müssen. Zu diesen gehört vor allem die großartige
Kathedrale mit dem alten hervorragenden. viereckigen.
prächtig erhaltenen Thurm aus der Maurenzeit
Mit hoͤhem Interesse besichtigte der Kronprinz die
Kunstwerke in den 37 Seitenkapellen der Kathe.⸗
drale. Dann stattete er dem Alkazar, der jetzigen
Residenz der Königin Isabella, einen Besuch ab.
Der Altazar, etwwas kleiner, als die Alhambra in
Granada, zeigt eine entzückende maurische Architek⸗
tur in glühendsten Farben. Ferner besuchte der
Kronprinz, immer von dem Herzog von Monipen⸗
sier begleitet, das demselben gehörige, durch sein
ans Maͤrmor erbautes Hauptportal berühmte Palais
bon Sau Telmo, die Vörse, das jetzt in Privat⸗
besitz besindliche Haus des Pilatus und das von
Murillo gestiftete und durch seine Meisterwerke ge⸗
schmückte Hospital de la. Orvidad. Vorher hatte
der Kronprinz im Hotel de Madrid, woselbst er
abgestiegen, das Dejeuner eingensmmen. Morgen
gedenkt der Kronprinz der Herzogiu von Moutpen⸗
fieur in San Lucar, an der Mündung des Guadal⸗
quivir, einen Besuch abzustatten.
Sevilla, 9. Dez. Der deutsche Kronprinz,
bvom Herzog von Montpensier begleitet, ist in San
Lucar angekommen. Gestern trat in miehreren
Provinzen Spaniens starker Schneefall ein; die
Telegraphen⸗ Verbindimg ist vielfach gesidrt. An
der Miitelmeerküste fanden heftige Stürme statt.
Barcelona, 9. Dez. Die Offiziere des
deutschen Geschwaders sind hier eingetroffen und von
den Behörden und der Bevölkerung auf's Freund—
lichste und Zuvorkommendste empfangen worden.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
St. Ingabert, 11. Dez. Von einem
auswärtigen Theaterfreunde erhalten wir folgende
Zuschrift Es wäre unangebracht und würde auf
jeden Fall viele falsche Schlüsse rach sich ziehen,
Dollien wir auf den ersten Eindruck über ein
Theaterpersonal recensiren. Man muß den Schanu—
spieler mehrere Mal und in verschiedenen Rollen
gesehen haben, um ein endqültiges Urtheil über
denselben fällen zu können. Ohne Lobhudelei können
wir jedoch aussprechen, daß die St. Ingberter Ge—
sellschaft einige sehr gediegene Kräfte zu ihren Mit
gliedern zählt. Die Soubrette Fr. Lippert⸗Schroth
hat eine klangvolle, wenn auch nicht gerade allzu⸗
sehr ausgedehnte Stimme. Als Komiker macht sich
Hr. Oppel recht gut und auch der erste Liebhaber
Hr. Klein spielte recht befriedigend. Ueber die
Leistungen der Uebrigen können wir uns ein Urtheil
vorläufig noch nicht erlauben. Schade, daß die
beengten Bühnenverhältnisse den Effect des Spieles
nicht mehr hervortreten lassen.
— Zweibrücken, 6. Dez., Vorm. 82 Uhr
Verhandung gegen Georg Schwaab, 33 J. a.
Redakteur in Speyer, wegen Moöjestätsbeleidigung
durch die Presse. Vertreter der kgl. Staatsbet örde
Herr Staatsanwalt Petri, Vertheidiger Herr Anwalf
Gebhart. — Unter dem Titel „Rheinbote“ wird
in Speyer ein Blatt ausgegeben, das in Wiesbaden
gedruckt wird und dort unter dem Namen „Nassovia
erscheint und auch mit dem in Frankfurt zur Aus⸗
gabe gelangenden Blatt „Volksbote“ identisch ist.
