St. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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2 —
ogaux
A 644
Montag, 31. März 1884.
19. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 80. März. Die in der Presse ver⸗
zreitete Nachricht von dem Rücktritt des Fürsten
8ismarck von dem Präfidium des preußischen
Ztaatsministeriums ist ohne Zweifel verfrüht und
uicht ganz korrekt. Thatsache ist aber, daß der
defundheitszustand des Reichskanzlers eine wirksame
ẽntlastung von der Fülle der auf ihm lastenden
Zeschufte und Verantwortlichkeit gebieterisch erheischt.
der Gedanke liegt nahe, die Entlastung in dem
dusscheiden des Fürsten Bismarck aus der Leitung
zer preußischen Landesangelegenheiten zu suchen,
ndem er nicht nur auf den Vorsitz und das Porte⸗
euille für den Handel, sondern auch auf die Lei⸗
ung der auswärtigen Angelegenheit Preußens ganz
„erzichtet. Nur auf diese Weise würde er diejenige
Frleichterung von der Veranwortlichkeit für die zu⸗
ünftige Gesetzgebung Preußens wirklich erreichen,
eren er im Interesse seiner Gesundheit so dringend
zedarf. — Die Unfallversicherungs-Kommission
nahm gestern den Antrag Buhl und Genossen an,
welcher die Verficherung auf Bauarbeiter, sowie auf
tetriebe, in denen Explosivstoffe gewerbsmäßig er⸗
eugt oder verwendet werden, ausdehnt. Die Aus⸗
rehnung der Versicherung auf land⸗ und forstwirth⸗
chaftliche Arbeiter wurde abgelehnt.
Ausland.
Das Journal offiziell bringt jetzt die Ernennung
es Generals Saussier zum Gouverneur von Paris
mm Stelle des Generals Lecomte, der zum General⸗
nspektor der Militärschulen ernannt wurde, sowie
ie des Generals Billot zum Commandirenden des
Hund des Generals Davoust, Herzogs von Auer⸗
jädt, zum Commandirenden des ˖19. Armeecorps.
seneral Carteret⸗Trecourt, Gouverneur von Lyon
ind Commandirender des 14. Armeecorps, wurde
nach Ablauf der gesetzlichen Frist seines Commando's
naseiner bisherigen Stellung weiter belassen.
derbare Prädikat „linksstehendst“ verleihen will.
Auf die Zumuthung sich „vor der Hand“ den
Deutschfreisinnigen anzuschließen, gab der erwähnte
hderr die sehr unzweideutige Antwort: „Vor der
Zand auf alle Fälle nicht, und nach der Hand ersf
zecht nicht!“
— Speyer, 27. März. Von den 15 jungen
deuten, die sich der in den letzten Tagen dahier
ibgehaltenen Prüfung für den einjährig-freiwilligen
Miitärdienst unterzogen, haben 8 dieselbe bestanden.
sein Weib und seine Kinder weigerte fich Kalmar
anfangs, das Duell anzunehmen; Spöttereien und
Nörgeleien halber entschloß er sich endlich trotzdem
dazu, auf dem Wahlplatze zu erscheinen. Allein
schon während des ersten Ganges senkte er den
Degen und erklärte nicht weiter fechten zu wollen;
er sei es seinen Angehoörigen schuldig, sein Leben
und seine Gesundheit zu erhalten. Auf seine Weige⸗
rung hin wurde er von den gegnerischen Secun⸗
danten für einen Feigling erklärt, und wo immer
er in einem öffentlichen Lokale erscheinen mochte,
vurde er in Aufsehen erregender Weise ignorirt.
Seirte Bekannten wichen ihm aus, Niemand wollte
nit ihm an einem Tische sitzen und alltäglich mußte
er die ärgsten Beleidigungen anhören. Kalmar ver⸗
nochte diesen Zustand nicht länger zu ertragen, er
vurde aufgeregt und menschenscheu und vor kurzer
Zeit fuhr er nach Steinamanger, wo er sich im
hotel „zum grünen Baum“ eine Kugel in die
Zrust schoß. Die Kugel wurde glücklich herausge⸗
jolt und da sie kein edleres Organ verletzt hatte,
var große Hoffnung für seine Genesung vorhanden.
