Full text: St. Ingberter Anzeiger

die „K. Ztg.“: Die Arena von Madrid, welche für 
Awa 15.000 Zuschauer Raum bietet, ist nächst 
rerjenigen von Valencia die größte Spaniens. Der 
zanze Zirkus war ausverkauft. Gleichwie König 
Ilfons erschien der Kronprinz in Zivilkleidung. 
gei seinem Eintritt begrüßte ihn donnerndes Hände⸗ 
latschen. Er nahm seinen Platz in der Hofloge 
wischen dem Könige und der Königin. Die Prin⸗ 
essin von Asturien und viele Damen der höchsten 
Zlände trugen weiße Mantillas, welche Tracht als 
Abzeichen der Afrccionadas (so werden die ausge⸗ 
prochenen Gönnerinnen des grauenhaften Schau⸗ 
piels genannt) gilt. In den drei Stunden, welche 
je Korrida dauerte, wurden 7 Stiere und 78 
ßferde getödtet. Der Kronprinz spendete dem 
nuthigen Spiel der flinken Banderillos und 
ẽspadas mehrmals Beifall; doch schien er an dem 
widerwärtigen Anblick, den die von den Stieren 
aufgeschlitztkn Pferde der Picadoros boten, durchaus 
teinen Gefallen zu finden. Trotz des alle Leiden— 
aften entfesselnden Schauspiels wurde während 
er ganzen Zeit kein unehrerbietiger Laut ver⸗ 
nommen. Nur ein Zwischenfall unterbrach den 
jerkömmlichen Verlauf: ein aufgeregter Bauer 
schleuderte einen gefüllten Weinschlauch in die Arena, 
womit er wuhrscheinlich in seiner Art die Leistungen 
der Stierkämpfer anerkennen wollte. 
F Der technische Verein in Kopenhagen 
jat für die beste Abhandlung über Kraftmaschinen 
jür die Kleinindustrie einen Preis von 500 Kronen 
(662 Mk. 50 Pf.) ausgesetzt. Preisbewerbungen, 
dersiegelt und mit Motto versehen, stnd an den 
Sekreiär des Vereins, Kapitän Tychsen in Kopen—⸗ 
hagen, zu senden. 
p Rom, 23. Nov. Der hochverdiente, uner⸗ 
chrockene Erforscher des schwarzen Erdtheils, Graf 
Antonelli, hat bei seinem kurzen Aufenthalt in 
Rom eine höchst inieressante Vorlesung über seine 
Reiseerlebnisse gehalten. Bekanntes übergehend sei 
jier die Episode seines Besuches bei dem gefürchteten 
Sultan Anfari in Kurzem wiedergegeben: „Am 
s. März wurde das Thal von Carele, eine Stunde 
von der Residenz Anfari's, erreicht. Antonelli fand 
sich plötzlich von 2000 Kriegern umringt, die sich 
wie zur Schlacht aufstellten — den Sultan sah er 
nicht, dieser hatte sich mißtrauisch auf einen Hügel 
zurüctgezogen, da ein Wahrsager ihm geweissagt 
hatte, er würde sterben an dem Tage, an welchem 
sein Blick einen Weißen träfe. Antonelli war 
wirklich der erste Europäer, der jemals bis zu ihm 
borgedrungen. Nach zwei Tagen banger Erwartung 
wurde der Graf vorgelassen und fand sich vor 
ꝛinem Mann von 50 Jahren, stark und breitschul— 
terig, von dunkelbrauner Farbe, kurzen Haaren 
und grauem Barte — sein Gesicht ist intelligent 
und zeigt das Bewußtsein seiner physischen und 
moralischen Superiorität; Anfari lebt als Nomade, 
nicht als reicher Sultan, und geht gekleidet wie 
der letzte seiner Unterthanen. Für die überbrachten 
eschenke sagte er seinen Dank, dann suchte er so⸗ 
fort, auf seine Weise den Muth Antonelli's zu er—⸗ 
proben, „siehst Du diesen Menschen hier“, rief er— 
‚er hat die Fähigkeit sich in eine Hyäne zu ver— 
wandeln“. Antonelli antwortete, daß er auf den 
Unblick sehr gespannt sei; der Sultan erwiderte, 
„muthig zurückweichend“, die Sache lasse sich augen- 
blicklich nicht vollständig machen, doch soll eine 
Probe der gewaltigen Zauberkraft dem weißen Ein⸗ 
dringling gewährt werden. Auf einen Wink be— 
gann der Uuterthan Anfari's sein Gesicht aufzu— 
vlasen, ließ die Augen weit hervortreten und stieß 
schreckliche Heultöne aus, mit denen er das Gebrüll 
der wilden Hyäne auf das Täuschendste nachahmte. 
