Full text: St. Ingberter Anzeiger

der Chefs sämmtlicher Ministerialdepartements zu⸗ 
gegangen, durch den sie auf die Bestrebungen, dem 
unberechtigten Gebrauch von Fremdwörtern ent⸗ 
gegenzutreten, aufmerksam gemacht werden. Diese 
Bestrebungen, heißt es in dem Erlasse, würden eine 
wesentliche Förderung erfahren, wenn die Behörden 
mit Beharrlichkeit, aber auch mit Besonnenheit und 
unter Vermeidung jeglicher Uebertreibung in allen 
Zweigen des öffentlichen Dienstes auf die Reinhal⸗ 
tung der Sprache von Fremdwörtern achteten. In 
hesonderem Auftrag des Großherzogs wird ihnen 
Dies namentlich auch bei der Ausfertigung aller 
zur Veröffentlichung bestimmien Erlasse, Verord⸗ 
nungen u. s. w. anempfohlen. (Verdient Nach— 
ahmung!) 
F EGEin Freiherr als Nachtwäqhter.) 
Das Städichen Sprottau in Schlesien ist ein gerade 
nicht vielgenannter Ort und doch scheint das Städt⸗ 
chen nicht so arm zu sein, denn den dortigen 
Bürgern ist die Kommunalsteuer vollständig erlassen 
und auch ihr Holzbedarf theilweise gänzlich frei, 
theilweise unter dem Holzwerth zu haben ꝛc. Ab— 
gesehen von allen diesen Annehmlichkeiten waren 
einige Einwohner, die es eben noch nicht gewußt 
nicht wenig überrascht, als ihnen am Neujahr eine 
gedruckte Gratulation mit der Unterschrift: „Jos. 
Fr. Salis-⸗Hellmich, Nachtwächter“‘“ zuging. Also 
Freiherrn als Wächter der Nacht! Da kann das 
Umt so übel nicht sein und erinnert unwillkürlich 
an die gute alte Zeit, als die Schaarwa che existirte. 
F (Gollkuriosum.) Von dem Nebenzoll⸗ 
amte in K. wurde dieser Tage ein aus Salzburg 
bezogener sog. Geiselschlitten, dessen Sitz mit Segel⸗ 
tuch überzogen war, als Polster⸗ und Sattlerarbeit 
berzollt. Der Schlitten kostete im Ankaufspreise 
zwischen 60 und 70 Mark, der darauf entfallende 
Zoll hätte aber allein 150 Mark betragen sollen. 
Der Adressat weigerte sich natürlich, diesen hohen 
Zoll zu zahlen, ließ den Schlitten an das Haupt⸗ 
zollamt nach Landau verbringen, welches dann auch 
der Ansicht des Nebenzollamtes in K., daß ein 
Schlitten als Polsterarbeit zu betrachten sei, nicht 
beitrat, sondern die Steuer auf sieben Mark er⸗ 
mäßigte. — Diese Geschichte erinnert uns lebhaft 
an den Auerhahn, welcher, wie in Steyermark üb⸗ 
lich, mit Käppchen und seidenem Kleidchen festlich 
geschmückt, in Berlin als feine Konfektionswaare 
angesehen und verzollt wurde. 
f (Ehrenerklärung.) In einer Wiener 
Zeitung konnte man kürzlich folgende originelle 
Etzrenerklärung lesen: „Erklärung. Ich nehme die 
gegen „Azor“, den Hund der Baronin v. K., aus⸗ 
zestoßene Beleidigung hiermit zurück und erkläre 
„Azor“ hiermit für einen Ehrenhund. Penzing bei 
Wien. Anna L. geb. K.“ 
r7 GPostdiebstahl.) Laut einer Depesche 
aus Pest wurde auf dem dortigen Haupipostamte 
am 6. Januar Abends eine eiserne Kiste mit 
240,000 fl. gestohlen. Die Kiste war plößlich 
verschwunden; vier Postdiener wurden verhaftet, 
dieselben leugnen aber entschieden. Die Untersuch⸗ 
ung ist sofort eingeleitet, die gesammte Polizei ist 
in Thätigkeit. 
F Eine 120jährige Frau lebt in Verneuil (Oise⸗ 
Departement). Die Wittwe Ponchard ist am 12. 
