gleiten oder andere Unglücksfälle in das Bassin
fallen. Der Arbeiter W. jedoch, hatte beim Ver—
assen der Fabrik sich an dieses Seil nicht ange—
halten und war auf unerklärliche Weise in den
Zottich gerathen und hatte sich schwere Brandwunden
zugezogen. Auf seine Klage aus obigem Para—
graphen wendete der Fabrikbesitzer ein, Kläger sei
felost schuld an seinem Unglück, da er aus Unacht⸗
amkeit verunglückt sei; das Seil sei eben dazu da,
die Arbeiter zu schützen. Das Reichsgericht hat
edoch durch ein Erkenntniß folgenden Grundsah
sestgestellt: „Es geuügt nicht, daß der Fabrikbesitzer
derartige Einrichtungen trifft, in Folge deren der
Arbeiter, wenn er die größte Vorsicht gebraucht,
nicht verunglücken wird, vielmehr muß der Arbeit⸗
geber in jeder Weise, soweit dies thunlich, Schutz⸗
horrichtungen anbringen, damit die Arbeiter keinen
Schaden nehmen, auch wenn sie unachtsam und un—
hesonnen handeln.
Gaterländische oder Regie-Ci—
acren?) Als der Kronprinz am Sonnabend
zzerlin auf der Reise nach Spanien verließ, mußte
e bald seinen Salonwagen räumen, um ihn wegen
»es starken Tabaksqualmes lüften zu lassen. Und
zas ging so zu. Trozz aller Vorbereitungen hatte
nan Cigarrenvorräthe vergessen, und die wenigen
borhandenen waren bald verraucht. Auf einem der
Bahnhöfe, die mon passirte — welcher, wollen wir
aicht verrathen — wurden nun in aller Eile Ci—
jarren eingekauft, das Stück zu 20 Pfennige, die
heste Sorte, welche vorhanden war. Ihre Wirkung
var die oben beschriebene furchtbare. Man be—
Jjauptete, der patriotische Bahnhofs-Restaurateur
ielte Straßburger Regie-Cigarren, und der Kron⸗
zrinz habe die Sorte nun aus eigener Anschauung
—XL—
CEntergang des Dampfers,Rone“.)
leber die furchtbare Katastrophe auf dem Genfersee
aufen fortwährend telegraphische Berichte ein, die
aber immer noch kein klares Bild zu geben ver—
mögen. Jedenfalls haben Sturm und Nebel das
Unglück herbeigeführt. Die Zahl der Opfer ist noch
nicht bestiimmt — ein Dutzend mögen es sein.
Zwei Reisende, der Steuermann, 2 Heizer, der
Wirth und seine Frau sind ertrunken. Der Capitän
sopp vom Dampfer „Cygne“ hatte seine Mutter
und Schwester auf dem verunglückten Dampfer
„Rhone“; Mutter und Schwester kamen um. Das
Unglück fand in dee Mitte des Sees zwischen Evian
(Savoyen) und Onchy (Waadt) statt. Der eben⸗
falls stark beschädigte „Cygne“ vermochte letzteren
Hafen mit den Geretteten zu erreichen.
F London, 22. Nov. Der Sebkretär der
London⸗ und San⸗-Francisco-Bank brannte von
hier nach Veruntreuung einer Summe von 50,000
pfund Sterling (1 Mill. Mark), zumeist in Oregon⸗
Bonds bestehend, durch. Von dem Flüchtlinge
hat man bisher keine Spur.
