Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 4, bei Neclamen 30 5. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 26. 
Dienstag, 6. Februar 1883. 
18. Jahrg. 
Voliti kann, haben das mit einander gemeinsam, daß sie! 
Politische Uebersicht dem Expansionsdrange der Produktion entsprungen 
iind, daß also ihre Lösung im Sinne der Interes— 
enten den gegenwärtig in so mannigfacher Form 
nuftretenden deutschen Export⸗Bestrebungen zu Gute 
'ommen soll. Auf dieses ihnen gemeinsame Ziel 
at sie also zu prüfen, wer Stellung zu den Pro— 
ekten nehmen will.“ — Nach ausführlicher Er⸗ 
vägung der Bedürfnißfrage der drei neuen Ver— 
ehrsstraßen in Bezug auf unsern Ausfuhrhandel 
ind ein Vergleihh mit den schon vorhandenen 
herbindungen schließt der Artikel: Vor der Prüfung 
om export⸗politischen Standpunkte aus kann deß⸗ 
alb sowohl die Orientbahn-Frage wie das Projekt 
Mainz⸗Brüssel Stand halten; sie zu fördern, wird 
ilso die Pflicht der autoritativen und, soweit es 
ingeht, namentlich auch unserer national⸗wirthschaft⸗— 
ichen Kreise sein; denn in Bezug auf Produktion 
ind Verkehrswesen gilt, wie Eingangs nachgewiesen, 
n hohem Maße das Wort: Eine Hand wäscht 
die andere. 
Deutsches Neich. 
Berlin, 4. Febr. Der „Schlesischen Ztg.“ 
oird gemeldet: In gut unterrichteten Kreisen wird 
yejaht, daß die Antwort des Papstes auf den Brief 
ꝛes Kaisers eingetroffen sei. — Dem „Tageblatt“ 
vird aus Rom gemeldet, daß die Antwort des 
Papstes abgegangen sei. Die Kurie werde es aber 
er preußischen Regierung überlassen, über den 
kingang der Antwort öffentliche Mittheilung zu 
rlassen. Eine Vereinbarung über die Frage der 
Unzeigepflicht sei dem Abschluß bedeutend näher 
zerückt als bisher. 
Berlin, 4. Februar. Der bayerische und 
purttembergische Minister von Crailsheim und von 
Mittnacht werden erst nach der Beschlußfassung der 
zundesrathsausschüsse über die Petitionen einer 
Anzahl Handelskammern betreffs der Postwerth- 
eichen hier eintreffen. Dieselben werden an den 
iber diese Angelegenheit im Plenum des Bundes⸗ 
aths stattfindenden Berathungen sich betheiligen. 
Im Reichstag bringen die Abgg. Buhl, 
Sander und Kopfer einen Antrag ein, den Reichs⸗ 
anzler zu ersuchen, daß die volle Rückvergütung 
ür Tabak und Tabakfabrikate baldigst eintrete. 
Mit der Ueberschrift „Eisenbahnprojekte 
troßen Stieles“, bringt das „Frkf. Journ.“ 
nen groößeren Leitartikel, dem wir nachstehende 
lusführung entnehmen: „Gleichwie der thierische 
Irganismus sich zur Erleichterung seiner Existenz 
ind zur Förderung der eigenen Entwickelung seine 
esonderen Werkzeuge aus sich heraus bildet und 
rhält, so hat auch der Organismus des wirth—⸗ 
haftlichen Lebens und Webens sich zum eigenen 
zesten des Verkehrswesens produzirt: hier wie dort 
ieselbe Wechselwirkung. Hierdurch erklärt es sich 
nuch, daß die Bewegungen des Verkehrswesens als 
Symptome gelten für das Wohl- oder Uebelbefinden 
ver ökonomischen Zustände. Ein größerer Begehr 
ach Transportmitteln und Wegen pflegt stets mit 
inem Aufschwung der Produltion Hand in Hand 
u gehen und in Zeiten des wirthschaftlichen Nieder⸗ 
anges liegt nicht etwa deßhalb, weil es an Baar⸗ 
nitieln fehlte, der Eisenbahnbau⸗Unternehmungsgeist 
arnieder, derselbe krankt vielmehr, trotz des im 
hegentheil wohl assortirten Geldmarktes, weil ein 
tagnirender Wirthschaftsorganismus kein Verlangen 
rägt nach einer Erweiterung seines Verkehrswesens. 
