Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
der „St. Inugberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlih 1 60 A einschließlich Traͤgerlohn; durch die Post bezogen 1 75 A, einschlicklich
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A⸗ 217. Dienstag, 6. November 1883.
Politische Uebersicht.
Deuisches Reich.
alls Frieden halten, aber durch seine gesteigerte
Allianzfähigkeit weit mehr in die Versuchung zu
nuswärtigen Abenteuern gerathen würde, will der
canzler nicht die Hand bieten.
Ueber den Aufstand in Port⸗au⸗
Prince, der Haupistadt der Neger- und Mulatten⸗
stepublik Hayti, liegt in Londoner Zeitungen ein
»om 10. Okiober datirter Bericht vor, dem wir
Folgendes entnehmen: Die revolutionäre Bewegung
hrach am 22. September, 11 Uhr Morgens, aus.
die Ursache derselben war ein Versuch seitens der
Zehörden, einige junge Männer zu verhaften, welche
als Gegner der Partei des Präsidenten Salomon
zekannt waren. Die Insurgenten griffen zunächst
»as Haus des Generals des Distrikts an und schossen
letzteren todt, nachdem seine Leibwache in die Flucht
geschlagen worden. Sämmiliche Truppen zogen sich
aAlsdann auf den außerhalb der Stadt gelegenen
Palast des Präsidenten zurück. Die Auffständischen
zogen mit dem Rufe: „Es lebe die Revolution“
durch die Straßen und feuerten auf Alle, die sie für
hre Gegner hielten. Nach dem ersten Alarm wurden
uile Läden und Comptoirs geschlossen, und die
Straßen waren von dem friedfertigen Theile der
Bevölkerung bald verlassen. Gegen 8 Uhr Nach—
nittags hatte Präsident Salomon seine Truppen
um seinen Palast herum concentrirt und begann
Amählig die Herrschaft über die Stadt wieder zu
erlangen. Binnen drei Stunden waren die Insur⸗
zenten zersprengt und suchten eine Zuflucht auf den
erschiedenen Consuldaten. Um diese Zeit lief das
zritische Kriegsschiff , Fantome“ auf der Rhede ein
von Jeremie zurückkehrend, wohin es gegangen war
um die dortigen britischen Unterthanen zu schützen.
Ehe es Anker warf, steckten die Regierungstruppen
die Stadt in verschiedenen Theilen in Brand und
bdegannen zu plündern. Mehrere Häͤuser in der
Nähe des britischen Consulats standen bdald in Flam⸗
nen, und der Consul war genöthigt, sein Archiv
in dem feuerfesten Erdgeschoß in Sicherheit zu
hringen, da zu erwarten stand, daß das Consulat
in Brand gerathen würde. Ta überdies Drohungen
ausgestoßen worden waren, dasselbe niederzubrennen,
bat der Consul den Commandore Grey, Mannschaften
zum Schutze des Consulats zu landen, und es
vpurden 34 Seeleute und Seesoldaten unter der Führ⸗
ing dreier Offiziere Gestade aus gesandt. Beinahe
hundert Frauen und Kinder, einige darunter ver—
vundet, hatten ein Asyl im Konsulat gesucht. Am
nächsten Morgen, als das Brennen, Morden und
ßlündern fortgesetzt wurde und keine hellfarbige
herson ihres Lebens sicher war, kommandirte der
Zefehlshaber des „Fantome“ einen Lieutenant und
wolf Seesoldaten zur Bewachung der Privatwoh—⸗
aung des Konsuls. Der aus dem Abschaum der
Bevoͤlkerung zusammengesetzte Pobel und die Re—
zierungstruppen bedienten sich eines Feldgeschützes
ur Aufsprengung der Thüren und der Waaren⸗
peicher. Sie überluden das Geschütz, worauf es
arst, wodurch eine Menge Leute getödtet wurden.
Die Waarenspeicher wurden dann mit Petroleum
hesprengt und angezündet. Als am 23. Nachmit—
ags die Regierung keinen Versuch machte, die Ord—
aung wieder herzustellen, ließen die Konsuln dem
— DD0——
kinbruch der Nacht kein Ziel gesetzt werde, die
Ztraßen durch Gatlingskanonen der Kriegsschiffe ge—
äubert und fein Palast bombardirt werden würde.
