Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am ontag, Dienstag, Vornerstag, SGamstag und Sonatag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Somitags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 M 60 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 78 O, einschließlich 
(0 ¶ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
214. Samstag, 3. November 1883. 
—18. Jahrg. 
Für die Monate November und 
Dezem ber nehmen die Postanstalten, 
ie Austräger und die Expedition Bestellungen 
zuf dieses Blatt entgegen. 
cheute sich nicht, wie die „Rassegna“ berichtet, in zwährend es in einem Steinbruch mit Steinladen 
einer Versammlung im Rathhaussaale zu Cervia beschäftigt war, durch herabstürzende Steine getödtet. 
die Arbeiter aufzufordern, sich der Früchte ihrer 92 Bebelsheim, 31. Oktober. Vorige 
Arbeit, der von ihnen bestellten Aecker zu bemächtigen. Woche war eine Deputation aus Vertretern des 
Bei einem Sozialistenbanket zu Reggio brachte Bliesgaues bestehend, in Speyer, um bei Sr. Ex⸗ 
man neben anderen Toasten auch einen auf den ellenz dem kgl. Regierungspräsidenten v. Braun 
Teufel (1) aus. ind dem kgl. Oberpostmeister für Einlegung eines 
Die „Posener Zeitung“ veröffentlicht nachstehen- Postwagens von Blieskastel bis Habkirchen zu bitten. 
des Telegramm: „Anfangs Dezember sollen in der Wir erfahren, daß die Deputation von Sr. Excel⸗ 
russi sjchen Hauptstadt sämmiliche General-Gou-— lenz die Versicherung erhielt, sie werde das Projekt 
derneure des russischen Reiches zusammentreten, warm befürworten. Auch das Oberpostamt ist nicht 
um über verschiedene einzuführende konstitutionelle abgeneigt, wenn nachgewiesen wird, daß eine Post⸗ 
steformen zu berathen.“ (7) expedition im Bliesgaue eine Nothwendigkeit ist, 
auf das Projekt einzugehen. Hoffen wir, daß 
unsere seit einigen Jahren von allem Verkehre ab— 
geschnittene Gegend baldigst durch eine Postver⸗ 
bindung erfreut wird. 
— In Kaiserslautern wurden wegen 
iffentlicher Verhöhnung Dritter durch Nachpfeifen, 
resp. Verfolgung derselben und damit verbundener 
Ruhestörung mehrere junge Bürschchen von dort 
nit je acht Tagen Arrest bestraft. 
— Katzweiler, 31. Okt. Gestern fanden 
hier und auf dem benachbarten Kühlbörncheshof 
wei Trauungen statt, welche mehr als die gewöhn⸗ 
iche Aufmerksamkeit erregen, die dergleichen Festen 
auf dem Lande stets zu Theil wird. Nach voran⸗ 
gegangener Civiltrauung wurden nämlich in der 
zrotestantischen Kirche hier durch Herrn Pfarrer 
Werle Fräulein Susanna Rink vom Kühlbörnches— 
sof mit Herrn Jakob Essig, Ackerer vom Messer⸗ 
chwanderhof bei Otterberg, ehelich verbunden. 
Darauf fuhren die Hochzeitsgäste in einer Anzahl 
Wagen nach der, Mennonitengemeinde Kühlbörnches- 
jof, wo in der dortigen Kirche Fräulein Anna 
Essig vom Messerschwanderhof, die Schwester des 
»bengenannten Bräutigams, mit Herrn Johannes 
Rink, dem Bruder der obengenannten Braut, durch 
den Mennoniten-Pfarrer Herrn Abrah. Hirschler 
aus Kaiserslautern getraut wurden. Der Armen 
wvurde bei diesem Doppelfeste reichlich gedacht und 
vird sonach auch Hymen den neu verbundenen 
haaren günstig gewogen bleiben. 
— Rockenhausen, 80. Oktober. Der 
Adjunkt von Gerbach, Herr Karl Schläfer, 
n G3jähriger, jedoch noch rüstiger Mann, fiel 
zeute beimm Heurupfen vom Heuboden so unglück⸗ 
lich auf die Scheuertenne, daß er nach 18 Minuten 
einen Geist aufgab. 
