Full text: St. Ingberter Anzeiger

* —9 
5 —J8 4 d V 
8 I s —BF 
2 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der „St. Jugberter Anzeiter“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal vohemueh mn Unterhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 14 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 , einschließlich 
420 ⸗Zustellungsgebnhr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 B. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
W 234. Samstag, 1. Dezember 18885. 
18. Jahrg. 
—— 
α 
»Fuür den Monat Dezem ber nehmen 
die Postanstalten, die Austrä— 
zer und die Expedition Bestellungen aus 
dieses Blatt entgegen. 
das glänzendste Bild, das ich je gesehen habe. Von 
2 bis 324 Uhr defilirten Hunderle, sich verbeugend, 
an dem Königspaar vorüber, und Granden, sonstig⸗ 
Adelige, Majordomos, Offiziere und Geistliche, 
darunter der Nuntius. Drunten harrten Galawagen 
und eine ungeheure Volksmenge. Die Königin Isa⸗ 
bella reist um 83 oder 421 Uhr nach Sevilla. Der 
Herzog von Monipensier, der keine Verbindung mit 
den französischen Orleans, auch sich von der spa— 
nischen Politik zurückgezogen hat, wird wahrfcheinlick 
einen Besuch des deutschen Kronprinzen erhalten. 
Madrid, 29. Nod. Der Kronprinz besuchte 
auch den päpftlichen Nuntius und den Conseilpräsi— 
henten. Bei der gestrigen musikalischen Soiré im 
vniglichen Schlosse unterhielt sich der Kronprinz 
ängere Zeit mit Canovas und Sagasta. Das 
Tomité der Rechtsakademie beschloß zum Andenken 
mn die Theilnahme des Königs und des Kronprinzen 
in der jüngsten Feier eine Medaille prägen zu 
rassen. Die Commission des militärischen Vereins 
ernannte sämmtliche Offiziere im Gefolge des Kron⸗ 
prinzen zu Ehrenmitgliedern und stellte dem General 
o. Blumenthal die betreffenden Diplome zu. Für 
die neuen Ehrenmitglieder wird eine Festlichkeit vor⸗ 
dereitet. 
Französische Umtriebe in Valeneia. 
Der Madrider Correspondent der Times hat der 
Wahrheit des Gerüchtes nachgespürt, daß in Valencia 
französische Anarchisten von Marseille und Barce— 
lona angekommen waren, um eine feindselige Kund⸗ 
jebung gegen den derutschen Kronprinzen zů organi⸗ 
iten. Ueber seine Untersuchungen berichiet er wie 
olgt: „Die Lokalbehörden ließen, obwohl sie die 
ʒiesbezüglichen eingelaufenen telegraphischen Berichte 
ezweifelten, die von Barcelona kommenden Züge 
iberwachen und es wurde eine Anzahl Emifssare 
entdeckt. Die Männer wurden sofort unter poli⸗ 
eiliche Ueberwachung gestellt und ihre Macht, Unfug 
zu stiften, wirksam im Keime erstickt. Es war ihnen 
jelungen, eine kleine schwatze Fahne auf einem 
dause in Grao auszustecken, aber die Nachbarn be⸗ 
sanden auf sofortiger Entfernung derselben. Einer 
ver Bezirks-Alcalden von Valencia sagte, daß der 
Bewohner des Hauses, welcher die schwarze Fahne 
wusgesteckt hatte, ein Franzose sei. 
einen politischen Charakter an sich trage, den Ver— 
bandstag zu einer politischen Versammlung stempele 
und daß demgemäß über die Abhaltung des Ver—⸗ 
bhandstages dem k. Bezirksamte eine Anzeige hätte 
erstattet werden müssen. Letzteres wird wohl in⸗ 
zwischen geschehen sein und der Verbandstag nun 
wohl nicht als politische Versammlung behandelt 
werden. 
-Rockenhausen, 27. Nob. Von hier 
schreibt man der „Pf. Ztg.“: In Folge des an⸗ 
haltenden starken Regens ist die Alsenz bedeutend 
zestiegen und stehen die meisten Keller wieder mit 
Wasser angefüllt. (Aehnliches Steigen der Bäche 
vird auch aus andern Theilen der Pfalz gemeldet.) 
