Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donunerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
AM 254.
Volitische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 26. Dez. Prinz Ludwig von
Bayern ist von der im Oktober unternommenen
Reise nach England, Spanien ⁊c. vorgestern mit
dem Pariser Blitzzug im besten Wohlsein wieder
zier eingetroffen.
Berlin, 28. Dez. Die Provinzial⸗Corespon⸗
denz veröffentlicht einen Artikel mit der Ueberschrift:
„Zum Jahresschluß“, worin es heißt: Das Ein—
zernehmen der führenden Mächte des Wettheils ist
aicht nur nicht erschüttert, sondern um neue Bürg⸗
schaften bereichert worden; das Vertrauen des Aus—
landes zur Friedlichkeit der deutschen Politik und
zur Friedenstendenz der von ihr geschlofsenen Ver⸗
oindungen ist allenthalben, gekräftigt. Die große
Zahl der während des Sommers und Herbstes
tattgehabten Begegnungen von gekrönten Häuptern
rug wesentlich dazu bei, den Ausblick in die poli⸗
iische Zukunft des Welttheils zu erhellen. — Der
Artikel gedenkt sodann der spanischen und italieni—
schen Reise des deutschen Kronprinzen, welche wesent⸗
ich dazu beigetragen hat, durch sein Erscheinen den
Blauben an die Friedensmission des deutschen Volkes
dis über die Pyrenäen und Alpen hinaus mächtig
zu fördern. An eine Lösung von bestimmien Auf⸗
jaben der Politik habe es fich in den von dem
Kronprinzen besuchten Ländern nicht gehandelt;;
eben darum werde es mit hoher Befriedigung er⸗
füllen, daß der Kronprinz überall eine Aufnahme
zefunden hat, welche dafür bürgt, daß die Samm⸗
sung ber Kräfte des dentschen Volkes von den
Freunden des Friedens- und der Ordnung aner⸗
lannt und ihrer wahren Bedeutung nwach gewürdigt
vird.
Hamburg, 28. Dez. Der Verwaltungsaus⸗
chuß der Berlin⸗Hamburger Bahn empfing ein
Schreiben der preußischen Regierung mit einer Ein⸗
adung zu einer neuen Conferenz am 8. Januar
ind gleichzeitig die Anküudigung der Uebernahme
»er Bahn am 1. Januar 1885 durch Expropriation,
alls eine Einigung unmöglich sei.
Sozialdemokratische Kundgebung.
Das Erxecutiv⸗Comité der deutschen sozialistischen
Arbeiterpartei soll an die Pariser deutschen Sozia⸗
isten einen Brief gerichtet haben, in dem das Be—
zauern ausgesprochen wird, daß die deutsche sozia—
istische Partei nicht zu der von der französischen
Arbeiterpartei organisirten internationalen Arbeiter⸗
onferenz eingeladen worden ist, und worin zugleich
jegen gewisse Beschuldigung von Mäßigung pro—
estirt wird. Ter Schluß des Briefes lautet an⸗
zeblich: ... Die deutschen Sozialdemokraten haben
mmer und jederzeit, wo Gefahr zu laufen war,
»as gethan und werden auch ferner thun, was die
grundsätze des Sozialismus ihnen zu thun gebieten.
Unsere französischen Brüder können überzeugt sein,
»aß weder die Polizei des Herrn von Bismark
och des Herrn Ferry, noch irgend eine andere
ins einen einzigen Augenblick unsere Pflichten einer
aternationalen Partei werden vergessen machen.
Oresden, 17. Dezember 1883. Bebel, Liebknecht,
BZollmar.“
Lokale und pfälzische Nachrichten.
e. Ensheim, 28. Dez. In der Nacht vom
26. auf 27. J. Mts. wurde der 2410, ge ledige
Fabrikarbeiter Georg Wetzel von hier, welcher
einen jüngern Bruder rufen wollte, von dem 16
zahre alten Ludwig Philipp von da durch einen
Sonntag, 30. Dezember 1883.
