Full text: St. Ingberter Anzeiger

den Banditen von Chateaudun und Bazailles zu⸗ 
dießt!!! — Ist es nöthig, uns durch das Trinken 
zes teutonitschen Cats an jene wilde Armee zu er— 
innern. Wie müssen sie jenseits des Rheines lachen, 
wie wir uns immer dem König von Preußen unter⸗ 
ducden?“ Ist es nicht mit den fünf Milliarden ge— 
nug? Machen wir ein Ende! Ja, oder nein, 
sind wir das „junge Frankreich“, welchem die 
schwere Aufgabe der nationalen Wiederaufrichtung 
zugefallen ist!? Ja, oder nein, fließt das alte 
zallische Blut noch in unseren Adern, das alte vom 
Wein unserer Berge durchglühte Blut! Franzosen, 
rinken wir französisches Erzeugniß und Pfui üder 
das deutsche Bier! Ich bin überzeugt, Herr Re— 
dakteur, daß ein so patriotisches Journal wie das 
Ihrige, sich nicht weigern wird, den nachstehenden 
Gesetzentwurf zu unterstützen. Gesetz betreffend die 
deutschen Biere. Einziger Artikel. — Das deutsche 
Bier ist allen Studenten im Quartier Latin ver⸗ 
boten und jedes Etablissement, welches ein Zuwider⸗ 
yandeln verheimlicht, wird auf den Inder gesetzt. 
Henehmigen Sie, Herr Redakteur ꝛtc. Ein Stiudent. 
Das Blatt schreibt hierzu: Wir schließen uns den 
von unserem ehrenwerthen Korrespondenten geäußerten 
Ideen völlig an. Es ist durchaus schmachvoll, zu 
ehen, wie die französische Jugend diese verräucher— 
Zneipen füllt, in denen man mit voller Nase den 
Preußen riecht. Man muß dem entgegen zu wirken 
suchen und wir zweifeln nicht, daß die Jugend 
anserer Schulen ihrer Pflicht nachzutommen wisse. 
Wir schlagen schließlich vor, einige Wirthschaften 
»es Quartier Latin, deren germanische Unverschämt⸗ 
jeit zu weit geht, besonders zu kennzeichnen. 
F Der französische Ventriloquist Levasfor 
erzählt von sich eine Anekdote, die über das psy⸗ 
hologische Wesen der Bauchredekunst zu denken giebt. 
kr wohnte in Lyon einer Gerichtsverhandlung bei. 
Auf der Anklagebank saß ein armer Teufel, der 
zines Diebstahls unter erschwerenden Umständen an⸗ 
zeklagt war. Levassor folgte dem Gange der Ver— 
zandlung; das Schicksal des Angeklagten, der sich 
nicht zu vertheidiger wußte, obwohl Alles, was er 
vorbrachte, den Stempel der Wahrheit zu tragen 
chien, ging dem Künstler, der sich auf Mimik und 
Ton der Stimme wohlverstand, zu Herzen. Die 
Ueberzeugung, daß der Angeklagte schuldlos sei, 
wurde in ihm so lebendig, daß er in großer Auf⸗ 
regung und, wie er versichert, ganz ohne kunstgeübte 
Berechnung „Bei Gott er ist unschuldig!“ ausrief. 
Dieser Ausruf schien aber dem Munde der über 
dem Gerichtstisch thronenden, gemalten Themis ent⸗ 
fahren zu sein, auf der gerade sein Blick hafiete. 
Alles sah höchst betroffen empor, und man hatte 
die Empfindung, als sei ein Wunder geschehen. Der 
für den Angeklagten günstige Ausgang der Ver— 
jandlung wurde nicht zum geringsten Theil dem 
Finfluß dieses Moments zugeschrieben. 
