Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Oö 
St. Ingberter Anzeiger? erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dieunstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöͤchentlich mit Unterhaltungs 
ziau und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 A 75 H, einschließlich 
d ⸗Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inferaten aus ver Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen 
aauf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 168 B, bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einrüuckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 208. 
Donnerstag, 25. Oktober 1883. 18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. Lokale und pfälzische Nachrichten. 
B * St. Ingbert, 25. Oktober. Wie wir 
hören, fährt von jetzt ab während des Winterdienstes 
zuf der Linie Saarbrücken-⸗Bruchsal Zug Nr. 255 
— sogenannter Schnellzug — wieder mit dem 
dreußischen Park und Bedienungspersonal. 
— Niederwürzbach, 253. Oktober. Unser 
angjähriger Stationsverwalter, Herr Michael Hoff—⸗ 
na'nn, wurde zum Stationsverwalter in Ram- 
kein ernannt: in gleicher Diensteseigenschaft wurde 
nach hier der derzeitige Stationsverwalter in Ram— 
tein, Herr Nieß, versetzt. 
— Zweibrücken, 24. Oktober. Die Bahn— 
hofrestauration Homburg ist vom 1. Nov. ab Hrn. 
stestaurateur Cordier auf , Tivoli“ dahier übertragen. 
— Kaiserslhautern, 28. Oktober. In 
der heutigen Sitzung der Strafkammer des königl. 
dandgerichts wuͤrde Leopold Rosenbaum, 46 
Fhahre alt, Kaufmann von Imsbach, wegen Ver⸗ 
hrechens der Verleitung zum Begehen eines Mein⸗ 
ꝛides, sowie wegen des Vergehens der Urkunden⸗ 
alschung in eine Gesammt-Zuchthausstrafe von 2 
Jahren, in eine Geldstrafe von 600 Mk. eventuell 
10 Tage Zuchthaus und zur Zahlung der entstan⸗ 
denen Kosten verurtheilt, ihm auch die bürgerlichen 
Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren aberkannt. 
— (Eisenbahn-Dienst.“ Am 15. Nov., 
ils dem in Aussicht genommenen Zeitpunkt der 
Betriebseröffnung der Lanterthalbahn, tritt 
die Besetzung der dortigen Dienstesstellen ein, welche 
unter andern folgende Versetzungen im Gejolge hat: 
stach Lamperkmühle, Station 2. Klasse der 
rauierthalbahn wird Herr Stationsverwalter Heinr. 
döhler, zür Zeit Stationsverwalter in Thaleisch— 
veiler und an dessen Stelle nach Thaleischweiler 
Zerr Heint. Peter, z. Z. Calkulator in Ludwigs- 
jafen, versetzt. Auf die Station Röckweiler- 
Tiefenbach der Lauterthalbahn kommt als Halte⸗ 
telleverwalter und Weichenwärter der seitherige 
Weichenwaͤrter in Rodalben Ludwig Schnebel. 
Nach Lohnweiler kommt als Haltestelleverwalter 
ind Vorarbeiter der derzeitige Bahnwart in Münch⸗ 
veiler Jak. Eid. 
— Der 20 J. a. Musiker Peter Schultz von 
datzenbühl gerieth am Samstag Abend auf dem 
deimweg unweit Queichheim in eine tiefe Pfütze 
ind ertrank. Der junge Mann hatte zu viel ge⸗ 
trunken gehabt. 
— Von der Isenach, 23. Oktober. Trotz 
der ungünstigen regnerischen Witterung der letzten 
Tage wird der Herbst zu Dürkheim bei den mitt 
eren Weingutbesitzern jetzt dem Ende zugehen. Die 
Jrößeren Gutsbesitzer haben bis jetzt fleißig Vorlese 
juf Faules gehalten, und werden in den folgenden 
14 Tagen, dank dem kalten und trocknen Wetter, 
zas zu erwarten steht, eine recht befriedigende Aus- 
ese erhalten. Zu Dürkheim kann man nach authen⸗ 
ischen Schätzungen den heurigen Ertrag auf mehr 
ils einen sogenannten „vollen halben“, in manchen 
zagen selbst auf einen Dreiviertel-Herbst anschlagen. 
zu Dürkheim wurde bisher schon mehr als die 
Hälfte des Ertrages verkauft, und zwar von der 
ogel weg zum Preise von 13215 Mtk. im Durch⸗ 
chnitt, waͤhrend einzelne Posten selbst 16217 Mt. 
rhielten. Von der Kelter weg stellen sich die Preise 
ür 1000 Liter auf 480—550 Mtk. Der Mittel— 
Freis wird sich voraussichtlich für Dürkheim auf 
ahe 14 Mk. fixiren lassen. Auch die 8ler find 
rar geworden, während die in unserem Kanton 
recht irinkbaren 82er erst mit dem Frühjahr hell 
ind exportfähig werden dürften. (Pf. K.' 
