Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Iungherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiter“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LM 78 H, einschließlich 
0 HZustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die A4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Exvedition Auskunft ertheilt, 136, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 231. Montag, 26. November 1883. 
18. Jahrg 
Für den Monat Dezember nehmen 
die Postanstalten, die Austrä— 
er und die Expedition Bestellungen auf 
iieses Blatt entgegen. 
Organisation enthalten, in welcher das Prinzip der 
Selbstherrschaft gewahrt, jedoch auch hervorragenden 
rräften als Volksvertretern die Moöͤglichkeit gegeben 
wird, vermittelnd zwischen Volk und Krone und 
als Berather der Regierung in einer noch festzu⸗ 
tellenden Form zu wirken, und damit dem allge⸗ 
meinen Verlangen des russichen Volkes gerecht zu 
verden. 
Madrid, 24. Novb. Bei der gestrigen Vor—⸗ 
kellung der Oper erhoben sich in dem Momente, 
ils der Kronprinz in Begleitung des spanischen 
königspaares die Loge betrat und die preußische 
Nationalhymne gespielt wurde, sämmtliche Zuschauer 
mier begeisterten Beisallsrufen. Gegenwärtig rücken 
zie Truppen zu der großen Heerschau aus; die 
Front wird vier Kilometer umfassen. Der König 
ind der Kronprinz mit dem Generalstabe und 
zlänzendem Gefolge werden um 1 Uhr das Palais 
erlassen. Während der Revue wird von sämmt⸗— 
ichen Kapellen die preußische Hymne gespielt werden. 
das Weiter ist praͤchtig. 
Madrid, 24. Nov. Bei der heutigen Truppen⸗ 
chhau, welche zur festgesetzten Stunde begann, trug 
her deutsche Kronprinz Kürassieruniform, das Gol⸗ 
dene Vließ und den Schwarzen Adlerorden; König 
Alphons trug Generalcapitänsuniform und den 
S„chwarzen Adlerorden. Die Suite bildeten zahl⸗ 
reiche Generalstabsoffiziere und die Militär⸗Attaches 
der fremden Mächte. Der König mit dem Kron—⸗ 
drinzen ritten langsam die Front ab und nahmen 
dann Aufstellung dor den Tribünen, worin die 
onigliche Familie, die Minister, die Senatoren und 
die Deputirten saßen und ließen die Truppen, 
15,000 Mann, defiliren. Der Vorbeimarsch dauerte 
'ast zwei Stunden. Der Kronprinz sprach seine 
roslle Anerkennung über die vorzügliche Haltung 
der Truppen aus und interessirte sich besonders für 
zie Gebirgsartillerie. Im Laufe des Vormittags 
zatte der Kronprinz das Gemäldemuseum besucht. 
hʒeute Abend findet zu Ehren des Kronprinzen ein 
zankett von 130 Gedecken im könial. Palais statt. 
wieder Gelegenheit geboten wird, die langen Winter 
abende auf angenehme Weise zu verbringen. Frau 
Theaterdirektor Schroth wird nämlich, wie im 
„Anz.“ bereits kurz erwähnt, mit einem aus lauter 
juten Kräften bestehenden, zahlreichen Schauspieler⸗ 
Zersonal hier eintreffen und schon Freitag, den 
20. mit den Vorstellungen beginnen. Zur Auf—⸗ 
jührung kommt bei dieser Gelegenheit die an allen 
Bühnen Deutschlands mit großem Erfolge gegebene 
Rovität von G. v. Moser Unsere Frauen.“ 
Es wird überhaupt, wie wir das ja gewohnt sind, 
die Aufgabe der Direktion sein, nuͤr das Beste aus 
unserer Bühnenliteratur zur Aufführung zu bringen. 
