Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðSt. Jugherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚ESt. Ingberter Auzeiger“ erscheint wöchentlich fünufmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Mlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich A 604 einschließlich Tragerlohn; durch die Post beiogen 1 75 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 183 —, bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 243. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Pf. L. C. Im Kreise der pfälzischen Abgeord⸗ 
zeten hat es sehr erfreulichen Eindruck gemacht, daß 
y)err Minister v. Feilitz sch während der Berath— 
mg des Hagelversicherungsgesetz es im Aus⸗ 
chuß sich voll und ganz auf den Standpunkt des 
falzischen Mitglieds stellte, welches beantragt hatte, 
aß das Gesetz ein Jahr nach Verkündigung im 
echtsrheinischen Bayern gleichermaßen in der Pfalz 
n Kraft tritt, und zwar unabhängig von der Ein— 
ührung oder Nichteinführung der Brandversicher⸗ 
mgskammer in der Pfalz. In unverkennbarer Weise 
ekundete Herr v. Feilitzsch diesem (leider abgelehn⸗ 
en) Antrage gegenüber seine Bereitwilligkeit, den 
fälzischen Interessen Rechnung zu tragen. Der Be⸗ 
icht über das Gesetz wird seitens der Kommission 
igt mit der größten Beschleunigung fertiggestellt, 
daß er immerhin noch vor Weihnachten an das 
lenum gelangen könnte. Spezielle Zahlen, Ver— 
herungsbedingungen und Normen werden auch 
itens des Ausschusses nicht in den Eniwurf hin⸗— 
ingeschrieben, da die Erfahrung hiefür erst die nö— 
bigen Anhaltspunkte geben muß. 
München, 12. Dez. Die Kammer der Ab⸗ 
eordneien genehmigte das Gesetz betr. die provi⸗ 
orische Steuererhebung und erledigte den Etat der 
Jölle und indirekten Steuern unter einstweiliger 
lussetzung der auf den Malzaufschlag bezüglichen 
ßofition. Abgeordneter Dr. A. Clemm siellte den 
Antrag, die Regierung möge noch dem gegenwär⸗ 
igen Landtage eine Vorlage betreffs der Ver⸗ 
hesserung und Vergrößerung des Ha— 
sens Ludwigshafen machen. Dr. Clemm 
notivirte den Antrag in eingehender Weise. Fi⸗ 
zanzminister v. Riedel gab die Besserungebe⸗ 
ünftigkeit und den volkswirihschaftlichen Werih der 
lenderung zu. Die diesbezüglichen Ermittelungen 
xhufs Vorlage eines Projelles an den Landliag 
eien noch nicht abgeschlossen, die Erhebungen wür⸗ 
en fortgesetzt. Der Antrag Clemm'wurde 
dließsich an den Finanzausschuß 
ur Vorberathung zurückgewiesen. 
Zum Fall Mang. Das Ministerium für 
saß · Lothringen veroffenslicht folgende Erklärung: 
In dem ‚Der Fall Mang“ überschriebenen Ar— 
lel in Nr. 8338 der Straßburger Post vom 1. 
dezeniber 1. J. ist gesagt, der berförster Mang 
abe der Forderung der Behörde auf Zurücknahme 
ines Straftantrags gegen Baron von Schmid imd 
on Ott nicht Folge gegeben und sei hierauf durch 
laß des kaiserlichen Statthalters im Interesse des 
ienstes von Finstingen nach Pfirt versetzt worden. 
RNe Verbindung, in welche hiernach die Versetzung 
es genaunten Oberförsters mit dessen Weigerung, 
n Strafantrag zurückzuziehen, gebracht ist, erweat 
n Anschein. als sei die Versetzung duͤrch diefe 
eigerung veranlaßt worden. Diese Auffassung 
üunrichtig, da die Versetzung des Oberförsters 
dang beschlossen und angeordnet war, bevor das 
linisteriium don der Weigerung desselben, den 
trafantrag zurückzuziehen, Kenntniß erhalten hatte.“ 
Ausland. 
Madrid, 12. Dez. Die Antunft des Kron⸗ 
mzen in Cordova sollte heute Vormiltag 11 Uhr 
itfinden. Von Cordova aus beabsichtigte der 
sonprinz nach dem Besuche der Moschee Nach⸗ 
nags 2 Uhr nach Alcazar weiter zu reisen, wo 
Eisenbahn nach Valencia abzweigt. Die An— 
KBalencia findet morgen Vormittag um 11 
1 
Donnerstag, 13. Dezember 1883. 18. Jahrg. 