Vor vier Tagen verfiel nun aber Kalmar in Wahn⸗
inn und bevor noch irgend welche Vorkehrungen
zetroffen werden konnten, hatte er sich mit den Glas⸗
tücken einer zerbrochenen Flasche die Pulsadern
durchgeschnitten und nun erlag er seinen Verletzungen.
F (Antispiritistisches. Mr. Cumber⸗
land gab am 24. d. M. in Wien seine Abschieds⸗
vorstellung, und in dieser trat er der Behauptung
der Wiener Spiritisten, daß er ein Medium sei
und die Geister nur verleugne, durch weitere Ent⸗
jüllungen entgegen. Cumberland sagte, er wolle
inmal an den Experimenten des Mediums Miß
Fay zeigen, wie „geistlos“ alle diese Dinge gemacht
werden: nicht Jeder habe die physische Gabe, ge⸗
hunden, wie er jetzt sei. — die Fesselung war in
gebräuchlicher Weise sehr gewissenhaft vorgenommen
vorden — noch immer „arbeiten“ zu koͤnnen, Miß
Fay könne es aber, und er könne es auch. Das
Banze beruhe auf einer außerordentlichen Dehn⸗
harkeit der Armmuskeln vom Schultergelenk an,
und Mr. Cumberland ging sofort daran, das unter
allgemeiner Spannung zu zeigen ... Die Aus—
ührung unter den Augen des Publikums rief stür⸗
nischen Beifall hervor.
FLondon. LKinen schlechten Witz hat sich
ꝛine in der guten Gesellschaft wohlbekannte Dame
nit mehreren Herren erlaubt. Vor einigen Tagen
zing diesen ein in weiblicher Handschrift verfaßtes
Billet folgenden Inhalts zu: „Eine Dame wünscht
ehnlichst, Sie am 11. März im Haymarket⸗Theater
zju sehen. Wenn Sie eine der Logen nehmen,
werden Sie nicht verfehlen, die Dame zu erkennen;
doch um ihr zu verstehen zu geben, daß das Zu⸗
ammentreffen Ihnen angenehm ist, bitte ich Sie,
ein Sträußchen von Veilchen und Maiblümchen im
knopfloch zu tragen; die Dame wird ein scharlach⸗
jarbiges Geranium am Busen haben.“ Etwa um
3 Uhr Abends erschien das erste Schlachtopfer mit
dem Sträußchen im Knopfloche und schaute sich
vorsichtig, aber neugierig nach der scharlachenen
Blume um, aber seine Ueberraschung steigerte sich
zur Bestürzung, als ein Herr nach dem anderen
aus Brighton, aus Aldershot, aus Landstädten
und eine Unzahl aus London hereintrat, jeder mit
dem verrätherischem Blumenstrauß im Knopfloche.
Es dauerte nicht lange, so hatten die Betrogenen,
einige 60 Mann, das Schlachtfeld betreten. Meh⸗
ꝛere waren llug genug, ihre Blumen eiligst in ihren
hdüten zu verbergen. Aus einer Seitenloge schaute
Vermischtes.
Großottern, 25. März. Ein Schwindler
von seltener Bösartigkeit hat in unserer Landgegend
außerordentliches Unheil angerichtet. Der hiefige
Pferdehandler Heinemann halte dei seinen Kunden
den Geschäftsgebrauch eingeführt, daß die Bauern,
jür welche er Pferde kaufte, ihm Wechsel ausstellten,
zuf denen er die Beträge später ausfüllte. Lange
Jahre betrieb er dies und besaß dabei das allgemeine
hertrauen. Da, auf einmal, als er wieder eine
anze Menge solcher unterschriebener Wechsel bei⸗
ammen hat, verkauft er diese im Betrage von —
o weit bis jetzt festgestellt — mehrern hundert⸗
ausend Mark und brennt mit seinen drei Sohnen
zurch. Die Wechsel sind aber sämmtlich mit viel
u hohen Beträgen ausgefüllt. Die verdrauensvollen
zauern sind auf das schwerste geschädigt. Die
Zutmüthigkeit und sträfliche Sorglosigkeit eines
gauern ging sogar so weit, daß er drei Wechsel
nach einander unterschrieb, von denen Heinemann
zie beiden ersten, als angeblich nicht hübsch genug
seschrieben, unter den Tisch warf, um sie pater
ufzulesen und zweckentsprechend auszufüllen.
