Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstazg, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs
Aau und Sonntagß mit S8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1 AM 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 73 4, einschließlich
dA Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr far die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 4, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 164, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet
3X 215. —— Sonntag, 4. November 1888. 13. Jahrg.
Für die Monate November und
ODezem ber nehmen die Postanstalten,
je Austräger und die Expedilion Beftell ungen
nuf dieses Blatt entgegen.
Politische Uebersicht.
Deulisches Neich.
Berlin, 1. Rov. Das österreichische
ztronprinzenpaartrifft hier am nächsten
Sonntag zu mehrtägigem Aufenthalte ein. Am
dienstag findet zu Ehren des Kronprinzen Rudolph
ine Parforcejagd im Grünwald statt. Der Kron⸗
xinz wird vorausfichtlich auch am 8. und 9. No—
mber an der Hofjagd in der. Schorfhaide theil—
ehmen.
Berlin, 1. Nov. Der Boischafter Fürrst
dohenlohe, der heute von seinen Besitzungen
zieder hier eingetroffen ist, beabsichtigt sich morgen
uf seinen Posten nach Paris zurück zu begeben.
Berlin, 2. Nov. Einer Feststellung de
veutschen statistischen Amts zufolge hat vom J.
Januar 1883 bis Ende September die Getreide⸗
dinfuhr nach Deutschland gegen die entsprechende
heriode des Vorjahres abgenommen, die Einfuhr
don Mais, Malz, Raps, Rübsaat, Bier, Wein,
Arrac, Rum und Franzbranntwein aber zugenom⸗
nen. Die Ausfuhr von Weizen, Roggen, Hafer,
dülsenfrüchten, Gerste, Buchweizen und Zuder ist
nerllich gestiegen, bei Weizen und Hafer um das
Doppelte; die Ausfuhr des Branniweins ist um
iber die Hälfte gesunken.
Berlin, 2. Nov. Der Reichsanzeiger schreibt:
die Rinderpest im Reichsgebiet ist als erloschen an⸗
—X
Danzig, 2. Nov. Die Danziger Zeitung
erichtet aus Dirschau über die Verhaftung einer
ich Piotrowsky uennenden Persönlichkeit, welche sich
eelbst beschuldigt, von russischen Nihilisten zur Aus⸗
iührung eines Attentats auf den Fürsten Bismarch
abgesandt zu sein. Bei der Vernehmung gab Pio—
trowski an, er sel russischer Schauspieler und von
den Nihilisten mit Reisemitteln versehen; seine Geld⸗
mittel seien ihm in Danzig gestohlen worden.
Ausland.
Paris, 1. Nov. Die Agence Havas bestätigt
ije Nachricht des Voltaire, daß der Rücktritt Chal -
emel⸗Lacours nahe bevorstehend sei. Ferry über⸗
immt eventuell das Portefeuille des Auswärtigen.
*Nach zweitägigen Debatten hat das Ministerium
getrh am Mittwoch von der französischen
deputirtenkammer ein glänzendes Vertrauensvotum
rhalten und somit seine Eristenz auf's Reue be⸗
eftigt. Mit 339 gegen 160 Stimmen drückte die
dammer dem Kadinet ihr Vertrauen in dessen
holitik, speziell was die Tonkinfrage anbelangt,
uus und diesen Erfolg hat das Ministerium haupt⸗
utlich der zundenden Rede des Miuisters des Aus.
värtigen, Herrn Challemel⸗Lacour, zu verdanken,
die er am Dienstag hielt. Mit allem Nachdruck
Mirat der Minister die Rechte Frankreichs gegenüber
hina und wußie überzeugend darzustellen, wie un—
innehmbar die Prätentionen China's seien; Frank—
rich, führte Challeinel -Lacour unter dem lebhaften
beifall der gemaßiglen Republikaner aus, sei jeden
lugenblick bereit, die Unterhandlungen mit China
vdieder aufzunehmen, inzwischen werde aber die
ranzösische Regierung, unbekümmert um Cbina.
