Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
Zzlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1M G0 à einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 4, einschließlich 
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M AI. 
Donnerstag, 28. Februar 1884. 
19. Jahrg. 
i 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
(Bayerischer Landtag.) Ein von den 
Abg. Dr. Frhr. v. Stauffenberg, Dr. Franken⸗ 
zurger, Herz, Grieninger und von Crämer einge— 
eichter Antrag bezielt auf dem Wege des Landtags⸗ 
ibschiedes eine Revision des Art. 4 Tit. 4 des 
Fapital⸗Rentensteuergesetzes vom 15. Mai 1881 
dahin, daß von der Capitalrentensteuer befreit sein 
sollen nicht nur „die einer behördliche Aufsicht 
interstellten „Hilfss und Sparkassen“, sondern auch 
zie Kranken⸗, Unterstützungs⸗, Pensions⸗, Sterbe⸗ 
ind Leichenkassen, sowie die Reiffeisen'schen Dar⸗ 
ehenskassen“, und daß die Bestimmung, der unter 
die Steuerbefreiung der Ziffer 4 fallenden Kassen 
zurch das königl. Staatsministerium der Finanzen 
—X 
Berlin, 26. Febr. Großfürst Michael ist 
nit der russischen Gratulationsdeputation heute früh 
312 Uhr hier eingetroffen und auf dem Central⸗ 
ahnhof vom Kronprinzen sowie sämmtlichen Mit⸗ 
zliedern der russischen Botschaft empfangen worden. 
Die Begrüßung des Kronprinzen und Großfürsten 
var äußerst herzlich, sie umarmten und küßten fich 
viederholt. Der Kronprinz begleitete den Groß⸗ 
»ürsten nach dem Botschaftshotel. Die der Depu⸗ 
ation zugetheilten Mannschaften erhielten in der 
Alexanderkaserne Quartier. 
Berlin, 27. Febr. Heute Mittag 1 Uhr 
mpfing der Kaiser, vom Kronprinzen, den Prinzen 
»es königlichen Hauses, welche den St. Georgs⸗ 
Iden besitzen, vom Grafen Moltke, allen General⸗ 
ind Flügel⸗ Adjutanten umgeben, den Großfürsten 
MNichael mit sämmtlichen Mitgliedern der russischen 
Deputation. Der Großfürst richteie eine Ansprache 
in den Kaiser, in welcher er auf die Bedeutung 
es Tages hinwies, und überbrachte die Glückwünsche 
)es Kaisers Alexander. Der Oberst des Kalugluͤ⸗ 
—RB—— 
ine Denkmünze in Form des Georg⸗Ordens zur 
ẽrinnerung an die siebenzigjährige Wiederkehr des 
Tages, an welchem der Kaiser den Georgs⸗Orden 
rhielt. Kaiser Wilhelm erwiderte mit herzlichen 
dankesworten. — Die russische Deputation wurde 
zuch von der Kaiserin empfangen. 
Darmstadt, 27. Febr. Die Darmst. Ztg. 
deröffentlicht die Verlobung der Prinzinssin Elisabeth 
mnit dem Großfürst Sergius. 
Ausland. 
Rairo, 26. Febr. Nach einer Meldung aus 
zuakin von heute sfind die Truppen gestern vorge⸗ 
ückt und nahmen ein vier Meilen von Trintat 
efindliches, früher von Baker Pascha errichtetes 
fort, welches augenblicklich von 1000 Mann eng⸗ 
ischer Truppen besetzt ist. Der Feind ist entflohen. 
der weitere Vormarsch soll Donnerstag früh er—⸗ 
olgen. Die Truppen werden voraussichtlich Mit⸗ 
ags bei dem acht Meilen vom Fort gelegenen El⸗ 
Teb eintreffen, wo eine Schlacht erwartet wird. 
Findlichen Streitkräfte werden auf 38300 Mann 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 28. Febr. Das kgl. 
Bezirlzamt Zweibrücken Nläßt gegenwärtig in den 
zolksschulen des Bezirks Erhebungen bezüglich der 
9wach und blödfinnigen Kinder;, die 
em Unterrichte in der Schule nicht entsprechen und 
Verbringung in eine Anstalt angezeigt ist, 
ntellen 
* St. Ingbert, 28. Febr. An verschie⸗ 
denen Orten treten im Verkehre falsche 1Mark— 
und 50 Pfennigstücke auf. Es empfiehlt sich 
daher, beim Einnehmen von Geld vorfichtig zu sein. 