Seit einigen Tagen ist in den Weinverkauf etwas 
Schwung gekommen. Für diesjährige Creszenz 
werden 85 Mi. (hiesige Ohm zu 160 Ltr.) bezahli 
ind wurden gestern bereits über 25 Fuder für 
einen Weinhändler verladen. Winterfrucht steht 
sehr schön. 
Frankenthal, 28. Nov. Ein letztes 
Opfer des uns zu Ende 1882 und Anfang 1883 
betroffenen Hochwassers, die Leiche des am 30. 
Dezember v. J. in den Isenachbach geltürzten Dienst⸗ 
nädchen des Wirthes Knelle wurde gestern Nach— 
mittag zwischen 4 und 5 Uhr innerhalb des Dohles, 
zwischen Bach und Kanal aufgefunden. Dem Leich⸗ 
aahm soll der Kopf und ein Bein fehlen und dienten 
die Kleider der Leiche als Erkennungszeichen. Das 
Fehlen der Glieder rührt wohl daher, daß Wasser⸗ 
hiere daran herumnagten, denn ein Verbrechen 
icheint unter den obwaltenden Umständen vollständig 
ausgeschlossen zu sein. Dadurch, daß die Person 
so lange unaufgefunden btieb, war hier vielfach 
das Gerücht verbreitet, die Vermißte habe den Er⸗ 
trinkungstodt gar nicht erlitten, sondern sei heimlich 
von hier fortgegangen, lebe froh und munter dort 
ind dort, ja einzelne wollten das Mädchen sogar 
Jesehen haben. 
— In einer Frankenthaler Fabrik machte 
ich ein Lehrling das Vergnügen, in eine von der 
deitung abgeschraubte Gasuhr ein brennendes 
Streichhölzchen hineinzuhalten. Mit gewaltigem 
serach flog der Behälter auseinander; die Gewalt 
ADD 
Bretter aus einem Dache gerissen und Blechstücke 
peit weggeschleudert wurden. 
Volitische Uebersicht. 
Deutsches RNeich. 
Muünchen, 28. Nov. Der Petitionsausschuß 
dehandelte in seiner gestrigen Sitzung u. A. die 
Petition des Schlossers Blumenauer von Zweibrücken 
um Rückvergütung zuviel bezahlter Hausmiethfteuer, 
resp. Neueinschätzung seines Wohnhauses. Petent 
hatte in seinem Hause an Stelle der bisher be—⸗ 
triebenen Schlosserei einen Wirthschaftsbetrieb ein⸗ 
richten lassen und die Wirthschaft selbst ausüben 
wollen, wurde aber mit dem Gesuche abgewiesen, 
da kein Bedürfniß hiefür gegeben sei. Sein Ge— 
juch um Neueinschätzung wurde vom Rentamt und 
don der betr. Kommifsion abschlägig beschieden. 
Den weiteren Instanzenweg zum Finanzminisierium 
datte der Beschwerdeführer nicht ergriffen, sondern 
ich unmittelbar an den Landtag gewendet. Referent 
beantragte Abwelsung des Beschwerdeführers, weil 
der Landtag sich mit dem Koncessionswefen nicht zu 
befassen habe und weil zu einer Revifion des Haus⸗ 
teuergesetzes ein genügender Grund nicht vorliege. 
Pach den vom Regierungskommissär ertheilten 
Aufschlüssen wurde der Antrag auf Abweisung 
ingenommen. 
Die Rückreise des Kronprinzen. Nach 
Zriefen, welche aus der Umgebung des Kronprinzen 
jach Berlin gelangten, sind bezüglich des von dem 
kronprinzen einzuschlagenden Heimweges noch keiner 
lei Dispositionen getroffen. Wenn die Rückreise 
iber Genug stattfindet, so dürfte vermuthlich einer 
er südspanischen Häfen, Malaga oder Carthagena, 
der Ausgangspunkt der Reise werden; in letterem 
dafenplatze sind auch die Corvette Adalberi“ und 
die Sophie“ vor Anker gegangen. Malaga sowie 
Tarthagena liegen auch den weiteren spanischen 
Keisezielen des Kronprinzen, Sevilla und Granada— 
zaͤher als Valencia. In Sevilla dürfte während 
der Anwesenheit des Königs von Spanien und 
seines hohen Gastes Königin Isabella, welche dort 
hren ständigen Wohnsiß hat, die Honneurs machen; 
je würde sich zu dem Zwede von Madrid nach 
Sedilla begeben. Aus der hingeworfenen Aeußer 
ung des Kronprinzen, „daß er unter Umständen 
nichts dagegen hätte, durch Frankreich zu reisen?“, 
wird übrigens guch der Schluß gezogen, daß die 
heimreise der Bequemlichkeit halber moglicherweise 
doch über Frankreich erfolgen köounte. 
