Full text: St. Ingberter Anzeiger

greenwich ausgehenden Universalzeit hexbeizuführen, 
rfte, wenn er zur Verwirllichung gelangt, tief in 
msere Lebensverhaltnifse einschneiden. Die wirkliche 
magsftunde, d. h. die Culmination der Sonne, 
zicd dann an den östlich von England gelegenen 
Itten schon dann eintreten, wenn die Uhr noch 
sehr oder weniger im Vormittag sieht. Der Zeit⸗ 
unkt, welcher für Greenwich den natürlichen Mit⸗ 
ag bezeichnet, fällt in Paris auf 12 Uhr 10 Min., 
ygFrantfurt am M. auf 12.35 in Berlin auf 
2.34, in Konigsberg auf 1.22, in Petersburg 
uf 2 Uhr 1 Min. Im Oslien von Preußen würde 
iso die Differenz zwischen der natürlichen und der 
unsttichen Tagesrechnung sich auf mehr als eine 
zunde belaufen. Die Wahl eines Einheits⸗Meridians 
J der Mitte des europaischen Continents würde 
ese Differenzen etwas vermindern; jedoch haben 
ich die Regierungen ja noch nicht zu Guusten des 
hreenwicher Meridians entschieden. Uebrigens gehl 
en Reichsanzeiger aus Rom von dem Direlior der 
diesigen Sternwarte ein Telegramm zu, wonach die 
rinführung der Universalzeit nur für den inneren 
dienst der Wissenschaft, der Telegraphen und Eisen⸗ 
aͤhnen geplant ist und jeder Eingriff in die bürger— 
iche Zeiteintheilung vermieden werden soll. 
unter zahlreicher Betheiligung 
son Damen und Herren veranstaltete der 
zerliner Handwerker-Verein am Sams— 
ag, den 20. Oktober, in seinem Vereinslokale, 
Zophienstraße 15, eine Gedächtniß⸗Feier 
ur Schulze⸗-⸗Delitzsch, dessen Büste, bestrahlt 
on mehreren brennenden Kandelabern, in einem 
eschmacvoll arrangirten Aufbau von Palmen und 
aderen Gewächsen Aufstellung gefunden haite. 
die Feier eröffnete ein Quartetigesang, dem ein 
Algemeiner Gesang folgte. — Nachdem die letzten 
köne im weiten Raume verklungen, bestieg Herr 
Franz Duncker die Rednertrübine und hielt in 
vahrhaft herzlicher Weise dem dahingeschiedenen 
freunde die Gedächtnißrede. In warmen Worten 
laäuterte er die mannigfachen Beziehungen, in 
velchen Schulze zu dem Verein gestanden, welcher 
hn im engeren und engsten Sinne zu den Seinigen 
aͤhlen dürfe und somit eine Veranlassung zu dieset 
Feier habe. Nicht eine Skizze von Schulzes Leben 
volle er geben, meinte Redner, auch nicht aufzählen, 
was er geleistet, sondern in anderer Weise versuchen, 
— 
uu charakterisiren und verständlich zu machen, sowie 
inige Nutzanwendungen für das Leben daraus zu 
iehen. — In fesselnder Weise schilderte er nun 
iie Entwickelung des dem Dienste des Wahren und 
Zchönen allein ergebenen Jünglings zum Volks- 
nanne, die vielen schweren Kämpfe, die er bei 
einem Bestreben, die soziale Frage auf friedlichem 
Wege durch das Genossenschaftswesen zu lösen, zu 
estehen hatte; er zog ferner eine Parallele zwischen 
hin, dem großen Reformator auf sozialem Gebiete, 
ind Luther, er gedachte in herzlichster Weise 
einer vielen Charaktervorzüge, seiner einfachen 
Zitten und Lebensweise, seiner Gewohnheiten im 
ffentlichen und privaten Leben, und kam endlich zu 
er Schiußfolgerung, daß der Berliner Handwerker⸗ 
herein auf dem rechten Wege wandle, daß die 
Jugend, bevor sie hinausstürme in den Kampf der 
holitik und des Sozialismus, gleich ihm unter— 
auchen solle in das Meer des Wahren und Schönen, 
ich vertiefen in das Reich der Ideale, um sich zu 
äutern und zu klären, und daß wir nicht vergessen 
jollen, daß wir sind ein einig Volk von Brüdern 
mit gleichen Rechten ohne Unterschied religiöser oder 
—DD 
ein ewiges Denkmal gesetzt habe in den Genossen— 
chaften, so möge ihm die Nachwelt auch bald ein 
ichtbares Denkmal errichten. — Rauschender Beifall 
jolgte diesen Worten, worauf der Sängerchor den 
Quartettgesang: „Stumm schläft der Sänger“ von 
Silcher intonirte und der allgemeine Gesang: 
Brüder, reicht die Hand zum Bunde,“ Melodie 
von Mozart, die erhebende Feier beendete. 
