Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der St. Jugberter Auzeiger“ erscheint woöchentlich fünrefnulz Am Montag, Dienstag, Donneretag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 , einschließlich 
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Wlontag, 17. Dezember 1883. 
18. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
* Nach dreiwöchentlichem Aufenthalte in Spanien 
zat der deutsche Kronprinz am Freitag dieses 
rand, in welches ihn der ehrenvolle Auftrag 
eines kaiserlichen Vaters geführt hatte, wieder ver— 
assen, um sich in der Hauptstadi Italiens einer 
aicht minder bedeutungsvollen Mission zu entledigen. 
Der Besuch des deutschen Kaisersohnes am Hofe 
on Madrid wird die freundschaftlichen Beziehungen, 
velche fich infolge der Anwesenheit des Koönigs Al⸗ 
onso bei den Hamburger Manboern zwischen Deutsch⸗ 
and und Spanien geknüpft haben, nur noch iuniger 
zestalten und der so herzliche Empfang, den Kron— 
zrinz Friedrich Wilhelm allerwärts im Pyrenäen⸗ 
ande gefunden, beweist, wwie rasch es demselben ge⸗ 
ungen ist, sich die Sympathien des sonst gerade 
aicht so leicht zugänglichen spanischen Volkes zu 
robern. Mit Genugthuung kaun daher der hohe 
herr auf seine spanische Reise zurückblicken und die 
jerrlichen Punkte, die er auf derselben gesehen, die 
zistorischen Stätten, auf denen sein Fuß geweilt, 
ie werden in seiner Erinnerung eine hervorragende 
Stelle einnehmen. Barcelona bildete das letzte Glied 
n der Reihe der spanischen Städte, welche die Ehre 
jatten, den erlauchten Gast König Alfonso's in 
hren Mauern zu begrüßen und der Kronprinz wurde 
in der catalonischen Haupistadt mit denselben Sym⸗ 
zathiebezeugnungen empfangen, die ihm an allen 
inderen Orten Spaniens zu Theil geworden sind. 
Indefsen sah er sich genöthigt, Barcelona nach nur 
urzem Aufenthalte infolge eines wichtigen von Ber— 
in eingegangenen Telegrammes noch am Freitag 
uu verlassen und dürste er zur Stunde bereits in 
Benug gelandet sein, von wo aus sich der Kran⸗ 
zrinz bekanntlich nach Rom begiebt. 
yagelschlag und Sturm begleiteten die in der jetz⸗ 
gen Jahreszeit außergewöhnliche Naturerscheinung. 
? Blieskastel, 15. Dez. Gegenwärtig glau⸗ 
)en wir uns hier in eine Seestadt versetzt, da die 
Blies infolge des starken Regens und des stattge— 
jabten Schneeabganges ihr Ufer überschritten und 
das Thal von Bierbach bis Blickweiler in einen 
See verwandelt hat. 
— Aus Blieskastel, 14. Dez., wird der 
Zud. Ztg. geschrieben: Nach 14 Jahren haben wir 
zuch einmal wieder ein Theater hier. Die Theater⸗ 
Direktorin Frau C. Schroth, die mit ihrer Ge— 
ellschaft gegenwärtig in St. Ingbert weilt, wird 
hjier einige Vorstellungen geben. Gestern Abend 
hurde dereits begonnen, und war der Saal des 
)erru Demuth dicht besetzt. Zur Vorstellung ge⸗ 
migte L'Arronges 4aktiges Volksstück Hasemanns 
röchter“. Die aus 14 Personen bestehende Gesell⸗ 
haft spielte recht gut, so daß Jedermann befriedigt 
vegging. Möchte die in der ganzen Pfalz als sehr 
ichtbar bekannte Frau Direktorin für ihre Mühe 
ind Kosten von Seiten der Blieskasteler durch zahl⸗ 
eichen Besuch des Theaters belohnt werden! Wie 
ch vernehme, soll im Laufe der nächsten Woche eine 
dindervorstellung gegeben werden. 
— Waldfischbach, 14. Dezbr. Das auf 
ven 12. Dezember anberaumte Lehrerkränzchen in 
Waldfischbach mußte der Bezirkslehrerversammlung 
in Virmasens wegen auf 8 Tage verschoben werden 
ind findet nun am Mittwoch den 19. Jl. Mts. zu 
Waldfischbach statt. Lehrer Reif in Schmalenberg 
jat für dieses Kränzchen den Vortrag übernommen. 
