St. Jugherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 245. 
Sonntag, 16. Dezember 1883. 
18. Jahrg 
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Politische Uebersicht. — 
Deuisches Reich. 
München, 12. Dez. Aus der Sitzung des 
inanzausschusses vom 10. Dezember sind noch fol⸗ 
ende Details nachzutrazen. Die Postpackergehilfe- 
er Pfalz bitten, der Verordnung vom 11. Sept. 
882, betreffend die Militärbewerber, eine rückwir⸗ 
ende Kraft auf ihre Anstellungsverhältnisse nicht 
u geben. Der Staatsminister bezog sich auf seine 
ezüglich der Militäranwärter bei der Berathung 
es Eisenbahnetats abgegebene Erklärung zurück und 
ab zu, daß die Petenten bezüglich ihrer Anstellung 
hlechter gestellt seien als früher, sprach aber die 
soffnung aus, daß sich wenigstens transitorisch einige 
zücksicht auf dieselben werde nehmen lassen. Dr. 
lemm setzte auseinander, wie niedrig die pfälzi⸗ 
hen Pacergehilfen bezahlt seien, und meinte, daß 
ieselben doch bei der Uebernahme in den Status 
u berücksichtigen wären. Auch Dr. Buhl trat für 
ieselben ein. Dem Antrage der Referenten ent⸗ 
prechend, wurde die Petition der Staatsregierung 
ur Würdigung hinübergegeben. 
Berlin, 14. Dez. In der heutigen Sitzung 
er EisenbahnCommission gab der Regierunscom⸗ 
nissar Brefeld betreffs der Communalbesteuerung 
er Eisenbahnen die Erklaärung ab, daß das be— 
reffende Gesetz die Eisenbahndirektionsbezirke nicht 
nehr als maßgebend gelten lasse; es sollen viel⸗ 
zehr alle Staatsbahnen als einheitlicher Complex 
etrachtet werden, aus dessen Ueberschüssen an die 
inzelnen Staationsgemeinden die Steuern vertheilt 
derden sollen. Für den Antheil der Gemeinden 
llen nicht die Bruttoeiunahmen der dorligen Sta⸗ 
onskasse, sondern die Summe der Gehalter und 
ohne, die dort bezahlt werden, zur Vertheilung 
ommen. 
Auslaud. 
Paris, 13. Dez. Heute Nacht 1 Uhr wurde 
me Sprengbomdbe in ein Zimmer der 2. Etage 
es Hauses der Rue Crozatier 8 geworfen. Zum 
zlück wurde durch dieselbe Niemand getödtet, je⸗ 
och ein bedeutender Schaden angerichtet. Man 
laubt, das Attentat sei gegen den auf der ersten 
ztage wohnenden Polizeikommissär Cotton de Eng- 
ebqueville gerichtet gewesen. Ein der That ver⸗ 
ächtiges Individuum wurde verhaftet. 
*Die irische National⸗Liga hat wieder ein⸗ 
aal von sich reden gemacht. Diesmal aber nicht 
urch eine blutige That eines ihrer Auhänger son⸗ 
ꝛern durch Ueberreichung des Nationalgeschenkes 
von 38,000 Pfund Sterling (760,000 M.) an 
ꝛen Agitator Parnell. Anläßlich dieses Ereignisses 
and am Dienstag in Dublin zu Ehren Parnell's 
n großes Banket statt, bei welchem er eine mit 
mitem Beifall aufgenommene Rede hielt. Im 
Ferlaufe derselben griff Parnell die gegenwärtige 
derwaltung Irland's auf's Heftigste an und er— 
lärte, die irländischen Wähler würden bei den 
achsten allgemeinen Wahlen entscheiden können, ob 
ie Regierung liberal oder conservativ sei. Hier⸗ 
ach zu urtheilen, scheint zwischen Parnell und 
zladstone das Tafeltuch nunmehr vollständig ent⸗ 
weigeschnitten zu sein. 
Madrid,, 14. Dez. Priuz Ludwig von 
ugern begab sich gestern nach Toledo. Nächsten 
ontag trifft die Prinzessin Elementine von Or⸗ 
ann zum Besuch des königlichen Hofes hier ein. 
zournal in Granada bringt noch weitece De⸗ 
aüber den dortigen Aufenthalt des deutschen 
1198 
Zronprinzen und erzählt, der Kronprinz habe gesagt. 
er finde es begreiflich, daß der letzte Maurenkoͤnig 
Boabdill weinend aus Granada hinausgegangen 
sei, ein solcher Himmel, eine solche Stadt, einen 
jolchen Boden finde man sonst nirgends auf der Welt. 
