Lage in Ostasien anbelangt, so hat fich dieselbe in
den letzten Wochen so gut wie qar nicht verändert
ind auch die französisch⸗chinesischen Verhandlungen
scheinen ganz in ein stagnirendes Stadium gekom⸗
men zu sein, denn man hört von einem Fortschrei⸗
en derselben auch nicht das Geringste mehr. Wie
aus Honkong gemeldet wird, treffen die chinesischen
Behörden alle Vorkehrungen, um den Hafen von
Fanton zu schließen.
London, 22. Oltober. Einer Meldung des
Bureau Reuter aus Valparaiso vom 20. Oktober
zufolge, ist der Friede zwischen Chili und Peru
interzeichnet worden. Die von den chilenischen
Truppen besetzten Staatsgebäude in Lima und Callao
verden den peruanischen Behörden successive über⸗
geben werden. Präsident Iglefias wollte am 21.
Oltober in Lima eintreffen.
* Nach privaten Mittheilungen aus Polen
aimmt daselbst die nihilistische Agitation immer
zrößere Dimenfionen an. In Warschau erscheinen
ast taglich nihilistische Prollamationen und es haben
zereits zahlreiche Verhaftungen nihilistischer Agita⸗
oren, darunter mehrere Studenten, stattgefunden.
Hleich nach der Abreise des General⸗Gouverneurs.
Burko von Lodz sind auch in dieser Stadt, der be⸗
ʒeutendsten Fabrikftadt Polens, zahlreiche nihilistische
Broclamationen verbreitet worden.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Zwischen Hauptstuhl'und Landstuhl
stürzte am Samstag Abend der Schaffner Barchet
don dem Trittbrett des in vollem Laufe befindlichen
Personenzuges. Er zog sich dabei so schwere Ver⸗
wvundungen zu, daß er in das Spital nach Kaisers⸗
autern gebracht werden mußte, woselbst er am
aächsten Tage starb.
— Ein Mühlenbesitzer in Winzingen über—⸗
zab einem ca. 15jährigen Burschen Mk. 500.-,
velche derfelbe seinem Vater überbringen sollte,
tatt dessen ist er aber mit dem Gelde verschwunden
ind mit ihm noch ein verheiratheter Schneider,
Vater mehrerer Kinder. Man nimmt an, daß das
Schneiderlein den etwas verdorbenen Buben, der
einen Eltern schon sehr vielen Kummer machte,
ur Flucht verleitet hat.
— Queichheim, 21. Oktober. Heute früh
wurde auf dem Wege von hier nach Herxheim ein
Mann — angeblich aus Hatzenbühl — todt auf—
gefunden. Derselbe verließ gestern Abend in ziem⸗
lich betrunkenem Zustande unsern Ort und ist,
vie es scheint, in eine auf dem Wege durch den
jeftigen Regen gebildete Pfütze gefallen, aus der
er sich nicht mehr aufzurichten vermochte und er—
tickte. (L. Tgbl.)
— Nußdorf, 22. Oktober. Daß die Mäuste
Sped fressen, ist wohlbekannt, daß sie aber ihre
Befräßigkeit auch auf das wichtigste Tauschmittel
erstrecken, ist eine so seltene Erscheinung, daß es
äich lohnt, sie der Oeffentlichkeit kund zu geben.
Fine Wittwe hierselbst hatte in einer Kiste ver⸗
neintlich wohlverwahrt vier Hundertmarkscheine
iegen. Vor einigen Tagen nun wollte die Be—
sitzerin ihre Baarschaft kontroliren, aber o Schrecken!
wwei Scheine waren gänzlich verschwunden und die
‚wei andern von den unliebsamen Hausbewohnern
so zugerichtet, daß eine weite Phantasie dazu gehört,
aus den Fetzen das werthvolle Papier wieder zu⸗
ammenzusetzen. (L. Tgbl.)