Dezember 1763 in Lys geboren, und hat dieset 
Jahr also ihren hundertzwanzigsten Geburtstag ge⸗ 
feiert. Sie ist noch verhältnißmäsig rüstig, nur in 
letzter Zeit sehr schwerhörig geworden. Die Ereig⸗ 
nisse der ersten Revolution und des Kaiserreichs er⸗ 
zählt sie, soweit dieselben natürlich die von ihr be⸗ 
wohnte Gegend betroffen, mit ebenso großer Aus⸗ 
führlichkeit als Bestimmtheit. Während des letzten 
Krieges wollte sie lange nicht glauben, daß die kin⸗ 
rückenden fremden Soldaten Preußen und Deuische 
seien, so lebhaft war bei ihr noch die Vorstellung 
der Uniformen und Waffen der Verbündeten Trup⸗ 
pen von 1814 und 1815. Nach ihrem Körperzu⸗ 
stande dürfte die Frau Ponchard wohl noch auf 
mehrere Lebensjahre zählen können. 
fF London, 5. Januar. Die „Times“ melden 
aus Philadelphia: Der Verwaltungsrath der Nor⸗ 
hern Pacific⸗Bahn nahm die Abdankung Billard's 
als Präsidenten, aber nicht als Mitglied des Ver⸗ 
waltungsraths an. In Vphetracht seiner Leistungen 
und seines Unglücks, und da er nie ein Gehalt be⸗ 
zogen, wurde ihm ein Fahresgehalt von Dollars 
10,000 für die Zeit, während welcher er im Amte 
gewesen, bewilligi. 
F. Canglebigkeit der Aerzte) Die 
medicinische Zeitschrift Lancet veröffentlicht ein Ver— 
zeicknik der in diesem Jahre perstarbenen englischen 
Uerzte. Fünfunddreißig derselben, die zu den be⸗ 
rühmtesten Mitgliedern des ärztlichen Berufes ge⸗ 
hörten, erreichten das folgende Lebensalter: Zwei 
35 Jahre, zwei 94, zwei 92, einer 91, zwei 90, 
einer 89, drei 88, drei 87, fünf 86, zwei 85, 
drei 84, vier 83, einer 82 und vier 80 Jahre. 
F(Eigenthümlicher Selbstmord.) In 
der Cokesanstalt von Siemianowitz bei Zabrze 
uchte kürzlich ein Schmied der Redenhütte seinen 
Tod in eigenthümlicher Weise, indem er nach Ab⸗ 
egung der Oberkleider vom Dache durch die Esse 
n einen halbangefüllten glühenden Cokesofen sprang. 
den Arbeitern gelang es nur, den Rumpf aus 
dem Ofen zu entfernen, während Arme, Beine 
und Kopf von der Gluth verzehrt wurden. 
xCEin Walfisch als Schleppdampfer.) 
der Fluß Tay wurde während der letzten Wochen 
egelmäßig von einem großen Walfisch besucht, der 
yort Kunststücke aufführte und wiederholt mehrere 
Fuß hoch aus dem Wasser emporschnellte. Die 
um Winteraufenthalte heimgekehrten Walfischfäuger 
ntschlossen fich natürkich bald, an dem Gaste ihre 
dunst zu üben, ohne daß es ihnen jedoch gelungen 
väre, desselben habhaft zu werden. Vor einigen 
Tagen kam der Walfisch abermals in den Fluß und 
ilsbald begann eine aufregende Jagd. Zwei Wal⸗ 
ischboote und ein kleiner Schleppdampfer setzten 
hm enach und zwei Harpunen trafen ihn. Das 
derwundete Thier hatte nun alle drei Schiffe im 
Tau und schleppte sie mit voller Schnelligkeit dem 
Meere zu, so daß der Dampfer nur durch das recht⸗ 
zeitige Kappen des Taues vom Kentern gerettet 
wurde. Die zwei Walfischboote ließen sich weiter 
schleppen und man verlor sie bald, da ein heftiger 
Nebel eintrat, aus dem Auge. Es heißt, daß die 
kühnen Fischer das Thier bei Monifreth, etwa 10 
Meilen von Dundee eutfernt, erbeutet und gelandet 
jaben sollen. 
