Full text: St. Ingberter Anzeiger

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8t. Jugberter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltunge 
datt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 “ 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 124 78 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 H, bei Neclamen 80 . Bei maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
A 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 15. März. Die Kammer erle— 
agte kleinere Etats und verwies den Antrag Schels 
uf Abaänderung der Geschaftsordnung nach kurzer 
debatte zwischen Schels, Frankenburger und Herz 
n den Geschäftsordnungsausschuß. Ueber die 
detition des Volksschullehrervereins um Aenderung 
ꝛes Schuldotationsgesetzes wurde nach kurzer Debatte, 
votan Reindl, Frickhinger, Sittig und Rittler sich 
eiheiligten, zur Tagesordnung übergegangen. Rittler 
„emerkt, wenn kein Geld da sei für das allgemein 
merkannte Bedürfniß der Beamtenaufbesserung, so 
lönne man hier um so weniger helfen. Die Pelition 
des Münchener Hausbesitzervereins, um Abänderung 
)es Artikels 56 des Hypothekengesetzes, wird der 
kegierung zur Berücksichtigung hinübergegeben. 
Berlin, 15. März. Der Kaiser conferirte 
eute Nachmittag mehr als eine Stunde mit Bis— 
narck. 
Berlin, 16. März. Der Reichskanzler hat 
mläßlich des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers 
zuch dem Gesandten der Vereinigten Staaten von 
stordamerika eine Einladung zum Diner am 
22. März zugehen lassen. Mr. Sargent hat die— 
elhe angenommen. 
Ausland. 
London, 15. März. Es verlautet, es werde 
jier eine neue Geheimpolizei organisirt behufs Be⸗ 
umpfung der revolutionären Kräfte und des poli— 
ischen Verbrechens. Dieselbe soll mit der Polizei 
berschiedener Staaten des Continent3 cooperiren und 
vürde einen internationalen Charakter haben. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 17. März. In der Schwur—⸗ 
zerichtssitzzung vom Samstag wurde der 21 Jahre 
ilte Dienstkecht Jakob Wingerter aus Ro her⸗ 
ach zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren 1 
Monat verurtheut. Wie seiner Zeit in diesem 
Blatte mitgetheilt, hat derselbe am Abend des 21. 
Januar l. Is. auf dem Wege nach dem Bahnhofe 
en Buchbinderlehrling Felke unter Bedrohung 
eines Lebens um 15 Maͤrk beraubt, welche Win⸗ 
erter dem Meister des Felke, Herrn Buchbinder 
jriedrich, unter dem Vorwande, sein Dienstherr 
abe ihn darum geschickt, herausgeschwindelt hatte. 
luch andere Betruͤgereien und Schwindeleien führte 
Bingerter aus. Alle lassen erkennen, daß er ein 
zurchtriebener Gauner ist. Er hat nun, wie oben 
jemeldet, auf längere Zeit Gelegenheit, sich hinter 
»en Zuchthausmauern eine bessere Auffassung über 
ie Begriffe „Mein und Dein“ anzugewöhnen. 
.St. Ingbert, 17. Mätz. Aus dem 
bfälzischen Diensboienstift erhielt Katharina Mayer, 
eit 28 Jahren bei Herrn Hermann Fischer hier 
n Diensten, einen zweiten Ehrenbrief mit einer 
heldbelohnung von 18Mart. 
. St. Ingbert, 17. Marz. Die gestrige 
Leneralversammiuug des Kriegervereins, welche 
uemlich gut besucht war, hat uch Aufnahme von 
wei neuen Mitgliedern, wodurch die Zahl derselben 
uf 207 gebracht ist, beschlossen, am Samstag den 
—*8 Mis. das Geburtslagsfeft des deutschen 
b im Horst'schen Saalefesilich zu begehen. 
n die entstehenden Kosten zu decken, werden bon 
Im Mitgliede 10 Pfg. erhoden. Außerdem wurde 
nit Einstimmigkeil beschlossen, daß die Mitalieder 
Montag, 17. März 1884. 