R. Breitfurt, 26. Fehr. Die Feld⸗ und 
Waldjagd hiesiger Gemeinde wurde am 23. dss. 
Mis. auf einen 9jährigen Bestand verpachtet und 
siebei ein ziemlicher Mehrerlös gegen der fruͤheren 
Verpachtung erzielt. Der erste Jagdbogen wurde 
)cn. Ostar Krämer von St. Ingbert zu 855 
MNark jährlicher Entschädigung zugeschiagen, während 
der zweite Jagdbogen von Hrn. do Males pine 
im den jährlichen Pachtbetrag von 200 Mark er⸗ 
tanden wurde. 
— Wie die Landst. Ztg. mittheilt, hat Herr 
Maurermeister Schreiber am Dienstag beim 
stäumen seines erst vor Kurzem ersteigerten Kuhen'⸗ 
chen Hauses unter der Kellertreppe ein sogenann⸗ 
es heimliches Gemach entdecktt, in welchem sich in 
inem Topfe 450 Stück ganz gut erhaltene 
dronenthalex aufbewahrt fanden. Unter den⸗ 
elben befinden sich noch 10 halbe Kronenthaler. 
Ddas Merkwürdigste daran ist, daß sämmtliche Geld⸗ 
tücke von einem Jahrgang (17849) geprägt sind. 
— Pf. L.C. Kaiserslautern, 283. Febr. 
In dem vom Verein pfälzischer Schriftsteller und 
künstler herausgegebenen, Pfälz. Museum“* begegnen 
wir folgenden Sätzen, zu deren weitester Verbreit⸗ 
ung wir gerne beitragen: „Wem an der Erhaltung 
der noch als Ruine stolz emporragenden alt en 
Rteichsveste Trifels gelegen ist, der sollte nicht 
zögern, werkthätige Hilfe nach Kräften zu leisten. 
And welchem Pfälzer, ja sagen wir doch lieber: 
velchem Deutschen sollte nicht an der Konservirung 
der alten Kaiserburg gelegen sein? Die Trifels- 
Zache sollte in der That zu einer deutschen Auge⸗ 
egenheit gemacht werden. Eine auf das ganze 
keich sich erstreckende Lotterie, eine Trifels⸗Votierie, 
nöchte als naheliegendes Mittel zur Lösung der 
Frage anzusehen sein. Möge die Realisirung der⸗ 
elben je eher desto besser angestrebt werden!“ 
— Kaiserslautern, 25. Febr. Auf 
zefehl Sr. Majestät des Königs wird der bayer. 
Zeteranen⸗, Krieger- und Kampfgenossenbund an⸗ 
aßlich der Feier seines 10jährigen Gründungsfestes 
im 11. Mai nächsthin mit einem Banner in Form 
ines Heerschildes ausgestattet werden. 
— Kaiserslautern. GRealschul-Ju— 
ziläum.) Um die Betheiligung am Jubiläum, 
zas auf den 3. August d. J. festgesetzt ist, von 
Zeiten früherer Schüler der Kreisrealschule inner 
jalb der Pfalz und aus den angrenzenden Landes⸗ 
heilen kennen zu lernen und darnach die Ausdehn⸗ 
ing der Festlichkeiten, die Zahl der Festkarten ꝛc. 
jemessen zu können, wurden dieser Tage Einzeich 
rungslisten unter der Adresse an Herren versendet, 
)eren Namen dem Komitee dafür bürgen, daß sie 
ich der Mühe gerne unterziehen, die Listen unter 
den früheren Schülern der Anstalt in ihrem Wohn⸗ 
orte, vielleicht auch in dessen Umgebung, in Um— 
auf zu setzen. Es dürfte diese Arbeit erleichtert 
und vereinfacht werden, wenn die betr. Herren durch 
eine kurze Notiz in ihren Lokal-Tagesblättern be⸗ 
annt machen wollten, daß Einzeichnungen bei ihnen 
ntgegengenommen werden. Anerbietungen für diese 
unbedeutende Arbeit sind dem Komitee schon von 
mehreren Seiten, so aus den Reichslanden, aus 
Rheinpreußen ꝛc. freundlichst zugekommen. Sollten 
inderwärts noch Herren willens sein, für Theil⸗ 
ehmer⸗ Einzeichnungen sorgen zu wollen, so belieben 
jeselben, sich an das Festkomitee für das 
streisrealschul-Jubiläaum dahier um Zu— 
sendung von Listen per Postkarte zu wenden. ülle 
Auslagen Einzelner für diesen Zweck können liqui— 
diert werden und erfolgt durch das Komitee Ber— 
zütung hiefür. 
