Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Inghertfer Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 225. Sonntag, 18. November 1883. 18. Jahrg. 
ifi es kaum in Einklang zu bringen, daß sie es nicht 
Volitische Uebersicht. mpfinden, wie sie ihr wirthschaftliches Leben durch 
Deutsches Reich. hre eigene Presse und die fortwährenden Kriegs— 
München, 16. Now. Fürst Hohenlohe lehnte setzereien ruiniren. In jedeu Lande, welches uͤn⸗ 
vie Reichstagscandidatur für den Wahlkreis Forche interbrochen in der Sorge vor einem' demnächst 
reim⸗Kulmbach ab. usbrechenden Kriege sich befindet, geht das Ver⸗ 
München, 16. Nov. Die Reichrathskammer rauen auf den Kredit und die Lust zu Unterneh— 
jenehmigte den außerordentlichen Militärcredit von nungen nothoendig verloren. Frankreichs wirth— 
iner Million gemäß dem Beschluße des Abgeorde chafiliches Leben wird durch die französische Hetz⸗ 
iefenhauses. zresse zerstörn. Diese ist es, welche die ganze Be— 
Der Abg. v. Crämer, hat als Referent über hölkerung in steier Sorge für einen nahe bevor— 
eu Malzaufschlag den Betrag von 8132 Mill. ehenden Krieg erhält und dadurch alles erforderliche 
Mark vorbehaltlich der Verbescheidung der eingelau- eißstet, um jedes Geschäft und jedes Unternehmen 
enen Petitionen wieder beantragt. Der Branntwein-⸗ n Frankreich lahm zu legen. 
rufschlag beträgt budgetgemäß 2,850,000 Mk. und Ausland. 
die Uebergangssteuer von eingeführtem Branntwein In Punta Arenas, einer chilenischen Kolonie 
200,000 Mk. Da die Obst⸗ und Kartoffelernte im nn der Magelhaensftraße, sind eimge zwanzig 
jahre 1883 sich gegen das Vorjahr günstigen gee zeutsche Malroßfen des deutschen sriegeschiffen 
altet hat so ist der Referent geneigt, noch einn Molike⸗ die an's Land gegaugen waren von 
wͤheren Ansatz in Vorschlag zu bringen. — Der er dortigen internationalen vevölk erung überfallen 
Intheil am Ertrage der Zölle und der Tabaksteuer ind, da die Matrosen meist ohne Waffen und zer- 
t, ach dem Reichsgesetze vom 15. Juli 1879 auf reut waren, arg mißhandelt worden. Ein Heizer 
3800, 000 Mt. festgesetzt. Der Referent dagegen Zurde erschlagen, ein Matrose starb am anderen 
rachtet es als voll kommen zulässig, den vollen Be⸗ tag an seinen Wunden. Eine Anzahl der über— 
rag der Quote, wie er fich nach den Erläuterungen Ilenen Matrosen wurde in das dortige Gefängnis 
»erechnet, in das Budget einzusetzen, und heantragt estectt und die Herausgabe derselben verweigert. 
ꝛaher eine Erhöhung der Summe um 87,000 Mi. die dem „B. T.* geschrieben wird, gelang es ersi 
Der kgl. Staatsminister der Finanzen hat einn em Kommandanien des Schiffes, der in Begleitung 
hesetzentwurf, den Malzaufschlag und die probisoe „on Bewaffneten in die Stadt ging, die Arretirten 
ische Erhebung der Steuern für das Jahr 1884 Teizumachen und an Vord zu dringen. Die ganze 
etr. in Vorlage gebracht. Zache soll von einem Franzosen in Gang gesetzt 
Berlin, 16. Nov. Anläßlich der Reise des ein, der die Einwohnerschaft aufgehetzt hat. Sobaid 
dronprinzen nach Spanien hatte der Pariser National der Vorfall diplomatisch erledigt ist, sollen die Einzel⸗ 
on dem unüberschreitbaren Abgrunde zwischen den eiten veröffentlicht werden. 
dynastien und Völkern gesprochen, welchen die 
Souveräne selbst und zwar dadurch gegraben, daß 
ie sich der deutschen Politik nicht feindlich gegen⸗ 
ibergestellt haben. Die Nordd. Allg. Zig. glaubt, 
wußerhalb Frankreichs werde das schwerlich Jemand 
jlauben; dagegen würde die Norddeutsche nicht 
vidersprechen, wenn der National von dem Ab⸗ 
zrunde spräche, welche die französische Hetzpresse 
wischen den Dynastien Europas und dem franzoͤ⸗ 
ischen Volke gegraben hat. 