Daß St. Ingberts Einwohner, dieses löbliche 
Streben der Frau Direktor Schroth anerkennen, 
bewies der stets zahlreiche Besuch der Vorstellungen 
dei ihrer früheren Anwesenheit. Möge auch dieses 
Mal das Publikum Frau Schrofh und ihrer 
Besellschaft dasselbe freundliche Entgegenkommen 
X 
B. Ensheim, 25. Nov. Gestern feierte da⸗ 
hier Herr Lehrer Ast sein 50jähriges Dien stju— 
pilädum. Die nächsten Vorgesetzten desselben, die 
jenachbarten Lehrer, sowie die Vertreter der Gemeinde 
ensheim hatten sich im Saale der Adt'schen Wirth⸗ 
haft zahlreich versammelt, um das so seltene Er⸗ 
igniß festlich zu begehen. Herr Bürgermeister Adt 
prach dem noch rüstigen Jubilar im Namen der 
Bemeinde, in der er seine 50jährige Dienstzeit fast 
ausschließlich verbracht und in der er während dieses 
Jeitraums erfolgreich gewirkt hatte, den wärmfien 
Dank aus. Herr Rummel überreichte ihm im 
Namen seiner Collegen eine goldene Uhr mit dem 
Wunsche, dieselbe möge ihm noch viele vergnügte 
Stunden anzeigen; die Gemeinde übergab ihrem 
dehrer als Zeichen der Erkenntlichkeit einen hübjchen 
Zessel. Zur Erhöhung der gemüthlichen Festst immung 
rugen mehrere, hauptsachlich von den jüngern Lehrern 
vorgetragene Lieder bei, sowie einige gut ausgeführte 
Musikstücke der von Herrn Rummel dirigierten Enß⸗ 
eimer Kapelle. — Moͤgen die Nachklänge der schönen 
Feier dem Jubilar noch recht lange in angenehmer 
krinnerung bleiben 
— In der Sitzung des Finanzausschus⸗ 
es der Abgeordnetenkammer vom 22. November 
purde der Zuschuß für das Gewerbemuseum 
daiserslautern um 1250 Mtk. erhöht und 
veträgt nunmehr 6280 Mk. 
—Von Annweiler wird die wahrscheinlich 
evorstehende Aufhebung der dortigen Lateinschule 
gemeldet. 
— Was eine Nähnadel anrichten 
kann, konstatirt folgender traurige Fall, der von 
ẽschbach gemeldet wird. Dort trat vor 5 Wochen 
ine Frau in eine Nähnadel; der Fuß entzündete 
ich rasch, so daß ärztliche Hilfe in Anspruch ge⸗ 
iommen werden mußte. Trot aller moöglichen 
Mittel von Seite des Arztes mußte der so schwer 
deidenden der Fuß abgenommen werden. 
— In Kirchbeimbolanden wurde bei 
Schneidermeister Meyer durch den Polizeiadjunkten 
in Begleitung des Gendarmeriewachtmeisters nach 
sozialistischen Schriften, jedoch ohne 
Erfolg recherchirt. 
— Das k. Konfistorium in Speyer gibt be⸗ 
kannt, daß Se. Maj. der Konig den prot. Pfarr⸗ 
miern gestattet hat, in ihren Gemeinden für den 
Bau einer evangelischen Kirche in Jerusalem Gaben 
mtgegen zu nehmen und nimmt Anlaß, diese Sache 
der prot. Bevolkerung der Pfalz auf das Wärmfie 
zu empfehlen. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 24. Nov. In der heutigen Vor⸗ 
nittagssitzung lehnte der Finanzausschuß mit einer 
uis den Patrioten und dem Abgeordneten Luthardt 
estehenden Mehrheit den Antrag Frankenburger's 
uuf vorläufige Verlagung der Beschlußfafsung über 
zie Frage der Beamtenaufbesserung ab. 
Die Befestigungen von Straßburg sollen, 
vie es heißt, durch ein Vorwerk zum Schutze des 
euen Bahnhofes vermehrt werden. 