ils verantwortlicher Redakteur figurirt für die in
Speyer ausgegebene Zeitung der Angeklagte. Im
August und September d— J. erschienen nun in
diesem Blatte eine Reihe don Artikeln, betitelt
Badeplaudereien an den Quellen des Rakoͤczy und
Pandur“. Dieselben besprachen Kissinger Badever
hältnisse und brachten unter anderm eine Beschreib⸗
uͤng der Feier des Königstages, wobei das Ver⸗
halien Sr. Majestät des Königs von Bayern einer
Kritik unterzogen wurde, und zwar insofern, als
ihm sein Kunstsinn und seine Zurücgezogenheit
zum Vorwurf gemacht wurde. Der Angeklagte er⸗
slact zur Sache vernommen, die Blätter gelangten
erst Morgens um 7 Uhr in seine Hand und sei
er durch Geschäfisüberhäufung nicht in der Lage
gewesen, der Durchsicht dieser Aruikel die nöthige
Sorgfalt zuzuwenden. Um so weniger habe er
sich dazu veranlaßt gesehen, als bisher der Inhalt
dieser Artikel ganz andere Verhältnisse zum Gegenstand
gehabt hätte, und er deßhalb nicht habe annehmen kön⸗
nen, daß der Verfasser sich plötzlich auf das politische
Gebiet begeben werde. Im Uebrigen erblicke jer hierin
keine Beleidigung. — Die Geschworenen bejahten
die Schuldfrage, worauf der Angeklagte zu einer
Festungsstrafe von 2 Monaten verurtheilt wurde
Zugleich wurde die Unbrauchbarmachung der sämmt⸗
lichen noch vorhandenen Exemplaren des „Rhein—
hoten“ ausgesprochen.
— Zweibrücken, 6. Dez., Nachmittags 3
Uhr, Verhaudlung gegen Rosina Stier, 44 J. a.
sedig, ohne Gewerbe, von Rechtenbach, wegen Mords
Verlreter der k. Staatsbehörde Hr. Staatsanwalt
Schneider, Vertheidiger Hr. Rechtspraktikant Mayer.
Im Anfange dieses Sommers ging in Rechtenbach
allgemein das Gespräche, daß die Angeklagte sich in
schwangerem Zustande befinde, was bei dem bis
herigen guten Ruf derselben sehr auffiel. Trot
mehrfachen Befragens leugnete dieselbe jedoch be⸗
harrlich, auch dann noch, als ärztliche Untersuchung
das Gegentheil ergeben hatte. Sie kam denn auch
am 10. Oktober h. Is. ohne im geringsten hierfür
gesorgt zu haben, mit einem kräftigen Madchen nie—
der. Als aber am folgenden Tage Nachmittags
die Hebamme Ettel in das von der Angeklagten
allein bewohute Häuschen kam, fiel ihr ein iuten⸗
siver Schwefelgeruch bei Betreten der Küche auf
Ddie Hebamme frug nach der Ursache, warauf die
Ungcklagte erklärte, sie habe das Feuer nicht an—
zringen können und deßhalb mehrere Zündhölzchen
instreichen müssen, von welchem der Geruch her käme,
Sie will nun auch gleich gesagt haben, das Kind
jabe sich erbrochen, was jedoch von der Hebamme
n Abrede gestellt wird. Abends erbrach sich das
dind wiederholt, in Gegenwart der Hebamme, der
edoch dabei nichts auffiel. In der nächsten Nacht,
wo die Angeklagte allein war, mußte sie nach ihrer
eigenen Angabe das Kind, welches fortwährend start
weinte, die ganze Nacht herumtragen, was sie auch
der Hebamme erzählte, als diese nachsehen kam,
aber weiter nicht beachtete. Dieselbe wurde jedoch
nach ihrem Weggehen gleich wieder gerufen, um
nach dem Kind zu sehen, dessen Tod schon einge—
treten war. Als die Hebamme darüber erstaunt
war, sagte die Angeklagte: „Jetzt werden doch die
Leute ruhen“; zeigte auch nie Trauer über den Tod
hres Kindes, so daß die Vermuthung nahe lag,
die Angeklagte habe ihr Kind geiödtet, zumal bei
der am 18. Ottober erfolgten Leicheneröffnung beim
Aufschneiden des Magens starker Phosphorgeruch
wahrgenommen wurde. Die Angeklagte stellte die
ihr zur Last gelegte That entschieden in Abrede und
will das Kind sehr ungern verloren haben. Die
k. Staatsbehörde ließ auf Grund der mündlichen
Verhandlung und insbesondere des Gutuchtens des
Sachverständigen die Anklage auf Mord und Kinds-
mord fallen und hielt die von ihr in zweiter Linie
exhobene Anklage auf Kindsmordversuch allein auf⸗
recht, indem sie ausführte, daß nach dem Gutachten
des Sachverständigen unzweifelhaft dem Kinde Phos«
phor beigebracht worden sei, wenn auch nicht in
genügender Menge, um den Tod des Kindes allein
zu verursachen. Die Vertheidigung suchte nachziu—⸗
weisen, daß nach einem Gutachten des Herrn Pro—
fessor Dr. Medicus der Anklage der Boden ge⸗
nommen sei; weil durch dasselbe konstatirt wurde,
daß Phosphor in der Leiche nicht vorhanden war,
und beantragte Freisprechung. Die Geschworenen
verneinten die Schuldfrage, worauf die Augeklagte,
freigesprochen wurde. J
— Zweibrückn, 7. Dez. Vorm. 85 Uhr
Verhandlung 1) gegen Susanna Thomas, 27 J.