19. Jahrg. 
jei Beerdigungen von verstorbenen Kameraden zur 
getheiligung in Zukunft verpflichtet sind und bei 
inbegründetem Fehlen in eine Strafe von 50 Pfg. 
uum Besten der Sterbekasse verfallen. Entschuldig⸗ 
ungen, welche nur für dringende Arbeit, Krankheit 
und Abwesenheit von hier angenommen werden, 
ind bis zur nächsten Ausschußsitzung, welche bekanni 
Jjegeben wird, anzumelden. Ein weiterer Antrag 
im Betheiligung von Musik bei Beerdigurgen mußte 
nuf die nächste Generalversammlung verschoben 
verden, da er nicht auf der Tagesordnung stand. 
— Die Orte Lautzkirchen, Bierbach und 
Alschbach haben sich dem von Kirkel-Neu— 
zäusel ausgehenden Gesuch um Errichtung einer 
Postexrpedition im Bahnhofe Lautzkirchen angeschlossen; 
bisher waren diese Ortschaften Blieskastel zugetheilt. 
— Kaiserslautern, 12. März. Die 
Seneralversammlung der katholischen 
Bereine Deutschlands soll dem Vernehmen 
nzach in diesem Jahre hier Statt finden. Im 
Auftrage des Herrn Fürsten Löwenstein war am 
etzten Samstage dessen Hofmarschall Frhr. v. Schier⸗ 
lädt hier, um sich die Räumlichkeiten hiesiger Stadt 
mzusehen; derselbe soll sehr befriedigt weggegangen 
ein. Nur in einem Punkte hat er Bedenken, und 
ies betraf die geringe Anzahl von Altären zum 
Resselesen. Die Stadwerwaltung soll die Ueber⸗ 
assung des Fruchthallsaales bereits zugesagt haben. 
— Annweiler, 13. März. Gestern Nacht 
and ein Zusammenstoß zwischen dem Forstgehilfen 
dnecht hier und zwei Wilderern auf der Straße 
on Annweiler nach Queichhambbach stnit. Da 
ersterer keine Waffen bei sich hatte, so konnte er die 
hn bedrohenden Wilderer nicht verfolgen und kamen 
zieselben, nachdem sie die erlegte Rehgeise abge⸗ 
geworfen hatten. auch durch. 
Zängkrah, die beste Geigerin des Jahrhunderts am 
26. Marz ds. Is. hören. Herr Meffert, Theater- 
direktor aus Trier, will uns mit verschiedenen 
Opern, Operetten u. s. w. während des Sommers 
überraschen. Daneben geben die herrlichen Anlagen 
des Volksgartens Gelegenheit im Freien zu wandeln 
und den Klängen irgend einer Militär⸗Capelle zu 
lauschen. Nicht genug damit werden wir auch die 
Tulturerzeugnisse der hiesigen Gegend während des 
janzen Sommers in einer von dem hiesigen Garten⸗ 
ʒauvereine veranstalteten Ausstellung besichtigen können. 
Das Jahr hat hierfür besonders gut angefangen; 
wenn es so fortgeht, wird's gut werden. 
f Saargemünd, 125 März. Wie dem 
„Petit Mess.“ von hier geschrieben wird, ist hier⸗ 
elbst der Civil-Ingenieur Potier, franzofischer Un⸗ 
terthan und früher Beamter der Fayence-Fabrik, 
verhaftet worden. Die Ursache der Verhaftung 
welche ein gewisses Aufsehen erregt, da Polier hier 
allgemein geachtet war, ist nicht bekannt. 
Me, 13. März. Wegen eines bedeutenden 
Golddiebstahles, den sie in Basel verübt haben 
sollen, wurden in verflossenen Nacht im Augistiner⸗ 
zof die Eheleute Gustav Journet verhaftet, die am 
selben Tage mit dem Erpreßzuge von Basel hier 
eingetroffen waren. Bewirkt wurde die Verhaftung 
durch einen hiesigen Kaufmann, bei dem Journe 
früher in Diensten gestanden hatte. Derselbe haite, 
kurz nach dem Journet bei ihm Besuch gemacht, 
ein Telegramm seines Geschäfisfreundes in Basel 
erhalten, welches Dieb und Diebftahl fignalisirie. 
Coth. 3.) 
.Wien, 14. März. GProzeß Schenk.) 