mit aller Energie, wenn auch in den stets innege⸗
zaltenen Grenzen die Tonkin-Expedition fortsetzen
und zu Ende führen. Auch die Ausführungen
velche der Ministerpräsident Ferry am Mittwoch
iber die Tonkinfrage machte, fanden den entschie—
denen Beifall der Kammer-Majorität; aus ihnen
ist besonders hervorzuheben; daß Herr Ferry nichit
an eine Kriegserklärung Seitens China's glaubt,
zugleich aber versichert, daß auch die französische
Regierung nicht darau denke, China den Krieg
zu erklären. *
London, 1. Nobp. Den „Times“ wird aus
Khartum gemeldet: Araber brachten gestern die
Nachricht, welche später durch zwei Soldaten von
Donaim bestätigt wurde, daß 25 -30,000 Araber
die ägyptischen Truppen unter Hicks Pascha am
Zhore Nil, einem von El Obeid drei Meilen ent⸗
fernten Flüßchen, angegriffen haben. Die Araber
wurden geschlagen, flohen und ließen 8000 Todte,
sowie ihre ganze Bagage nebst den Weibern und
Lastthierer. zurück. General Hicks verfolgte die
Araher bis Melbas, wo ihn der Mahdi selbst, wel⸗
cher die Flüchtigen zum Stehen gebracht hatte, mit
diesem und seiner Leibwache von 2000 Mann Ca—
odalerie angegriffen. Die Araber wurden auf's neue
geschlagen und flohen nach Obeid, welches sammt
der Regierungskasse in die Hände des Generals
Hicks gefallen ist. Die Aegypter erlitten keine Ver—
luste, und der Mahdi soll von der ihn verfolgenden
eichten Cayaleri⸗ niedergemacht worden sein.
——
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, B. Nov. Ju der letzten
Strafkammersitzung des kgl. Landgerichts Zwei⸗
brücken wurden die beiden Schwestern Katharina
und Elisabetha St. von hier, welche durch Urtheil
des Schöffengerichts St. Ingbert wegen einfacher
Körperverletzung zu einer Geldstrafe von je 10 Mtk.
berurtheilt waren, auf eingelegte Berufung hin
inter Ueberbürdung der Kosten auf die Staaiskasse,
als nicht hinlänglich überführt, freigesprochen.
— Speyer, J1. Nov. In das Priester⸗Se⸗
ninar dahier wurden pro 1883/84 18 Candidaten
der Theologie als Alumnen aufgenommen, nämlich:
Bold Reinhard, don Hermersberg. Gleßgen Karl
»on Fischbach. Grenß Nikolaus, von Ensheim
dörner Georg, von Herxheim. Junker Johann
»on Neustadt. Just Heinrich, von St. Ingbert.
dast Chr., von Edenkoben. Kolb Ludwig, von
Neustadt. Kuntz Audr., von Kapsweyer. Laur
Jakob, von Eschbach. Lebon Jak., von Kirrberg
Ritter Friedrich, von Lingenfeld. Schäfer Johann
»on Heßheim. Schwarz Rudolph, von Niederwürzbach.
Arschel Jakob, von Kottweiler. Warken Jakob, von
„t. Ingoert. Weber Franz, von Landstuhl. Zwich
heinrich, von Neustadt.
— In Ludwigshafen hat der Buchhalter
der Auswanderungsagentur Heckel mit etwa 2480
Mark und verschiedenen Papferen für Auswander⸗
ungszwecke das Weite gesucht. Es ist anzunehmen,
daß er den Weg über das Meer antreten will, was
hm jedoch schwerlich gelingen dürfte, da seine
Flucht für diesen Fall rasch entdeckt wurde.