London, 24. Nop. Sämmiliche Pro—
fessoren, Privatdocenten und Beamten der Univer—
siiät von Orxford haben eine Adresse an den Kaiser
von Deutschland unterzeichnet, welche wie folgi
lautet: „Wir die unterzeichneten Rektoren, Pro—
fessoͤren Graduirten der Universität von Orford,
liefbewußt der Segnungen, welche der Sache der
Freiheit, Gelehrsamkeit und Religion aus der großen
Bewegung entstanden, die ihren Ursprung durch die
Frömmigkeit, das Genie und den Muth Martin
Luther's gefunden, wünschen Ew. Kaiserlichen
Majestät und durch Ew. Majestät dem ganzen
deutschen Volke unsere tiefgefühlte Sympathie aus—
zudrücken mit Ihren Festlichkeiten am 400. Jahres⸗
tage, der Geburi des großen deutschen Reformators,
dessen Dienste, die er der Menschheit als der Läu—
terer der Religion, der Befreier des Gedankens
und der Gründer einer nationalen deutschen Lite⸗
ratur geleistet, stets in dankbarem Andenken von
dem Volke Englands und nicht am wenigsten von
unserer alten Universität gehalten werden sollten.“
F (Räuberbanden vor Rom.) Wie der
„Kapitän Francassa“ meldet, sind am 18. d. in der
Nähe von Frascati (Albanergebirge, vor den Thoren
Roms) auf dem Wege nach Grottaferrata vier ver⸗
mummte Räuber aufgetaucht. Dieselben brachten
den Wagen des größen Grundbesitzers von Grotta—
jerrata, Santoretti, dessen Weine in Rom berühmt
sind, zum Stehen, fanden jedoch statt des reichen
Mannes, welcher gewöhnlich in dieser Jahreszeit
des Weinhandels große Summen bei sich führt,
nur zwei arme Kapuzinermönche, welche in einer
dapelle Santoretti's Gottesdienst halten sollten.
Die Strolche waren, wie gesagt, maskirt und alle
nit Flinten bewaffnet. Da sie bei den Mönchen
nichts vorfanden, beraubten sie den Kutscher seiner
Uhr und seines Geldes (etwa fünfig Francs). Die
Mönche wurden mit Kolbenschlägen traktirt. Und
das Alles geschah um 822 Uhr morgens bei be—
lebter Straße. Niemand wagte eben gegen die be—
waffneten Räuber, welche dann spurlos verschwanden
borzugehen. — Ein zweiter Wagen, dessen Kutscher
die Sache von Weitem gesehen hatte, machte Kehrt
und jagte nach Frascati zurück, weil es wahrscheinlich
nehr auf ihn, als auf den Wagen Santoretti's,
abgesehen war. In dem zmeiten Wagen saß nämlich
der „Kassirer der großen Papierfabrik von Grotta—
ferrata, welcher an jedem Sonntag von Frascati
dorthin fährt, um den Arbeitern den Wochenlohn
auszuzahlen. Bis jetzt wurde die Bande nicht ertappt.
(Eine Badegeschichte aus Ame—
rika.) Das kleine Seebad Morehead in Pennsyl—
vanien, am Atlantischen Ozean gelegen, war un—
ängst, wie „Philadelphia Preß“ erzählt, der Schau—
plaz eines außerordentlichen Ereignisses, welches in
den Annalen des Ortes als eine der denkwürdigsten
Begebenheiten verzeichnet werden wird. Eine Mrs.
Robert Elliot brachte ihre drei Jahre alte Tochter
zur Erholung nach einer Krankheit in das Seebad
und bald waär die zarte und reizende Kleine der
Liebling sämmtlicher Kurgäste. Da kam eines
Tages Morgens ein hausirender Italiener, der außer—
gewöhnlich große rothe Gummiballons zum Verkauf
anbot und ein Major Hawkins belustigte das Kind,
indem er demselben sämmtliche große Ballons um
die Hüfte befestigte, es aufhdb und ein paar Fuß
in die Luft schwang, um es wieder aufzufangen.
