St. Jugherter Anzeiger
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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A68.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 27. März. Die Kammer geneh⸗
nigte mit 131 gegen 2 Stimmen den Neubau der
znfanteriebattaillonskaserne in München, ertheilte
u den Nachweisungen des Kriegsministers ihre
denehmigung und nahm den Gesetzentwurf, beir.
xen außerordentlichen Credit für die Kriegskosten
bon 1870/71 an.
München, 28. März. Die Abgeordneten⸗
ammer genehmigte mit 1258 gegen 15 Stimmen
gemäß dem Ausschußantrage die von der Regierung
zeforderten 380,000 Mk. zum Ausbau des Aca⸗
demiegebäudes.
Ueber den Verlauf der nationalliberalen Kon⸗
erenz in Heidel berg macht der , Schwäb. Merkur“
inige Mittheilungen: „.... Man konnte sehen,
daß im Allgemeinen die badischen Liberalen den
inken, Hessen und Württemberg den rechten Flügel
zer Liberalen des Südens ausmachen, während die
hayern die Mitte darstellen. .... Von allen
Seiten her wurde nicht ein Wort laut, das für
Anschluß an die „Deutsch⸗freisinnigen“ plaidirt hatte;
man nannte wohl manchen Mann, welcher auch
unter dieser Flagge segelnd nicht als Feind anzu—⸗
ehen sei, aber im Ganzen war man sich mit
chneidender Deutlichkeit bewußt, daß die neue
hartei nationalliberalen Skalpen lüstern sei und
hre ganze Energie sich darauf richten werde, die
ationalliberalen Wahlkreise zu erobern. .... Der
zayer Dörfler und der Württemberger Egelhaaf
rklärten, daß ihre Gesinnungsgenossen von den
zfuirufern im Reichstage ein für allemal geschieden
seien, und ebenso erfreulich war, wie namentlich
;as als das Trennende empfunden ward, daß die
jeue Partei sich gegen alle und jede Versuche der
—A
iehung erklärten sich z. B. Schreiner und Egelhaaf
weit eher in der Lage mit der Volkspartei gehen
in können, als mit den unverbesserlichen Manchester⸗
euten.“ Auch Kiefer sprach sich für die soziale
keform aus.
Ausland.
Brandreden. Aus New-York, 24. März,
vird gemeldet: Bei der gestrigen Versammlung der
Oynamitpartei wurden die üblichen Brandreden ge⸗
atten. Der berüchtigte Frank Byrne hielt eine
Ansprache iu der wöchentlichen Zusammenkunft des
hrady Emergench Clubs. Johann Most hielt zum
Jahrestage der französischen Commune eine Rede
or 8000 Sozialisten. Der Newyorker Herald sagt
mn einem „Aufreizung zum Morde“ überschriebenen
ürtilel, er berichte über die Verhandlungen in diesen
bersammlungen, damit die gesetzlichen Behörden
jon denselben Kenntniß erhalten. Wenn sie ver⸗
jeblich versuchen sollten, dieselben zu unterdrücken,
veil die Gesetze unzulänglich seien, um solchen
Fallen zu begegnen, so würde die Legislatur dem
iffentlichen Änstande zu Hilfe kommen. Leider
interstützt noch kein anderes Blatt den Herald in
iesem läklichen Unternehmo⸗
Lokale und pfälzische Nachrichten.
SMimbach, 28. Marz. Jufolge einge⸗
retener Hindernisse findet die in Nr. 85 angekün⸗
ꝛigte diesjährige ordentliche Prüfung der oberen
Notest. Schuie dahier erst am Freitag, den 4. April
nächsthin, statt.