— Dem Schriftsteller Herrn Ed. Jo st in 
dandau ging folgendes Schreiben zu: „Sr. Ma— 
jestät des Königs von Bayern Secretariat. Euer 
Bohlgeboren. Se. Majestät der König geruhten 
Ihre neueste schriftstellerische Arbeit: „Die Patriotin 
bon Lautern“ entgegenzunehmen und lassen Ihnen 
ür die Vorlage derselben bestens danken. Hoch— 
ichtungsvosl. Hohenschwangau, den 2. Febr. 18814. 
stegierungsrath Schneider.“ 
— Speyer, 24. Febr. Die hiesige Aktien— 
BZesellschaft Bierbrauerei zum Storchen, vormals 
Thristian Sick, wird in den nächsten Tagen eine 
kismaschine für 120,000 Mk. in Betrieb setzen. 
— Nächsten Sonntag den 2. März hält Dr. 
Roe der von Straßburg im Rathhaus zu Speyer 
vährend des ganzen Tages unentgeltüche Sprech- 
tunde flr unbemittelte Äugenkranke. 
— Gestern (Mittwoch) weilte vas Kaiserslau⸗ 
terer Untersuchungsgericht in Kirchheimbolan⸗—⸗ 
den, um daselbst in Sachen der Sozialisten— 
agitation Untersuchung zu pflegen. — In 
Grünstadt tritt mit dem 1. März eine Pfen' 
nigsparkasse in's Leben. — Der Pfälzische 
Viehversicherungs-Verein schloß sein letz⸗ 
tes Geschaftsjahr mit einer Einnahme von 75,988 
M. 52 Pfg. und einer Ausgabe für Entschä⸗ 
digungen von 62,932 M. 50 Pfg. ab. Seit Be⸗ 
tehen des Vereines waren versichert: 201,319 
Thiere Thiere (Pferde, Rindvieh, Schweine, Ziegen) 
nit über 40 Millionen Mark; entschädigt wurden 
für 6061 Thiere 910,147 M. 42 Pfg. baar. 
— Die Direktion der pfälzischen Bahnen 
nacht bekannt, daß für den Trausbort von Eis 
in Wagenladungen à 10,000 kg ab Stationen der 
sterreichischen Sudbahn und der k. k. Direktion für 
Staatsbahnbetrieb nach gewissen Stationen der 
fälzischen ꝛc. Bahnen mit Wirkung vom 285. Febr. 
1884 ein Ausnahme⸗Tarif zur Einführung gelangt. 
kxemplare desselben können von der Kontrole de— 
sogen werden. 
Verm ischtes. 
F München, 24. Febr. Ueber die Bedeu⸗ 
rung des 8 14 des Haussteuergesetzes hat sich heute 
das hiesige Oberlandesgericht in einem ganz ecla⸗ 
anten Falle ausgesprochen. Wegen Zuwiderhand⸗ 
rung gegen dieses Gesetz war der Hausbesitzer Xaver 
Maier von Treuchtlingen vom Schoffengericht des 
Amtsgerichts Pappenheim zu 154 Mark 20 Pf. 
Heldbuse verurtheilt worden, weil bei der letzten 
Fatirung die Eiutragung eines für 51 Mt. 43 Pf. 
80 fl.) vermietheten Zimmers übersehen wor⸗ 
den war. Das Landgericht Eichstätt erkannte in— 
'olge eingelegter Berufung durch Urtheil vom 16. 
Oktober v. Is. auf Freisprechung von der Anschul⸗ 
digung einer Uebertretung des 8 14, da weder ein 
vorsätzliches Verschweigen noch eine schuldbare Fahr⸗ 
ässigkeit vorliege, indem der Beklagte wegen schweren 
Körperleidens die Fatirung einem Mitgliede der 
Finschätzungscommission selbst übertragen und im 
juten Glauben an die Richtigkeit der Einschätzung 
den Fassionsbogen einfach unterzeichnet hatie. Die 
gegen die Freisprechung eingelegte staatsanwaltschaft⸗ 
iche Revision wurde heute für begründet erklärt 
ind demnach der erstrichterliche Strafausspruch un⸗ 
er Aufhebung des vorinstanziellen Urtheils besiätigt.