Der bereits im Auszuge mitgetheilte Artikel der 
dordd. Allg. Ztg. hat folgenden Wortlaut: Die 
canzösischen Blätter haben sich seit Jahren die 
lufgabe gestellt, unermüdlich nach neuem Material 
suchen, um dem Deutschenhaß in Frankreich 
rische Nahrung zuzuführen. Nachdem die alten 
awahrheiten von deutschen Grausamkeiten während 
es Krieges nicht mehr Anklang fanden, so daß 
»gar die von einem „Augenzeugen“ mit vielen 
ramatischen Details erzählte Niederäscherung des 
zalastes von St. Cloud in Frankreich selbst für 
nwahr erkannt wurde. Nachdem auch die „deut⸗ 
hen Spione“, die als Kellner, Photographen, 
andlungscommis ⁊c. ihr Wesen treiben sollten, sich 
ner nach dem anderen als Gebilde bödartiger Ein— 
ildungskraft entpuppt hatten, versuchen es die 
rauvinistischen Zeitungen jetzt mit einem Aufruf 
n die in der ganzen Welt und auch in Frankreich 
ark grassirende Sucht nach Geldgewinn, indem sie 
)eutschland für den wirthschaftlichen Rückgang ver— 
utwortlich machen, über den die französische In—⸗ 
ustrie seit Jahr und Tag Klage erhebt. Daß dies 
läubige Ohren findet, ist nicht zu verwundern. 
die großen Massen sind immer gern bereit, Anderen 
ie Schuld für die von ihnen selbst begangenen 
Fehler aufzubürden. Aber mit der sonst mit Recht 
lerühmten politischen Intelligenz der Franzosen ist 
2 
F Worms, 14. Novb. Die deutsche Kron⸗ 
drinzessin mit Gefolge verweilte gestern hier und 
zesichtigte in Begleitung des Rittmeisters Heyl die 
siesigen Sehenswürdigkeiten. 
FFrankfurt, 13. Nov. In einem Cafe 
ver Zeil spielten gestern zwei Herren Billard. Durch 
inen ungeschickten Stoß flog eine Kugel aus dem 
Spiel und traf den Mund des einen Herrn mit 
olcher Wucht, daß letzterer 5 Zähne einbüßte. 
F Ger verlorene Sohn.) Ans Mül— 
jeima.Rh. wird berichtet: Ein 12jähriger Knabe 
vard im Jahre 1878 von seinem damals in einem 
iahen bergischen Orte wohnenden Vater mit zirka 
300 Mark Geld hierhergeschickt, um damit eine 
technung zu begleichen. Zu seiner Reise von 2 
A 
Fahre gebraucht, kürzlich kehrte der verlorene Sohn 
ils 17jähriger Jüngling reuig in die Arme seines 
Vaters zurück. Er war inzwischen Schiffsjunge und 
Natrose gewesen und hat einen großen Theil der 
Welt gesehen. Endlich sehnte er sich wieder nach— 
jause zurück, brachte aber auch die mitgenommene 
⸗umme getreulich wieder heim. 
fF(Aus der Schweiz.) Auf der Vasfabrik 
ꝛes Züricher Vorortes Riesbach hat sich ein schwerer 
Unglücksfall zugetragen. Der Gasmeister war in 
inen Keller gegangen, der den Haupthahn der 
Rohrleituug enthält und blieb auffallend lange 
inten. Ein Arbeiter, der nach ihm sehen wollie, 
am ebenfalls nicht zurück. Nun schickten sich zwei 
veitere Arbeiter an, in den Keller hinabzusteigen, 
ind zwar unter Mitnahme von Licht und ohne 
Anwendung irgend einer Vorsichtsmaßregel. Eine 
olötzliche Entzündung ausgeströmter Gase war die 
Folge, und in dem Keller stand alles in Flammen. 
kin beherzter fünfter Mann wagte sich dennoch 
sinein und diesem gelang es, die beiden Letzthinab⸗ 
gestiegenen lebend, weun auch mit schweren Brand⸗ 
vunden bedeckt, herauszubringen. Der Gasmeister 
ind der Arbeiter, welcher ihm zunächst gefolgt war, 
onnten aber erst nach vollständiger Löschung des 
Feuers als Leichen herausgeholt werden. 
— Der angebliche Enkel Ludwigs XVI., der 
Schuhmacher Naundorf, ist in voriger Woche in 
der holländischen Stad Breda gestorben. Der so⸗ 
jenannte „Prinz von Bourbon“ soll sein Leben 
n äußerster Dürftigkeit beschlossen haben, so daß 
ein Begräbniß auf Gemeindekosten bewirkt werden 
nußte. Wie man sich erinnert, hat er seine An⸗ 
prüche vor längerer Zeit bei den französischen Ge⸗ 
ichten geltend zu machen gesucht, selbstverständlich 
hne irgend einen Erfolg zu erzielen. Dann wurde 
ein Name wiederum bei Gelegenheit des Abbruches 
er Tuilerientrümmer genannt. Der Verstorbene 
ollte der französischen Regierung die Anzeige ge— 
nacht haben, daß in irgend einem Winkel ein 
kästchen mit höchst werthvollen Juwelen und Familien⸗ 
hapieren verborgen sei, welches in der großen Revo⸗ 
ution von der Umgebung Ludwigs XV. dort vergraben 
vorden sei. Der Prätendent erbot sich, die Juwelen, 
ie er als sein Eigenthum bezeichnete, der franzö— 
ischen Regierung zu überlassen, wofern man ihm 
jur die gedachten Dokumente, durch welche seine 
Ubstammung von den Bourbons in authentischer 
Weise bewiesen werden sollte, ausliefere. Ueher den 
ßerlauf dieser Angelegenheit hat man niemals etwas 
däheres gehört, so daß man wohl annehmen darf, 
ie französische Regierung sei, das Ganze als Humbug 
etrachtend, den Nauendorf'schen Anerbietungen gar 
nicht näher getreten. Der angebliche Sohn Ludwigs 
XIV. hinterläßt drei Söhne und eine Tochter.