St. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts H5t. Ingbert.
der ‚St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
zlatt und Sonniags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 S einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 76 4, einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 830 . Bei 4maliger Einrackung wird nur dreimalige berechnet.
W 236.
Montag, 3. Dezember 1883.
18. Jahrg
m
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 30. Nov. Die Kammer erledigte
eure den Etat des Ministeriums des Innern. Nach
angerer, animirter Debatte wurden die Regierungs⸗
ostulate für das Nürnberger (7800 Markh) und
aiserslauterer Gewerbemuseum (75,000 M.) wieder
ergestellt. Ferner genehmigte die Kammer den Etat
»es königlichen Hauses underändert und nahm den
rtat des Ministeriums des Aeußern debattelos in
»er Fassung des Ausschusses an. Nächste Sitzung
Nittwoch; Tagesordnung: Antrag Luthardt.
München, 30. Nov. Im Referat des Abg.
Rittler über den Kultusetat wird u. a. die Er⸗
oeiterung des Studiengebäudes in Speher geneh⸗
nigt, der Bau einer Winter⸗Turnhalle bei der
Studienanstalt in Zweibrücken abgelehnt; bezüglich
er Erweiterung des Präparanden⸗-Schulgebäudes
Blieskastel wird ein Antrag vorbehalten.
Berlin, 80. Nob. Die „Frankfurter Zig.“
gahrt aus zuverlässiger Quelle, daß der Kaiser
ei dem Empfange des Präsidiums des Abgeord⸗
ietenhauses in weit bestimmterer Form, als bisher
yelannt geworden ist, wiederholt auf das nachdrück⸗
ichste betonte, der russische Kaiser habe in mehr⸗
achen Briefen die denkbarsten Garantien für die
—VV
der russische Minister des Auswärtigen, Giers, habe
nündlich in bündigster Weise Gleiches versicheri.
Berlin, 2. Dez. Großfürst Sergius von
stußland ist heute Vormintags incognito hier ein⸗
etroffen und in der russischen Botschaft abgestiegen.
-VDer franzoͤsische Botschafter Courcel ist gestern
Abend hierher zurückgekehrt.
Ausland.
Madrid, 30. Nov. Nach dem Besuche der
aerne auf dem Principe Pio empfing der deutsche
kronprinz eine Deputation der hier lebenden Deul-⸗
hen; in der von denselben überreichten Adresse
eißt es: Durchlauchtigster Kronprinz! Den unter⸗
eichneten Mitgliedern der deutschen Colonie in
Nadrid ist es ein Herzensbedürfniß, die Gefühle
ꝛer Erhebung auszudrücken, von welchen sie durch
ie Anwesenheit Eurre Hoheit bewegt sind. Die
mwandelbare Treue zu Kaiser und Reich, die Liebe
ind das Vertrauen zum Vaterlande, woraus die
deutschen in Madrid und in den Provinzen die
draft schöpfen zur Erfüllung ihrer Berufspflichten,
eigern fich heule zur höchsten Begeisterung. Möch
en Eure Hoheit diesen Ausdruck treuester ehrfurchtä-
wollster Verehrung der deutschen Colonie huldreich
ataegennehmen. Gott schütze Eure Hoheit.
In der gestern Abend stattgehabten Sitzung
Militarcasinos wurden Graf Biumenthal, Ge⸗
eral Mischle, sowie die übrigen zum Gefolge des Kron⸗
en gehörigen Offiziere feierlich als Ehrenmitglieder
ufgenommen. Vor der Aufnahme hielt General
Riega eine Ansprache an dieselben; alle Mitglieder
ts Casinos waren in großer Uniform erschienen.
dachsten Mittwoch finden bei Carabanchel nahe bei
en Truppenmannðver zu Ehren des Kronbrinzen
catt.
Madrid, 830. Nov. Bei der Enthüllung des
dentmals Isabella's der Katholischen hielt der Al—
ade eine Ansprache an den Konig, welche dieser
wiederte. Die Hülle des Denlmals siel unier
Falutschüssen und Fanfaren. Nachmittags besuchte
er Kronprinz die große Kaserne auf dem Principe
wo Gebirgsarlillerie militärische Mandder aus⸗
bdrir. Abends zehn Uhr begann der große Hof⸗
hall im königlichen Schlosse, wozu 2000 Einladungen!
ergangen sind.