Karlsruhe, 27. März. In der heutigen
Zitzung des Schwurgerichts wurde die verheirathete
Vuͤhelmine Köhler aus Leopoldshafen, die ein ihr
n Pflege gegebenes Mädchen von 8 Jahren derart
nißhandeli hatte, daß dasselbe starb, zu 4 Jahr 8
Monaten Zuchthaus verurtheilt.
Berhin, 29. März. In einem Hause am
Andreasplatz tödtete heute Mittag ein gewisser
gronack, welcher mit seiner Frau im Unfrieden
ebte, seine Frau, deren Schwester und den zu Hilfe
ilenden Vicewirth des Hauses mittelst Messerstichen.
Der Mörder überlieferte sich selbst der Polizei.
In Lobenstein nahm ein junger Mann
ine Dynamitpatrone in den Mund, zündete sie an
ind zersprengte sich so den Kopf.
FGie Kibitzeier für den Reichskanz⸗
er) Aus Jever wird berichtet: Die 101 Ki-—
itzeier, welche dem Reichskanzler Fürsten Bismarck
iltjähriich zum Geburtstage am 1. April von hier
nus zugesandt werden, sind bereits am 26. März
um Versandt gekommen. Die der Sendung bei⸗
jelegte Karte trägt folgende Widmung:
Dem Fürsten Bismarck.
Wi hier in unse Jeveland,
Nehmt ok vandag een Ei tor Hand.
Dat, as de Gewer to uns seggt,
Het een Berliner Kiewiet leggt,
uͤnd drinkt: Dat lange noch mit Kraft
De iserne Kanzler för Dürschland schafft
April 1. 1884. Die Getreuen in Jever.
(Fürst Bismarck hat den „Getreuen“ einen Pokal
n der Form eines Kibitzeies zum Geschenk gemacht.)
(Ein Opfer des Vorurtheils.) Man
hreibt aus Guns im Eisenburger Comitat: Vor
inem Jahre wurde der hiesige königliche Notar
dalmar von einem jungen beschaftigungslosen
Nenschen zum Duell gefordert. Im Hinweise auf
Lokale und pfälzische Nachrichten.
sa. Webenheim, 30. März. Bei der gestern
tatigehabten Bürgermeisterwahl wurde an Stelle
eh verstorbenen Bürgermeisters Schwarz der bis⸗
jerige Adjunkt Schmitt aus Webenheim mit 24
yon 82 Stimmen gewählt. Als Adjunkt von We⸗
venheim wurde das bisherige Gemeinderathsmitglied
Pauli mit 10 von 12 Stimmen gewählt.
— Glanmünchweiler, 26. März. Un⸗
ngst ist Bürgermeister Kiefer dahier mit Hinter⸗
assung einer bedeutenden Schuldenmasse — man
pricht von 30,000 Mk. — nach Niederlegung
reines Amtes verschwunden.
- Pf. L. C. Parteiangelegenheiten.)
In Forischrittsblättern ist zu lesen: Herr Reichs—
agsabgeordneter Dr. Groß in Lamsheim, der von
ammtlichen pfälzischen Reichsboten stets als das
inlastehendste angesehen wurde, soli sich bereits
xivatim zu der deursch⸗freisinnigen bekannt
aben, für welche er auch bei den nehsten Wahlen
n seinem seitherigen Wahlkreise wieder candidiren
vird.“ Wenn je eine Lüge kurze Beine hatte, so
var es diese. Denn die bezeichneten Fortschritts⸗
lätter mußten in der gleichen Nummer noch —
ines sogar auf derselben Seite die Thatsache ver—
eichnen, daß Herr Dr. Groß aus Lambsheim mit
n Heidelberg geiagt und die dortige Erllarung mit
nterichrieben hat. Herr Dr. Groß denlt genau
9. wie ein anderes hervorragendes Mitglied unserer
bartei, dem man immer das grammaidansch win—