— Dirmstein, 30. Oktober. Am letzten 
Sonntag Abend entfernte sich der hiesige Ackerer 
Ph. Rausch aus seiner Wohnung, vorgeblich, um 
noch einen nöthigen Ausgang zu machen, kehrte 
iber nicht mehr zu seiner Familie heim. Seine 
im friedlichsten Verhältniß mit ihm lebende, besorgte 
Ehefrau stellte überall Nachforschungen über dessen 
Verbleib an, aber vergeblich. Heute Mittag nun 
vurde derselbe im Weinkeller seines Nachbarn, des 
vastwirths H. Römer, vor einem Fasse sitzend, todt 
ufgefunden. (Pf. K.) 
— Speyer, 31. Oktober. Vor wenigen 
Tagen war der im April ds. Is. durch die be⸗ 
annte Explosion von Feuerwerkskörpern im Eisen⸗ 
zahnwaggon schwer verletzte Postkondukteur Wachter 
»on Zweibrücken hier, um bei dem kgl. Oberpost⸗ 
inte Schritte behufs seiner Versorgung zu thun. 
Ddie Postverwaltung hat dem Manne, der im 
Dienste derunglückte und jetzt auf einem Auge erblindet 
ind an den Fingern der beiden Hände theilweise 
zelähmt ist, eine Pension von monatlich 70 Mk. und 
sie Verwaltung einer Post-Expedition angeboten. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 1. Nov. Die neue Pfälzische 
ehreOrdnung hat die Genehmigung des 
Ministeriums zur Einführung nicht erhallten. 
Bayerischer Landtag.) Der erste Vor⸗ 
iand des bayerischen Lehrvereins, Lehrer M. Kop⸗ 
enstätter in Geisenfeld, hat die von ihm ausgear— 
deitete Petition um materielle Besserstellung der 
activen und emeritirten bayerischen Volksschullehrer 
nach dem Beschluß des Hauptausschusses vom 9. 
September 1883 und unter möglichster Berücksich— 
agung der von den Bezirksvereinen Kitzingen und 
Augsburg geäußerten Wünsche an die drei Volks— 
ertreter aus Lehrerkreisen zur Vorlage an die 
dammer der Abgeordneten abgesendet. 
(Bayerischer Landtag.) Der staatliche 
zinszuschuß für die pfälz. Eisendahnen beträgt nach 
der Rechnung pro 1881 2,151,040 Mk. 78 Pfg 
und pro 1882 1,059, 457 Mkt. 90 Pfg. in Summe 
3210,498 Mtk. 68 Pfg., sohin im Durchschnittt 
1,605., 249 Mt. 34 Pfg. Diese Durchschnitisziffer 
wird mit Rücksicht auf die zu erwartende günstigere 
Hestaltung der Verkehrsverhältnisse der pfälz. Eisen— 
bahnen mit dem abgerundeten Betrage von 1.500. 000 
Vk. budgetirt. 
Berlin, 31. Oktober. Die Petersburger 
deutsche Zeitung hält die Gerüchte über den bevor⸗ 
tehenden Rücktritt des deutschen Botschafters von 
Schweinitz vom Petersburger Posten für unrichtig 
und meldet, derselbe kehre Anfangs Dezember zu⸗ 
rück und übernehme die Geschäfte wieder. 
(Pferdeaushebungsordnung.) Durch 
lainserlichhen Erlaß vom 4. v. M. ist auf Antrag 
et Minister des Innern, der Finanzen und des 
rieges eine Ergänzung und Aenderung der preuß⸗ 
schen Pferdeaushebungsordnung vom 12. Juni 
875 angeordnet worden. Um womöglich eine 
seichmäßige Abänderung der „dundessiaatlichen“ 
bferdeaushebungsordnungen herbeizuführen hat der 
riegsminister die Generalkommando's unterm 18. 
d. M. ersucht, den bundesstaatlichen Regierungen 
hres Korpsbezirks von den Veränderungen Mitthei— 
ung zu machen. 
Nochmals wird uns versichert, daß die sozial⸗ 
eformatorischen Arbeiten für den Reichstag in 
eder Richtung rüstig vorwärtsschreiten und daß es 
uicht an der Reichsregierung liegen wird, wenn 
er voraussichtlich im Februar zusammentretende 
Reichstag, die Angabe eines früheren Termins in 
herschiedenen Zeitungen ist wohl irrig, diesen Theil 
riner Aufgaben nicht rasch und unaufqehalten der 
Lösung zuführen sollle. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Nov. Heute wurden 
vir von einem Freunde ds. Blattes durch ein 
Sträußchen reifer, im, Freien gepflückter Erd—⸗ 
»eeren überrascht. Auf Allerheitigen gewiß eine 
eltene Erscheinung! 
