Am 6. August 1883 war der Angeklagte schon
in aller Frihe vetrunken, so daß er auf dem Felde.
wo er mit seinem Di senstherren Gerste binden sollte,
nicht mehr zu gebrauchen war, da er beim Knebeln
der Garben über dieselben hinausfiel. Als ihn sein
Dienstherr deswegen hieß von der Arbeit abzulassen
ind nachhause zu gehen, hörte er zwar auf zu ar—⸗
zeiten, wollte aber auch den Knebel mit nachhause
nehmen. Beim Abnehmen desselben fiel er mehr—
mals auf den Boden. Endlich ging er fort, kam
aber nicht weit,“ sondern legte sich einige Aecker
weiter unter einen Gerstenhaufen, wo er bis gegen
1 Uhr Mittags schlief. Um diese Zeit ging der
Bäcker Bosche und zwei Arbeiter über das Feld
auf den Acker des Bosche, wobei sie an dem Gersten—
haufen, unter welchem der Angeklagte schlief, vor—
dei kamen. Weber, ein Taglöhner Bosches, hatte
einen Hafen voll Wasser mitgenommen. Nach ver—
geblichen Versuchen, den Angeklagten aufzuwecken,
schüttete ihm derselbe-etwas Wasser auf den Kopf,
worauf sie zusammen weiter gingen. Während
dessen stand der Angeklagte auf, nistelte in den
Hosen, wie wenn er Streichhölzchen anzünden wolite,
ging an den nächsten Gerstenhaufen, machte dort
äühnliche Bewegungen, hob die rechte Hand in die
oberste Garbe, worauf diese sofort brannte. Da—
rauf riß er die Garbe von dem Haufen herab und
legte sie unten an den Haufen, so daß dieser in
kurzer Zeit in Flammen stand. Als der Angeklagqte
dies sah, lief er davon.
Der Angeklagte stellte in heutiger Sitzung auf,
er habe den Gerstenhaufen nicht absichtsich ange—
zündet, sondern derselbe müsse zufällig beim An—
stecken seiner Pfeife in Brand gerathen sein. Die
näheren Umstände wisse er nicht, da er zurzeit der
That stark betrunken war.
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten
unter Annahme mildernder Umstände im Sinne der
Anklage schuldig, worauf derselbe zu einer Gefäng—
nißstrafe von 6. Monaten verurtheilt wurde.
In der Nachmittagssitzung wurde Karl Simon,
Tüncher von Kirchheimbolanden, wegen Sittlichkeits⸗
verbrechens zu 2 Jahren 3 Monaten Zuchthaus
verurtheilt.
— Pf. L. C. Die Eingabe der Stadtver—
waltung Kaiserslautern an die Abgeord—
netenkammer (Herabsetzung der Kohltarife füuͤr die
West⸗ und innere Pfalz betr) gewinnt an guten
Aussichten: Es ist natürlich, daß die Vertreter
aus' der Pfalz ims Landtag einmüthig sich des
durchaus berechtigten Wunsches der zurückgesetzten
Westpfalz annehmen werden. Inzwischen hören wir
aber auch aus Kreisen der Eisenbahn-Verwaltung,
daß daselbst die Ungerechtigkeit und völlige Unhalt—
barkeit der höheren Frachtsätze für Saarkohlen nach
der Westpfalz, als nach den entfetnteren Rhein⸗
städten eingesehen undd auch eingeräumt werde
Damit dürftc ein Umschlag der Meinung im Kreise
der Staatsregierung zusammenfallen müssen. Denn
unseres Wissens stützte sich der ablehnende Bescheid
des Staatsministeriums des Innern auf die Vor—⸗
stellung der pfälzischen Handelskammer von 1881/82
vorwiegend auf Gutachten der diesseitigen Bahn⸗
verwaltung.Was den Ausfall von 55600,000 Mt.