f Ueber ein riesiges Werk schreibt man aus 
London: Die große Brücke über den Firth und 
Forth, den Meeresarm nahe Edinburg, geht jetzt 
rasch ihrer Vollendung entgegen. Diese Brüce 
wird in der Mitte zwei Pfeiler mit Spannweiten 
yon nahezu einem Drittel einer Meile besitzen, also 
ziermal weiter, als irgend eine andere Eisenbahn⸗ 
rücke der Welt. Hierzu kommen noch zehn kleinere 
Pfeiler mit geringeren Spannweiten. Jeder der 
drei großen Hauptpfeiler wird ous einer Gruppe 
don ungefähr vier cylindrischen Massen von Granit 
bestehen, welche an der Basis an 60 Fuß im Durch⸗ 
messer stark sind und deren Grundlagen in Felsen 
ingedrillt werden. Der ganze Oberbau, die Brücke 
elbst wird in Röhrenform aus Stahl konstruirt, 
ingefähr drei Meilen Stahlröhren in der Dicke von 
2 bis 13,4 Zoll und im Durchmesser von 5 bis 
12 Fuß werden hierzu benöthigt. Ungefähr 45 000 
Tonnen Stahl sollen zu den Brücken verwendet 
werden; alle Arbeit wird an Ort und Stelle selbst 
ausgeführt, zu welchem Zwecke in Queensferry die 
droßartigsten Werke mit 50 Dampfmaschinen er—⸗ 
ichtet wurden. Das gesammte Material für die 
ẽrbauung der Brücke würde 11 000 große Eilen- 
dahn · Frachtzüge füllen. 
f(CEine kühne Seefahrt.) Ein Mr. 
Copeman machte am 26. d.den Versuch, auf einem 
don ihm erfundenen und gebauten Floße von Dover 
dus über den Canal zu fahren. Copeman verließ 
mit vier Bootleuten Dover kurz nach8 Uhr Mor— 
sens und langte um 2 Uhr Nachmittags wohlbe⸗ 
kalten in Calais an. 
, Ueber die Katastrophe in der Synagoge zu 
8 inkowo (Gouvernement Podolien), worüber vor 
inigen Tagen kurz herichtet worden. wird nunmebt 
folgendes nähere gemeldet: Am Vorabende des Ver⸗ 
öhnungstages, als die genannte Synagoge von 
indächtigen Juden beiderlei Geschlechts überfüllt war 
entstand plötzlich in der auf der dritten Etage be— 
indlichen Frauenabtheilung, woselbst mehr als 600 
Frauen zusammengedrängt saßen, ein Feuerlärm 
weil das Glas einer Petroleumlampe, deren Docht 
twas zu hoch aufgezogen war, sprang und dit 
Splitter einigen Frauen in's Gesicht flogen. Infolge 
dieses Laärmens entstand auch in der Männerabthei⸗ 
lung im Erdgeschosse eine große Verwirrung, und 
alles eilte hinauf zu den Frauen, um die Ursach⸗ 
des Geschreies zu erfahren. Nun war aber die Treppe 
aach oben mit einem dichten Knäuel von Frauen—⸗ 
körpern, welche übereinander lagen, derart versperrt, 
daß die Männer nicht mehr hinauf konnten. Sie 
hörten nur ein Aechzen, Stöhnen und dumpfes 
dilferufen. Die Verzweiflung war eine unbeschreib⸗ 
iche. Viele Frauen sprangen über die liegenden 
körper hinunter und blieben unten leblos oder in 
Ohnmacht liegen. Alles verlor die Besinnung, bis 
endlich der Polizeichef herbeigeeilt war, welcher eine 
Strickleiter bringen ließ und auf derselben sich in's 
dritte Stockwerk hinaufbegab, um die dort tobenden 
ind verzweifelnden Weiber zu beruhigen und sie 
zu versichern, daß es nirgends brenne. Die Menge 
zog sich allmählich zurück, und es wurde die Treppe 
twas freier gemacht. Der alsbald herbeigeeilte 
Arzt Dr. Wostressenski konstatirte, daß die getödteten 
Frauen erdrückt waren, und beeilte sich, den Ohn 
nächtigen und Verwundeten Hilfe zu leisten. An 
die Fortfetzung des Gottesdienstes durfte nicht mehr 
sedacht werden, da von allen Seiten Männer und 
dinder herbeigeeilt waren, welche ihre Angehörigen 
uchten. Der Todtenplatz war die ganze Nacht von 
Menschen delagert: die meisten Leichen wurden von 
hren Angehörigen schleunigst nach Hause getragen 
ind sollen insgeheim beerdigt worden sein, da die 
xthodoxen Juden nichts so sehr fürchten, als die 
Zecirung der Leichen ihrer Angehörigen. Die amtlich 
ingegebene Zahl von 40 Todten erscheint sehr 
zering: es sollen bedeutend mehr Frauen um's 
deben gekommen sein. 