Als Schlossarek die Ermordung der Katharine 
Timal mit allen grausigen Einzelheiten erzählte 
und von den bisher unbekannten Planen Hugo 
Schenk's sprach, ging durch den Saal einc Be— 
wegung tiefen Abscheu's. Der Prafident selbst war 
bleich vor Aufregung, rief Schenl zu, daß ihm 
iin solches Scheusal noch nichi vorgekommen sei. 
Schlossarek sagt weiter: Hugo Schenk wollle ein— 
nal, daß wir ein Frauenzimmer an einen Baum 
anbinden, es mit Petroleum begießen und dann 
anzünden sollen. (Sensation. Hugo Schenk lüchelt.) 
— Der Prasident zu Schenk: Ihre Verwor— 
jenheit ist eine solche, wie sie vielleicht noch nie 
vorgekommen ist. Ein Mann, der mit drei Per— 
sonen gleichzeitig Liebesverhältnisse angeknüpft, um 
sie zu tödten, der eine von ihnen umbringt und 
am nächsten Tage ein anderes Mädchen ihrer Ehre 
beraubt und mit ihr ins Theater geht, beweist eine 
Gesinnung, der Alles zuzumuthen in. Schlos⸗ 
sarek (weinend): Herr Präsident, er han Karl 
Schenk verleiten wollen, daß er meine Frau um⸗ 
bringt. Präsident zu Schenk: Ein so ver⸗ 
worfener Mensch dieser Schlossarek ist, ich muß 
ihm glauben; Sie muß ich als Lugner bis ins 
mmerste Mark bezeichnen. Die Scene ruft laute 
iefanhaltende Bewegung im Saale hervor. Der 
Präsident kommt zur Besprechung des Falles Ketterl. 
ugo Schenk: Da Sie mich als verlogenen 
Menschen hinstellen, ist es schade, wenn ich etwas 
preche. Veirurtheilen werden Sie mich so wie so; 
ich weiß, daß ich mein Leben verwirkt habe. Ich 
werde nicht recurriren. Verurtheilen Sie mich, 
aber ich lasse mich nicht quälen. Der Präsident 
erwähnt des Briefes Schenks aus dem Kerler an 
die Höchsmann, worin er sie ersucht, ihm Gift zu 
verschaffen, wovon er unmittelbar dor der Hinrich 
tung Gebrauch machen werde. „Welch' Nimbus 
wenn ich dem Henker entrinnen und bis zum leß 
Pfälazisches Schwurgericht. 
1. Quartal. 
Zweibrücken, 13. März, Vormittags 9 Uhr. 
Verhandlung gegen Friedrich Dittes, 47 J. a., 
dienstknecht von Diedelsheim, wegen Verbrechens 
vider die Sittlichkeit. Vertreter der k. Staaisbe⸗ 
jörde Hr. Staatsanwalt Wagner, Vertheidiger Hr. 
dechtspraktikant Giessen. Der Angeklagte wurde 
chuldig erklärt und zu einer Gefängnißstrafe von 
Jahr und 6 Monaten verurtheilt. 
In der Nachmittagssißung wurde Daniel Schmitt, 
Schneider von Kottweiler, wegen Meineids zu einer 
Zuchthausstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verur⸗ 
heilt und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die 
Dauer von 5 Jahren aberkannt. 
Vermischtes. 
F Bei einer Herrschaft in München wurde 
zieser Tage eine sehr unliebsame Entdeckung gemacht. 
Bei Musterung des Garderobeschrankes fehlte der 
ostbare Pelzrock des Herrn. Nach langem Forschen 
ind peinlichem Fragen gestand das Dienstmädchen, 
vährend des Karnevals den Pelzrock versetzt und 
nit dem Gelde heimlich mit dem Geliebten sich 
raschingsvergnügungen erlaubt zu haben. Unter 
gitten und Betheuerungen versprach die leichtsinnige 
PBerson, den Rock wieder herbeizuschaffen und es 
unterblieb daher eine Anzeige. 
2Saarbrücken, 16. März. In nächster 
Zeit stehen uns verschiedene Kunstgenüsse bevor. 
Das den Reitsport liebende Publikum hat Gelegen⸗ 
heit in dem heute eröffneten Circus diese Künste zu 
hewundern. Freunde des Violinspieles können di—