alt, Ehefrau von Georg Geibert, Bahnwart in
Mutterstadt, 2) gegen Anna Margaretha Schlenz
55 Jahr alt, Ehefrau von Adam Chrisft, Tagner
in Böhl, wegen Meineids. Vetreter der k. Staats⸗
behörde Herr Staatsanwalt Wagner, ad 1 Herr
Anwalt Schuler, ad 2 Herr Rechtspraktikant Es«
cales. Die Angeklagte Thomas wurde zu 83 Jahren
Zuchthaus verurtheilt, die Angeklagte Schlenz frei⸗
gesprochen.
Se. Excellenz Herr Staatsrath und Regier⸗
ungspräsident v. Braun hat an den Kirchenbau—
Verein Zweibrücken ein Schreiben gerichtet
folgenden Inhalts: „Als eines der schönsten Bau⸗
denkmäler, welches die erlauchten Pfalzgrafen in
zJottesfürchtigem Sinne errichtet haben, erscheint mi
die den Namen ihres erhabenen Erbauers führend
Alexanderkirche in Zweibrücken. Barbarische Kriegs
horden haben in schlimmen Zeiten dieses Gebäudi
verstümmelt. Eine Wiederherstellung desselben in
einer alten Pracht ist eine Aufgabe, deren Lösung
das jetzt lebende, glückliche Geschlecht in pietätvollem
Andenken an den erlauchten und kunstsinnigen Er—
zauer der Kirche anstreben und herbeiführen soll.
Daß die von mir gegebenen bezüglichen Anregungen
und Rathschläge auf fruchtbaren Boden gefallen
ind, habe ich mit Freuden aus Ihrer freundlichen
Sendung ersehen und ich begrüße die mir vorlie—
genden prächtigen Plan-Photographieen als der
rsten bedeutungsvollen Schritt, welcher zur Errich⸗
tung dieses Zieles gethan wird. Nehmen Sit
meinen warmen Dank dafür entgegen,- daß Sie die
Förderung des Unternehmens in die Hend genom—
men haben. Setzen Sie dabei versichett, daß au
Ihrer vielleicht manchmal mühevollen Bahn mein—
besten Wünsche Sie begleiten und daß «ich mich
glücklich schätzen werde, Ihr schönes Werk nach
Kräften zu fördern.“
— Das Vorkommniß am Abdvent⸗Sonntag in
der Kirche in Zweibrücken — es unterblieb
bekanntlich das Orgelspiel und der Gesang — wird
durch die dortigen Lehrer dahin aufgeklärt, daß der
zum Organistendienste bestimmte Lehrer für jenen
Tag dispensirt war und derx Herr Pfarrer vergessen
hatte, einen anderen Lehrer davon zu benachrichligen.
Von einer Weigerung der Lehrer konnte somit keint
Rede sein.
— Von Durkheim aus wird das Projek
einer Straßenbahn Dürkheim-Ludvigshafen (übet
Friedelsheim, Gönnheim, Schauernheim, Dannstadt.