Madrid,, 1. Dez. Der gestrige Ball war
ehr glänzend und von der auserlesensten Gesellschaft
Nadrids besucht. Das Journal Correo sagt, der
eutsche Kronprinz sei Gegenstand der allgemeinsten
zympathien und Huldigungen. — Die Abreise des
ronprinzen ist auf Freitag verschoben worden.
Madrid, 2. Dez. Der deutsche Kronprinz
internahm gestern einen Ausflug nach Pardo, dem
andsitze des Königs. Am⸗Abend wohnte der
dronprinz der Vorstellung in der Oper, die eine
zffentliche war, bei. Als derselbe mit der könig
ichen Familie in der Loge erschien, wurde er von
en sehr zahlreich anwesenden Zuschauern, welche sich
jon ihren Sitzen erhoben, mit einer lebhaften Ovation
egrüßt, während die Musik den deutschen Kaiser⸗
narsch spielte. Der Schluß der Vorstellung, wel⸗
her gegen 1 Uhr erfolgte, bot von Neuem Anlaß
u einer enthusiaftischen Ktundgebung für ben deut⸗
chen Kronprinzen. Derselbe hat das Band des
Nilittärordens vom H. Ferdinand angelegt, wäh⸗
end dir König das Band des Schwarzen Adler—
»xdens trug. Heute Vormittag wird der Kronprinz
dem Gottesdienste in der Kapelle der englischen
hesandtschaft beiwohnen und mit dem Köoͤnige einer
rinladung zum Dejeuner in der englischen Gesandt⸗
chaft folgen. Der Ministerpräsident Posada Herrera
sat bei einem Zusammenstoß seines Wagens mit
inem Privatfuhrwerk eine Verletzung der Hand er⸗
itten. — Der franzoͤfische Botschafter hatte dem
Ballfeft am Freitag Abend wegen einer leichten Un⸗
zaßlichkeit nicht beiwohnen können.
Petersburg, 1. Dez. Der Regierungsbote
eigt mit Genehmigung des Kaisers und der Eltern
die am 27. November in Altenburg stattgefundene
Berlobung des Großfürsten Constantin Constantino⸗
vitsch mit der Prinzessin Elisabeth von Sachsen⸗
Altenburg an.
Die Prugelstrafe ist durch Herrn Apuchtin bei
den Warschauer Gymnasien eingeführt worden. Es
serrscht darob große Aufregung.
Eokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 3. Dez. Am Samstag
perunglückte dahier im Hause seiner Großeltern
zas Zjährige Töchterchen des Bergmannes Becker
adurch, daß es hinterrücks in einen Hafen kochen⸗
»er Wurstsuppe fiel. Das arme Kind verbrannte
ich dabei dermaßen, daß es gestern nach qualvollem
deiden verschied.
— Auchnicht übel!) Ein Wirth zu Zwei⸗
brücken hielt am verflossenen Sonntag und Mon
sag zur Erinnerung an die vorjährige Ueberschwemm⸗
ing der Stadt Zweibrücken ein allgemeines Jahres⸗
ssen ab.
rermischtes.
4 Vor ungefähr zwei Jahren wurden dem
dehrer Daffner in Marklkofen bei Dingolfing
Verthpapiere im Betrage don 7500 Mtk. entwwendet.
zor zwei Tagen ist nun dem Bestohlenen dvon der
zayerischen Hypotheken- und Wechselbank die an⸗
zenehme Nachricht geworden, daß in einem Mün⸗
hener Bankhause eine der entwendeten Obgligationen,
uf 1000 Mk. zur Einlösung gekommen sei. Die
Zank erstattete von dem Vorfall sogleich bei der
Ztaatsanwaltschaft Anzeige.
k Trier, 3. Dez. Ein aufregender Vorfall
pielte sich geftrru bei Aufführung der Operetie „der
Seecadett“ ab. Im ersten Akte fiel ein Junge von
dem Schnürboden auf das Podium mitten unter
die Schauspieler. Das Publikum war natürlich
ehr aufgeregt, wurde jedoch bald durch die Ver⸗
icherung des Direktors, daß der Junge keine schweren
zerletzungen davongetragen, beruhigt. Die Vor⸗
tellung nahm nach kurzer Unterbrechung ihren un⸗
gestörten Fortgang.