f(Geinfässer aus Cement.) Bei dem 
usbesondere in diesem Herbste hohen Preise der 
Fässer ist es gewiß von Interesse, zu hören, daß 
ine neue Art Fässer in Armsheim (Rheinhessen) 
abriziert wird, nämlich aus Cement. Ein dortiger 
dalkbrenner betreibt das Geschäft mit gutem Erfolg; 
die Fässer sind haltbarer als hölzerne, verzehren nicht 
id viel Wein und kommen um die Hälfte billiger. 
r Die Räuberbande von Neuilly, bildet 
eit vier Wochen bereits den Schrecken aller südwest⸗ 
ichen Stadtviertel von Paris. In weniger als 
4 Tagen haben diese frechen Spitzbuben eine An— 
ahl von Läden und außerdem zwei Privathäuser 
zuzgeraubt, während die Bewohner sich, nichts Böses 
ihnend. dem Schlummer überließen. Eines dieser 
dauser zählte 17 Insassen, von denen keiner den 
Finbruch rechtzeitig gewahrte. Außer der Plünderung 
der Villa Ronvenat fsind ihnen zwei gleich erfolg⸗ 
zeiche Expeditionen in der Villa Tolu und in der 
Bilia Caia geglückt. Offenbar hat man es mit 
einer weit verzweigten, zahlreichen und wohlorgani⸗ 
irten Bande zu thun, die auf Befehl ihres Haupt⸗ 
nannes mit ebenso viel Präzision wie Kühnheit 
„arbeitet“. Die Bewohner von Neuilly glauben, 
aß diese Bande in irgend einem Dicicht des Bois 
de Boulogne ihren Schlupfwinkel haben muß. Wie 
Jerlautet,“ bereiiet die Polizeipräfektur eine großartige 
Razzia vor, bei welcher dieser weit ausgedehnte Park 
nilitärisch umstellt und sodann in allen Theilen 
— 
London, 24. Oltober. Wie den „Times“ 
aus Philadelphia gemeldet wird, fiel gestern ein 
Fisenbahnzug der Northern Rew⸗Nork Bahn durch 
eine Brücke über den Champlain⸗Canal; alle Wagen 
vurden zerschmettert, 3 Personen getödtet und 22 
verwundet, darunter viele lebensgefährlich. 
Die Londoner Polizei wird jetzt, dem 
Zutachten der Polizei⸗Inspeltoren entgegen, dennoch 
nit Revolvern bewaffnet, um den Einbrecherbanden, 
velche die Metropole unsicher machen, besser ent⸗ 
egeutreten zu können. Die Bewaffnung erfolgt auf 
inen direkten Befehl des Ministers des Innern, 
Sir W. Harcourt, hin. 
4 GBergwerks⸗Katastrophe) In dem 
„teinkohlen⸗ Vergwerke von Leycett in Staffordshire 
England) war vor einigen Tagen ein Grubenbrand 
usgebrochen, den man zu verdämmen bemüht war. 
Am Sonntag Abend, gerade als der Direktor, der 
Schichtmeister und Ingenier angefahren waren, um 
iich vor Ort von dem Fortgange der Arbeiten zu 
iberzeugen, erfolgte plötzlich eine furchtbare Explofion 
chlagender Wetter. Sechs Personen — darunter 
der Schichtmeister und der Ingenier — blieben auf 
der Sielle todt, und drei wurden lebensgefährlich 
jerletzt. Die Rettung der übrigen, zur Zeit der 
Frplosion im Schachte befindlichen Personen, von 
enen einige das Bewußsein verloren hatten, soll 
»ine wunderbare gewesen sein. 