— In Spehyer hat man einen sog. „Feier⸗
abend für junge Leute“ eingerichtet, worin Gehilfen,
Lehrliuge ꝛc. angemessene Erholung und Unterhal⸗
tung finden können. Bei der Eröffnung am 18.
ds. erschienen über 30 junge Leute. Hr. Kirchen⸗
cath Lynker hielt eine Begrüßungsansprache, Hr.
Prof. Gümpel sprach über die Leipziger Völkerschlacht.
Dann wurde gelesen, gespielt ꝛc. Auch der Gesang
joll als Unterhaltungsmittel gepflegt werden.
— Der Notiz entgegen, in welcher das Re—
sultat der diesjähtigen Anstellungsprüfung
der pfälzischen Schuldinsterpektanten als
ein sehr unbefriedigendes bezeichnet wurde, wird
der „Sp. Z.“ geschrieben, daß ein bestimmtes Er—⸗
gebniß des Examens noch gar nicht vorliege.
— In Sachen der Duellaffaire Moschel⸗
Lennig soll, veranlaßt durch den in der „Abend⸗
zeitung“ veröffentlichten offenen Brief des Herrn
Rentbeamten Moschel, demnächst in München eine
Forpsphilister-Versammlung stattfinden. Aus Nürn⸗
herg schreibt die „N. Pr.“: Bezugnehmend auf die
Behauptung des in der Duellaffaire Moschel⸗Lennig
zurch den Vater des getödteten stud, jur. Moschel
n der „Augasburger Abendzta.“ veröffentlichten
ffenen Briefes an den Würzburger 8.0., daß
dennig nicht die Matrikel besaß, hat sich Herr Post⸗
Spezialkassier Schmidt dahier im Namen hiesiger
Forpsphilister an das Quästorat der Universität
Würzburg mit der telegraphischen Anfrage gewendet:
Bitte, war Lennig voriges Semester immatrikulirt
oorauf die Antwort zurückkam: „Lennig war voriges
—„emester nicht immatrikulirt. Kölbel.“ Wie sich
iun wohl die Würzburger 8.0. wegen der uner⸗
zörten Vorkommnisse rechtfertigen wird?
Vermischtes.
FIn München ist eine Frau ver—⸗
zungert! Dortige Blätter melden: Die Frau
jatte in der Herrenstraße mit ihren drei Kindern
n sehr dürftigen Verhältnissen gelebt. Zu einem
Nachbar, welcher den Kleinen zuweilen etwas zu
ssen gab, kam kürzlich eines derselben mit der Bitte,
der Mann möge zur Mutter kommen, dieselbe sei
rank. Der Nachbar fand die Frau auf das äußerste
erschöpft: zu schwach zum Sprechen, machte sie An⸗
)eutungen, daß sie und die Kinder des Essens
zedürften; allein die Hilfe kam zu spät. Die Frau
cheint sich geschämt zu haben, ihre Lage zu offenbaren.
FWürzburg, 21. Oktober. Der hiesige
Schwurgerichtshof verurtheilte den wegen des am
PBrivatier Karl Frantz verübten Raubmordes an⸗
jeklagten Karl Wunsch zur Todesstrafe, dessen mit⸗
ingeklagten Bruder Ludwig Wünsch wegen Hehlerei
u zwei Jahren Gefängniß. Es wurde fesigestellt,
daß Letzterer aus der entsetzlichen That Vortheil
jehabt habe, da er von seinem Bruder Carl Wünsch
rnährt wurde.