Von der Karawane eilten Vicle herbei, fürchtend, 
ihr Führer werde zerrissen. Antonelli blieb unbe— 
weglich, worauf der Sultan ihm seine allerhöchste 
Auerkennung durch Ueberreichung einer Harmonika 
an den Taq legte und die gnädigen Worte hinzu—⸗ 
fügte, „Amüsire Dich und ftrinke Kaffee“. In der 
Folge versprach er die Zulassung einer italienischen 
Station in Aussa, sowie Schutz der Handelskara- 
waunen, die auf dem Weg nach Assab sind. An⸗ 
tonelli war freigebig in Vertheilung von Tabak 
und venezianischen Glaswaaren; die sehr hübschen 
Prinzessinnentöchter waren immer bei ihm in seinem 
Zelte. Als Norm für die Ehe gilt der Koran, 
doch hat die Herrscherfamilie ein Spezialhausgesetz, 
danach kann eine Ehe nur dann geschlossen werden, 
wenn der Mond sich inmitten zweier Sterne befindet. 
Das ist nun nicht sehr häufig der Fall und die 
Geduld der Prinzessinnen wird mitunler auf eine 
harte Probe gestelli. Einmal wollte eine Tochter 
Anfari's durchaus nicht mehr warten und lief 
»ymens Fackel ohne den Mond brennen; darotb 
itiliche Entrüstung des Vaters, der bei seinem Barte 
chreckliche Strafe schwur; das arme Ding sollte 
aach Aden gebracht und den Weisen überlassen 
werden! Indeß die mächtigen Priester verwendeten 
iich für das Mädchen und der versöhnte Alte be— 
znadigte Tochter und Mann zur Ertränkung in 
inem heiligen See. Das Volk aber sang und pries 
Anfari wegen seiner Sanftmuth und Billigkeit. 
(Einegefährliche Eisenbahnbrücke.,) 
Die der Vollendung nahe große Eisenbahnbrücke 
iber den Dujepr wird von einem Korrespondenten 
des „Russ. Kur.“ in einer Weise beschrieben, daß 
nan Angst haben muß, einmal über den mit dem 
Einsturz, drohenden Bau zu fahren. Der Korre— 
pondent berichtet auf Grund eigener Anschauung, 
yb er aber sachverständig ist, müssen wir dahingestellt 
ein lassen. Einige Satze aus seiner grau in grau 
zehaltenen Schilderung glauben wir unseren Lesern 
nicht vorenthalten zu sollen ... „Die Brücke ist 
uichts weniger als solid. Zwei Pfeiler sind besonders 
chlecht gerathen. Der eine ruht auf einem Felsen, 
der aus seiner Lage gerückt ist, weil er dem Drud 
zicht zu widerstehen vermochte. Der Felsen kann 
ich sogar ganz drehen und dann stürzt der Pfeiler 
usammen. Der zweile Pfeiler, der schon ein Paar 
Dutzend Menschen unter sich begraben hat, als im 
oorigen Jahre das Unglück mit dem Caisson passirte, 
ist noch schlechter ausgekommen. Noch bis jetzt zu 
vird er durch die Luftmaschine gehalten; es sol 
unter ihm noch irgend ein Eckstein angebracht werden 
weil er sonst gar keinen Halt und kaum Stütze 
haben würde ... Das von den Brjansker Werken 
gelieferte Eisen zeigt sich bei der Verarbeitung nicht 
zurch Dauerhaftigkeit aus und ist überhaupt nicht 
bon hoher Qualität. Die Schlosser und Vernietungs⸗ 
urbeiter, bessere Fachkenner und Spezialisten als 
ille Techniker und Ingenieure, klagen, daß das 
Sisen bröcklig ist, daß es uuter den Hammeteschlägen 
ich biegt und krüumelt, daß das Eisen sich nicht 
mit Eisen verbindet, daß es vieler Mühe, Anstreng— 
ungen und allerlei Kunststücke bedarf, um die Enden 
zusammenzubringen. Nichts paßt zu einand er. Hier 
nuß abgeschnitten, dort angeflickt, hier gebo hrt, dort 
jefeilt werden, damit irgendwie etwas Gescheidtes 
zu Stande gebracht wird. So sagen die Arbeiter. 