an Finnahmen betrifft, den man ausrechnen zu
können glaubt, so widerspricht den hierzu nöthigen
Voraussetzungen alle Erfahrung.-Insbesondere find
die Verfrachtungen auf der oberschlesischen Bahn,
nach deren Reorganisation wir jetzt den höchsten
Lokaltarif unter allen deuischen Bahnen haben, —
im stetigen Zunehmen begriffen, seit eben der dortige
Abschreckungs⸗Tarif gefallen ist,
— Haardt, B3. Dez. Man schreibt der
„Neust. Zeit.“: Der arme Weinkommissionar, wel⸗
cher fast durch alle pfälzischen Blätter seit einigen
Tagen Spießruthen laufen mußte, läßt alle die
liebenswürdigen Herren Korrespondenten bestens
grüßen und trinkt seinen Schoppen Wein — wie
der totgesagte Herr Paher — mit ungest örtem Be⸗
hagen. Weis nicht glaubt, darf dem armen Ver—⸗
XI
— In der Nacht von Samstag zum Sonntag
wurde in Göllheim in der protestantischen Kirche
eingebrochen und der Opferstock seines Inhaltes ent—
leert. Wie gemeldet wird, war das Almosen des
Jjanzen Jahres darin aufbewahrt und wäre deshalb
den Dieben eine nicht unbedeutende Summe in die
Hände gefallen. — In derselben Nacht wurde auch
an Einoruch in die protestantische Kirche in Bisch—
heim versucht. Der Dieb scheint jedoch, nachdem
er mehrere der in Blei gefaßten Scheiben eines
Fensters herausgelöst hatte. Unrath gewittert zu
haben, denn der Inhalt des Kirchenstockes fand sich der letzteren billiger stellen, als auf den Eisenbahnen
noch intakt vor. 2) Er erachtet es aber für durchaus erforderlich
— Aus der Pfalz wird dem „Fr. J.“ ge⸗ daß bei der Berechnung dieser Transportkosten au
ichrieben: Die Regierung in Speyer und die das Aufbringen der Unterhaltängskosten und au
Direktion der Pfälzischen Eisenbahnen haben sich die Verzinsung des Baukapitals Rücksicht genommen
definitiv zustimmend zu dem Bahnprojekt Zweibrücken- werde. 8) Der Verein glaubi nach dem vorliegenden
Bitsch geäußert. Die letzte Entscheidung steht jetzt Zahlen-Material zu der Annahme berechtigt zu sein
»ei dem Landtag in München, wo deshalb keine daß der anzustrebende Zweck richtiger erceicht wirs
Schwierigkeiten zu befürchten sind, weil die Bahn durch bessere Ausnutzung bestehender oder die An
eine rentirliche zu werden versprich, — und dann lage neuer Güterbahnen, sowie durch den Ausbar
bei der Regierung der Reichslande. Um dieselbe für der natürlichen Wasserstraßen — als durch den
das Projelt zu gewinnen, geht nächstens eine Abe Bau von Kanälen.“
ordnung aus Zweibrücken nach Straßburg. Für F Zum Kapitel ver unschuldig Verurtheitten
»as Sekundärbahnprojekt Klingenmünster-Rülzheim wird dem Hannöv. Knrier“ aus Hamburg ge
hestehen, wie uns aus Ludwigshafen berichtet wird, ichrieben: Bei einem der hiesfigen Bezirksbureaus
nur sehr geringe Aussichten. Die am Sonntag in meldete sich ein eben von der Reise zurückgekehrter
Appenhofen abgehaltene Versammlung zur Jörder- Seemann, bei Berlin zu Hause gehörig, mit der
ing des Projektes dürfte mit ihren Vorstellungen Denuziation, daß er nach seiner Rückkunft erfahren
uur dann Erfolg haben, wenn sie gleich ganz be-æ daß Ende 1880 zwei Hofarbeiter bei Zossen wegen
rächtliche Leistungen der betheiligten Gemeinden zu- Brandstiftung zu längerer Zuchthaus irafe verurthein
»erlässig gewährleistet mitbringen kunn. An der vorden seien. In der Nacht zum 12. September
iesbezüglichen Opferwilligkeit wird aber sehr stark 1880 brannte nämlich ein Bauerngehöft mit mehre—
zezweifelt. — Auf dem Verbandstag der pfälzischen cen umliegenden Wohnstätten ab und wurden jen⸗
Zewerbevereine in Edenkoben ist am Sonntag die Urbeiter verdächtig und verurtheilt. Der Seemann
Bildung eines Ausschusses vorgesehen worden, wel“ gibt nun an, daß er durch unvorsichtiges Umgehen
her mit den Reichstagsabgeordneten bei Vorbereit. mit der Cigarre das Brandunglück veaeihnuldet und
ing des Unfallcassengesetzes in Verbindung bleiben erst jetzt erfahren habe, daß Unschuldige für seinen
oll. Die Nothlage einzelner kleiner Vereine bildetn Leichtsinn büßen mußten. Er stelle sich deßhalb
veiterhin das stehende Thema des Verbandstages selbst seinem Richter.