Ahr und die Weiterreise nach Barcelona morgen 
Abend 6 Uhr statt. Die Ankunft in Barcelona 
erfolgt am Freitag Vormittag 9 Uhr. 
Ein englisches Urtheil über die kron⸗ 
prinzliche Reise. Aus Madrid vom 9. do. 
chreibt der Correspondent der Times: „Der Be— 
such des deutschen Kronprinzen in Spanien hat 
eine Umwälzung in der spanischen Meinung mit 
Zezug auf Deutschland und die Deutschen erzeugt. 
der deutsche Kronprinz läßt in Madrid viele per—⸗ 
önliche Freunde zurück, welche fortfahren werden, 
»in warmes Interesse an allem dem zu nehmen, 
odas seine künftige Laufbahn betrist“ 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
— Zweibrücken, 10. Dez., Vorm. 84 Uhr. 
Verhandlung gegen Jak. Schlitthelm, 49 J. 
ilt, Dienstknecht von Gerolsheim, wegen Noth— 
uchtsversuchs. Vertreter der kgl. Staatsbehörde 
derr Staatsanwalt Wagner. Vertheidiger Herr 
Rechtspraktikant Ziegenhain. 
Der Angeklagte, dem ein Verbrechen gemäß der 
z8 177 und 43 des R.St.G.«B. zur Last gelegt 
vird, und der die That leugnete, wurde zu 1 Jahr 
ind 6 Monaten Zuchthaus verurtheilt und ihm 
zie bürgerlichen Ehrenrechte auf die Tauer von 3 
dJahren aberkannt. 
— Zweibrücken, 10. Dez. Nachm. 3 Uhr. 
Verhandluug gegen Nikolaus Manderscheid, 
39 J. alt, Tagner von Homburg, wegen Ver⸗ 
brechens wider die Sittlichkeit. Vertreter der kgl. 
Staatsbehörde Herr Staatsanwalt Schneider. Ver— 
cheidiger Herr Rechtspraktikant Schulz. 
Der Angeklagte war eines Verbrechens gemäß 
3176 3. 1des R.Str.G.B. beschuldigt, wurde 
iber freigesprochen und sofort in Freiheit gesetzt. 
Mit dieser Sitzung schloß die Schwurgerichis- 
ession des VI. Quartals 1883 und wurden die 
herren Geschworenen unter warmen Worten des 
Dankes für ihre treue Pflichterfüllung von Seiten 
es Herrn Präsidenten in ihre Heimath entlassen. 
— Kaiserslautern, 10. Dez. Wie noth⸗ 
vendig eine gute Fleischbeschau ist und wie um— 
ichtig dieselbe dahier ausgeübt wird, beweist die 
Thatsache, daß heute eine am Milzbrande- erkrankte 
kduh zum Schlachten gebracht wurde. Der funktio⸗ 
rirende Thierarzt erkannte auch sofort die Sym⸗ 
ome der Krankheit und die mikroskopische Unter⸗ 
uchung der Milz ließ keinen Zweifel an dem Vor⸗ 
andensein der Krankheit bestehen. Eine Stallsperre 
vird jedoch deshalb nicht angeordnet, da die Ueber⸗ 
ragung des Milzbrandes etwa durch Hauch oder 
Schweiß u. dgl. nicht wohl möglich. 
— In der Sitzung der Strafkammer des kgl. 
dandgerichts Kaiferslautern vom 1I. djs. 
vurde Philipp Jaklob Scholl, Weinhändler aus 
xkbernburg, welcher wegen Weinfälschung und Ueber⸗ 
retung des Nahrungsmittelgesetzes angeklagt war, 
vegen dem an Karl Scherer, Wilhelm Ltleinzagen, 
August Agne und Joseph Bender verkauften Wein 
n eine Geldstrafe von je 20 Mtk. eventuell zu je 
) Tagen Gefängniß und weil er Täuschung im 
dandel dadurch verursachte, daß er Wein verfälschte, 
n eine Gefängnißstrafe von einer Woche und in 
eine Geldstrafe von 150 Mk., edentuell 15 Tage 
Befängniß, sowie zur Zahlung von *k der Kosten 
)erurtheilt, wegen der übrigen Schuldreaten aber 
reigesprochen. Das andere s der Kosten fällt 
ʒer Staatskasse zur Last. 
— Neustadt, 11. Dez. Die Kunde von 
iner Mordthat durcheilte gestern unsere Stadt. 
