Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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M 3.
.Auf dieses Blatt kann noch fort⸗
F waährend abonnirt werden. Die
vereits erschienenen Nummern mit
ullhustrirtem Sonntagsblatt werden. so⸗
weit der Vorrath reicht, nachaeliefert.
VPolitische Uebersicht.
Deirtsches Reich.
München, 3. Jan. In der heute hier ab⸗
zehaltenen Sitzung des Ausschusses des Deutschen
dolzhändlervereins, in welcher über 100
Firmen, darunter die Besitzer der bedeutensten Säge⸗
verke Süddeutschlands, vertreten waren, wurde eine
anhden Bundesrats, an den Reichstag und an das
dayerische Finanzministerium gerichtete Petition mit
Einstimmigkeit beschlossen, welche dahin geht, daß
von einer Erhöhung des Holzzolles Umgang ge—
nommen, eventuell das seitherige Verhältniß des
Zollsatzes auf Rundholz und geschnittenes Holz von
1: 2195 beibehalten werden möchte. Die Petition
st sehr eingehend motivirt.
Stuttgart, 8. Jan. Es haben fünf Stich⸗
wahlen zum Landtage stattgefunden, gestern vier
und heute eine. Die Demokraten gewannen dabei
an zwei Orten, in Heilbronn und Riedlingen, die
Regierungspartei siegte in Spaichingen. Noch unent⸗
schieden ist das Nesultat in Herrenberg und Tübingen,
edoch sind in beiden Bezirken keine Demokraten
in der Wahl.
Berlin, 3. Jan. Der Kaiser conferirte heute
Nad mittag von 4 bis 5 Uhr mit dem Fürsten
Bismarck.
Der russische Botschafter Saburow soll in
Berlin durch den Fürsten Orlow ersetzt werden,
da ersterer freundlichere Beziehungen zu Deutsch⸗
land nicht herbeigeführt habe.
Der Bundesrath wird seine Thätigkeit am
nächsten Montag wieder aufnehmen, ohne daß irgend⸗
wie erhebliche Vorlagen in Aussicht stehen. Hier—
nach ist die Vermehrung oder Umgestaltung der
Artillerie, wenn eine solche wirklich in Aussicht ge⸗
nommen worden, aus den Berathungen des Kriegs—
departements noch nicht hervorgegangen. Man er—⸗
wartet, daß der Antrag auf Erhöhung der Holzzölle
in dem Bundesrathe vorweg auf keinen Widerstand
toßen wird, die sächsische Staatsregierung aber,
dem Vernehmen nach, die Absicht haben soll, ein—
selne Aenderungen zu beantragen. deren Annahme
freilich dahinsteht.
Zum zweiten Male ist im Reichsamt drs Inneren
eine Verordnung zum Schutze des Lebens und der
Gesundheit der Fabrikarbeiter ausgearbeitet
vorden, nachdem ein erster Entwurf von dem Reichs—
anzler nicht gutgeheißen war. Begegnet der neue
Entwurf demselben Widerspruche, so kann die Re—
zelung der Angelegenheit vorerst als zurückgelegt
ꝛrachtet werden.
Ueber den großen französischen Todten Gam—
betta — groß wenigstens im Sinne der ge—
chichtlichen Berühmtheit — zitieren wir aus grö—
zeren deutschen Blättern einige Urtheile. In ihrem
Extrablatt sagt die „Post“: „Mit ihm ist der her—
vorragendste Politiker Frankreichs aus dem Leben
geschieden, ein Mann von gewaltiger Leidenschaft
und gewaltiger Kraft, der berufen schien, noch eine
zroße und entscheidende Rolke in der Geschichte
eines Landes zu spielen; ob aber eine heilsame,
as war die bedeutungsvolle Frage, deren Beant-
nortung der Tod abgeschnitten hat.“ — Die „Bad.
L.«Ztg.“ sagt: .Daß Gamhbetta der Dauphin der
Samstag, 6. Januar 1883.
18. Jahrg.
Republik, sich, trotz seines Mißerfolges als Minister, / St. Ingberter Eisenwerk mit
als den künftigen Nachfolger Grevy's betrachtete, großer Flur M 310,80
darf wohl als gewiß gelten. Sein Tod wird auf Schnappbach „145,82
die Lage der Parteien Frankreichs von größtem Sa. M I86T 86
Finfluß sein. Uns befreit das jähe Hinscheiden des Aus der Gemeindekasse 500,—
Mannes, in dem das Prinzip der Revanche zur — A
Nollsten Ausgestaltung gekommen, von einem un⸗ Außerdem wurden gestern Abend mit dem Zuge
zeimlich beklemmenden Drucke. Sprach Napo⸗ im z5uhr anden Kreisausschuß des bayerischen
eon III. an einem Neujahrstage einst von dunkelen Frauenvereins abgesendet: 236 Laib Brod, 289
Punkten am Horizont, so dürfen wir heute wohl körbe voll Kartoffeln, berschieben⸗ Kisten gleider,
ussprechen daß der politische Horizont Europas Fleisch, Wursisagen, Gemüse, Reis, Gerste, Bohnen,
urch Gambetta's Tod eine Klärung, eine tröstliche -chweitzermilch, Erbsen und sonstige verschiedene
Aufhellung erfahren hat. — Das „Irtf. J.“ sagt: Spegerawaaren. “ Noch immer laufen weitere
Wir haben uns gewöhnt, in Gambetta die Ver-· Zaben an Geld, Natutalten u sewein vab
vorberung der Revanche-Idee zu erblicken. Und in nuß lobend constatirt werden, daß alle Kreise un—
Wahrheit: das ist er gewesen. Nicht als ob es erer Bürgerschaft in dieser erhebenden Bethätigung
deinen gabe der seine Erbschaft nen nne der Nächstenliebe mit einander wetteifern. Nicht