Aber Entsetzen! Das LKind fällt nicht zurück, son⸗
dern fliegt davon, fliegt immer höher und höher,
his über die Häuser weg, dem Meere zu. Noch
ange hörte man den Ruf „Mama, Mama!“ bis
die Stimme vom Winde übertönt wurde. „Zu
»en Booten!“ rief ein alter Kapitän, Namens Dixon,
ind sofort gingen 20 bis 30 gut benannte Boote
inter dem Geschrei, dem lauten Weinen und Beten
»er Weiber und Kinder in See, sich bemühend,
nit dem in der Luft schwebenden Kinde gleichen
Schritt zu halten. Zufällig waren mehrere Herren
uus Beaufort in ihrer Yacht, auf einer Lustfahrt
zegriffen, und schlossen sich den Booten an, um wo
noͤglich Hilfe zu leisten. Bereits war man einige
englische Meilen vom Lande, die Kleine nahezn an
400 Meter hoch in den Lüften und von Minute
ꝛu Minute noch immer langsam steigend. Wie
ollte ihm Rettung gebracht werden? Wenn man
uur einige von den Ballons vom Kinde entfernen
önnte, so würde die Tragkraft vermindert werden
ind dieses sich senken, aber wie? In dem Boote
uus Beaufort befand sich ein Herr, welcher als
»einer der besten Schützen Amerikas bekannt war,
ind diesem wurde der grauenhafte Vorschlag ge—
nacht, ob er sich wohl getraute, einige von den
Hummiballons zu durchschießen. Der brave Mann
erwiderte: „Das ist kein Schuß wie ein anderer,
»as wäre ein furchtbar ernster Sport. Da oben
bewegt, sich das Kind auf den Flügeln des Windes;
»er Boden, auf dem wir stehen, steigt und fällt
nach dem Takte der Wellen, Aug' und Hand ver—
iieren dadurch an Sicherheit. Aber freilich ohn—
»iesen Ausweg ist die Aermste ohnehin verloren
Ich sehe keine andere Möglichkeit, Hilfe zu bringen
vohl koste es mich mein Leben, ich will versuchen,
das Kind zu retten!“. .. Der erste Schuß ging
ehl, ebenso der zweite. Beim fünften Schuß löste
ich ein Ballon und verschwand hoch in den Lüften
unter den Hurrahrufen der Männer im Boote
Beim achten Schusse endlich wurde es ersichtlich
daß die Tragkraft der Ballons sich verringert hatte,
'indem das Kind nicht mehr gerade fartgetrieben
wurde, sondern sich südlich gegen Harkers Insel zu
herabsenkte; langsam kam es hernieder und sanft
wie von menschlichen Händen gebettet, fand man
ꝛs dort im Sande, wie in einer Wiege. Unter
Freudengeschrei und Jubel nahmen die gelandeten
Männer das Kind auf und dann ging's zurück zr
den Booten. Dort saß inzwischen der tapfers Schütze.
bleich und zitternd die Wirkung seiner Schüsse aul
das Kind erwartend. Als er die Männer sah
die ihn vom Weitem jubelnd das Kind ent—
zegenhielten, brach er in einen Weinkrampf zu—
sammer Der Name des tapferen, kühnen Mannes
ist Mr. Cyarles J. Vorhees, ein Angestellter der
Southern Expreß Company. Die kleine Flotille
umringte die Yacht, in welcher der Schütze und
das Kind sich befanden, und des Hurrahrufens war
kein Ende, bis das Kind endlich der weinenden
zlücklichen Mutter übergeben war. — Wir haben
das Blatt, dem wir diese Geschichte entnommen,
zitirt und müssen es dem Leser überlassen, dieselbe
für wahr oder für Humbug zu halten.
(Ein fast hundertjähriger Apfel.)
Einen vollkommen (2) frisch erhaltenen Apfel von
96 Jahren besitzt ein Herr in Ulster County Staat
Newyork. Als sich im Frühsommer des Jahres
1787 die Frucht aus der Blüthe des Mutterzweiges
herauszubilden begann — berichtet v. Th. im Oesterr.
Landes⸗Wochenblatt — zog man ein Glasflasche
über sie und den Zweig, schnitt letzteren, nachdem
der Apfel reif geworden, ab und siegelte die Flasche zu.
(Ein Monstre⸗Regenschirm. Ein
sentationelles Projekt ist jungst von zwei Deutschen,
Namens Bournehofer und Flüciigen, dem Gemeinde—
rathe von Buenos⸗Ayres zur Begutachtung unter⸗
breitet worden. Diese Herren erbieten sich nämlich,
ganz Buenos-Ayres mit einem Monstre⸗Regenschirm
als Schutz gegen den Regen zu bedecken. Der Ueber—
zug des Regenschirms, dessen Gestell ein Durchmesser
bon 670 Fuß und eine Höhe von 1500 Fuß haben
—IVV
eisen bestehen. Wenn in die Höhe gehoben, würde
der Regenschirm sich über 12 Meilen ausdehnen,
und ringsum soll ein Canal angelegt werden, der
das Regenwasser in den Laplata abgeleitet. Für
die Ausführung des Projektes verlangen die Unter—
nehmer nicht weniger als 1,150,000 Lst.