— Aus diesen Gründen müßte, wenn der wirth— 
haftliche Aufschwung nicht schon anderweitig hin⸗ 
anglich erwiesen wäre, sein Eintreten aus dem 
Umstande zweifellos erhellen, daß sich ein starkes 
derlangen nach einer Erweiterung unseres Verkehrs⸗ 
vesens immer dringender geltend macht und zwar 
iach einem Ausbau unseres Transportstraßen⸗ Netzes 
niicht nur im Innern durch Meliorationen von 
okaler oder provinzialer Bedeutung, sondern auch 
ach Außen, um unseren wachsenden Waaren⸗Ab⸗ 
lüssen nach den auswärtigen Märkten kürzerr, 
illigere und zahlreichere Wege zur Verfügung zu 
ellen. Gegenwärtig sind es neben den zahlreichen 
anal· und Flußmeliorationsfragen, drei Eisenbahn⸗ 
rojelte großen Stiles, welche die Aufmerksamteit 
veiterer, mit ihren Erzeugnissen auf den Export 
mgewiesener, produktiver Kreise unseres Vaterlandes 
bhaft interessiren: die Querbahn Mainz-Brüssel, 
ie bayerische Fern⸗Bahn nach Italien und der An— 
chluß der tuͤrkischen cun die österreichisch ungarischen 
zahnen. Alle drei Eisenbahnfragen, auf deren 
Aetails hier natürlich nicht eingegangen werden 
Sattler Greff als Sekretär, Gerber Toussaint 
ils Rechner, Gastwirth Lang und Förster Pau! y, 
etzterer von Lautzkirchen, als Beissitzer Zugleich 
wurde der Gedanke ausgesprochen, einen protestan⸗ 
ischen Wohlthatigkeitsverein zu gründen; jedoch 
nußte die Gründung eines soichen, angesichts der 
nielen in letzter Zeit vorgenommenen Sammlungen, 
auf das nächste Spätjahr verschoben werden. 
— Vom oberen Gebirge wird dem 
„Land. Tgbl.“ geschrieben: „Der so viel geschmähete 
z2er, mit den verschiedensten Epithetis geziert, scheint 
denn doch besser werden zu wollen, als sein Ruf. 
Wenigstens zeigen durchschnittlich die Weine nach 
dem ersten Ablasse eine merkliche Säureabnahme, 
so daß auch schon Kenner der Bermuthung Raum 
zeben, es könne gezuckert worden sein. Im Großen 
uind Ganzen muß dies wohl als unrichtig ange⸗ 
nommen werden. Der Wein hat sich nur über 
Irwarten günstig gebaut. Allerdings fehlt demsel⸗ 
ben Feuer und Kraft und konnte dieser Abgang 
auch nicht durch „Süßigkeiten‘ ergänzt werdem 
vie wir jelber an derartigen Weinen zirr Genüge 
zrobten. Indessen ist der Naturwein immerhin ein 
üffiges Getränke und der arbeitenden Klasse jeden⸗ 
alls zusagender, als das braune Naß. Auch in 
veiteren Kreisen scheint er genügende Würdigung 
jefunden zu haben. Wenigstens lassen die fast aus⸗ 
nerkauften Keller der Ortschaften oberhalb Landau 
ind die angelegten Preise bis zu 200 Mark pro 
000 Liter darauf schließen.“ 
— Dem „Land. Anz. geht eine Erwiderung 
zu auf den auch von uns aäbgedruckten Artikel in 
Betreff der von einem Vater zweier früheren Ein— 
ährigen aufgestellten Behauptungen in Sachen der 
ekanntlich im Reichstag zur Sprache gekommenen 
„Geldmacherei der Unleroffiziere“. Nachdem wir 
oon dem Angriff Notiz genommen, müssen wir nun 
nuch die Abwehr folgen lassen; dieselbe lautet: 
Ich habe dreißig Jahre dem in der Korrespondenz 
jemaßregelten Stande zugehört, habe die äliereu 
wie die neueren Militärverhältnisse genau kennen 
gelernt, habe im Unteroffiziersstand recht brave und 
ju allen Ständen würdige Männer gekannt, und 
Jeute ist deren Zahl nicht minder geworden; deß⸗ 
jalb bin ich stolz, diesem Stande angehört zu haben, 
benso wie ich es jetzt bin auf meinen bürgerlichen 
Stand, und deßwegen thut es mir doppelt wehe, 
einen so schweren und, wie ich behaupten kann, 
ingerechtfertigten Vorwurf, welcher in genannter 
dorrespondenz dem ganzen Unteroffiziersstand hin⸗ 
jeworfen worden, lesen zu müssen. Der Unterofsi⸗ 
ier, der an und für sich nicht auf Rosen gebettet 
st, dem aus disziplinären Gründen jedes Wort der 
kechtfertigung verboten, der also vollständig wehrlos 
illen Anschuldigungen preisgegeben ist, muß es 
ruhig hinnehmen, wenn in hoher Versammlung 
inzelne Vertreter gegen seinen Stand, der nach 
Tausenden zählt, Anschuldigungen los donnern um 
venn sich in dieser hohen Versammlung nicht 
ein Einziger sindet, der ein Wort der Rechtfertig⸗ 
ing zu sprechen weiß. Wer mag dann noch sagen: 
O welche Lust, Unteroffizier zů sein!“ Der Koͤrre. 
