824.
Abänderungen vorstehenden Statuts bedürfen
der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde.
Erläuterungen.
J. Derjenige durchschnittliche Tagesverdienst der
Fabrikarbeiter, welcher nach 8 20 Abs. 1 des
steichsgesetzes vom 15. Juni 1883 an Stelle des
ortsaüdlichen Taglohnes tritt, ist beitäufig mit zwei
Mark, der „ortsuͤbliche“ Taglohn mit LM. 50 Pf.
derjenige für jugendliche und weibliche Arbeiter mit
1M. zu bemessen.
jj.“Der Entwurf ist auf den Mindestleistungen
des 8 20 des Reichsgesetzes aufgebaut, wie dies
gegenüber den Bestimmungen der al. 1 des 831 bei
al' den Kassen, zu welchen die Atbeitgeber nicht
ganz bedeutende Mehrleistungen aus eigenen Mitteln
machen, also bei der überwiegenden Mehrzahl aller
RZeiriebskrankenkassen geboten erscheint. Denn es
nüssen erst Erfahrungen abgewartet werden, ob mit
3 pCt. Gesammtbeitrag höhere, oder, worauf der
Ddauptwerth zu legen wäre, länger dauernde Kranken⸗
Anterstützungen und größere Sterbegelder bewilligt
werden können.
IIJ. Gegenüber diesen Mindestleistungen fällt
die Karenzzeit für die Versicherungspflichtigen und
die Kürzung der Krankengelder bei mehreren Er—⸗
krankungen weg. Auch das Eintrittsgeld, das
schließlich nur auf eine Entlastung des Betriebs⸗
unternehmers hinauslaufen und den Zudrang zu
den freien Hilfskassen künstlich steigern würde, scheint
gerade bei den Faobrikkrankenkassen unter diesen Um⸗
jänden nicht gerechtfertigt. Bei den Ortskranken⸗
tassen und bei den Fabrikkassen mit höheren Leist⸗
ungen liegen darin die Verhälinisse ganz anders.
IV. Die Aufnahme der Bestimmung, daß Kassen⸗
mitglieder wegen Betrug ausgestoßen werden, er⸗
chien bei den Fabrikkassen unnöthig, da der Arbeit⸗
geber derartige Elemente überhaupt entfernen wird,
und unbillig gegen die Gemeindekasse, die den Aus⸗
gestoßenen aufnehmen muß.
V. Die Karenzzeit der freiwillig beitretenden
Mitglieder (vergl. F68 al. d. Reichsgesetzes) scheint
dagegen unter allen Umständen geboten.
Vi. Mit Rüchssicht auf die Mindestleistung ist
nuch die vorstehende Interpretation der 88 27 und
38 erfolgt.
VII.“Die Anlegung verfügbarer Gelder (vergl.
oben 8 16) ist den pfälzischen Verhältnissen an⸗
gepaßi.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 10. Febr. Seine Majestät der
Konig haben nachstehende im Auschlusse an die
diesjaͤhrigen größeren Truppenübungen zu vollziehen⸗
den Aenderungen in der Dislokation der Armee zu
verfügen gerudͤt; J. Bataillon 6. Infanterie- Regi⸗
ments, von Suizbach nach Amberg; II. Bataillon
3. Infanterie-Regiments, von Amberg nach Sulz-
dach; 3. Eskadron 2. schweren Reiter⸗Regiments
don Nymphenburg nach Landshut; 4. Eskadron
2. schweren Reiter-Regiments von Landshut nach
Nymphenburg; 2. Eskadron 1. Ulanen⸗Regiments
don Neustadt a/A. nach Bamberg; 3. Eskadron 1.
llanen⸗Regiments von Bamberg nach Neustadt a/A;
3. Eskadron 4. Chevaulegers⸗Regiments von Neu⸗
IUlm nach Augsburg; 4. Eskadron 4. Chevaulegers-
Regimeni von Augsburg nach Neu-Ulm; 1. Es-
adron 5 Chevaulegers-Regiment von Zweibrücken
nach Saargemünd; 2. Eskadron 58 Chevaulegers-
Regiments von Saargemünd nach Zweibrücken; 5.