Auch wurde eine äußerst reservirte Stellungnahme F Zur Gründungeinerallgemeinern
zu dem Offiziers-Consumverein durch Resolutions. deutschen Burschenschaft unter Aufhebung
heschluß ausgedrückt. der Sondervereinigungen fordert ein Anschlag am
schwarzen Brett der Universität Berlin auf. Mit
dieser Gründung sind große Pläne verbunden, u.
A. die Errichtung einer studentischen Redehalle. Der
Aufruf geht von den Reform-Burschenschaften Neo—
Germania und Longobardia aus.
F Der Dickhoff'sche Prozeß wird, selbs
wenn die vom Rechtsanwalt Saul beantragte Re—
zision einen Erfolg nicht haben, sollte, zu einem
erneuten Strafverfahren führen. Die gegenwärtig
munterbrochen stattfindenden Recherchen der Crimi⸗
nalpolizeierstrecken sich nicht nur auf die Ermitte—
ung der eigentlichen Thäter in der Lissauer'schen
und Königsbeck'schen Mordsache, sondern auch auf
die Ermitielung einer Frauensperson, welche zu
der Zeit, als Dickhoff vor mehreren Jahren Grund⸗
stücke in Zehlendorf kaufte, mit Dickhoff Geldgeschäfte
gemacht hat, und welche noch bis vor nicht so langer
Zeit hier in Berlin gesehen worden, dann aber
derschwunden ist.
Vermischtes. t
4 Man will in nächster Nähe von Nittenan,
in der Oberpfalz, Ackerland enideckt haben, daß in
inem Centner Erde je 6 Gramm Gold und Sil—
zer enthalten soll. Der Besitzer hat 400 Ar. seines
Goldlandes“ einmuthen lassen und soll beieits
taufangebote in der Höhe von 60.000 Mt. erhalten
haben.
— Nach einer Mittheilung des „Donauboten“
jat in Schwankirchen ein Vater seinen Sohn
erstochen. Als nun die Gerichtskommission kam,
vurde sie in den Stall geführt, wo die Leiche sich
efand. Bei dieser Gelegenheit nun theilte der
dommission ein Nachbar mit, daß in dem Stallt
nuch ein Jersinniger sich befinde. In einer Ecke
des Stalles fand sich denn auch ein Verschlag.
ohne Fenster, und darin zusammengekauert ein 70
Jahre alter splitternacker Mann! Es stellte sich
jeraus, daß der unglückliche Insasse dieses Schauer—
zemaches ein Verwandter des Anwejenbesitzers ist
der sich bei ihm eingekauft, um „abgenährt“ zu
werden. Auf diese Weise ist der arme Mensch nun
bereits acht Jahre lang „genährt“ worden.