Ind in der That, wo fände man Jemand, der das 
Brjansker Eisen lobt! Haben doch auch erst unlängsi 
die Erbauer der Panzerschiffe in Sewastopol das 
Brjansker Eisen als unbrauchbar zurügewiesen 
Würde es sich nicht gehören, daß unsere Herren 
Ingenieure in gleicher Weise verführen ?* 
FIm Schlafwaggon dritter Klasse 
eines von Moskau nach Petersburg bestimmten 
Zuges kam es dieser Tage zu folgender standalöser 
Szene. Im Waggon hatten bereits mehrere Per— 
sonen, darunter eine gut gekleidete Dame mit einem 
männlichen Begleiter, Platz genommen. Da erscheint 
ein zweites Paar in der Waggonthür, beladen mit 
illen möglichen Bündeln nund Packen, Kissen und 
handtaschen. Obwohl im Waggon noch Platz ge— 
aug vorhanden war, brauste die erstgenannte Dame 
irgerlich auf und rief: Was ist das für eine 
Bagage? Fort mit ihr! Die Zweite blieb ihr die 
Antwort nicht schuldig, und ehe noch eingeschritten 
werden konnte, artete das Gezänk in eine Schlägerei 
aus. Wie die Furien drangen die Gegnerinnen 
auf einander ein, sich gegenseitig mit schallenden 
Ohrfeigen traktirend. Diesem Beispiele folgten die 
Begleiter der , Damen“. Mit Gewalt mußte man 
die beiden Paare von einander loßreißen. Der 
herbeigerufene Stations-Chef meinte kopfschüttelnd: 
„Zwanzig Jahre sei er im Dienst, aber dergleichen 
dabe er doch nie erlebt.“ 
New-⸗-⸗York, 27. Novd. Ein heute hier 
eingetroffenes Telegramm besagt, daß in der Nähe 
von Denning im Staate New-Mexico auf der süd— 
lichen Pacific-Bahn fünf maskirte Männer einige 
„chienen vom Bahnkörper entfernten, worauf die 
dokomotive mit den ersten Wagen des nächsten 
Zuges entgleiste und in einen Graben stürzte, wobe— 
der Lokomotivführer ums Leben kam. Die füns 
Maskirten durchsuchten darauf den Zug und fander 
in dem Expreßwagen den Betrag von 600 Dollars, 
mit dem sie auf Und davon gingen. Eine Anzahl 
Männer aus der Nachbarschaft hat sich za deren 
Verfolgung aufgemacht. 
4 Ein seltsamer Rew⸗-PYorker Industriezweig 
hesteht in dem Sammeln der Brotabfälle von 
größeren Hotels und Restaurationen, um Futter für 
das Geflügel und die Schweine daraus zu machen. 
Für die Brotabfälle im Astorhause werden jährlich 
3000 Pfd. Sterl. bezahlt und sind von dem Unter—⸗ 
nehmer jährlich bei 100,000 Pfd. Sterl. Werthes 
kontrahiert. 
Eine amerikanische Erfindung.) 
Ein Deutsch⸗Amerikaner, dessen Name nicht verrathen 
wird, soll einen Geldschrank erfunden haben, der, 
sobald ein Einbrecher daran rührt, nicht blos eine 
elektrische Klingel ertönen läßt, sondern auch mit 
einem Strahl elektrischen Lichts die Gesichtszüge des 
Diebes derart erleuchtet, daß dieser von einem am 
Geldschrauk befinlichen photographischen Apparat 
automatisch abconterfeit wird. 
(GDie Kohlenförderung auf der 
Erde.) Nach Trafensters Angaben betrug die 
ohlenproduktion (in Millionen metrischer Tonnen): 
Ueberhaupt ..... 368,6 349,5 331,1 134,8 
Davon in den Haupt⸗ 
droduktionsländern: 
England . .... 138,8 156,6 149,8 85,8 
Deuütschland .... 65,4 61,5 59,2 12,3 
Bereinigte Staaten. 88,1 77,8 70,8 15,2 
(GDie Wurzelbürsten.) Ein Zeuge war 
in einem Prozeß geladen, in dem es sich um mehrere 
Dutzend Wurzelbürsten handelte, die zu verschiedenen 
Zeiten geliefert worden waren. Der Zeuge hatte 
in dem ihm auferlegten Eide wiederholt die Worte 
„ein Dutzend Wurzelbürsten“ zu sprechen. Einmal 
ging dies, auch das zweite mal; als sich aber dieser 
Pasjus wiederholte, stolperte er und sagte Wurzel— 
»üzzel, Würzelbusten, und hatte sich schließlich so 
»erfahren, daß er den Eid nicht zu Ende sprechen 
konnte und von neuem beginnen mußte. 