Esladron 6. Chevaulegers-Regiments von Neumarkt
. d. Oberpf. nach Bayreuth; 3. Eskadron 6. Che—
aulegers⸗Regiments von Bayreuth nach Neumarkt
. d. Oberpfalz.
München, 11. Febr. Landtag. Crails⸗
Jjeim erklürt auf Grund des Rechnungsabschlusses
her pfälzischen Bahnen pro 1883 müsse er die Ein⸗
setzung von 1,879,000 (statt 1,180,000) Zuschuß
heantragen, da das Resultat ungünstiger sei als die
xrovisorische Rechnung. Dem Antrage Buhl auf
Dinübergabe der Petition der pfälzischen Städte an
die Regierung zur Würdigung trete er nicht ent⸗
gegen; 'es sei möglich, daß die Regierung im Laufe
der Finanzperiode gezwungen wäre, der Petition
Rechnung zu tragen. Schauß beantragt nunmehr
die Einsetzung von 1,8300,000 Mk. Bei der Ab—⸗
fstimmung werden 1,800,000 Mark in den Etat
eingesetzt. Ueber die Petition der pfälzischen Städte
wird nach dem Ausschußantrag zur Tagesordnung
abergegangen. Nächste Sitzung worgen. Eisen⸗
hahngesetz und Anträgqe.
Gerüchte über eine Einverleibung Lothringens
n Preußen tauchen wieder auf. So wird im
x5Us. Journal einer angeblich in Metz verbreiteten
zersion Erwähnung gethan, daß beabsichtigt werde,
Lothringen von Elsaß zu trennen und mit Preußen
u vereinigen, während Elsaß einen Sonderstaat
ilden würde, der bis zur endgiltigen Entscheidung
iber sein Loos von einem Statthalter regiert
verden solle.“ Der betreffende Artikel schließt mit
jen Worten: „Wie dem auch sei, die Frage ist
jestellt, wenn auch nicht offiziell — was wir nicht
u untersuchen haben — so doch in gewissen ein⸗
sußreichen politischen Kreisen, wo sie in den letzten
Tagen erörtert wurde.
Der deutsche Reichstag soll zum 5. März
inberufen werden. Von ernsteren und umfassen⸗
deren Arbeiten des Bundesraths ist bis jetzt noch
jar keine Rede. Gutachten von den Bundesregie—
rungen liegen weder bezüglich der Grundzüge zum
Unfallversicherungsgesetz noch zur Reform
des Aktienwesens vollzählig vor und wenn diese
wirklich erst eingegangen sind, so bedarf die
Sichtung und Zusammenstellung des Materials
zoch einiger Zeit, bis an die Berathung im Plenum
geschritten werden kann.
Ausland.
London, 11. Febr. Daily News meldet
nus Varna von gestern: Auf Kreta ist eine Insu—⸗
rection ausgebrochen. Die Pfortez beorderte 5000
Jepre Truppen aus Smyrna und Salonichi nach
reta
Französische Rekrutirungsgeschäfte.
Mit heller Begeisterung meldeten in der Zeit,
ils die ersten französischen Verstärkungen nach
Tonkin abgingen, französische Blätter, daß sich
ausende Offizieren und zehntausende von Unter⸗
iffizieren und Soldaten freiwillig zur Theilnahme
in der Expedition gemeldet hätten, und man that
o, als od das französische Kriegsministerium alle
dände voll zu thun habe, um auf die massenhaft
inlaufenden Gesuche abschlägige Antworten zu er⸗
heilen. Im Auslande mußte man glauben, daß
der alte „élan“, diese vielgepriesene Eigenschaft der
ranzösischen Soldatesca wieder erwacht sei. Ganz
o schlimm kann es unmöglich gewesen sein, denn
etzt kommt der hinkende Bote bereits nach, den
Franzosen fehlt es entweder an Mannschaften, um
hre Armee in Tonkin zu kompletiren, oder sie
alten ihre lieben Landeskinder für viel zu kostbar,
im für die Interessen des eigenen Landes in fernen
Begenden zu kämpfen.