F Der „Figaro“ giebt von der Kriegsführung 
in Tonkin ein enisetzliches Bild. Der Krieg 
wird ohne Pardon geführt, jeder Bewaffnete als 
Birat betrachtet und füssilirt. Die Soldaten wissen, 
)aß jeder Franzose, der den Anamiten oder Chinesen 
in die Hände fällt, geköpft wird; sie schonen daher 
den Feind nicht. Die Mandarinen sind unter 
würfig, so lange die französischen Truppen in der 
Nähe sind; sind diese fort, so ist es mit der ge⸗ 
heuchelten Uuterwerfung vorbei. 
F New-York, 5. Janunar. Nach 
veiteren Mittheilungen über das Ableben Dr. Edu⸗ 
ard Lasker's hatte derselbe das Haus des Bankier 
Seligmann mit einem Freunde verlassen. Beide 
zingen nebeneinander, als Lasker plötzlich von einem 
tarken Husten befallen wurde und sirauchelte. Ein 
Porübergehender war behilflich, Lasker nach einem 
in der Nähe befindlichen Schuppen zu bringen, wo 
derselbe auf Decken gelagert wurde. Ein schnell 
herbeigerufener Arzt sand den Puls Lasker's nur 
noch leise schlagend und mußte bald danach das 
gänzliche Aufhören desselben constatirten. 
F New⸗York, 7. Januar. In Belleville 
Illinois) ist das Nonnenkloster der unbeflecten 
Empfängniß abgebrannt. Die Insassen wurden 
von der Panik ergriffen. Mehrere Zöglinge und 
Lehrerinnen sprangen aus dem Fenster, wurden ge⸗ 
ödtet oder tödtlich verwundet, andere verbrannten. 
Soweit bekannt, sind 22 Zöalinge und Nonnen 
imgekommen. 
(Menschenkenntniß.) Cromwell hielt 
einen Einzug. Das Volksgedrange war ungeheuer 
ind man machte ihm darüber ein Kompiiment. 
Er antwortete trochen: „Würden ihrer weniger sein, 
venn man mich zum Galgen führte 21“ 
—— 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Ramstein die Gattin des Lehrers 
Franz Diller, Karolina geb. Bardens, 34 J. a.; 
auf Schmalfelderhof Valentiin Wenz, 65 J. a. 
in Harxheim Jakob Bardon, 25 J. a., Diätar 
dei der Hauptkasse der pfülz. Bahnen; in Herrheim 
Beorg Rassenfoß, Müller, 58 J. a. in Ilbes⸗ 
hjeim Konrad Keller, früher Bürgermeister, 88 
J. a. und Katharina Keller, geb. Stübinger, 
79 J. a.; in Zweibrücken Ludwig Noll. Fuhr— 
mann. 75 JI ——— 
Neueste Nachrichten. 
Fortsetzung der Deutschenhetze. Acht 
Stadtverordnete von Lille, einer der größten Fab⸗ 
rikund Handelsstädte Frankreichs, haben in dem 
dortigen Gemeinderath den näachstehenden Antrag 
ingebracht? Die Unferzeichneten schlagen dem 
Bürgermeister ehrerbietigst vor, folgende Verordnung 
ju erlassen: In Anbetracht, daß unsere Stadt von 
»eutschen Unterthanen, meistentheils preußischen 
Spionen überfluthet ist, und in besonderer Erwäg- 
ung, daß diese Individuen in Folge der Mission, 
die sie von ihrer Regierung erhalten haben, geeignet 
ind, in unsere industrielle Gegend Unruhe und 
Verwirrung zu bringen, denn viele von ihnen haben. 
vie man uns sagt, Stellen in bedeutenden Häusern 
nne oder treiben eine Art von illohaler Conkurrenz 
zu Hause mit den Erzeugnissen ihres Landes, ver— 
»xdnen wir: Alle Fremden müssen bis innerhalb 
icht Tagen vom Datum dieser Verordnung an auf 
dem Bureau des Standesamtes Namen und Natio— 
nalität angeben und ihren Geburtsschein vorweisen. 
die Deutschen allein werden unter die schärfste Be⸗ 
vachung unserer Polizei gestellt, und diejenigen, 
velche gegen diese Verordnung verstoßen, werden 
afort ausgewiesen werden.“ Die Ramen dieser 
Patrioten“ lauten: Roussel, Dalbertanson, Car⸗ 
on, Marsillon, Bauchée, Alhant, Manoury und 
Peert. Die Franz. Corr. bemerkt dazu: Der Na⸗— 
ional meldete bereits, daß die Nordbahn alle Be— 
amten und Arbeiter deutschen Ursprungs fortgejagt 
habe. In den großen Eisenwerken/ der Creuzot 
wurden an einem Tage 1500 fremde Angesteuͤte 
vor die Thür gesetzt. 