Im Gegentheil und vielleicht zum ück für uns: uillein der besser Situirte, dem Wohlthun nicht
r3 wird eine föͤrmliche Jagd entstehen, so diele sind ichwer fällt, sondern auch der weniger Bemittelte,
hrer. Aber es waren zwei Eigenschaften die der Handwerker und Arbeiter, thut, was in seinen
Vambetta nm eines Hauptes Lange über alle em⸗ Zräften steht, um das Unglück unserer Landsleute
sorragen ließer, welche bis jetzt neben ihm in der zu lindern. Und wenn zu anderen Zeiten der
Arena standen; sein intensives Empfinden für den diächt bewegliche Vorderpfälzer mit einer gewissen
Pulsschlag des Voltes und die Raffinirtheit im Ver— Beringschätzung von dem bedächtigen Westricher
olgen seiner Pläne, unterstützt zumal von einer prach so kann er jetzt erfahren, daß der Lehlere
gjanz ungewöhnlichen Redegabe. Und diese Eigen— ich uͤn Wohlthun nicht leicht aͤbertreffen läßt, son⸗
haften vereinigen die Clemenceau und Rochefort. dern daß er zum Helfen allezeit und als einer der
Brisson und Ferry eben so wenig in sich wie ein krsien bereit st
Herzog von Chartres, Viktor Napoleon oder Andere c13 b 333 Wi
inter den Monarchisten, die jetzt gewiß mit den St. J ert, 5. Januar. Wir machen
meisten Hoffnungen sich tragen. Neben dem Staats— yiermit ganz esonders auf den in einem „Ein-
nännischen hat aber auch das Menschlich-Böse in Iene weiter unten folgenden Derhlag
zielfälliger Form in dem Verstorbenen Raum ge. nehrerer hiesiger Bürger, die am nächsten Sonntage
unden. Wir verweisen nur auf die Umstänve, deim Kartenspielen erzielten Gewinne zum Besten
inter denen er starb. Nach Cäsarenart oder, inserer wasserbeschädigten pfälzischen Landsleute zu
venn man noch härter urtheilen will, wie ein erwenden, aufmerksam. Uns zugehende Gelder
Skobelcff muß er in seinem Verkehr mit Weibern weiter zu befördern, sind wir gerne bereit. J
alletr guten Sitte Hohn gesprochen haben.... 5eb, Blieskastel, 4. Jan. Der hiesige
Nuch die Anklagen seiner allernächsten Verwandten, Stadtrath beschloß in seiner gestrigen Sitzung, zur
zaß er im Reichthum schwelge, ihnen aber ieu e dwerbein geer neee
inmal ein Gnadetheil abgebe, sind niemals wirkli am Rhein art und 150 Laib Brod heute
ils grundlos abgewiesen worden. Aber auch der abzuschicken. Auch Kleidungsstücke sind zum glei-
Staatsmann Gambetta war nicht unverdient so ben Zwecke hier gesammelt worden.
inaufhörlich der Mittelpunkt des größten Miß- — GWon der Sicinger Höhe.) Ein
rauens und der herben Verurtheilung. Denn die Ukt brutaler Roheit spielte sich in verflossener Neu—
Raffinirtheit, mit welcher er seine ehrgeizigen Pläne ahrsnacht im Orte Hermersberg ab. Die Gend—
inmer wieder durch neue Mittel zu fördern suchte, irmerie von Waldfsschbach hatte nämlich einem
Hloß nicht einmal die Lüge und die Perfidie aus. Zauernburschen von dort seine bei sich tragende
Die Art und Weise, wie er ihm unbequeme Männer Schußwaffe pflichtgemäß abgenommen. Daraufhin
ystematisch verleumden, unmöglich machen und charten sich nun mehrere Burschen von da zusam⸗
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wir Deutschen das Facit, so kann es kurz un Wüst un oma her, bemächtigten sich ihrer
ichlecht dahin lauten: den Bösen sind wir los, die Waffen, schlugen sie zu Boden und traktierlen die
Bösen sind geblieber. Allerdings: die neuen Rech- also Wehrlosen mit Messern, Prügeln und Fuß—
nungen, welche der Ehrgeiz jedes Einzelnen in vrritten sehr erheblich, so daß au dem Aufkommen
Frankreich jetzt aufmachen dürfte, müssen sich erst des Wüst gezweifeli wird. Die Leute, welche den
die Gunst des Volkes erwerben. Je mehr aber hedrängten uud schwer verletzten Gendarmen Hilfe
in dieser Demokratie alle darauf angewiesen sind, zewähren und sie wenigstens in Obdach bringen
über kurz oder lang durch eine Unternehmung rach wollten, wurden von der Menge mit einem Hagel
außen hin die Probe darauf zu machen, wie sehr von Steinwürfen empfangen und verfolgt.
sje des Boltes Herr sind, desto größer muß unsere — Ein Handetismann aus dem Kanton
Aufmerksamkeit. desto stärker Hut und Wacht sein“ Kusel wird nach der „Zweibr. Ztg.“ nächstens
das Vergnügen haben, vor Gericht zu erscheinen,
und zwar wegen einer ungehörten Prellerei, die er
sich zu Schulden kommen ließ. Er kaufte nämlich
eine alte Mähre, Kandidatin für den Schindacker,
um 20 M.; hernach vertauschte er die Rosinante
einem (bei ihm in der Kreide stehenden) Bauern
gegen ein ordentliches Ackerpferd, ließ sich aber dazu
noch 160 M., sage einhundert sechzig Mark heraus—
geben. Zuletzt gab ihm (resp. mußte geben) der