* WVermischtes. 
7 Die Zahl der Auswanderer hat auch heuer 
in Bayern wieder eine ziemliche Höhe erreicht. 
Bis Ende August sind aus dem rechtsrheinischen 
Bayern 10,956, aus der Pfalz 2093, zusammen 
13,050 Personen ausgewandert. 
Wie man hört, soll von S.M. dem König 
von Bayern einem in Weilheim wohnenden Zi⸗ 
zilingenieur der Auftrag zugekommen sein, für eine 
elektrische Bahn von Murnau nach Linderhof ein 
Projekt auszuarbeiten. 
F Bitsch, 23. Oktober. Ein hier vorgekom⸗ 
nener Unglüdsfall, welcher der Stadt ein erhebliches 
Opfer auferlegt und erkennen läßt, wie wichtig es 
st, in einer Gemeindeverwaltung die nöthigen Vor⸗ 
tehrungen gegen Unglücksfälle zu treffen, verdient 
veiter bekannt zu werden. An der Westseite unserer 
Stadt befindet sich nämlich unmittelbar neben dem 
Festungsgraben ein Marktplotz, auf welchem vor 
längerer Zeit ein Jahrmarkt abgehalten wurde. 
Der Zugang zu diesem Platze soll am Abende jenes 
Markttages ohne Beleuchtung und Schutzvorrichtung 
gewesen sein; infolge dessen stürzte ein umherziehen⸗ 
der Musiker, welcher sich nach dem Marktplatze be⸗ 
geben wollte, in den Festungsgraben hinab und 
verletzte sich derartig, daß seine theilweise Arbeits⸗ 
und Erwerbsunfähigkeit eintrat. Die Zivilkammer 
des Landgerichts zu Saargemünd hat nun die Ge— 
meinde dafür verantwortlich erklärt, daß an der ge⸗ 
fährlichen Stelle keine Schutzvorrichtungen angebracht 
waren, und sie verurtheilt, an den verunglückten 
Musiker eine Entschädigung von 1000 Mark zu 
zahlen und die Kosten, welche auch noch etwa 500 
Mark betragen, zu übernehmen. 
FStraßburg, 23. Oktober. Schwere Ver⸗ 
brechen gegen das Leben kommen im allgemeinen 
in Straßburg seltener vor, als in allen anderen 
Städten von gleicher Größe und Einwohnerzahl. 
Einen desto tieferen und niederschmetternden Ein— 
druck macht daher die Kunde von den schrecklichen 
Vorgängen dieser Nacht. Heute Morgen in aller 
Frühe schon erzählte man sich in allen Straßen von 
zwei Mordthaten, welche in vergangener Nacht 
hdier verübt worden sind. Der Schauplatz der ersten 
st die in der Langenstraße gelegene Apotheke zum 
Storchen. In der vergangenen Nacht wurde dort 
die Gloche gezogen. Der Provisor kleidete sich an 
und öffnete die Thür. Hierbei wurde er von den 
eindringenden Uebelthätern überfallen und durch 
ꝛinen Messerstich getödtet. Soweit durch die bis 
etzt stattgefundene Untersuchung ermittelt ist, hat 
in kurzer Kampf zwischen dem Ueberfallenen und 
einen Mördern stattgefunden. Die Verbrecher — 
mscheinend sind es mehrere gewesen, doch ist die 
Möglichkeit immerhin nicht ausgeschlossen, daß das 
Verbrechen von einem Einzigen vollführt wurde — 
ʒeraubten darauf die Kasse und entflohen. Auf der 
Mordstätte wurde ein Messer vorgefunden, das viel⸗ 
eicht auf die Spur der Verbrecher führen kann 
Der Ermordete heißt Franz Lienhardt, er war 
30 Jahre alt, verheirathet und Vater zweier Kin— 
der. Seit 20 Jahren war er in der Reeb'schen 
Apotheke thätig. — Bei der Ablsösung kurz nach 1 
Uhr wurde der Posten bei'm Pulverthurm am Ho⸗ 
pitalthor schwer verletzt aufgefunden. Nicht weniger 
als 17 Stichwunden zeigte der Körper. Der Kopf 
war mit dem Gewehrkolben eingeschlagen. An dem 
Bewehrkolben klebte das Gehirn des Erschlagenen 
An der Stelle, wo der Soldat stand, fand man * 
Messer, eine Art festes Rebmesser und einen falschen 
Bart. Aus diesen Umständen vermuthet man daß 
Pf. L. C.) Die gegenwärtigen wirthschaft⸗ 
ichen Zustände im Reiche erscheinen neuestens 
vieber einmal den fortschrittlichen Blättern der Pfalz 
s ein „durch' und durch ungesundes Verhältniß. 