F Aus Stuttgart wird gemeldet, daß das
tgefinden der Beiden Verwundeten, Heilbronner und
Dettinger ein fortdauernd zufriedenstellendes ist.
ẽs ist Aussicht vorhanden, daß auch Oettinger am
deben erhalten bleibt.
fF Hamburg, 2. Dez. Der englische Dam⸗
»fer „Flora“, welcher heute Morgen nach Hull
ibgegangen war, ist bei Finkenwärder mit dem
norwegischen Schooner „Oitar“, auf der Fahrt von
Batavia, zusammengestoßen, worauf an Bord des
etzteren Feuer ausbrach. Der „Ottar“ ist gesunken,
die Mannschaft der „Flora“ wurde gerettet. Die
„Flora“ ist beschädigt und deßhalb hierher zurück⸗
jekehrt. — Der französische Dampfer „Hyp“ und
der deutsche Dampfer„Prinz Leopoid“', beide heute
Morgen abgegangen, sind beschädigt hierher zurück⸗
jekommen. Dieselben waren in der Elbe mit der
damburger Bark „Georg Blohm“, auf der Rück⸗
zeise von Apia, zusammengestoßen. Die Bark
„Georg Blohm“ ist stark beschädigt hier angelangt.
TGKeichsgerichtssentscheidung.) Wech⸗
'elseitige Uebervortheilungen bei Tauschverträgen
zurch falsche Vorspiegelungen sind nach einem Ür⸗
heil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 5.
Iktober 1883 nicht als Betrügereien zu bestrafen,
venn das Ergebniß dieser unlauteren Geschäftsab⸗
chlüsse auf keiner der beiden Seiten zu einer Ver⸗
nögensschädigung im objektiven oder im subjektiven
Zinne geführt hat, wenn also das eingeiauschte
Objelt einen gleich hohen Werth für den Einiauscher
zehabt hat, wie das von ihm dafür hingegebene
Obiekt.
GWahrheit oder Humbug?) Anderer
deute Gedanken zu lesen, wenn sie gedrudt sind,
st leicht; der Gedankenleser Mr. Irving Bishop
ehauptet aber, die innersten Gedanken eines Men⸗
chen lesen zu können, ohne fie zur Schrift erstarrt
u sehen oder im Flusse der Sprache zu hören.
In Dublin gab er am Sonnabend eine Probe seiner
dunst. Es wurde bestimmt, daß eine Stecknadel
n Shelbourne⸗Hotel oder in der uächsten Nachbar
chaft desselben versteckt werden solle, und Mr. Bis⸗
jop machte sich anheischig, dieselbe aufzufinden.
Zwei Herren, deren soziale Stellung der Verdacht
eines Einverständnisses unbedingt ausschließt, über⸗
iahmen es, die Nadel zu verstecken. Mr. Bishop
blieb inzwischen in seinem Zimmer eingeschlossen.
Bei ihrer Rückkehr wurden ihm die Augen verbun⸗
den, er faßte dann einen der Herren bei der Hand
uind zog ihn nach sich. Vier Minnten dauerte die
Suche und Mr. Bishop hatte die Stecknadel in
dem Laden eines Gemüsehändlers gefunden, wo sie
in einem Vorhange verborgen. Eine ungeheure
Menschenmenge wohnte dem Vorgange bei und be—
zrüßte die Auffindung der Nadel mit endlosem
Jubel, worauf Mr. Bishop im Triumphe in das
Hotel zurückgetragen wurde.
Gonett auf den Kronprinzen.)
Die Madrider Epoca vom 24. November veroffent
licht ein Sonett auf den deutschen Kronprinzen an⸗
äßlich seines Besuches am spanischen Hofe, welches
ach der A. Z. in deutscher Uebertragung also lautet:
Willkommen, Prinz, ruft Dir das ruhmbedecte
dispanien durch meinen Mund enigegen.