Revolverschuß derart getroffen, daß an dem Auf⸗
ommen desselben gezweifelt wird. Die Kugel soll
noch im Magen stecken. Sofort nach der That er—
zriff Ph., welcher vorher noch die Kasse seines
Vaters geplündert hatte, die Flucht, ohne daß bis
etzt sein Aufenthalt ermittelt werden konnte. Die
LIniersuchung ist bereits in vollem Gang.
-Kunftigen Sonntag den 30. Dezember wird
u Homburg der dortige Pfarrcäcilienverein im
TFappel'schen Saale das „Weihnachts⸗-Oratorium“
»on H. F. Müller mit lebenden Bildern zur Auf—⸗
ührung bringen. Dasselbe fand bis jetzt in ca.
160 Städten Deutschlands den größten Beifall,
vährend es in der Pfalz, soweit wir wissen, bis
etzt noch nicht aufgeführt wurde. Freunde dieser
Ousikgattung seien daher auf diese Aufführung hier⸗
nit aufmerkfam gemacht. Wir wünschen dem Vor⸗
haben den besten Erfolg und dem Vereine zahl⸗
eichen Besuch, der um so mehr ermöglicht ist, als
er Eintriitspreis 4à Person nur 50 Pfg. beträgt.
Anfang um *28 Uhr Abends.
— In der „Sp. Zig.“ wird der Vorschlag
jemacht, der in Speyer zu erbauenden Gedächt⸗
nißtirche den Namen „Lutherdom“ als ebenbürtiges
Begenstück zu dem Kaiserdom beizulegen.
Vermischtes.
f Ueber mehrere Brände in Wittlich gibt die
Tr. Ztg.“ folgende Mittheilungen: Beim erften
Zrande, (den 18. d. Mts. Abends 8 Uhr) wurden
Gebaäude 4 Wohnhäuser und 3 Oekonomiege⸗
ädude 2c.), beim zweiten (den 19. Morgens halb
Uhr) 9 Gebaude (3 Wohnhäuser und 6 Oeko—
romiegebäude), beim dritten (den 19. Morgens 10
Uhr) 2 Gebäude (1 Wohnhaus und 1 Scheune),
veim vierten (den 19. Nachmittags halb 3 Uhr)
3 Gebäude (5 Wohnhäuser und 3 Oekonomiege⸗
aäude) eingeäschert. Zusammen 26 Gebäude, und
war 13 Wohnhäuser und 13 Oekonomiegebäude.
Während dem letzten, gegen halb 3 Uhr ausge⸗
drochenen Brande war Lin neuer im Enistehen,
vurde jedoch rechtzeitig gelöscht. — Ueber das Ent⸗
tehen des Feuers circuliren die verschiedensten Ge⸗
rüchte. An eine Selbstentzündung glaubt Niemand
recht.
F Eine Bauernhochzeit im größten Stil
vurde dieser Tage in Samment hin bei Züllichau
m Hause des Bauern Harder gefeiert. Nicht weniger
ils 10 Schafe, 2 Schweine, verschiedenes Geflügel,
3. Zentner Fische und 5 Zentner Mehl (zu Kuchen
erbacken) lieferten die noͤthige Speise, während 2
Tonnen Baierisch⸗, 1223 Tonnen Malzbier, einige
Unker Roth- und Branntwein das flüssige Element
ildeten. 269 Personen saßen an der Hochzeits⸗
afel; die Feier dauerte von Donnerstag voriger
Woche bis zum Sonntag.