—n. Sulzbach, 22. Oktober. Gestern sah
insere Stadt eine Leichenbegleitung, so zahlreich und
ymerzlich bewegt, wie selten zuvor. Von nah und
ern waren Freunde, Collegen und Schüler des am
donnerstag verstorbenen Hauptlehrers Ludwig Kolb
erbeigeeilt, um dem theueren Todten das letzte
khrengeleite zu geben. Am Trauerhause trugen
-„chulkinder ein Lied vor und am Grabe sangen
ie Collegen des Verstorbenen demselben zwei Choräle
nach. Der Sarg war bedeckt von Zeichen der Liebe
ind Pietät. Herr Kolb erreichte ein Alter von 71
Jahren; in unserer Stadt hat er 48 Jahre als
dehrer segensreich gewirkt. Eine ganze Generation
jat er hier herangebildet und alle seine Schüler,
alt und jung, gedenken seiner mit großer Dankbar⸗
leit und Verehrung. Nicht blos hier, sondern in
»er ganzen Umgegend war der Verstorbene eine hochge⸗
ichtete Persönlichkeit. Noch kurz vor seinem Tode
vurde er von S. Maj. dem deutschen Kaiser für
Ojährige treue Dienstleistung durch einen Orden
—E
zette lag, rüstete sich unsere Gemeinde, die zahlreichen
-„chüler, die Collegen, die hier vertretenen Corpo—
rationen, ihm zu seinem 50jährigen Dienstjubiläum
ein großartiges Jubelfest zu bereiten. Mitten aus
)en Festvorbereitungen heraus wurde der Jubilar
hurch den Tod hinweggerafft. War uns so nicht
zegönnt, diesen Ehrentag zu feiern, so werden wir
doch dem Todten auf immer ein ehrendes Andenken
hewahren. Er ruhe in Frieden!
F In Diedenhofen erschoß sich am 19. d.
der Sergeant Heid vom 8. rhein. Inf.⸗Reg. Nr.
70. In einem hinterlassenen Briefe sagte er, daß
»in Mädchen aus Niederjeutz an seinem Tode schuld sei.
F Metz, 20. Oktober. Die Ankunft der
iordischen Nebelkrähe, die unter dem Namen „graue
drähe“ allgemeiner bekannt ist, läßt auf einen
trengen Winter schließen; für ein weiteres Zeichen
sält man das Erscheinen der Wölfe in Lothringen.
Sie kommen dermaßen ausgehungert an, daß be—⸗
reits ein Bauernjunge von den Bestien zerrissen
vorden ist. Es wäre dringend zu wünschen, daß
insere Wolfsjäger bei Zeiten ein wachsames Auge
zuf die Grenzen hätten und uns so vor dem
rohenden Einfall bewahrten.
FNoveant, 20. Oktober. Am Dienstag
Abend drang ein Rudel von Wildschweinen
n die Einfriedigung der Firma von Chatelet dicht
in der Grenze ein. Der Pächter, seine beiden
Söhne und ein Diener bewaffneten sich in aller
File mit Hacke und Gabeln und lieferten den Ein—
ringlingen eine blutige Schlacht. Von 3 Hunden
interstützt, gelang es ihnen, 7 von den Borsten—
rägern zu fällen. Sobald man einen niederge—
tkreckt hatte, machte man ihm mit einem Dolche
den Garaus. In Bayonville wurden die Fleisch—
tücke für 90 Cent. pro Kilo verkauft. Die Sauen
vogen nach der „Lothr. Ztg.“ im Durchschnitt je
75 6i10
f(Möobelaus 2000j6hrigem Hol
In dem mitteldeutschen Kunst -Gewerbe-Verein
Frankfurt a. M. zieht augenblidlich eine von di
Mainzer Industriehalle ausgestellte, höchst opulente
Speisezimmer · Einrichtung, aus dem Holze der
Romerbrücke dargestellt, die allgemeine Aufmerksam
eit auf fich. Gelobt wird sehr die mit vollem
Berständniß durchgeführte Renaissance - Architektur
»er Möbel und die geschmackvolle Verwendung der
ohne jede Beize sich ergebenden Farbentöne des Holzes
FGas echte amerikanische Duell.
Einige Paukburschen in Göttingen Gannoder
'amen kürzlich, wie ein Correspondent der „Cincin—
aati Commercial Gazette“ berichtete, sehr übel an.