Erwerbs⸗ und Wirthschafts-⸗Geuos⸗ 
enschaften. Die vom Reichsjustizamte ausge⸗ 
irbeitete Vorlage über Erwerbs⸗ und Wirthschafs⸗ 
genossenschaften ist dem Reichsamte des Inneren 
ugegangen. In dem letztgenannten Reichsamte 
bird man sich namentlich mit dem materiellen In⸗ 
jalte der Frage, nämlich der gewerblichen Seite 
er Genossenschaften, zu beschäftigen haben, während 
as Reichsjustizamt vornehmlich die juridische und 
die formale Seite der Frage, wie die Eintragung 
n das Genossenschaftsregister u. s. w. in Betracht 
u ziehen hatte. Es ist daher möglich, daß durch 
ie gemeinsame Berathung beider Reichsämter 
aanche wesentliche Aenderungen an dem jetzigen 
eẽntwurfe vorgenommen werden. Was seinen In⸗ 
jalt anlangt, so erfäührt man, daß ein Abschnitt 
er Vorlage von der Zulassung der beschränkten 
haft der Genossenschaft handelt. Es würde dar⸗ 
jach von dem Genossenschaftsstatut, wie es auch in 
Aesterreich der Fall ist, abhängen, ob bei Bildung 
er Gesellschaft beschränkte Haft zugelassen werden 
oll und in welcher Weise. Genossenschafter können 
ann ihre Theilhaber haftbar machen nach dem 
Maßstabe ihrer Einlagen oder nur mit ihrer Ein⸗ 
age selbst, wie Aktienbesitzer bei den Aktiengesell⸗ 
chaften. Demnächst dürften die kommissarischen 
gerathungen darüber zwischen dem Reichsamte des 
znneren und dem Reichsjustizamte beginnen, und 
s ist nicht daran zu zweifeln, daß der Entwurf 
em Reichstage in seiner Frühjahrssession zugehen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 26. Nov. Gestern Vor⸗ 
nittag ereignete sich auf dem hiesigen Hüttenwerke 
in sehr bedauerliche Unglücksfall. Der 
—chlossermeister Georg Feger wurde bei Versuche, 
nit der Feuerspritze eine Maschine zu reinigen, aus 
iner Höhe von eiwa 2 Stockerken herab auf das 
gflaster geschleudert. Derselbe hat sich durch den 
5turz wahrscheinlich innere Verletzungen zugezogen 
uind soll das Schlimmste zu befürchten stehen. 
*St. Ingbert, 26. Nod. Das am Samstag 
Ubend von der Gesellschaft „RFarmonie“ im 
Oberhauser'schen Saale veranstaltete Conzert war 
von den Vereinsmitgliedern sehr gut besucht. Die 
Vorträge der conzertirenden Kapelle — Dragoner⸗ 
nusik aus St. Avold — wurden recht beifällig 
ufgenommen. Ein an das Conzert sich anschließender 
Ball hielt die Gesellschaft in gemüthlicher Stim⸗ 
nung bis lange nach Mitternacht beisammen. — 
Das gestern Abend in demselben Lokale stattgehabte 
donzert des Cacilienvereins war ebeafalls 
zußerst zahlreich besucht und muß als wohlgelungen 
bezeichnet werden. Das reichhaltige Programm bot 
Besang⸗, Klavier⸗, Harmonium ˖ und Cello⸗Vorträge 
und wurde in allen Nummern exalt und trefflich 
nusgeführt. Daß es unter diesen Umständen an 
ꝛeichem Beifalle nicht fehlte, ist selbstverständlich. 
M. St. Ingbert, 26. Nob. (Theater.) 
Nit Vergnügen können wir berichten, daß uns nun 
Ausland. 
London, 24. Nov. Reuter's Bureau meldet 
zus Hongkong von heute: 3000 Mann chinesischer 
kruppen griffen am 17. d. M. Haidzong an. Die 
Franzosen, unterstützt durch ein Kanonenboot, leisteten 
ieben Stunden Widerstand, bis die Chinesen fich 
urückzogen. Die Franzosen hatten 20 Todte und 
derwundete. In Canton treffen forigesetzt Verstär⸗ 
erungen für die chinesischen Truppen ein. 
In London wurde ein verbrecherischer An⸗ 
chlag gegen die deutsche Botschaft entdeckt. Der 
Ittentäter heißt Wilhelm Wolff und ist einer der 
zührer der deutschen Sozialisten. In seinem Be— 
ihe wurden Höllenmaschigen von großer Zerstörungs⸗ 
raft gefunden. 
Peters burg, 24. Nob. Immer entschiedener 
xitt die Nachricht auf, daß Minister Tolstoi 
ind Pobedonoszew sowie Katkow schon vor 
miger Zeit vom Kaiser bestimmt worden, einen 
hofsudarsiwenny Ustaw, d. h. ein Reichsstatut aus⸗ 
arbheiten. Dasselbe soll eine zeitgemäßere Staats⸗