pondent spricht von haarsträubenden Erfahrungen, 
pie er mit seinen Söhnen während ihrer Dienst⸗ 
zeit gemacht. Diese Anschuldigung trifft also, in— 
dem der Artikel aus der Pfalz Heschrieben ver⸗ 
nuthlich die vier Garnisonen der Pfalz. Zu diesen 
jabe ich auch gehört und fühle mich mit ange—⸗ 
zriffen. Ich möchte es deßhalb dem storrespon⸗ 
enten an das Herz gelegt wissen: Hat er die feste 
leberzeugung sich verschafft, daß Das, was seine 
Ausland. 
Paris, 5. Februar. Der Fall des General 
Thibaudin beschäftigt weiter die Pariser Presse. In 
ausländischen Militärkreisen hat man festgestellt, doß 
)»er General am 11. December als Nichtverwunde⸗ 
ter unter Bruch seines Ehrenwortes aus Mainz floh. 
Rom, 4. Febr. Der „Moniteur de Rome“ 
ementirt die Meldung des „Standard“, Jacobini 
ereite eine das Schreiben des deutschen Kaisers an 
den Papft beantwortende Denkschrift vor. 
London, 5. Februar. Die deutsche Brigan⸗ 
ine „Cato“ mit 50 Tons Dynamit an Bord, an⸗ 
eblin von Hamburg nach Mexico bestimmt, ist in 
zull mit Beschlag belegt worden, da sie im Ver⸗ 
acht steht, daß sie für Irland bestimmt ist. 
Washington, 4. Febr. Der Congreß nahm 
iine Bill an, betreffend die Förderung des Projekts 
iiner allgemeinen Ausstellung im Jahr 1884. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 6. Febr. Unser gestriger 
Jahrmarkt ist kaum erwähnenswerth. Auch 
has hübsche Wetter konnte demselben nicht etwas 
nuf helfen. Außer einigen Ständen mit Zuckerge⸗ 
ackenem war wenig zum Verkaufen da; gleich ge⸗ 
ing war auch die Lust zum Kaufen. 
*Sit. Ingberl, 6. Febr. Die Fastnacht 
heint hier still und geräuschlos, wie noch nie, 
orübergehen zu wollen. Abgesehen von einigen 
zällen und Freimusiken, die zu Ehren —XL 
orgester n und gestern Abend in verschiedenen Tanz⸗ 
okalen abgehalten wurden und im Ganzen sehr 
näßig besucht waren, ist von ihr nichts zu bemerken, 
a sämmtliche Vereine für dieses Jahr von einer 
arnewalistischen Feier Abstand genommen haben. 
zielleicht erlauben die Verhältnisse im nächsten 
Jahre, das heuer Versäumte nachzuholen. Troösten 
vir uns damit. 
*St. Ingberü, 6. Febr. Wie uns mit—⸗ 
getheilt wird, sind nun auch im benachbarten El⸗ 
versberg die Blattern aufgetreten. 
t. Blieskastel, 5. Febr. Der prot. 
Verein für Schule- und Kirchenange⸗ 
legenheiten in Blieskastel hielt gestern im 
Ixot. Schullokal seine jährliche Generalversammlung. 
Nach der Rechnungsablage wurde die Neuwahl des 
Ausschusses und die Chargenvertheilung vorgenom⸗ 
nen, und wurden gewählt die Herren Pfarrer und 
distriktsshulinspektor Can didus als Vorstand,