FGas Netz der Spinne — eine Tele—
phon⸗Anlage) Eine hochinteressante kleine
Studie hat Herr C. Boys an dem gefräßigen Raub—
thier, der Spinne, gemacht. Boys brachte eine
sönende Stimmgabel mit dem Netz einer Garten⸗
ppinne in Verbindung und sofort richtete sich das
Thier nach der Gegend, aus welcher die Töne kamen
und suchte mit den Vorderfüßen den Faden, welcher
die Schwingungen leitete. Befand sich jedoch die
Spinne nicht im Centrum ihres Netzes, in dem sich
alle Fäden vereinigen, so wußte sie nicht, welchen
direkten Weg sie einschlagen sollie. Sie lief nach
der Mitte und von dort aus setzte sie den Weg
tets richtig fort. Kam das Thier zu einem Kreu—
zungspunkt von zwei oder mehreren Fäden, so stellte
»s wiederum erst fest, welchen Weg es einzuschlagen
jatte. Bei der Gabel angelangt, umfaßte sie dieselbe,
Als sei das tönende Instrument eine Brummefliege,
und so oft auf's Neue ein Ton erzeugt wurde,
wiederholte sie die fruchtlosen Versuche, das sum—
mende Eisen zu überwältigen. Sie schien nicht
begreifen zu können, daß auch noch andere Dinge
außer ihrer Nahrung zu summen im Stande sind.
Wie gefräßig und mordlustig diese Thiere sind, sah
der Genannte, indem er sein Versuchsthier veran⸗
saßte, etwas zu verspeisen, was es sonst verschmähte.
Boys tauchte eine Fliege in Paraffin, setzte sie in
das Netz und berührte sie dann mit der schwingen—
den Stimmgabel. Die Spinne kam, umfaßte die
Fliege und zehrte so lange von derselben, als die
Stimmgabel summte. Schwieg die Gabel, so be—
nerkte sie, daß Paraffin höchstens eine Delikatesse
ür Russen sei und lief davon. Jede neue Berüh—
rung des unschmackhaften Bissens mit der Stimm⸗
zabel lockte jedoch die Spinne wieder herbei und
deranlaßte sie stets von Neuem und so nach
und nach eine ziemliche Portion von der Fliege zu
zressen.
(Grdnung muß sein.) Korporal Bym
hatte lange Zeit in der Kanzlei eines höheren
Militärbeamten fleißig gearbeitet und wollte nun
in Familienangelegenheiten einige Wochen auf Ur⸗
aub gehen. Er erschien deßhalb bei seinem Vor⸗
gesetzten und bat um den Urlaub. Alkein dieser
schnaubte ihn an und sagte: „Wissen Sie denn
nicht, daß es Vorschrift ist, mir in dieser Angelegen—
heit ein Gesuch vorzuiegen?“ — „Allerdings“,
intwortete Bym, „allein ich war nicht im Stande,
dasselbe zu verfassen!“ — „Gut“, sagte der In—
lendant, „dann setzen Sie sich, ich werde es Ihnen
iktiren!“ — Nachdem nun das Bittgesuch fertig
—AD
trenge Vorgesetzte: „So, das Gesuch ist nun in
Ordnung, aber was den Urlaub anbelangt, so kann
ich Ihnen denselben nicht gewähren, da sehr viel
zu thun ist.“
Der Gerichtshumor, diese eigenthümliche
Species des Humors, treibt oft die wunderbarsten
Blüthen. Es ist bekannt, daß die Eidesleistung vor
Bericht zu den feierlichsten und zugleich wichtigsten
Momenten der öffentlichen Verhandlung gehört.
Ergötzlich ist der Scherz, den kürzlich ein Elsässer
Bäuerlein, vor das Amitsgericht als Zeuge zitirt.