Auslanud. 
Madrid, 28. Rov. Bei der heutigen Gala⸗ 
our zur Feier des königlichen Geburtstages war 
er deutsche Kronprinz, der vorher seine Glüͤckwünsche 
dargebracht hatte, nicht zugegen, weil dieselbe uu 
als innere spanische Hofsache anzusehen ist. Zunächst 
lüßten im Privatzimmer die Familienglieder dem 
donig die Hand, dann ging der König in der Uni— 
orm der Generalkapitäne, die Königin in weißer, 
joldgestickter Atlasrobe mit einer von Pagen ge⸗ 
ragenen Schleppe und einer Diamantkrone, zum 
Thronsaale, waͤhrend die Musikkapelle der Hellebar⸗ 
diere fpielte. Rechts von dem Throne stellten sich 
hie Diploma ten, links deren Damen, die Herzoginnen 
ind die Gemahlinnen sonstiger Granden Spanienẽ 
wuf. Es entfaltete sich eine uͤge meine Farbenvracht, 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der Personen⸗ und Güterverkehr auf der 
Lanterthalbahn soll nach den vorliegenden 
Berichten alle Erwartungen übersteigen. 
— Haardt, 27. Novd. Die heute im Gast— 
Jaus „zum Weinberg“ dahier abgehaltene Weinder 
teigerung des Herrn Jaques Loewi hatte keinen 
o günstigen Verlauf, wie angesichts der guten Waare 
erwartet werden konnte. Der Besuch war ein mäßi 
zer und auch der Adbsatz ein ziemlich mangelhafter. 
kin großer Theil der Weine wurde zurückgezogen 
und von den zugeschlagenen nur 1 Fuder abgegeben 
Es kosteten die 188 Ier Diedesfelder 390, 398 
Hambacher 465, Reustadter 500, Haardter 345 
350, 630, 635, Königsbacher 660 690 Mark. 
1880er Forster 750 Mi. 1878er Haardter 610 
Mk. pro 1000 Liter. 
— Dem Verbande der pfälzischen Gewerbeder⸗ 
eine, welcher nächsten Sonntag in Edenkoben tagt, 
ist Folgendes passirt: Nachdem das Programm der 
Verhandlungen hoher k. Regierung schon längst ein⸗ 
zeschickt und gleichzeitig die Einladung dieser hohen 
Stelle abgegangen war, fand das kgl. Bezirksamt 
in Landau plößlich, daß die Berathung uͤber die 
Bründung der sogenannien Offiziers-Konsumvereine 
mi chteb. 
F München, 28. Nov. Nleine Ursachen, 
große Wirkungen. Die „M. N. N.“ schreiben: 
Bald nach diesjährigen Herbstmanövern der baye⸗ 
rischen Truppen ging durch berschiedene Zeitungen 
die Nachricht, daß der Kommandeur der 5. Infan⸗ 
herie Brigade, Generalmajor Heilmann, wegen einer 
Differenz mit einem Vorgeseßten demnächst in Pen⸗ 
jsion treten werde. Wenige wohl haben dieser 
Meldung Glauben beigemessen, denn allgemein be⸗ 
kannt ist, daß General Heilmann einer der ver⸗ 
die nstvollften Offiziere unserer Armee ist und noch 
in so kräftigem Mannesalter steht, daß er seinet 
Funktion vollkommen gewachsen ist. Nun kommt 
gestern das „Verordnungsblatt“ und bringt,, jene 
Rachricht bestätigend, die unerwartete Meldung, daß 
„Generalmajor Heilmann, in Genehmigung seines 
Abschiedsgesuches, unter gebührenfreier Verleihung 
des Charakters als General⸗Lieutenant mit dem 
Prädikat „Excellenz“ mit Pension zur Dispofition 
gestellt“ se! Beim Lesen dieser Nachricht wurde 
nan unwillkürlich an eine Kammersitzung vor zwei 
Jahren erinnert, in welcher der Kriegsminister in