— St. Ingbert. EEntscheidungüber 
Rie Polizeistunde.) Das Oberlandesgericht 
München hat jüngst zwei Erkenntnisse, betr. Polizei— 
tunde für geschlossene Vereine und Tanzmusikab— 
jaltung erlassen, welche von allgemeinem Interesse 
ind: 1) Am 11. September 1883 hat nämlich 
er Gerichtshof folgenden Grundsatz ausgesprochen: 
) Für die Frage, ob von einer geschlossenen Ge⸗ 
eslschaft eine Polizeistunde einzuhalten oder ob diese 
Besellschaft von der Polizeistunde gesetzlich befreit 
ist, ist der Thatumstand entscheidend, daß sie ein 
mit öffentlichen Wirthschaftsräumen nicht verbun—⸗ 
denes Gesellschaftslokal selbst besitze; wenn sie ihr 
dokal in einem Wirthshause hat, so ist die betreffende 
Besellschaft selbst dann an eine Polizeistunde gebunden, 
venn dieses Lokal von den öffentlichen Wirthschafts- 
äumen vollständig getrennt ist. Ein Gesellschafts- 
otal, welches im Hintergebäude eines Gasthauses 
st, befindet sich, da das Hintergebaude ein Bestand- 
heil des ganzen Gasthauses ist, in einem Wirths⸗ 
Jause. Bedeutungslos in Bezug auf die Polizei— 
tunde sind die Merkmale einer im Besitze eines 
jemietheten Lokals befindlichen, geschlossenen Gesell⸗ 
chaft, wie die selbstständige Bewirthung im Gesell⸗ 
chaftslokale, die Nichtberechtigung des Wirthes, über 
dieses Lokal zu verfügen, die Unzugänglichkeit des 
Lokals für das allgemeine Publikum. Ein Wirths⸗ 
»der Gasthaus dient zur Benützung für das allge— 
neine Publikum, ist also in allen seinen Theilen 
in öffentliches Lokal, und wenn eine geschlossene 
Besellschaft einen Theil desselben zur Benützung zu 
hrem Vergnügen für kurz oder lang miethet, so 
»enützt sie einen öffentlichen Vergnügungsort zu 
ihrem privaten Vergnügen. 2) Unterm 18. Sept. 
wurde ein Urtheil erlassen, welches unter Hinweis⸗ 
ung auf das in Verordnung vom 18. Juni 1882 
enthaltene Verbot der Ahhaltung öffentlicher Tanz⸗ 
musiken an den Freitagen ausspricht, daß der Vor⸗ 
teher eiages geselligen Vereins oder einer geschlosse⸗ 
ien Gesellschaft der Bestrafung nach Art. 35 des 
Zolizeistrafgesetzbuches unterliegt, wenn eine von 
»emselben für den betreffenden Verein oder die be⸗ 
reffende Gesellschaft an einem Donnerstag veran⸗ 
taltete Tanzmusik über die Mitternachtsstunde hin—⸗ 
nus, sohin bis in die erste Morgenstunde des Frei⸗ 
ags fortgesetzt wird. 
e. Ensheim, 31. Oktober. Der seitherige 
Zrivatgehilfe G. Wisinger in Ensheim erhielt 
Anweisung als interimistischer Verweser der kathol. 
Schule zu Alschbach. — Heute Vormittag zwischen 
1Lund 12 Uhr wurde hier ein 2liähriges Mädchen. 
Ausland. 
„Dagblad“, das leitende conservative Blatt 
Hollands, schlägt heute vor, Belgien, und Hol⸗ 
and sollen Schweden, Norwegen, Daänemark, Spanien 
und Portugal zur Bildung eines Bundes auf Grund⸗ 
sage von Recht und Freiheit einladen. 
Die Sozialisten Italiens gehen mit der 
dildesten Agitation gegen die Regierung und die 
Besellschaft dot. Der sozialistische Depuütirle Cofla