Tarragona, 14. Dez. Der deuische Kron⸗ 
prinz ist gesiern Abend 72 Uhr hier eingetroffen 
uind mit sympathischen Kundgebungen empfangen 
worden. Heute früh 10 Uhr setzte der Kronprinz 
seine Reise nach Barcelona fort und trifft daselbsß 
im 124 Uhr Mittags ein. 
* Wie im vorigen Jahren durch den Aufstand 
Arabi Pascha's, so beginnt auch jetzt wieder das 
Bharaonenland durch den gefährlichen Aufstand im 
Zudan die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich 
zu ziehen. Die Empörung des Mahdi schreitet 
nachtvoll vorwärts, er hat bereits seinen Einzug 
n El Obeid, der Hauptstadt Egyptens, gehalten, 
a, er bedroht schon Ober⸗Egypten, also das eigent⸗ 
iche Egypten und scheint sich mit weitausstehenden 
Plänen zu tragen. Er beabsichtigt nämlich, 10,000 
Mann nach der Provinz Tarfor und 10,000 Mann 
zur Unterwerfung des Kalibabisch-Stammes abzu⸗ 
enden, um hierdurch auch diese an Hilfsquellen 
reichen Gegenden in seine Hand zu bekommen. 
Auf Seiten der egyptischen Regierung herrscht voll⸗ 
tändige Bestürzung und Rathlosigkeit und es wird 
m Khedive weiter nichts übrig, bleiben als schließlich 
bermals die Hilfe Englands abzurufen. 
New⸗NYork, 14. Dez. Der New⸗York Herald 
neldet aus Hongkong vom 12. Dez.: Es sind 
ille Vorbereitungen getroffen, um Canton in Ver— 
heidigungszustand zu setzen, doch glaube man, daß 
die Forts einem fortgesetzten Bombardement nicht 
verden widerstehen können. Fortdauernd treffen 
Truppen aus dem Norden ein; am 12. d. passir⸗ 
len 1600 Mann Hongkong. Höhere Mandarinen 
erklärten, China würde die Fremden um jeden 
Breis schützen. Am 11. Dezember traf in Hong⸗ 
long ein englischer Admiral ein, um das gesammte 
nnglische Geschwader gegen alle Eventualitäten in 
Stand zu setzen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
un. Die Kreisfondszuschüsse zu sämmtlichen 
dateinschulen der Pfalz außer FZweibrücen 
und Speyer im Ganzen 189 Anstalten, betrugen 
für das Jahr 1883: 169612 Mk; die Kreisfonds⸗ 
zuschüsse zu den Realschulen, im Ganzen 5 Anstalten, 
deliefen sich auf 111912 Mk. Ein Lateinschüler 
hostete dem Kreis 94 Mtk., ein Realschüler 169 Mk. 
Der Gesammtbedarf der Lateinschulen pro 1883 
berechnete sich auf 313996 Mk., der Realschulen 
anf 168873 Mk. Ein Laieinschüler kostete im 
Banzen 174 Mk, ein Realschüler 255 Mt. 
— Blieskastel, 12. Dez. Wahrscheinlich 
zurch unvorsichtigen Gebrauch der Zundhölzchen ent⸗ 
ündete sich in der verflossenen Nacht das Bett der 
Dienstmagd des Kaufmanns Karl Wies. Daß das 
Madchen dabei nicht verbrannte, ist dem Umstande 
uzuschreiben, daß Nachbarsleute auf die Gefahr 
gerade noch rechtzeitig aufmerksam gemacht wurden. 
— Der Kaufmann L. V. Hussong in Blies— 
kastel hat einen zum Anstrich von Schultafeln 
bestimmten Lack von mattschwarzer Farbe herge⸗ 
stellt, welcher sich nach dem Ergebnisse, der damit 
in der Speyerer kgl. Lehrerbildungsanstalt ange⸗ 
tellten Versuche als gut bewährt hat und von der 
tegierung den Gemeindeverwaltungen und Orts⸗ 
hulbehörden empfohlen wird. 