F New⸗York, 28. Oktober. Nach Berichten 
aus Jamaika ist der Ort Port Antonio am 18. Okt. 
durch eine Feuersbrunst fast gänzlich zerstört worden. 
Der Verlust übersteigt 1,000,000 Dollars. 
FGer neueste Schwindel.) Ein junger 
Amerikaner in Connecticut (Vereinigte Staaten) er⸗ 
'and eine Betrugsart, die vollen Anspruch aus 
Driginalität und Neuheit hat. Er versandte an die 
Beamten sämmtlicher englischen und amerikanischen 
hanken ein Zirkular des Inhalts, daß er zum 
Testamentsvollstrecker eines Mannes bestimmt wurde, 
her, im Leben schon ein Original, in seinem Testa⸗ 
nente 4 Millionen Frankz zu dem Zwecke ausgesetzt 
jabe, um die Ehre von Bankbeamten, die sich einer 
Veruntreuung schuldig gemacht haben, zu retten. 
Von allen Seiten langten darauf Briefe ein, deren 
Inhalt die Absender ganz in die Hand des Be⸗ 
rügers lieferten. Dieser sandte nun an Stelle der 
ersehnten Rettung einen Brief, in welchem die 
)öhe der Summe angegeben war, für die er — 
chweigen wolle. In dieser Weise hatte der Be— 
früger ein Vermögen gesammelt, da die Drohung, 
das mit dem Namenszuge des Beamten versehene 
Bekenntniß an geeigneter Stelle zu präsentieren, 
den Opfern auch den letzten Groschen auszupressen 
vermochte. J 
Wunderbare Zeugen einer entschwundenen 
Tulturepoche wurden in Centralamerika ent⸗ 
deckt; dieselben dürften sich für die dunkele Geschichte 
der Urvölker Amerikas von größter Wichtigkeit er⸗ 
weisen. In Sonora, Mexiko, etwa vier spanische 
Meilen südöstlich von Magdalena, fand man im 
Urwalde eine Pyramide, deren Grundefläche 4350 
Fuß mißt, und die sich 750 Fuß hoch erhebt. Vom 
Hrunde bis zur Spitze des mächtigen Bauwerkes 
zieht sich in Schlangenwindungen ein breiter Fahrweg 
zin. Die äußeren Mauern sind aus sorgfältig 
ehauenen Granitquadern ausgeführt und die Krüm⸗ 
nungen mit unübertrefflicher Regelmäßigkeit ange⸗ 
egt. Oestlich von der Pyramide und nicht weit 
zavon entfernt erhebt sich zu gleicher Höhe ein 
kleiner Berg, welcher ganz und gar zu einer Felsen⸗ 
vohnung umgestaltet ist. Hunderte kleiner 5 oder 
16 Fuß breiter und 10 oder 18 Fuß langer Ge— 
nächer sind da in den Felsen mit größter Sorgfalt 
eingehauen. Die Zimmer sind durchweg 8 Fuß 
joch, haden keine Fenster und nur einen Eingang 
der sich zumeist inmitten der Zimmerdecke befindet. 
Die Wände sind mit zahlreichen Hieroalhpvben und 
darstellungen von Gestalten mit menschlichen Hän— 
den und Füßen bedeckt. Viele Steingeräthschaften 
iegen umher. Aus welcher Zeit und von welchem 
Bolke diese Baudenkmäler stammen, läßt sich jetzt 
nicht genau bestinmen, man glaubt es jedoch mit 
Werken der Vorfahren der Mayos, eines Indianer⸗ 
tammes, zu thun zu haben, der sich noch im süd⸗ 
ichen Sonora vorfindet, blaue Augen, blondes 
haar und eine lichte Hautfarbe hat und sich durch 
zroße Sittlichkeit, durch Fleiß und Mäßigkeit aus— 
zeichnet. Die Mayos haben eine Schriftsprache und 
besitzen mathematische und astronomische Kenntnisse. 
F(Furchtbare Lynchjustiz) wurde in 
CTalcasien in Louisiana an einem Neger geübt. Der⸗ 
selbe war eines gegen die Sittlichkeit verübten 
schweren Verbrechens wegen gefänglich eingezogen 
worden, brach jedoch aus und floh in's Land hin⸗ 
ein. Am ersten Tage seiner Flucht begegnete er 
in der Nahe einer Plantage einer jungen Dame 
europäischer Abstammung und that ihr Gewalt an. 