Der Präsident ergriff daraufhin Maßregeln zur
Wiederherstellung der Ordnung und die Stadt wurde
ald wieder ruhiag.“
Dem bayr. Landtag soll, wie der Sp. 3.
emeldet wird nach Neujahr ein Nachtragspostulat
m Budget von der Regierung vorgelegt werden.
Mit demselben werden 600,000 Mk. für die Damm⸗
zauten in Bamberg und weitere Beiträge für die
dammbauten in der Pfalz verlangt.
Berlin, 5. Nov. Das österreichische Kron⸗
Ixmzenpaar ist gestern Abend um 9 Uhr 37 Min.
—V
een am Bahnhofe empfangen, herzlichst begrüßt und
n's Schloß begleitet, woselbst Begrüßung durch die
brinzessinen Statt fand.
Berlin, 5. Nov. Zu Ehren des österreich⸗
chen Kronprinzenpaares findet heute Nachmittag
jei dem Kaiser großes Galadiner statt, zu welchem
zie Mitglieder des königlichen Hauses, die obersten
dofchargen, alle Minister, die Generalität und der
ßertreter des öͤsterr. Botschafters Einladungen erhielten.
Der Kaiser hat sich über die Frankfurter
dynamiterplosion ausführlich Bericht erstatten
assen. Der Vorfall soll auf den Monarchen den
iefsten Eindruck gemacht haben, denn nach den
Finzelheiten des Vorganges ist man in den leiten⸗
den Kreisen nicht mehr darüber im Zweifel, daß
er Ursprung desselben in der neuerdings wieder
ntensiver hervortretenden sozialistischen Bewegung
u suchen ist. Ob es gelingen wird, die Thäter
zu ermitteln, wird sehr stark angezweifelt, obwohl
man allgemein der Ansicht ist, daß man es nicht
nit der That einer einzelnen Person, sondern mit
inem Komplott zu thun hat, wenn auch die Aus—
ührung des Bubenstückes den geschickten Händen
eines Einzelnen anvertraut gewesen sein mag. Der
Minister des Inneren soll, nach einer Meldung der
„Dresdener Zeitung“, angeordnet haben, daß die
jon dem Polizeipräsidium zu Frankfurt a. M. für
die Ermittelung der Thäter ausgesetzte Geldprämie
epent. bis auf 15,000 Mk. erhöht wird.
Ausland.
Aus diplomatischen Kreisen erführt man von
ner lebhaften Bewegung, welche die Orleans
n jüngster Zeit an europäischen Höfen zu
hunsten ihrer Aspirationen auf die Herrschaft Frank⸗
eichs zu inszeniren verstanden haben. Mittelsper⸗
onen des Grafen von Paris haben in der Wiener
hofburg in München und in Brüssel vertraulich
tudirt, wie sich die Monarchen und Kabinete dieser
ind befreundeter Mächte zu der Frage einer fran—
ösischen royalistischen Umwälzung siellen würden,
sobald dieselbe akut werden sollte. Symptome, die
ncht zu übersehen find, lassen es so gut wie gewiß
exscheinen, daß bei jenen Anfragen die Absicht im
Hintergrunde stand, auf indirektem Wege die Mein—
ing des Fürsten Bismarck zu ersorschen. Man
ennt die mancherlei Kanäle, durch welche eine solche
kommunikation in einer Weise, die Niemanden en—
jagirt, hergestellt werden kann. Mit dem Ergebniß
hter Bemuͤhungen werden die Orleans indessen
aicht sonderlich zufrieden sein können. Von den
meisten Höfen dürften sie eine dilatorische Auskunft
ehalten haben; die Aufnahme, welche ihre Versuche
u Berlin gefunden, kann als eine unumwunden
iblehnende bezeichnet werden. Es ist ein unerschüt⸗
etlicher Grundsatz der deutschen Politik, der Repub⸗
it als einer Bürgschaft des Friedens wider Willen
se thunlichste moralische Unterstützung angedeihen
uu lassen. Zu Experimenten mit einem monarchisch
reqierten Frankreich, welches möalicher Weise aleich—
18. Jahrg.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 6. Nob. Heute Morgen
gegen 3 Uhr ertränkte sich im Müthlbache hinter
dem Hause ihrer Dienstherrschaft die 19 Jahre alte,
ledige Dienimagd Magdalena Uhll von hier.