— Sonntag, 16. Dezember, während des 
ganzen Tages wird der Vorstand der Augenklinil 
in Straßburg, Dr. Roeder, im Saale des Stadt⸗ 
jauses in Neustadt wieder vollkommen unent⸗ 
geltliche Sprechstunden für arme Augenkranke ab⸗ 
Jalten. Um auch bemittelten Kranken Konsultationen 
zu ermöglichen, wird genannter Herr schon Sams⸗ 
sag, 15. d. M., während des Nachmittags im 
Gasthofe „Zum Löwen“ daselbst anzutreffen sein. 
— Grünstadt, 11 Dez. Gegen die Firma 
Schwaabe aus Worms, welche vor kurzer Zeit ein 
Wanderlager dahier errichtete, wurde wegen nicht 
—X 
amte dahier ein Strafbescheid erlassen, aus dem 
olgende Kosten entstehen: 104 Mk. 76 Pf. Steuer 
und Kreisumlagen zum Besten des Staates, 385 
Mark Strafe zum Besten der hiesigen Stadtkasse, 
—X 
76 Pf. 
-In Schifferstadti gedenkt sich nach dem 
„Fr. T.“ der 78jährige Michael Bertram zum dritten 
Male zu verehelichen. Auch über das Haupt der 
Braut sollen schon 67 Lenze hingegangen sein. 
— Als drittes Sekundärbahnprojekt für die 
Pfalz wird jetzt die Ausführung einer solchen Bahn 
don Frankenthal nach Grünstadt empfohlen. 
Es soll demnächst eine Versammlung zur Besprech⸗ 
ung dieses Projektes stattfinden. 
— Für den Canton Frankenthal wurde 
dieser Tage der Rest der für den Winter reservir⸗ 
ten Liebesgaben an die bedürftigen Wasserbeschädig⸗ 
sen vertheilt. 
Vermischtes. 
F Montag Nachts 9 Uhr erhängte sich nach 
ziner Meldung des „Nürnb. Corresp.“ im Gefäng- 
aisse zu BVayreuth der Privatier Hofmann von 
Bamberg, welcher in dem am Dienstag begonnenen 
Schwurgerichtsprozesse wegen der Ott'schen Millionen⸗ 
Erbschaft als Angeklagter erscheinen sollte. 
F Aus Groß Moyeunvre, II. Dez., wird 
der „Metzer Zeitung“ geschrieben: Mit Blitzes⸗ 
schnelle durchlief heute fruüh die Schreckensbotschaft 
bon einem Unglüchsfall den Ort. Der Cassirer im 
hiesigen Werke der Herren de Wendel, Herr Gueisch, 
nebst Frau wurden heute früh todt in ihrer Wohn⸗ 
ung aufgefunden, ohne daß beiden gestern etwas 
gefehlt hätte. Allem Anschein nach liegt hier eine 
unabsichtliche Vergiftung vor. Herr Gueisch wurde 
in seinem Lehnsessel sitzend todt aufgefunden, wäh⸗ 
rend die Frau ausgezogen vor dem Bette lag. Die 
Ueberreste vom Abendessen waren noch auf dem 
Tische. Spuren von Erbrechen, wie das Todsein 
des Hundes deuten darauf hin, daß irgend eine 
—A 
juchung wird nähern Aufschluß geben. 
fHamburg, 13. Dez. Die hiesige Polizei 
ergriff einen Schlosser, Hetzel aus Stuttgart, wahr⸗ 
icheinlich Complice beim Raubmord Heilbronner. 
f In Austin hörte ein Lehrer, wie ein Schüler 
dem andern zuflüsterte, der Lehrer sei ein Esel. 
„Harry“, sagte der Beleidigte, Du wirst in der 
Rtaturgeschichte eine sehr schlechte Note bekommen, 
* Du mich nicht von einem Esel unterscheiden 
dannst“. 
oterbefälle. 
Gestorben: in Klingenmünster Frau Philippine 
Schaaf, geb. Kuhn, 78 J. a.; in Vürkheim 
Marie Martini, Ordensfrau vom hlst. Herzen 
Fesu in Graz; in Mannheim Jakob Schlupp, 
46 J. a. 
ür die Fedaluon veranbooril.