Man verfolgte ihn und ward seiner, nach einer 
heißen Jagd in Texas habhaft. Der Sheriff brachte 
ihn per Bahn zurück. Als der Zug in Edgerlih, 
einer kleinen Station in Louisiana, anhielt, warte⸗ 
ten einige tausend Personen auf dem Perron und 
bemächtigten sich trotz aller Proteste des Sheriffs 
der Person des Negers. Sie schleppten ihn auf 
ein nahe gelegenes Feld, ketteten ihn an einen Pfahl 
und häuften um ihn eine Pyramide von Kienholz 
und Pech an, aus der nur sein Kopf hervorragte. 
Der Scheiterhaufen wurde sodann in Brand gesteckt 
und der Neger, der mit schmerzverzerrtem Gesichte 
entsetzliche Hilferufe ausstieß, verbrannte unter dem 
Jubel der Zuschauer bei jlebendigem Leibe. 
f Ein Komet steht gegenwärtig wieder am 
dimmel, welcher für 2—4 zöllige Fernrohre bereits 
ichtbar ist; derselbe steht so hoch im Zenith, daß 
er ähnlich wie der große Bär, die ganze Nacht über 
am Horizont bleibt. Sein Glanz nimmt von Tag 
zu Tag zu und es wird vorausgesetzt, daß er Ende 
dieses Jahres, desonders aber im naͤchsten Januar, 
auch mit bloßem Auge deutlich zu beobachten sein 
wird. Man vermuthet in ihm denselben Kometen, 
der im Jahre 1812 am Himmel leuchtete. 
Gemeinnuͤtziges. 
(Wohlschmeckendes Sauerkraut her—⸗ 
zustellen.) Man schichtet zwischen die einzelnen 
Lagen Kraut klein geschnittene Aepfelstücke ohne 
Kernhaus, sowie Beeren von recht füßen vollsaftigen 
Weintrauben. Diese Zuthai verleiht dem Kraut 
einen feinen, weinactigen Geschmack, der selbst dem 
rermöhntesten Gaumen ganz vortreffsich munden wird. 
Gestorben: in Siebeldingen Johannes Miesel; 
in Würzburg Philipp Seubert, kgl. Landge—⸗ 
richtsrath a. D. 47 J. a.; in Landau Frau Li⸗ 
jette Rasor, geb. Pauli, 67 J. a. 
ue dree B⸗doktion verantwerts:* 7. * Demetz. 
Nr. 56 des praktischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus““ (Preis viertel⸗ 
ährlich 1 Mark) enthält: 
Sprachliches. — Kinderspiele. — Deutscher 
Modenbericht. — Vom Lande. — Was ge— 
hört zu einer guten Lampe? — Ausfteuer. 
— Das Amulet. — Hauswirihschaftlicher 
Kalender für November. — Goldarbeiterinnen. 
— Kunstgewerbliche Zeichnerinnen. — Lieder. 
— Kinderbücher. — Bilderbücher. — Kinder⸗ 
zedanken. — Herzblättchen. — Trost. — 
Hausdottor. — Blumengarten. — Gemüse⸗ 
garten. — Obstgarten. — Pariser Moden. 
— Festes Schnüren. — Zimmerdecken aus 
Seebinsen. — Rindsmark⸗ Pomade. — Fett⸗ 
flede aus einer Kalkwand. — Entfernen 
dunkler Odstflecke an Messern. — Nußflecke 
von den Fingern zu entfernen. — Email- 
lirtes Kochgeschirt. — Plätteisen. — Knopf⸗ 
lochmaschinen. — Lampenkocher. — Gas—⸗ 
heizapparate. — Gelhe Wäsche. — Wild⸗ 
lederne Handschuhe. — Satinkleider zu waschen. 
— Für die Küche. — Fernsprecher. — Echo. 
— Briefkasten der Schriftstelle. — Zahlen⸗ 
räthsel. — Der Markt. — Anzeigen. — 
Probenummer gratis in allen Buchhandlungen. 
— Notariell beglaubigte Auflage 25,000. 
Wochenspruch: 
Selig, wer sich vor der Welt 
Ohne Haß verschließt, 
Einen Freund am Busen hält 
Und mit dem genießt. 
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