— Schweighofen, 13. Dez. Gestern 
Horgen wurde Elisabetha Röhrig, Ehefrau von 
Fohann Jakob Rock, beobachtet, wie sie sich in einem 
Anfalle von Geistesstörung in der Lauter ertränken 
hdollte. Sie wurde jedoch an der Ausführung ihre? 
zorhabens durch Herrn Bühler, Müller auf St 
demy, verhindert und nach Hause gejagt. Ihr 
ann, in Begleitung der Flurschützen und des 
bolizeidieners, die sie suchten, nahmen sie und führteu 
ie nach Hause. Am Abend bemerkte ihr Mann, 
vie sie fich aus der Stube schlich; er eilte ihr nach, 
onnte sie jedoch weder im Hause noch auf der 
Ztraße finden. Um 2 Uhr kam er wiederholt auf 
)en Speicher und fand seine Frau erhängt ohne 
edes Lebenszeichen. Gerichtliche Untersuchung war 
chon zur Stelle. (LC. A.) 
— Wie die „Rh. und Nztg.“ auf's bestimm⸗ 
este mittheilt, wird vom 16. ds. ab das fortschritt⸗ 
siche „Pfälz. Journal“ in Ludwigshafen in 
den Besitz der Herren Bensheimer in Mannheim, 
Lberleger der demokratischen, Neuen Badischen Lan⸗ 
eßzeitung“, übergehen. Das Blatt wird in Mann⸗ 
eim gedruckt, Redaktion und Erpedition bleibt in 
kudwigshafen. 
Aus Hermeskeil wird als Kuriosum mit- 
getheilt, daß bei einer kürzlich daselbst stattgefunde⸗ 
nen Mobiliarversteigerung ein noch gut erhaltenes 
Sopha für zehn Pfennige versteigert worden ist 
FMainz, 12. Dez. Welcher Sparsamkeits⸗ 
sinn in der Bevölkerung herrscht, geht daraus her— 
vor, daß die hiesige Pfennigsparanstalt in den an- 
derthalb Jahren ihres Bestehens ca. 100,000 Mk. 
man Sparpfennigen aufgenommen hat. 
F Unlängst starb in Frankfurt a. M. eine 
Person, welche vom Armenamt wöchentlich eine 
Unterstützung von 4 Mark ꝛc. erhielt und, wie sich 
nach ihrem Tode herausstellte, ein Baarvermögen 
von 15,000 Mark hinterließ. 
fFNeulauterburg, 13. Dezbr. Gestern 
Abend wurde der Schwiegersohn des Rentners 
hauthard, Bahnhofverwaltungsassistent Lebrecht in 
Straßburg, nach berndigtem Dienste als er ein 
Heleise beim Nachhausegehen überschritt, von einer 
stangirlocomotive erfaßt und sofort getödtet. Le— 
hrecht war ein beliebter Beamter und wird allge⸗ 
mein bedauert. 
F In Zitt au erhielt eine Dame anonym ein 
Theaterbillet zugesendet. Dieselbe folgte der Ein⸗ 
adung, welche mit „Nu rath' mal“ unterzeichnet 
var, amüsirte sich trefflich und fand bei ihrer Nach⸗ 
zdausekunft die Wohnung von Dieben ausgeplündert. 
F In Wien starb der hoffnungsvolle Sohn 
des Fürsten Konstantin von Hohenlohe, Prinz 
Wolfgang v. Hohenlohe⸗Schillingsfürst. 
F Der Große Rath von Wallis hat die 
Wiedereinführung der Todesstrafe beschlossen. 
fFParis, 13. Dez. Der New⸗York Herald 
meldet, daß eine atmosphärische Störnnug über Broß⸗ 
britannien und die norweglichen Küsten zwischen 
dem 15. und 17. Dez. hereinbrechen, von Nieder⸗ 
chlagen eingeleitet und begleitet sein und von 
Süden nach Nordwesten streichende Winde und Böen 
bringen werde. Zwei andere Störungen werden 
in kurzen Zwischenräumen folgen. 