— Ueber den Ausfall der 1883er Trauben⸗
ese wird der „K. Z.“ bezüglich der Pfalz geschrieben:
Die Pfalz hat die Lese größtentheils beendet. Wenn—
gleich das Quantum weit größer ist, als erwariet
wurde, und fast N4 einer vollen Ernte betfrägt, so
isst man doch nicht ganz zufrieden, da die Qualität
nfolge des Eintritts der Traubenfänle und der da—
zurch bedingten Frühlese nicht überall nach Wunsch
ausgefallen ist. Am oberen Gebirge betrug das
Mostgewicht 65 bis 80 pCt. Oechsle, an der Haardt
dagegen 72 bis 102 pCt. und einzelne Auslesen
haben einen noch höheren Zuckergehalt. Die Säuere
ichwankt zwischen 6.5 imd 11,0 pro Mille. Wenn⸗
gleich der Traubenverkauf zauch weniger belangreich
zewesen als erwartet wurde, so war derselbe doch
immerhin von Bedeutung. Es war dabei jedoch
oon keinem flotten Zugreifen die Rede, was auf
die Traubenpreise so ungünstig einwirkte, daß solche
bis zu 25 pCt. janken. Am oberen Gebirg stellten
sich die Preise zwischen 7 und 14 Mtk. per Hotte
von 40 Liter, und es sind dort große Mostquanti⸗
täten in Preislagen von 270 bis 300 Mt. ver⸗
käuflich; an der Haardt gingen jedoch die Preise
für gemaischte Trauben bis zua27 Mt. für 40
Liter hinauf. Von dem billigen Gebirgsmost er⸗
wartet man einen angenehmen Tischwein, der sich
dem 1878er ebenbürtig erweisen soll.
—
Vermischtes8s.
Am vergangenen Freitag endete an der Uni⸗
versität München die theoretische Prüfung für
den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst. Es
waren zu derselben 78 Kandidaten zugelassen, 6
fraten zurück; von den verbleibenden 72 bestanden
19 die Prüfung, während 23 durchfielen.
F Aus Saarbrücken wird berichtet: Der
auf der Mitte des hies. Exerzierplatzes bdefindliche
Lulustein mit der Gedenktafel „Lulu's erstes Debüt
1870“, das Gedenkzeichen, daß der damals noch
tleine Prinz Louis Napoleon an dieser Stelle am
2. August mit der größten Ruhe und Kaltblütig⸗
keit den ersten Kanonenschuß gegen die im Abzuge
hegriffenen preußischen Truppen (40. Regiment)
abgefeuert und im nächsten Augenblick eine vor ihm
niederfallende ermattete preußische Flintenkugel auf⸗
ehoben hat, wobei natürlich sämmtliche französische
OAffiziere und Soldaten, die Zeuge dieses Helden⸗
tückes waren in Thränen der Rührung ausge—⸗
zrochen sein sollen, wird in Folge der Witterungs⸗
inflüsse, sowie dadurch, daß die den Gedenkstein
hbesuchenden Fremden sich zum billigen Andenken
einzelne Stücke von demselben abbrechen, immer
leiner⸗ und unansehnlicher. Derselbe ist für die der
hetreffenden Stelle Unkundigen kaum mehr auffind⸗
har. Diesert Stein ist übrigens schon der zweite;
der erste verschwand unter demselben Schicksal.
F Forbach, 1. Nov.“ Zur Warnung möge
folgender Fall der Verletzung des Briefgeheimnisses
dienen: Die Dienstmagd Maria Nau von hier hatte
nus Neugierde einen an eine ihrer „guten“, Freund⸗
innen gerichteten Brief erbrochen und auch gelesen.
Dafür stand sie verflossenen Samstag vor dem hie—⸗
igen Schöffengerichte und wird nun ihre Neugierde
nit einer 14kägigen Gefängnißstrafe zu büßen haben.
F Die hessische Ludwigsbahn in Mainz gibt
ekannt, daß vom 1. November ab im Vekehr
wischen Stationen der hessischen Bahnen einerseits
ind der pfälzischen Bahnen andererseits eine be—⸗
chleunigte Beförderung für Güter, welche bei den
Bepäck Expeditionen als Expreßgüterraufgegeben, wer⸗
den, zur Einführung kommt. Zur Beförderung als
Expreßgut werden Gegenstände jeder Art übernom⸗
men, sofern sie nicht a) unter die postzwangspflich⸗
tigen Gegenstände, wohin auch briefliche Mittheil⸗
ungen mit Ausnahme von unverschlossenen Briefen,
Fakturen, Preiskouranten, Rechnungen und ähn—
ichen Schriftstücken, welche den Inhalt des Packets
etreffen, gehören und unter die in 8 48 des Be⸗
iehsreglements für die Fisenhahnen Dentschkändé