— Aus dem Bliesgau wird der „pf.
bt.berichtet; Wie es gegentärtig mit den Güter
reisen in hiesiger Gegend befellp it Jeigt demlid
Sonntag, 30. März 18844. 2* 19 Jahrg.
die vor einiger Zeit stattgefundene Versteigerung
der sogenannten bei Ormesheim gelegenen Gyps⸗
zrube, eines schönen arrondierten Gutes mit herr⸗
icher Aussicht, ehemalige Hinrichtungsstätte unter
den Gaugrafen und Fürsten von der Leyen, das
ine Größe von über 20 Tagwerk, oder hier 26
MNorgen hat, 18. Bonitäts-Klasse, welches für den
ßreis von sage und schreibe 1200 Mark erstanden
vurde. Die noch darauf befindlichen verfallenen
Bebäulichkeiten sollen zur Einrichtung einer Sommer⸗
virthschaft von dem jetzigen Eigenthümer Herrn
Ddanzer, Wirth und Rentner in Ormesheim herge⸗
ichtet werden; über 300 junge Obstbäume stehen
iuf dem Gute, dasselbe liegt jetzt mit Wiesen an⸗
jelegt ziemlich dde, d. h. das Mähen und Dürr⸗
nachen des Heues (circa 100 Zentner jährlich)
ostet beinahe soviel wie der erzielte Heuwerth. Da
8 sich vermöge seiner Höherlage gar nicht zur
Wiese eignet, sollte dasselbe in Ackerland verwandelt
verden, wodurch aber bei den niedrigen Getreide⸗
)reisen jede Rente ausgeschlossen würde.
— Kaiserslautern, 27. März. Vorgestern
vurde die neue Apotheke des Herrn Pfeiffer im
rothen Fünftel in der Gaustraße Nr. 10 eröffnet,
vas die Bewohner dieses Fünftels gewiß mit
Freuden begrüßen werden. — Ein warnendes
kxempel statuierte gestern das hiesige Schöffengericht,
ndem es die 18jährige Katharina Konrad, welche
inem 4jährigen Mädchen auf dem Schillerplatze
ie Ohrringe auszog und damit entlief, wegen dieses
diebstahls, der übrigens ihr erster nicht war, zu 1
Nonat Gefängniß verurtheilte, wähend ihr Vater
vegen Nichtabhaltens von diesem Diebstahle 10
Tage Haft zudiktiert erhielt.
— In Bobenheim a. Rh. krepirten inner⸗
jalb 14 Tagen einem Bauern 4 Stück Vieh. Der
Mann hatte bei Erkrankung des ersten Stückes
einen Kurpuscher statt des Thierarztes zu Rathe
jezogen. Mögen sich unsere Landsleute diesen
Borgang zur Warnung dienen lassen.
— Ludwigshafen, 15. März. Während
der beiden Salvator⸗-Jubelfeiertage wurden im
siesigen „Hiesl's Colosseum“ etwas über 7000 Liter
Zalvator ausgeichenkt, pro Liter 60 Pfennig, was
zie anständige Summe von 4200 Mk. repräsentirt.
—8
Pfälzisches Schwurgericht.
I. Quartal.
Zweibrücken, 24. März, nachmittiags 3 Uhr.
Verhandlung gegen Georg Jakob Held, 84 Jahre
ilt, Winzer von Rhodt, wegen Meineides. Die
zeschworenen verneinten nach kurzer Berathung die
S„chuldfrage, worauf der Angeklagte vom Gerichts⸗
ofe freigesprochen und sofort auf freuen Fuß ge⸗
etzt wurde.
Zweibrücken, 25. März. Ver handlung
jegen 1) Georg Magin, 27 Jahre alt, Kauf⸗
nann in Flommersheim, wegen betrüg erischem
gankerutts .2) Joseph Lengle, 26 J. a., Fabrik⸗
uirbeiter und Musiker von Iggelheim, wegen betrü⸗
zerischem Bankerutts, beziehnngsweise wegen Bei⸗
ülfe hiezu. Staatsbehörde ad 1 und 2: zweiter
Ztaatsanwalt Schneider; Vertheidiger ad 1: Rechts⸗
mwalt Schuler, ad 2: Rechtspraktikant Handorn.
Die Geschworenen bejahten, sowohl bezüglich
)es Magin, wie auch des Lengle die Schuldfrage
ind nahmen bei Magin mildernde Umstände an,
vährend sie dieselben in Bezug auf Lengle ver⸗
jeinten. Magin wurde hierauf zu einer Gefäng⸗
rißstrafe non 1 Jahr und Lenal⸗ ur einer Zucht⸗
hausstrafe von 2 Jahren und 6 Monaien verur⸗
heilt. Auch wurden Letzterem die bürgerlichen
khrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren aberkannt.