Gchreckliche Entführung) Ein 
Bankier tritt bleich und verstört bei seinem Freunde 
ein und ruft: „Ich bin verloren! meine Frau ist 
durchzeb rannt — —“ 
„Mit wem?“ 
„Mit der Kasse!“ 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Leinsweiler Christoph Hack, 
74 J. a.; in Kaiserslautern Karl Rohr, pens. 
Lehrer 69 J. a.; in Ludwigshafen Johann Jakob 
Kroneis, Materialverwalter bei den pfälzischen 
Bahnen, 58 J. a.; in Frankenthal Frau Elisabetha 
Bamber, geb. Pfarr. 
—BA 
Dienstes nachrichten. 
Für das Geschäftsjahr 1884 wurden als Unter— 
suchungsrichter bestellt: 1) bei dem kgl. Landgerichte 
Frankenthal: Rath Hermann Philipp Johann 
Welsch; 2) bei dem kgl. Landgerichte Kaisers- 
autern: Rath Paul Lobenhoffer: 3) bei dem 
igl. Landgerichte Landau: Rath Rudulph Till— 
mann; 4) bei dem kgl. Landgerichte Zweibrücken, 
Rath Otto Bruch. 
Der Lehrer an der confessionell gemischten 
Schule zu Ludwigshafen a. Rh. Adam Zitt, wurde 
um Lehrer an der katholischen Schule zu Wein— 
garten, der Schulverweser Johann Joachim in 
Dernbach zum Schulverweser an der protestantischen 
Schule zu Ingenheim, der katholische Lehrer Peter 
dertel iun Weingarten zum Lehrer an der con⸗ 
essionell gemischten Schule zu Ludwigshafen, der 
Schulverweser Wilhelm Aberle in Katzweiler zum 
rdehrer an der dortigen in eine Lehrerstelle umge— 
vandelten protestantischen Schulberweserstelle. 
Marktberichte. 
Homburg, 28. November. (Fruchtmittelpreis und Viktu⸗ 
alienmarkt. Weizen 9 M. 24 Pf., Korn 7 M. 84 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf. Spelz 0O M. — Pf., Gerste 
2reihige 0O M. — Pf., Geeste LKreihige O M. — Pf., 
Hafer 6 M. 39 Pf., Mischfrucht 8 M. 09 Pf., Erbsen 
— M. — Pf., Widen 0 M. — Pf., Bohnen 9 M. 
— Pf., Kleesanmen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund 
60 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf. Ochsenfleisch — Pf., 
Rindfleisch 690 Pf., Kalbfleisch 530 Pf., Hammelfleisch — Pf., 
Schweinefleisch 520 Pf. Butter 1 Pfund 0O M. 95 Pf., 
startoffeln per Zentner 1I M. 60 Pf. 
Kaiserslautern, 27. Novbr. (Fruchtmittelpreis und 
Biktualienmarkt. Weizen 9 Mt. 26 Pf., Korn 7 M. 
75 Pf. Spelzkern — M. — Pf., Spelz 6 M. 46 Pf., 
Zerste 6 M. 76 Pf., Hafer 6 M. 48 Pf., Erbsen 10 M. 
30 Pf., Wicken O M. — Ppf. Linsen 14 M. 75 Pf. Klee— 
jamen 50 M. — Pf. Schwarzbrod 6 Pfund 72 Pf., 
3 Pfd. 36 Pf., Gemischtbrod 8 Pfund 41 Pf., Butter pro 
Pfd. 1,05 -0,00 M. 1 Dutzend Eier 90 Pf., Kartoffeln pro 
Zentner 1M. 80 bis 0 M. — Pf., Stroh 3 M. 25 Pf., 
zis 3 M. 75 Pf., Heu pro Ctr.3 M. 60 Pf., bis 0 M. 
gf aleehend R. pf. bis d M. Apf. 
Fur die Redaktion verantwortlich: Demeß.