Die Franzosen werben einfach Ausländer an,
ie sie für gut genug halten, um sich von den
S„chwarzflaggen oder Chinesen niederkartätschen zu
assen oder dem ungesunden Klima zum Opfer zu
allen. Ein ergiebiges Rekrutirungsfeld bildet fuͤr
die Franzosen in dieser Beziehung die Schweiz,
)eren augenblickliche wirthschaftliche Nothlage sie in
)er denkbar unverfrorensten Weise ausnützen. Die
zanze schweizerische Grenze ist von den Franzosen
nit Werbestationen gespickt, und nach Hunderten
aͤhlen bereits die jnngen Leute, die von ehr⸗ und
jewissenlosen Werbern in das sichere Unglück gelockt
vorden sind. Freilich die französische Regierung
nacht ein ganz vorzügliches Geschäft hierbei, und
ie französische Generosität tritt hierbei in ganz
clatanter Weise zu Tage. Die Mehrzohl der
Angeworbenen hat nämlich bereits in der Schweiz
ine militärische Ausbildung genossen, und für diese
lusbildung rechnet die Schweizer Regierung pro
Nann und Jahr 300 Franks. Die Franzosen sind
iun dreist genug, erstens einmal diese Leute einfach
vegzunehmen, ohne irgend Jemand eine Entschädig⸗
ing zu zahlen, und die Unglücklichen, welche der
ranzösischen Werbetrommel gefolgt sind, erhalten
ür ihre Dienstleistungen täglich einen baaren Sou,
iuf deutsch gesagt, ganze vier Pfennige. Leider hat
ie schweizerische Regierung nicht die Energie oder
s fehlt ihr an der erforderlichen Macht, um diesem
Unwesen erfolgreich ein Ende zu machen. Die
hweizerische Regierung zieht sich sehr schlau aus
jer Affaire, sie sagt einfach, daß sie sich um Leute,
zie ihrem Vaterlande in so rücksichtsloser Weise
en Rücken kehren, nicht zu kümmern habe, und
zaß sie keine Verantwortung für das fernere Schick—
al derselben ühernehme. Das ist enischieden nicht
er richtige Weg, wenigstens sollte die Regierung
inerfahrene junge Leute mit großer Entschiedenheü
avor warnen, unerfüllbaren Versprechungen Glauben
u schenken. In dieser Weise wird es den Franzosen
eicht, sich billig militärische „Gloire“ zu verschaffen.
skuhm, der mit fremden, aber nichtfranzösischen
glut erkauft ist.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
„*.St. Ingbert, 11. Febr. Bekanntlis
vurde für unsere Krieger, welche durch die
zroßen Strapazen des Feldzuges 1870 71 an ihre
Besundheit Noth gelitten hatten, von Reichsregierung
und Reichstag das Gesetz über die Pensionirun
und Versorgung von Militärpersonen und den Im
dalidenfonds beschlossen. Leider hat jedoch die Er—
fahrung ergeben, daß mit demselben den Forde—
rungen der Gerechtigkeit und Billigkeit nicht in der
Weise genügt ist, wie es gewiß im Sinne der Ge—
etzgeber lag. Sehr häufig sind die Fälle, wo bei
ehemaligen Kriegern Siechthum oder Leiden, welch
ich auf die Strapazen des Feldzuges zurückführen
assen, zum Vorschein kamen, nachdem die Anmelde
rist — 1876 — verstrichen war. Für die hier.
yon betroffenen Personen gelten leider die Wohl.
haten des erwähnten Gesetzes nicht. Das Vater
and ist verpflichtet, in irgend einer Weise hier
jelfend einzutreten; allseitig wird das anerkannt,
ind hat sich auch der pfälzische Reichstagsabgeord—
iete Dr. Groß, wie s. Z. in diesem Blatte er—
vähnt, wiederholt im Reichstage bemüht, eine
Aenderung zum Besseren herbeizuführen. Neuer:
ings hat sich nun das Präsidium der pfälz
schen Kampfgenossenschaft mit einer
Betition in dieser Angelegenheit an den Reichstag
Jewendet, hoffentlich nicht vergeblich.