Für die Redaktion verantwortlich: F. XR. Dem etz. 
Telegraphischer Schiffsbericht. 
Mitgetheilt von Jean Peters in St. Ingbert. 
Das Hamburger Postdampfschiff Rugia Cap. 
Albers von der Linie der Hamburg⸗Amerikanischen 
Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft, welches am 19. De— 
jember von Hamburg via Havre abging, ist nach 
ziner glücklihen Reise am J. Januar 1884 wohl- 
halten in New⸗Nork angekommen. 
Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß be⸗ 
reits in den allernächsten Tagen die Gewinnzieh⸗ 
ung der Eichstätter Kirchenbau⸗ Lotterie und zwar 
unwiderruflich und endgiltig stattfindet. Da diese 
dotterie nicht allein reich an Haupttreffern, sondern 
zuch eine der Günstigsten ist (unter 10 Loosen ist 
chon ein Gewinn), so darf Niemand mit dem 
Ankaufe zögern. Wer nicht waat. gewinnt auch nicht! 
Schmidt u. Günther's Leiziger Illustrirte 
Jegdzeituns 18814 Nr. J, herausgegeben vom Königt 
berförster Nitz sch e, enthält folgende Arkikel: 
Der neue Entwurf zu einer Jagdordnung in Preußen. 
Von K. A. v. Schulenburg. — Zwei Nimrods wider 
Willen. Von G. Cogho. — Die neue Jagdordnung für 
Preußen im Herrenhaufe. — Illustrationen: Der geprellte 
Reinecke. — Inseraie. 
Die Illustrirte Jagdzeitung von Schmidt u. 
Bünther in Leipzig erscheint am 1 und 15. ves Monats 
ind kostet bei den Buchhandlungen halbjährlich M. 3. ve 
en Vostanstalten vierteliäbrlich MlKq 
Nr. 66 des praktischen Wocheublattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus“⸗ (Breis vieriel. 
jährlich 1 Marh) enthält: 
Ein Zufall. — Der Kanarienvogel. — 
Schöne und gescheidte Kinder — Der Um— 
zug. — Meine Wäche. — Warum mir mein 
Mann ein Mädchen hielt. — Kinder⸗Lied. 
— Kindergedanken. — Handarbeiten. — 
Märchentheater. — Lispeln. — Gesang/ 
schule. — Lieder. — Verwendung alter Kleider. 
— Det Füllofen. — Fußbodenlack. — Po⸗ 
made. — Blutflecken. — Hartgewordene 
Gummigegenstände zu erweichen. — Birnen⸗ 
und Tintenflecke zu entfernen. Zahnbürsten 
zu reinigen. — Rothweinflecken aus weifem 
Atlas. — Reinigen polirter Möbel. — Oel⸗ 
farbenflecke. — Mit Oelfarben gestrichene 
Fußböden aufzufrischen. — Korallen zu kitten. 
— Für die Küche. — Silbenräthses. — 
Fernsprecher. — Echo. — Briefkasien der 
Schriftstelle. — Der Markt. — Anzeigen. — 
Probenummer gratis in allen Buchhandlungen. 
— Noilariell beglaubigte Auflage 30.000. — 
Wochenspruch: 
Mit Gott fang' an, 
Mit Gott hör' auf. 
Das ist der rechte 
esufẽ 
m 
Briefkasten der Redartion. 
Preisräthsel beir. Wir erinnern daran, daß 
Lösungen desselben bis längstens Freitag Vor— 
mittag in unseren Händen sein müssen; später 
einlaufende können nicht berückfichtigt werden. Der 
Preis besteht in 2 schönen Oeldruckbindern (Pendants)