F(GCylinder für Damen.) Ueber eine 
neue Modethorheit schreibt man aus Paris: Nichts 
ist bekanntlich abscheulich genug, um allgemein das 
derdiente Mißfallen zu erregen. Namentlich die 
Damen haben in dieser Hinsicht ziemlich divergi⸗ 
rende Meinungen. So hat sie die Sucht nach Ex⸗ 
zentricität in der laufenden Saison verleitet, das 
entseglichste Attribut der Mannerwelt — den Cy— 
linder zu adoptiren. Ja, was man jetzt auf blon⸗ 
den, braunen oder schwarzen Locken der Pariser 
Damen schaukeln sieht, es ist das Ungethüm Cy—⸗ 
linder, der echte, unverfälschte glattgestrichene Cy⸗ 
linder, die Ofenrohre mit schmaler Krempe! Nur 
eines haben die Damen vor der Hercenwelt voraus, 
sie tragen den Cylinder in allen Farben, und zu— 
weilen empfindet eine Sünderin dennoch Reue ob 
der entlehnten Kopfdechung und verbirgt diese scham⸗ 
haft, zum mindesten auf der einen Seite unier ei⸗ 
nigen Vogelflügeln. Allein Cylinder — bleibt 
immer Cylinder!“ 
fF.Rahrungsmittelverfälschung in 
Paris.) Nach dem Berichte über die Thaäugkeit 
des Laboratoriums des Pariser Gemeinderathes im 
Monam November wurden von 955 Weinproben nur 
85 qut befunden, bei den 890 übrigen Weinproben 
ergab die Analyse gefälschte, durch mehr oder minder 
gesundheitsschädliche Verfahrungsarten hergestellte 
Fabrikate. Und die Milch ist noch schlechter, als 
der Wein. Die Brodverfälschung wird auch sehr 
dark betrieben, nicht minder die Verfälschung der 
Butter, der Chocolade, des Pfeffers, Kaffee's u. s. w. 
Ausland. 
Barcelona, 14. Dez. Der Kronprinz hat 
ich nach herzlicher Verabschiedung von seiner bis⸗ 
jerigen Begleitung und von den hiesigen Behörden, 
Abends 5/0 Uhr zur Rückreise eingeschifft. Die 
Bevölkerung empfing den Kronprinzen bei seiner 
ünkunft und der Fahrt durch die Stadt ehrfurchts⸗ 
jollst und begleitete denselben bis zum Einschiffungs- 
latze mit sympathischen Kundgebungen. Die meislen 
häuser waren geschmückt; Hunderie von Deutschen 
rachten auf den Kronprinzen bei seiner Ankuuft 
auf dem Bahnhofe stürmische Hochrufe aus. 
*In Italien treten die Streitigkeiten im Par⸗ 
amente vor dem unmittelbar bevorstehenden Besuche 
jes deutschen Kronprinzen in Rom zurück. Der⸗ 
elbe wird diesmal in offizieller Weise empfangen 
verden, da er bei seiner ersten Durchreise durch 
Ftalien nur incognito reiste; ein italienisches Ge⸗ 
chwader wird den Kronprinz in Genua begrüßen 
ind ebendaselbst empfängt ihn Prinz Amadeo. LArn 
Lage nach der Ankunft des Kronprinzen in Rom 
indet im Quirinal, dem kgl. Palais, großes Fest⸗ 
anket, dann Zapfenstreich statt; am folgenden Tage 
u Revue über ein Armeekorps und Abends Gala⸗ 
orstellung im Theater Constanzi. Die Munizipa⸗ 
ität wird das Colosseum, das Forum, die Fontana 
krevi, die Piazza del Popolo und den Monte Pincio 
engalisch beleuchten lassen. 
—— 
Bermischies. 
FGtrafantrag wegen Duells.) Aus 
bürzburg wird dem Frankf. Journ. geschrieben: 
zn der bekaunten Pistolen⸗Duell⸗Affaire Lennig— 
Moschel sind die Alten zur weiteren Verfolgung 
der königl. Staatsanwaltschaft übergeben worden. 
Dieselbe hat auf Grund der vorgelegten Protokolle 
es Ehrengerichts der hiesigen Corps gegen 60 
Studirende der hiefigen Universität Strafantrag 
vegen Betheiligung an Mensuren gestellt. 
F Eitting, 12. Dez. Ein wegen des Mordes 
jin Bürgermeister Hapfelmaier in Haft genommener 
Zoͤldner hat ein Gestandniß abgelegt. Die Blut— 
chat war aus Aulaß der Buͤrgmeisterwahl geschehen. 
S 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 17. Dez. Gestern Morgen 
egen 6 Uhr entlud sich über unserer Stadt unler 
eftigem Donnern und Blitzen ein Gewitter.