Mutterstadt; Maudach und Mundenheim) angeregt
dieselbe soll direkten Anschluß an die Pferdebahn
in Ludwigshafen erhalten. Die Kosten der 23
Kilometer langen Strecke werden auf 700,000 Mk
veranschlagt.
— Deidesheim, 7. Dez. Unserer Stadt,
welche der Munificenz der Familie L. A. Jordan
schon so Vieles zu verdanken hat, wurde wiederum
von derselben die so bedeutende Summe von 20,000
Mark zur Erweiterung bezw. Erneuerung der be—
stehenden Brunnenleitung (gleichfalls von dieser
mildthätigen, um das Wohl ihrer Mitbürger un—
ablässig bemühten und hierfür stets opferbereiten
Familie gestiftet); überwiesen. Eveunt. kann diest
Summe auch noch anderen gemeinnützigen oder
Wohlthätigkeitszwecken dienen. Außerdem spendeter
erner die verehrl. Erben L. A. Jordan 1000 Mk
zur Vertheilung an unsere Armen.
— Zeiskam, 5. Dez. Ein neuer Bewet—
von der Frechheit und Diebsgewandtheit der Zi—
geuner liefert nachstehendes Stückchen, das zugleich
als Warnung dienen mag. Zu einer hiesigen
armen Waschsrau kam eine solche braune Tochter
der Steppe, um ihr ihre Zukunft aus der Hand
zu prophezeien. Während sie nun der aufmerksam
horchenden Frau ihren Hokuspokus vormachte und
ihr schmeichelnd die Schürze glättete, griff sie ihr
unbemerkt in die Tasche und entwendete daraus
—EV
Frau enthielt und entfernte sich damit. Die Be
stohlene gewahrte erst am Morgen, als sie etwat
bezahlen wollte, den Verlust. Eine Anzeige be—
der Polizei nützte jedoch nichts mehr, da da⸗
Diebsgefindel bereits spurlos verschwunden war.
Vermischtes.
Augsburg, 6. Dez. Vorgestern Mittag
hatten zwei Handwerksburschen in einer Mühle be
Friedberg um Essen gebeten und es auch erhalter
nd waren dann dem Walde zu meitergegangen
In demselben wurde nun nach den „Augsb. N. N.“
von einer Holzsammlerin einer der beiden Hand—
werksburschen an Kopf, Gesicht, LHHals und Händen
über und über mit Wunden und Blut bedeckt, als
Leiche gefunden. Ein blecherner Eßlöffel, dessen
sich der andere der Bursche noch in der Muhle
zum Essen bedient hatte, lag bei dem Leichnam.
Es dürfte hier ohne Zweifel ein Raubmord vorliegen,
da mehrere Effekten des Verstorbenen, als ein
Berliner, Uhrkette ꝛc. sich nicht mehr vorfanden
Auch die Legitimationspapiere sind verschwunden.
7Erlangen. An der hiesigen Hochschule
sind jetzt 728 Studirende immatrikulirt (gegen 568
im vorigen Winter⸗ und 6411 im letzten Sommer—
semester).
4Trier, 8. Dez. Auf dem Hochwalde lieg
der Schnee so hoch, daß gestern der Postwagen
nach Hermeskeil nicht von hier abging. Die Briefe
nach jener Richtung wurden nach der „Tr. Zig.“
durch einen berittenen Postillon befördert, die Packet⸗
per Eisenbahn über Saarbrücken.
f Frankfurt, 9. Dez. Montag den 17.
Dez. haben sich die jungen Leute, welche dem
Herrn Sonnemann die Scheiben cinwarfen und die
Blumenbeete beschädigten, wegen Sachbeschädigung
und Beleidigung vor dem Schöffengerichte zu ver⸗
antworten. Die betr. jungen Leute, worunter
mehrere Rechtsbeflissene, gaben als Motiv ihret
Handlungsweise empörtes patriotisches Gefühl da⸗
rüber an, daß das Haus des Herrn Sonnemann
bei der Anwesenheit des Kaisers Wilhelm wedet
geschmüchtt noch Abends illuminirt war.