Fine Neckerei des Geliebten, der in den nächsten
Tagen zum Militär einrücken muß, soll das sonst
brabe und fleißige Mädchen zu dem verhängniß-
bollen Schritte getrieben haben.
*.St. Ingbert, 6. Nov. Die Feier
des 200jährigen Geburtstages Dr.
Martin Luthers wird in der hiesigen prote⸗
stantischen Gemeinde nach folgendem Programme
dor sich gehen: Am Samstag Abend Festgeläute,
um 7 Uhr musikalische Feier in der Kirche mit
einer Ansprache und dem Verlesen von Bibel⸗
lektionen, am Sonntag Vormittag Festgottesdienst, am
Nachmittag Festfeier für die Schüler in der Kirche
mit Vertheilung von Lutherbiographien und Luther-
bildern.
* St. Ingbert, 6. Nov. Wie wir hören,
vurde die schon seit einiger Zeit von den Herrn
Gebr. Braum gemiethete Lauer'sche Gerberei unter⸗
halb des Bahndammes von den genannten Herren
durch Kauf zum die Summe von 9000 Mark
zu Eigenthum erworben. Die neuen Befsitzer lassen
nun das Geschäft, in dem sie eine Roßhautgerberei
betreiben, durch einen bereits in Angriff genommenen
Neubau bedeutend erweitern.
* St. Ingbert, 6. Nov. Vom kgl. Berg⸗
amte dahier wird die Oellieferung pro 1884
mit 30,000 kg. Rüböl für die Grube St. Ingbert
und 6000 kg. Rübol für die Grube Mittelbexbach
auf dem Submissionswege vergeben. Diesbezügliche
Dfferten sind bis zum 15. ds. Mts., Nachmittags
2 Uhr, bei der genannten Behörde einzureichen. —
Wir haben unlängst in einem größeren Artikel auf
die Vortheile der von S. Excellenz dem kgl. Re—
gierungspräsidenten v. Braun ins Leben gerufe—
nen Pfälzischen Aussteuer-Anstalt auf-
nerksam gemacht. In Ergänzung des bereits Ge⸗
sagten in diesem Betreffe bemerken wir noch, daß
ür die hiesige Sladt Herr Steuereinnehmer Acker
nit der Vertretung der genannten Anstalt betraut ist.
—* In einer am Samstag stattgehabten General⸗
Versammlung des Gewerbevereins Kaisers—
lautern wurde nach Besprechung der für unseren
Bewerbestand so äußerst wichtigen Frage des Offi⸗—
ziers-⸗Konfumvereins folgende Resolution
angenommen: Der Gewerbeverein Kaiserslautern
mißbilligt entschieden eine Zentralisation wie sie in
dem geplanten deutschen Offiziers Konsumverein ent⸗
halten ist; wenn er auch für das Recht der freien
Assoziation und der Gewerbe⸗Freiheit eintritt, so
wünscht er doch, die Errichtung eines solchen
Mililär⸗Konsumvereins möchte im Interesse der Ge—
werbetreibenden und der Eintracht zwischen Militär⸗
und Bürgerstand unterbleiben.“
— Am verwichenen Samstage war eine Ver—
ammlung der Pfalzischen Geschäftsagenten nach
daiserslautern berufen worden. Auf der
Tagesordnung stand: welche Stellung nehmen die
Bfälzischen Geschäftsagenten gegen die nene Ge—
verbeordnung, insondernheit gegen den Art. 35 der
Bewerbeordnung. Die sehr zahlreich erschienenen
dollegen zeigten alle ein gleiches lebhaftes Interesse,
heseeli von dem Wunsche, ie Ehre und das An—
ehen des in der Pfalz ingebürgerten, beliebten
ind bis zur Stunde sehr bewährten Instituts der
Pfälzischen Geschäftsagenten fördern zu helfen, und
Nergisch dahin zu wirken, daß jedes unlautre