Frau Adele Vinaldo in Venedig, die Frau 
eines Rentners, fand in der Kirche San Marco 
eine Brieftasche mit 80,000 Franks und überlieferte 
ie sofort der Obrigkeit. Als ihr wackerer Gatte 
seimkehrte und die Geschichte hörte, prügelte er seine 
Frau entsetzlich durch, jagte sie aus dem Hause und 
reichte eine Ehescheidungsklage ein. 
— Eine stete Erinnerung an den 12. September 
1683, den Sieg über den Halbmond des 
Islam, sind unsere „Hörnchen“, die wir als 
Zaffebrod gebra uchen (die Wiener Kipfeln). Die 
autere Freude über die glückliche Besiegung des 
dara Mustapha gab Wiener Bäckern den Gedanken 
in, den Haibmond essen zu lassen; deshalb buken 
je vom Jahre 1683 ab halbmondförmige Brode, 
zie ihre zeitgemäße Bedeutung durch 200 Jahre 
roch lebendig erhalten haben. 
Der Altmeister der deutschen Bier—⸗ 
brauer Amerika's, Friedrich Lauer, ist 
farzlich nach schwerem Leiden infolge eines Magen⸗ 
abels in seiner Wohnung zu Reading in Penusyl⸗ 
anien, 73 Jahre alt, gestorben. In seinem zwölf—⸗ 
ten Lebensjahr wanderte er 1822 mit seinen Eltern 
ind Geschwistern aus der Rheinpfalz nach 
Amerika aus, und nach kurzer Zeit ließen sich seine 
Fltern in Reading nieder. Im Jahr 1823 be— 
ründete sein Vater bereits in dem benachbarten 
Ztädtchen Wommelsdorf eine Brauerei, und im 
Jahr 1825 wurde von ihm in Reading auf dem— 
*Aben Grundstücke, wo noch heute Lauer's große 
grauerei steht, ein kleines Brauanwesen erbaut, in 
velchem der verstorbene Fr. Lauer als 16jähriger 
duabe als Braumeister beschäftigt wurde. Von 
ener Zeit an bisz zu seinem Tode ist Herr Lauer 
inermuüdlich an dem Aufbau seines Geschäftes thätig 
ewesen. Der amerikanische Brauer-Verein, dessen 
ẽͥhrenpräsident und Vorsitzender des Agitations⸗ 
zomite's er seit vielen Jahren war, verdankt seinen 
tZemühungen zum Theil die beständige Abnahme 
Zes Vorurtheils gegen den Gerstensaft unter den 
inglo-amerikanischen Bürgern. Im Jahr 1865 be⸗ 
uchte Herr Lauer Europa in der Eigenschaft eines 
zu ideskommissärs, um die Gesetze und Einrichtungen 
aunderen Ländern betreffs Verkaufes geistiger Ge— 
räuke, Schankgerechtigkeit ꝛc. zu studiren und dar— 
iber zu berichten. Seinen Bemühungen ist es zu 
verdanken, daß die Steuer“ aufHopfen und Malz 
zerabgesetzt wurde, wodurch der Preis des Bieres 
ʒedeutend reducirt wurde. Seine unermüdliche Agi⸗ 
ation gegen alle Bestrebungen der Temperenzler, 
ür die großere Verbreitung des Bieres und gegen 
zie Fabrikation und den Verkauf von destillirten 
hetranken haben ihn in ganz Amerika bekannt ge⸗ 
nacht, und da er dabei die Ansichten Anderer achtete und 
durch Argumente zu widerlegen suchte, erfreute er 
ich auch bei seinen Gegnern, wie bei seinen Freun⸗ 
den, allgemeiner Achtung. Herr Lauer erwarb sich 
ein großes Vermögen, hatte aber in den letzten 
Jahren mit manchen Widerwärtigleiten und Schwierig⸗ 
eiten zu kämpfen, doch gelang es ihm mit einigen 
Opfern, alles wieder in das richtige Geleise zu bringen 
ind sein Geschäft in der alten Weise weiter zu 
ühren. Er war einer der gemeinsinnigsten Bürger 
steading's, stets bereit, irgend einen der gemein⸗ 
aützigen Zwecke zu fördern und thatkräftig zu un⸗ 
erstützen; deshalb erfreute er sich der Achtung ndu 
Rebe seiner Mitbürger in hohem Grade. 
