Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15, Neclamen 80 B. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 58. 
Sonntag, 23. März 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 20. März. Die Reichsraths⸗ 
ammer erledigte heute den Kultusetat, fiellte einige 
„ie hiesige und die Würzburger Universität beir. 
zestrichene Postulate wieder her und lehnte mit 
Mehrheit die Kammerbeschlüsse betreffs Ertheilung 
es konfessionellen Geschichtsunterrichts an den 
yhmnasien und die Gestattung einer getrennten 
horbereitung für die Präparandenschüler ab. — 
In der Abgeordnetenkammer erklärte der Minister 
des Innern die Interpellation in Betreff der Ge⸗ 
reidezolle demnaͤchst beantworten zu wollen. 
München, 20. März. Die Kammer der 
seichsräthe hat gestern den Kammerbeschluß betreffs 
Jufhebung der Präparandenschule in Kirchheimbo—⸗ 
anden mit allen gegen 1 Stimme abgelehnt. 
s 
dolz bestehenden Inhalt herausholen wollte, sprang 
der Anklagte auf ihn zu, packte ihn am Halfe und 
würgte ihn so lange, bis die beiden etwas abseits 
defindlichen Begleiter des Försters hinzukamen und 
den Angeklagten wegrissen. Infolge dieser Drosse⸗ 
ung mußte der Forster ärztliche Huͤlfe in Anspruch 
aehmen und trat bei ihm eine achttägige Arbeits- 
anfähigkeit ein. Auch heute noch leidel derselbe an 
den Folgen dieser Verletzung. 
Der Angeklagte will sich infolge der Aufregung 
und seines gereizten Zustandes des Vorfalles nichi 
nehr erinnern. Der Vertreter der kgl. Staatsan⸗ 
valtschaft hielt die Anklage aufrecht. Das Forst⸗ 
sersonal genieße eines besonderen gesetzlichen Schutzes 
vegen der Gefährlichkeit seines Berufes. Ein der⸗ 
artiger qualifizirter Widerstand, der eine Körperver⸗ 
etzung verursache, gehöre zur Aburtheilung vor das 
„chwurgericht. Was die mildernden Umstände be⸗ 
reffen, so gab er dieselben zu. Die Veriheidigung 
zestritt die Zuständigkeit des Schwurgerichts, da sich 
die betr. 88 des Str.G.⸗B. blos auf die Thätig- 
leit des Forstpersonals im Walde bezögen. Die 
Seschworenen bejahten die Schuldfrage nach der 
Anklage, wie auch die Frage nach den mildernden 
Imständen, worauf der Angeklagte zu einer Ge⸗ 
ängnißstrafe von 4 Monaten verurtheilt wurde. 
* Zwischen Ehrenfeld und Koln traten 
neulich Abends an einen heimkehrenden Mann drei 
Wegelagerer heran. Der eine bai um eine Zigarre, 
der andere um Feuer und der dritte hane gern 
gewußt, wie viel Uhr es sei, und dabei erklätten 
sie, er solle schnell machen, sie hatten keine Feit. 
Der Mann zog aus einer Tasche einen Revoiber 
und that drei Schüsse in die Lufi, während er mit 
der Hand gemahlenen Pfeffer nach den Dreien 
warf. Sie heulten im Chor: „Er hat uns die 
Augen ausgeschossen“ und liefen querfeldein, wahrend 
der Pfeffer· Saemann mit Seelenruhe gen Koln zog 
x Die Polizei hat bei einem Kunsthaͤndler iu 
der Rue Saint⸗Jacques zu Paris einen großen 
Balien colorirter Bilder saisirt, welche den Grafen 
von Paris in der Uniform eines Infanterie⸗Oberften 
und zu Pferde darstellen, sowie die Unterschrift 
ragen: „Louis⸗Philippe von Orldans, Graf von 
Paris, Enkel von Louis⸗Philippe J., Koönig der 
Franzosen.“ Der Preis dieser Bilder war 1ô Cen- 
imes per Stüch. Die Konfiszirung derselben fand 
datt wegen der Zweideutigkeil obiger Unterschrift. 
Soll sich nämlich der „König der Franzosen“ auf 
Louis⸗Philippe J. oder auf den Grafen von Paris 
heziehen? 