Der Schuhmacher Gustav Wernidcke aus Sachsen 
befand sich vorgestern Abend in einer hiesigen Wirth⸗ 
ichaft und gerieth dortselbst in Streit. Als Wer⸗ 
nicke darauf zu später Stunde den Heimgang an⸗ 
getreten hatte und in die Nähe der Kapelle (Hetzel⸗ 
inlage) gelangt war, fielen mehrere Kerle, welche 
»em Unglücklichen dort auflauerten, mit Knütteln 
iber W. her und bearbeiteten ihn derart, daß er 
usammenbrach. Schon am nächsten Morgen gab 
»er Unglückliche seinen Geist auf. Es murde ein 
starker Schädelbruch an der Schläfe konstatirt. Gleich⸗ 
Feitig soll auch ein Winzinger Bursche am Kopfe 
tark blutend heimgekommen sein — ob leztere 
Verwundung mit dem mörderischen Ueberfall in 
Zusammenhang steht, ist ungewiß. 
— Diedesfeld, 9. Dez. Ein hiesiger, dem 
Branntweingenuß ergebener Winzer hatte sich auch 
am Freitag Abend übernommen. Betrunken machte 
er sich auf den Heimweg und kam glücklich bis zu 
seiner Wohnung, wo er jedoch den Hausschlüssel, 
der aber später bei ihm gefunden wurde, vermißt 
zu haben scheint, denn er ging nicht in das Haus, 
sondern legte sich in einen sogenannten Kellerhals. 
Erst am andern Morgen gegen 8 Uhr wurde er 
dort erstarrt aufgefunden und zu Bette gebracht. 
Obwohl er wieder zum Leben kam, blieb er doch, 
wie die „Gegenw.“ schreibt, ohne Bewußtsein und 
tarb am Samstag Abend. 
— Kirchheimbolanden, 10. Dez. Herr 
Oberförster Luther hier schoß heute Nachmittag in 
der Nähe des Thierwasems einen Keuler von ca. 
270 Pfund Schwere, ein kolossales Thier. 
-Speyer, 10. Dez. Nach einer Bekannt⸗ 
machung des Vorstandes der pfälzischen Aussteuer⸗ 
anstalt wurden 97 Nummern wegen Nichtzahlung 
des Beitrages gestrichen. Reklamationen hiegegen 
ind innerhalb 8 Tagen beim Rechner der Ansialt 
Herrn F. Haid hier zu erheben. Im Ganzen wur⸗ 
den von 1173 Nummern die Beiträge bezahlt und 
jievon 11 Gewinne von je 300 M. gebildet. 
— GErleichterungen im Brennerei⸗— 
petrieb.) Durch höchste Entschließung des könig⸗ 
ichen Staatsministeriums der Finanzen vom 25. 
November wurde genehmigt: 1) daß diejenigen Bren⸗ 
iereibesitzer, welche für ihren Brennereibetrieb als 
xigenbrenner behandelt werden, auch dann noch in die⸗ 
er Eigenschaft anzuerkennen und demmäß ihrem ge⸗ 
ammten Betriebe die bezüglichen Erleichterungen zuzu⸗ 
gestehensind, wenn sie auf ihren Brennvorrichtungen 
ir Weinbauern ihres Wohnortes Weintrebern und 
Weinhefen — sei es gegen Entgelt, sei es ohne 
olches — zuBranntwein verarbeisen, 2) da Bren⸗ 
iereibesitzer, welche anderen Landwirthen ihres Wohn⸗ 
ortes die Kernobsternte auspressen als hiefür die Rück⸗ 
lände dieser Ernte ausgeantwortet erhalten und diesel⸗ 
en entweder allein oder mit anderen nicht mehligen 
Stoffen eigener Erzeugung zu Branntwein verar- 
eiten, als Eigenbrenner behandelt werden. sowie 
3) daß Abfindungsbrennereien, die nach den besteh⸗ 
enden Bestimmungen als gewerbliche oder Lohn⸗ 
hrennereien zu erachten sind, einmal in jedem Be⸗ 
ciebsjahre — und zwar bei Beendigung ihres 
Brennerei⸗Betriebes — beliebige Abfindungspericden 
bis zu 4 Stunden zugestanden werden dürfen. Zu⸗ 
gleich hat das genannte königl. Staatsministerium 
ur Herbeiführung eines gleichmäßigen Verfahrens 
estimmt, daß als „Zeitpunkt des Beginnes des 
Brennens im Sinne der Vorschrift der Ministerial⸗ 
mtjchließung vom 31. Mai der Augenblick des Auf⸗ 
etzens des Helmes auf die Vrennblase zu erachten 
ind daher dieser Zeitpunkt in die Spalte 4 der 
Brennregifters einzutragen iff.