* St. Ingbert, 12. Febr. Wie uns mit⸗
jetheilt wird, hat sich die Ortsschulkommission in
hrer letzten Sitzung durch einstimmigen Beschluß
ür eine mit Beginn des nächsten Wintersemesters
u errichtende protestantische Schulberweserstelle zu
Schnappbach ausgesprochen.
— Kaiserslautern, 9. Febr. Die dies—
ährige Generalversammlung des Vereins der deutschen
Volkspartei der Pfalz findet am 17. Februar Nach⸗
nittags im Saalbau hierselbst statt.
— Der bei Hirschhorn todt aufgefundene Malz
ufschläger Herr“ Rudolf v. Reitz aus Kaisers-
autern hatte sich den Adel durch Erlangung des
Verdienstordens der bayer. Krone für vorzügliche
Dienstleistungen gegen den Grenzschmuggel erworben.
— Dürkheim, 9. Febr. (Wenn Jemand
ine Reise thut, so kann er was erzählen.) Am 5.
»8. verließ ein Bürger Namens Ludwig Kotter in
Dürkheim seine Familie unter der Angabe, er reise
iach Amerika. Derselbe kam jedoch, um dai
Schlafgeld zu ersparen, Abends wieder zurück. Des
indern Morgens machte er sich jedoch wieder frisch
iuf die Beine, löste sich am Bahnhof Dürkheim ein
Billet 2. Klasse nach Weißenburg und fuhr mit
»em ersten Zug in der Richtung dahin ab. Am
Bahnhof Neustadt, wo er noch einige Stunder
Aufenthalt hatte, traf er mit einem guten Freunde
»em Schneider Orth von Speyerdorf, zusammen,
zer ebenfalls das Weite suchen wollte. Als jedoch
»ie Zeit herannaht, wo der Zug abgehen sollte,
am die Gendarmerie herzu und packte beide, führte
»en O. wegen Unterschlagung in's Gefängniß,
vährend K., der sich über seine Persönlichkeit nicht
inszuweisen vermag und 100 Mt. Geld besaß, bis
Abends 9 Uhr auf dem Gendarmerie-Lokale ver—
oleiben mußte, von wo aus er mit frohem Herzen
vieder seinen Heimweg antrat. Eheliche Zwistig⸗
eiten sollen bei Letzterem der Grund zu dieiem
Vorhaben gewesen sein.
— Voͤn der Alsenz wird der „Pf. Zig
eschrieben: Bezeichnend für die Lage und Nieder
age der Landwirthschaft an manchen Orten ist der
Zreis der Aecker. Vei einer Versteigerung wurde
juf sehr gutes Land soviel ungefähr an Mark ge
oten, als früher Gulden gezahlt wurden. Auf
eringeres Feld wurde kein Gebot gemacht. Daju
simmt die gemeinschaftliche Ausfuhr von Dung
mmer mehr zu, obwohl das hiesige schwere und
leinige Feld am allerwenigsten ohne guten Dung
ine ordentliche Ernte ergeben kann. Trotz der
nageren Ernte des letzten Jahres sind jetzt noch dit
Fruchtpreise so nieder, als möglich.
— Im Jahre 1883 wurden auf den Getrer
»emärkten der Pfalz insgesammt 69,291 Ch.
hetreide (Weigen, Korn, Spehz. Gerste und Hafet)
erkauft gegen 86,408 CEtr. in 1882. In det
erkauften Tentnerzahl rangiren die betreffenden
—X
xrücken mit 18,009, Kusel mit 11,522, Hombuth
nit 9670, Speyer mit 6124, Landstuhl mit 1776
ind Neustadt mit 117 Etr.