in Ost abgegrast und so wird man das politische Rößlein
otzeitig durchzuführen und mithin concurrenzfähig und West preisgegeben wären. Hat ein so herdor⸗ wohl eine Zeit lang wieder mehr auf dem Gebiete
bleiben. Eine Mitwirkung des Staates zur ragender Führer der Fortschrittspartei, wie Twesten, der auswärtigen Angelegenheiten tummeln müssen,
ufhilfe des nothleidenden Theiles der Landwirthe m Jahre 1867 „voll und ganz“ im Namen seiner wo gegenwärtig allerdings auch mehr zu holen ist,
nnnen wir für geboten erachten, soweit er die Partei die dreijährige Dienstzeit und die Form als in der inneren Politik.
elbstihätigkeit anregt und fördert, oder veraltete, der Pauschquanten-Bewilligung für Jahre hinaus Ausland.
watrechtliche Ordnungen, zu Gunsten größerer jugestanden: so wissen wir in der heutigen Weltlage * Der Personalwechsel in der Leitung des fran⸗
gsamkeit und des möglichst intensiven Betriebs, einen einzigen Grund zu finden, welcher eine zösischen Kriegsministeriums hat die Schwierig-
exitigt. Die Wiederherstellungen alter Rechtsbe- ninder stetige, minder gründliche militärische Ere keiten, an denen die innere und zum Theile auch
Mränkungen aber, bezüglich der Erbfolge, des Cre- ziehung und Entwicklung zulassen könnte. Das die auswärtige Politik Frankreichs gegenwärtig la—
itzoder dergl. werden wir ebenso energisch bekämpfen, Kevanchegeschrei aber tobt ärger denn je; und die borirt, keineswegs vermindert. Im Gegentheile, die⸗
die die im Grunde genommen dem Communismus, Horden, welche den Ton dazu angeben, sind heute selben sind hierdurch nur noch vermehrt worden,
vo nicht dem selbstischen Interesse Weniger ente derrens und zügellos, also unberechenbarer denn je denn die Radikalen mißbilligen laut die vom Mi—
drungenen Forderungen der sogenaunter Agrarpartei. Auf der anderen Seite können wir nur finden, nisterpräsidenten Ferrh erzwungene Demission ihres