F Die deutsche Barke „Lucie“, von Liverpool 
nach San Franzisko gehend, ist Samstag 
Rachts mit dem Schiffe „Annie Johnson“ ba 
Youghal zusammengestoßen und gesunken. Sechß 
Matrosen der „Lucie“ gingen unter; der Capitaãn 
und der Rest der Mannschaft — drei Personen — 
wurden gerettet und in Youghal ans Land gesetzt. 
tGeilkräfke der Steinkohle) Cin 
englischer Arzt, Dr. Dyes, will die merlwürdige 
Entdeckung gemacht haben, daß die Steinkohle eine 
Jewisse Heilkraft besizt, und er hat über diesen 
Begenstand eine besondere Broschüre veroöffentlicht. 
Rach Dr. Dyes ist die Steinkohle besonders heil⸗ 
am bei Wurmkrankheiten der Kinder, bei Magen⸗ 
krampf und Verdauungsbeschwerden, bei Bleichsucht, 
vo die Steinkohle das Eisen ersetzt und besser ver— 
fragen wird, als dieses, bei Milzanschwellungen 
aach Wechselfiebern, bei Skropheln und in der 
englischen Krankheit. Dr. Dyes gibt die Steinlohle 
fein gepulvert in Zweischenlaiwerge in kleinen 
Gaben zu 3 bis 4 Gran taglich; er glaubt, daß 
sie auch die Mineralwässer ersetzen iönne. Die 
Steinkohle enthält in ihrer Zusammensetzung Kali, 
kisenorid, Humussaure, Schwefelsäure uͤnd Kohle, 
ind es ist deßhalb nicht unwahrscheinlich, daß sie 
eine bedeutende Wirkung auf den menschlichen Or⸗ 
ganismus auszuüben vermag. 
Lokale und pfaͤlesche Nachrichten. 
St. Ingbert, 21. März. Dem Jah⸗ 
resberichte des hiesige Vorschußvereins 
nmehmen wir, daß der genannie Verein am 
Schlusse des vorigen Jahres 588 Mitglieder zählte. 
das Stammantheil⸗-Conto betrug 192,7485 
Mark 61 Pf. das Reservefond⸗Conto 311690 
Mark. das Tratt en-Conto 63460 Mt. 75 pf., 
as Sparkassen-Conto bei 421 Einlegern 
159.861 Mk. 76 Pf., das Darlehen⸗Conto 
19,608 Mk. 72 Pf. der Gesammtumschlag 
xo 1883 beläuft sich auf 6,799,265 Mi. 48 Pf. 
er erzielte Reingewinn auf 15,638 Mk. 69 Pf. 
lus diesem sollen nach dem Vorschlage des Ver— 
valtungsrathes 11,65564 Mti. 26 Ppf. als 7pro⸗ 
entige Dividende auf die hierzu berechligten 
Stammantheile gezahlt, 2000 Mk. dem Reservefond 
ind 1800 Mk. dem Delcrederefond zugewiesen 
verden. Die Verwaltungskosten im abge⸗ 
aufenen Jahre betrugen 62378 Mtk. 
— Aus Freinsheim, 20. März., schreibt 
nan dem „Dürlh. Anz.“: Dank der ausgezeichneten 
Frühjahrswitterung üdersende zwei prachtvolle grö⸗ 
zere Kirschen ⸗Blüthenzweige, welche an einem großen 
haume in gänzlich freier Feldlage unter vielen 
zepflückt sind. Die allgemeine „Kirschenblüthe“ steht 
n einigen Tagen bevor und sind die Baͤume reich 
voller Knospen. 
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Verm ischtes. 
F Am Salvator⸗Eröffnungstage in München 
wurden an der Quelle (Zacherkeüer) allein, also 
exclusive der zahlreichen Filialen, 211 Hettoliter 
)es beliebten Stoffes ausgeschenkt und soll, wenn die 
jerrliche Witterung wie bis jetzt anhält, (daß der 
Zurst abnimmt, ist ja kaum zu besorgen), das edle 
daß nicht länger als noch 425 Tage ausreichen, 
Die Salvator⸗Saison gab einer Anzahl Studenten 
Unlaß zu folgendem Ulk. Der Besitzer eines offenen 
adengeschäfts in einem in der Nähe des Salbvator⸗ 
ellers befindlichen Eckhause war nicht wenig erstaunt 
ils eines Abends sich plötzlich die eine Ladenthüre 
iffnete, etwa 30 Studenten im Gänsemarsch ein⸗ 
raten und durch die entgegengesegte Ladenthüre 
autlos abmarschirten. Nur der letzte Passirende 
notivirte sein Erscheinen damit, daß er und seine 
dollegen nur das Straßeneck des Umwegs halber 
ibschneiden wollten. 