FKarlsruhe, 4. Dez. Die Entscheidung
des hiesigen Landgerichts in Sachen der Entschädig-
ungsklage der bei'm Hugstetter Eisenbahnunglück
heschädigten Elsässer wird heute verkündigt. Der
großherzogl. Eisenbahnfiscus wurde verurtheilt zu
jahlen: 1. An Metzger Gsell (der seine Frau und
ein Kind verlor) 2000 Mk. und 20 der Kosten;
28/26 hat Gsell zu tragen. 2. An Taglöhner Schnell's
Töchter 500 Mk. und 0 der Kosten; No zahlt
der Kläger. 3. An die Wittwe und minderjährigen
inder des Speditionsgehilfen Johr eine jährlich
Rente von 500 Mk. bezw. 200 Mk. und s der
osten; “s zahlen die Kläger. Die Klagen der
zroßjährigen Töchter des pensionirten Steuer-Ein—
iehmers Immer und die der Wittwe des Regierungs—
anzlisten Schaffmann wurden abgewiesen. Bemer⸗
enswerth ist, daß der Gerichtshof auf nicht mehr
rkannte, als der Fiscus in der Verhandlung zuge
tanden hatte, und daß die Kläger alle viel besser
veggekommen wären, wenn sie die im Vergleichungs
vege gemachten Anerbietungen angenommen hätten
4 Falsches Geld ist gegenwärtig in Main;
nassenhaft verbreitet. Es wird demnächst eine Publi—
ation erscheinen, in welcher das dortige Publikum
rsucht wird, die in seine Hande gerathenden falschen
Münzen auf dem Polizeiamt abzuliefern.
F Köln, 4. Dez. Die Großinduftriellen des
Regierungsbezirks Köln nahmen in einer gestern
bgehaltenen Versammlung, entgegen der Düssel—
zorfer Versammlung folgende Resolution an: „I)
der Verein der Industriellen des Regierungsbezirks
döln in der Aussicht, daß die für Industrie, Land⸗
virthschaft und Handel so völlige Frachtermäßigung
auf Wassergüter nur in dem Falle durch die Anlage
von Kanälen anzustreben sei, daß thätsächlich die
gefammten Transportkosten sich durch Vermittelnno
Aus dem Tagebuche eines hohen
Dffiziers erzählt das „D. M.«Bl.“ folgendes:
Im Herbst 1869 schickte mich König Wilhelm zu
ven Manövern nach Bayern. Se. Majestät instru—⸗
irte mich dazu wie folgt: „Bei Schweinfurt ver—
sammeln sich etwa 22.000 Bayern; ich muß wissen,
wie diese mir verbündeten Truppen sind; Bayern
stellt im Kriege mehr als 100,000 Mann — da—
mit muß ich rechnen. Ich will von Ihnen genauen
Bericht über Infanterie und Jäger, werde Ihnen
einen Cavaleristen, einen Artilleristen und einen
Generalstabsoffizier mitgeben; diese berichten an
Sie; wo Sie nicht einverstanden sind, schreiben
Sie es an den Rand. Wie man Sie dort auf
nimmt, weiß ich nicht; wir haben Sie 1866 ge—
schlagen — das nehmen die Leute übel. Ich rechne
auf Ihren Takt; ob Sie den König sehen, ist un
gewiß. Sollten Sie Prinz Karl von Bayern sehen,
so grüßen Sie ihn. Seit 1866, wo wir Gegner
varen, sind wir Freunde und correspondiren fleißig.
Die bayerische Armee hat die Tüchtigkeit dteses
Fürsten voll anerkannt, als er bald nach der Cam—
pagne den Abschied nahm. Er ist geistvoll, liebens—
würdig und“ — setzte der König lächelnd hinzu
— „ein galanter Herr.“ — Ich reiste ab, wurde
in Bayern vortrefflich aufgenommen und erinnere
mich mit dankbarer Befriedigung an meinen faft
vierzehn Tage langen Aufenthalt. Außer den mit
mir kommandirten drei preußischen Offizieren —
jehr tüchtige Männer — waren dort zu demselben
Zweck, wie wir, zwei Franzosen, ein Oesterreicher,
zwei Württemberger und Norweger commandirt.
Nachdem die beiden erstgenannten Nationalitäten
durch unser kameradschaftliches Entgegenkommen
überwunden waren, schloß sich die Gesellschaft uns
an und folgte, ohne daß ich mich vordrängte.
meiner Leitung. Der kommandirende Geueral von
Hartmann war uns gegenüber ein perfekter Gent—
seman. Etwa in der Mitte des Manbvers kam—
der König, seine Truppen en parade zu sehen
Se. Majestät. damals 23 Jahre alt, war frappirend