Zweibrücken, 26. März, vormittags 9 Uhr.
erhandlung gegen: 1) August Klier, 20 Jahre
ilt, Tüncher; 2) Michael Zeiser, 18 Jahre alt,
Maurer; 3) Johannes Vetter, 18 Jahre alt,
Maurer; 4) Jak. Ott, 18 Jahre alt, Steinhauer;
alle von Neustadt a. H. wegen Körperverletzung mit
aachgefolgtem Tode, bewz. Betheiligung an einem
gemeinschaftlichen Angriff mit Verursachung des
Todes eines Menschen, bezw. gefährlicher Körper⸗
verletzung.
Die Geschworenen bejahten sämmtliche Schuld⸗
fragen, ohne Annahme mildernder Umftände, wo⸗
rauf Klier zu einer Zuchthausstrafe von 6 Jahren,
unter Aberkennnung der bürgerlichen Ehrenrechte
auf die Dauer von 8 Jahren; Zeiser zu 1 Jahr
Gefängniß; Vetter ebenfalls zu 1 Jahr Gefängniß
und Ott zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt wurden.
Mit dieser Sitzung schloß die Schwurgerichts⸗
ession des ersten Quartals pro 1884, und wurden
die Geschworenen unter warmen Worten des Dankes
ür ihre treue Pflichterfüllung in die Heimath ent⸗
assen.
Vermischtes.
F St. Johann, 28. März. Gestern Abend
zog eine Rotte betrunkener Frauenzimmer mit einem
Zuhälter von Saarbrücken kommend über die neue
Zrücke nach St. Johann und beleidigten durch
Titulaturen und Schimpfworte der allergemeinften
Urt und ohne irgend welche Ursache Civil- und
Militärpersonen höherer Charge. Freche und frivole
Lieder brüllend resp. kreischend, hätte unsere Polizei
wohl Ursache gehabt, diese Bande moralisch tief⸗
jesunkener Menscher zu arretiren, war aber, wie
dies in der belebten Victoriastraße meistens der Fall
st, nicht zugegen. Jedenfalls wäre den anständigen
Passanten dieser schönen Straße ein großer Dienst
exwiesen, wenn ein Schutzmann dort stationirt
würde. (N. S. Z.)
F Düsseldorf. Ein (Gerrückter) Engländer,
der hierselbst wohnt, betrachtete jden Morgen ein
twa 18 Jahre altes Mädchen, welches mit einem
Sacke auf dem Rücken die Aschkisten und Körbe
iach Papierschnitzeln und allerlei Abfall durchsuchte.
Der Beschaftigung des Mädchens war auch deren
Anzug entsprechend in der Farbe der Asche gehalten,
nuch etwas mit Rußflecken vermengt, allein der
Brite schien ein besonderes Interesse an dem
Mädchen zu nehmen. Anfangs voriger Woche
teckte er in den Aschkorb auf der Straße vor
einen Fenstern ein Couvert, enthaltend einen 100-
Markschein, fiegelte den Brief nach Art der Geld⸗
priefe und wartete dann am Fenster auf das
Mädchen. Dieses kam, fand den Brief und trug
hn sofort in's Haus. Der Engländer schenkte dem
Mädchen nicht blos die 100 Mk., sondern kaufte
hm auch eine Nähmaschine und läßt ihm Unter⸗
richt im Kleidermachen ertheilen; jedoch unter der
Bedingung, daß es jeden Morgen den Aschkorb vor
einer Wohnung durchsuchen müsse. Das Mädchen
jhut das und jeden Morgen lächeln sich die Beiden
vergnügt zu.
Die Mordgeschichte von Hugo Schenk und
Genossen findet in Frankfurtal M. namentlich
in den Kreisen von Dienstboten und Kindern,
reißenden Abgang. Die erste von Wien dahin
selangte Sendung, welche aus mehreren tausend
kremplaren bestand ist bereita vergriffen und wird
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