as einen ununterbrochen fließenden Strom der 
luswanderung erzeugt.“ Dem ist zu entgegnen, 
aß der „Strom der Auswanderung“ uns nach den 
lusweisen der Siatistik nur den zehnten Theil der⸗ 
migen Volkskräfte jährlich entführt, um welche sich 
ieselben durch den Ueberschuß der Geburten über 
xterbefälle vermehren. Für die übrigen 90 o0 der 
zebölkerungszunahme findet sich derzeit immer noch 
usreichende Versorgung. Wo sie aber im um— 
assendsten Sinne des Wortes, nicht „ausreicht,“ — 
»also Nothstände eintreten oder wenigstens die 
ebenshaltung herabgesetzt werden mußte, da ist 
achgewiesenermaßen nicht eigentlich der „arme 
—VoVV 
etroffen, sondern der Kleingewerbe⸗ und Klein⸗ 
andels⸗Stand, bei welchem sich die dürftigen Er⸗ 
ebnisse der vorjähriger Ernte am ersten rückwirkend 
ihlbar machten. Im Sonstigen legen unsere ge⸗ 
mnmten deutschen Handelskammerberichte von einem 
eisen Fortschritt der Produktion und des Absatzes 
deugniß ab; man muß sie nur lesen mögen! 
München, 24. Oktober. Der Kultusminister 
ies die Beschwerde des Magistrats München gegen 
en Entscheid der Kreisregierung, daß keine konfes⸗ 
onellen Parallelklafsen in beiden Simultanschulen 
rrichtet werden dürfen, ab. 
Zum ersten Male seit vielen Jahren kommt die 
ayerische Kammer in die Lage, den Kredit 
ar außerordentliche Bedürfnisse des Heeres nicht 
nurch ein Anlehen decken zu müssen. Der Referent 
es Finanzausschusses, Abgeord. Keßler, hat nämlich 
nobigem Betreff den Antrag gesflellt: es sei der 
destbedarf für die im außerordentlichen Militär— 
redit enthaltenen Forderungen aus den verfügbaren 
Nehreinnahmen des Jahres 1882 zu decken. Die 
S⸗umme beträgt 823,378 Mk. Man darf begierig 
ein, wie sich das Kriegsministerium zu diesem An— 
raqe verhalten wird. 
Der Kaiser ist am Dienstag Morgen in bestem 
vohlsein in Berlin eingetroffen. 
Der preußische Landtag soll, wie die 
4. C. hört, zwischen dem 15. und 20. November 
cöffnet werden. 
Die „Köln. Ztg.“ enthält folgendes Berliner 
Telegramm: Der nunmehr ratificirte Han⸗ 
elssvertrag mit Spanien wird nach 10 Tagen 
a Kraft treten. Die provisorische Verordnung vom 
August, welche die Zollermäßigung auf admini— 
rativem Wege nicht nur in Spanien, sondern auch 
ndern Staaten vorläufig bewilligt und verallgemeinert 
atte, wird außer Geltung treten. Man erwartet 
me neue Maßnahme, wahrscheinlich in Form eiuer 
zerordnung, welche die Spanien und Italien ge⸗ 
vährten Zollermäßigungen vorläufig der Türkei und 
hriechenland gewähren wird. 
Ausland. 
Die Hamburgische Börsenhalle bringt ein Tele— 
sramm aus Lima vom 23. Okt., Vormittags 10 
ihr, wonach dort der Friede zwischen Peru und 
shile erkllärt wurde. Die Chilenen haben heute die 
Stadt verlassen und die Peruganer sind eingezogen.