Sie gingen durch die Straßen der genannten
„tadt und ein amerikanischer Student schritt an
hnen vorüber. Da dieser zu keiner Verbindung
zehörte, so glaubte das Trio, ihn einschüchtern zu
onnen, und einer derselben trat auf den Ameri⸗
aner zu und bemerkte, derselbe habe ihn gestoßen
ind er verlange Satisfaktion. Der Amerikaner
agte hoͤflich, daß es ihm leid thue, wenn er in
»er Eile einen Passanten berührt, und entschuldigte
ich; jetzt kamen aber alle drei und verlangten in
oher, stürmischer Weise Genugthuung. Der Ameri⸗
aner verlor kein Wort mehr an die dummen
Fungen, sondern warf seinen Rock von sich und im
lu wälzte sich der größte mit braun und blau ge—⸗
chlagenem Gesichte in der Gosse. dann wurden die
eiden anderen versorgt, jeder erhielt nach Herzens⸗
ust „Satisfaktion“, worauf der „Western Boy“
einen Rock anzog und seiner Wege ging. Es ist
eitdem Keinem eingefallen, noch mehr Satisfaktion von
hmzu verlangen. Das ist das echte amerikanische
Duell, und wenn man dieses in Deutschland hei—⸗
nisch machen wollte, anstatt des albernen Mäntel⸗
hens für den Selbstmord, so würde man wenigstens
Imerika nicht blamiren, indem man es für eine
-Sache verantwortlich macht, die es niemals ge⸗
rannt hat.
F(Gus Sachsen.) Welche drastischen Mittel
ächsische Stadtverwaltungen anwenden, um säumige
Steuerpflichtige zur Zahlung zu veranlassen, dafür
iegt ein neuer Beleg aus dem Städtchen Auerbach
»ox. Der dortige Stadtrath hat angeordnet, daß
teinem Vereine und keiner Gesellschaft mehr Erlaub⸗
nis zu einem Balle ꝛc. ertheilt wird, so lange sich
äumige Steuerzahler in deren Mitte befinden. Nicht
iwa, als ob nur die Steuerrestanten von dem er⸗
zetenen Vergnügen auszuschließen seien, es wird
zielmehr die Erlaubnis überhaupt und so lange
uicht gegeben, bis die Reste bezahlt sind. Es kommen
onach die Gesellschaften und Vereine in die Lage,
bei den Säumigen sofort die Bezahlung der Steuer
zu veranlassen, oder, wenn diese nicht erfolgt, sie
zuszuschließen, oder, wenn auch dies nicht geschehen
oll, von den Gesellschäftsvergnügen gänzlich abzu—
ehen. Jeder Vorstand, der die Erlaubnis zu einem
olchen in den letzten Tagen nachsuchte, mußte das
Miigliederverzeichnis beibringen, und in demselben
vurden die Restanten und die Höhe der Reste ver⸗
nerkt, danach aber das Verzeichnis in die Hände
des Vorstehers zurückgegeben, damit er vorerst das
krforderliche besorgen konnte.
4 Vom Schwurgericht zu Hirschberg wurde
im 17. ds. der Siellenpächter Exner aus Ober—
Wiesenthal, der seine Ehefrau im Wochenbette ver⸗
ziftet hatte, zum Tode verurtheilt.
(Gnseraten-Komik.) In der Berliner
„Post“ veroͤffentlicht eine Dame, die durch den
Mangel an Geld poetisch gestimmt worden ist,
tolgendes Darlehns-Gesuch, dem wohl selbst Rabbi
Ben Akiba den Vorzug der Neuheit zugestehen muß
Keine Mutter, keinen Vater,
Keinen Bruder als Berater,
Keine Schwester, keinen Freund,
Der in Trübsal mit mir weint;
Dieses, wohl kann ich es sagen,
sann mein Herze kaum noch tragen
Und jetzt ist es doppelt schwer,
Weil die Börse worden leer;
Darum frag' ich schüchtern an,
Hibt's wohl einen edlen Mann,
Der so selbstlos könnte sein,
Fine hundert Mark zu leih'n,
Mir, die ich ein Fräulein bin,
Dann, ich bitte, sendet hin J
Offerten unter A. Z. 33 an die Expedition
Der Zeitung „Post“, sie ist bekannt ja schon
Bieten könnt' ich als Unterpfand
xin Bild von Knausens Künstlerhand.