In Bismarck, der Hauptstadt von Dakota, 
Amerika) ist augenblicklich ein Mastodonzahn ausge⸗ 
tellt, welcher etwa zwanzig Meilen von dort, an der 
Nündung des Cannon⸗Ball⸗Baches auf einer Sandbank 
efunden wurde, und der, obgleich bereits vom 
zahn der Zeit benagt und theilweise abgebröckelt, 
roch 15 Pfund wiegt. Das Thier, dem er ange⸗ 
hört hat, mus nach Rechnung der Gelehrten minde⸗ 
tens 40 Fuß lang und 20 Fuß hoch gewesen sein. 
4 (Amerikanisches.) Ich würde gleich 
ünfhundert Thaler für eine Stimme geben wie die 
zhrige, sagte ein Mann aus Chicago zu einer 
ibertragenen Bostonerin mit durchdringenden Augen, 
jelbem Gesicht und langem Hals. Diese lächelte 
ehr geschmeichelt und fragte kokett: Und was 
vürden Sie damit thun?“ — Meine Schwieger⸗ 
nutter aus dem Hause treiben! antwortete der 
rrobe Bauer trocken. 
(Gas reichste Volk der Welt) sind 
»ie Crow⸗Indianer, 800 Familien mit 3000 Köpfen, 
alle wohlgezählt, sind Eigenthümer von 6,500,000 
Acres Land, welches, den Acre zu 1 Dollar veran⸗ 
chlagt, den gleichzifferigen Werth von 6,500,000 
Dollars repräsentirt, von 11,500 Pferden, ein 
Werth, das Pferd zu 20 Dollars gerechnet, von 
230,000 Dollars, 800,000 Dollars kommen ihnen 
don den Vereinigten Staaten zu. Ihr Gesammt⸗ 
»ermögen beträgt also 7,530,000 Dollars oder 
3510 Dollars per Kopf. 
GemantAtziges. 
(Verbrennungen und Verbrühungen.) Dr. 
hdirsch in Prag veröffentlicht in der „P. 3. f. H.“ 
ein Mittel, das, weil es ebenso einfach ist als es 
virksam sein soll, eine weitere Vecrbreitung verdient. 
Dasselbe besteht aus einer Salbe, die aus ungesal⸗ 
ener Butter und ganzen Eidottern, beiläufig zu 
zleichen Theilen (auf einen Löffel Butter ein Ei 
jut miteinander verrührt) zusammeugesetzt ist. Diese 
„albe wird, auf Läppchen gestrichen, aufgelegt und 
o oft sie trocken wird, erneuert. Sie soll sehr bald 
»en Schmerz lindern und selbst die größten und 
iefsten Brandwunden in verhältnißmäßig kurzer 
Zeit ohne Zurücklassung von Schrammen vollkommen 
jeilen. Dr. H. erzählt einen Fall, wo eine Frau 
zurch Anzünden ihrer Kleider am ganzen Körper 
nit großen und tiefen Brandwunden bedeckt war. 
der Arzt ließ ein Bettuch mit der Salbe aus 1 
⁊g. Butter und 20 Ciern bestreichen, und die Kranke 
zarin einschlagen. Die heftigen Schmerzen ließen 
hald nach, und nach acht Tagen war die Patientin 
ollkommen geheilt. — In einem andern Falle 
zatte sich ein junges Mädchen durch Explosion einer 
Theemaschine das ganze Gesicht mit Einschluß der 
Augenlider verbrüht. Auch hier wurde die Heilung 
hurch Auflegen von mit der Salbe bestrichenen 
dappen in verhältnißmäßig kurzer Zeit bewerkstelligt, 
»hne daß eine Spur der Verwundung zurückblieb. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Speyer Valentin Thomas, 
33 J. a.; in Friedelsheim Gastwirth Philipp Jakob 
Beck, 37 J. a.; in Mertesheim Georg Nagel, 
'9 J. a.; in Bobenheim a. B. Adam Krämer, 
30 J. a. 
Marktberichte. 
e. Ensheim, 25 Oktober. (Viktualienmarkt.) Kar—⸗ 
offetn 2 M. — bis 2 M. 50 Pf. per 50 Kilo, Butter 
1M. 10 bis 1 M. 20 pf. per 1/42 Kilo, Eier 90 Pf. per 
Dutzend.