f Neunkirchen, 21. März. Nachdem sich 
nuf dem hiesigen Eisenhürtenwerk die nach dem 
krzplat führende Luft-Seilbahn bewährt hai, soll 
eine gleiche Bahn zur Verbindung des Werkez mit 
den Gruben des Holzhauerthales (Heinitz Dechen) 
zehufs Kohlenbeförderung angelegt werden. Die 
»azu nöthigen Vermessungskosien sind bereits im 
Hange. (S. u. Bl.⸗Ztg.) 
FKreuznach, 19. März. Der Verein der 
dotel⸗ und Badehausbesitzer geht laut dem hiesigen 
Tagebl. mit dem Plane um, dem bisherigen Trink⸗ 
Jelderwesen, wonach die Kellner ꝛtc. nur einen ge⸗ 
rcingen Lehn bekamen, und im übrigen nur auf die 
Trinkgelder angewiesen waren, ein Ende zu machen 
ind jeden Bedienenden so zu stellen, daß die 
douceurs der Gäste nicht als Gehaltsquote in An⸗ 
echnung gebracht werden. Das obligatorische 
Service, das die Gäste bisher zu zahlen hatien, 
oll also aufgehoben werden. 
F Beim Betriebe auf den deutschen 
kisenbahnen (mit Ausschluß der bayerischen) 
ind im Januar d. J. 182 Personen verunglückt, 
davon 55 tödtlich. Unter den Getödteten befand 
ich nur 1 Reisender, unter den 827 Personen, 
velche verletzt wurden, 3 Reisende. Außerdem 
uchten 18 Personen auf den Schienen freiwillig 
»en Tod, von diesen wurden 16 getödtel. 
Pfalzisches Schwurgericht. 
I. Quartal. 
Zweibrücken, 19. Maärz. Vormittags 9 
Ihr. Verhandlung gegen Franz Kern V. 37 3. a., 
Ackerer von Belüheim, wegen Brandstiftung. 
Staatsbehörde: zweiter Staatsanwali Schneider; 
Vertheidiger: Rechtspraktikant Gießen. 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage 
mier Annahme mildernder Umstände, worauf der 
Ungellagte zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr 
Monaien verurtheilt wurde— Auch wurden ihm 
ie bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer bon's 
zahren aberkannt. 
BRgwe richte. 
e. Ensheim, »arz. (Biktualienmarki.) Butter 
bIo — 0,00 Moper, Ailo, Fier 70 Pf., pet Dußend, 
Zartoffeln 2,20 Mtk. per 50 Kilo. 
Fur die Redaltion verantwortlich: F. X. Demeß. 
Sanitaire Vorsichtsmaßregel. Bei Tempe⸗ 
raturwechsel, welchem wir jur jetzigen Jahreszeit 
zfter unterworfen sind, wodurch Katarrhe, Hufien 
ind ähnliche Belastigungen der Athmungsorgane 
entstehen, machen wir auf die Vorzüglichteit des 
ichten rheinischen Trauben⸗Brust⸗ 
donigs von W.H. Zickenheimer in Mainz 
jiermit aufmerksam. Dieses schleimlösende, sich 
urch köstlichen Geschmack auszeichnende Trauben⸗ 
Bräparat ist in vielen Familien alz nie versagendes 
Zausmittel adoptirt, nicht allein zur Milderung 
ind Beseitigung bereits entstandener Uebel, sondern 
nuch zur Vorbeugung derselben. Der Verlauf iff 
mm hiesigen Platze Herrn J. Friedrich übertragen. 
Nachmittags 8 Uhr: Jakob Welker, Aderer 
nFalkenstein, wegen Widerstand gegen die 
Staatsgewalt Staatsbehorde: zweiter Staatsanwalt 
zchneider; Vertheidiger: Rechtspraktikant Dr. Stern. 
Am 14. Januat abhin hielt der kgl. Förster 
kẽchuberth aus Falkenfiein in Begleitung des Ad⸗ 
unkten Fischer und des Rottenfuͤhrers Brittinger 
n der Behausung des Angeklagten, der des Holzfrevels 
erdächtig war, cine Durchsuchung, welcher ich letzterer 
mnweigerlich fügte. Erst als der Förster an den 
m Hofe befindchen Bodefen ian un dessen aus