F (GWeihnacht im Sprüchwori.) Der
24. Dezember (Adam und Eva) steht im Rufe,
das Wetter bis Ende Dezember zu bestimmen:
„Wie's Adam und Eva spend't,
Bleibt's bis ans End'!“
In Oberofterreich und mit geringer Variante
in Luzern heißt es:
„Wenn die Christnacht hell und klar,
Folgt ein höchst gesegnet Jahr;“
in Weingegenden hört man:
„Weihnachten klar,
Hutes Weinjahr;
Weihnachten naß
Hibt's leere Speicher und Faß.“
18. Jahrg.
„Helle Christnacht, finstre (volle) Scheuer,
Finstre Christnacht, helle (leere) Scheuer.“
Ein mildes Weihnachtswetter fürchtet man um⸗
omehr, als man aus demjelben auf einen langen
Rachwinter schließt:
„Ist das Wetter um Weihnachten gelinde, so
wahrt die Kalte gewöhnlich lange ins Frühjahr
inein;“
„Wintert's vor Weihnachten nicht, so wintert's
nach;“ daher:
„Grünen am Christag Feld und Wiesen,
Wird sie zu Ostern Frost verschließen;“
„Ist Weihnachten warm und lind,
Gibt's zu Ostern Schnee und Wind;“
„Grüne Weihnachten, weiße Ostern;“
„Weihnachten im Klee,
Ostern im Schnee;“—
„Stectt die Krähe um Weihnachten im Klee,
Sitzt sie sicher um Ostern im Schnee.“
f Ein Wagen, welcher durch das Gewicht
des Fahrenden in Bewegung gesetzt wird, wurde
don W. Neufeldt in Riesen burg (Westpreußen) er⸗
funden und patentiert. Der Fahrende hat seinen
Platz stehend hinter der Achse der beiden Vorder—
äder auf einer Platte. Die Fortbewegung des
Wageus geschieht durch das Eigengewicht des Fahren⸗
den in der Weise, daß derselbe abwechselnd auf die
beiden Fußtritte tritt. Die Fußtrittstange, welche
drehbar ist, hängt an einer Kette, die mil dem an—
deren Ende an den beiden auf der Achse drehbaren
Stufenscheiben befestigt ist. Durch das Herunter⸗
reten der Pedale werden die Stufenscheiben in Um—
rehung versetzt und nehmen vermöge ihrer beiden
Zperrklinken das Sperrad, welches auf der Achse
eftgekeilt ist, mit, so die Achse umtreibend. Vie
Achse greift mit den Sperrklinken in Sperrscheiben,
die an den Rädern befestigt sind, und setzt so die
zeiden Vorderräder in Bewegung. Zum Lenken
des Fahrzeuges ist ein um seine Mine drehbarer
debel angebracht.
T. Oporto, 28. Dez. Ein englischer Schooner
aus Jersey landete hier 53 Ueberlebende des auf
hohem Meere gescheiterten belgischen Dampfers
Plantyn.“ 18
F Madrid, 22. Dez. Eine Depesche des
Bouverneurs von Granada meldet, daß der Sturm,
welcher dort am 19. ds. wüthete, die halbe Stadt
Mamola zerstörte. Die Rhede wurde schwer be⸗
chaädigt und die Schiffe litten beträchtlich. Viele
Personen trugen Verletzungen davon.
New-York, 24. Dez. Im Westen haben
mit Hagel vermischte Regenguͤsse großen Schaden
an den Eisenbahnen angerichtet. Bei Salam wurde
ꝛine Brücke weggerifsen; auf der Luisville⸗New⸗
Albany- und Chicago-Eisenbahn verursachten die
Fluthen ein namhafies Eisenbahnunglück. Ein Zug
lkürzte in einen Dammdurchriß, webei7 Personen ge⸗
ödtet und 10 mehr oder weniger schwer verletzt
purden. — Bei Ouray Colerado wurden durch
dawinensturz 6 Bergleuie erschlagen und 5 schwer
berletzt.
.in Rabab.), Nachstens wird in Paris
iner der reichsten Nabobs Indiens eintreffen. Der⸗
elbe hat 160,000 Pfund Sterling (32 200, 000
Marh) Einkünfte. 18 Frauen und 107 Hinder.
Sterbefälle.
Gestorben: in Rittersheim Karolina Neu, 65
J. a.; in Kottweiler Frau Elisabetha Gutheil,
geb. Scheuermann, 66 J. a.; in Mannheim Frau
Sal. Strauß, Wwe., geb. Meyher.