Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
ver St. Ingberter Anzeiger? erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dieustat, Dounerstag, Samstag und Cor Aag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1 AM GO & einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 , einschließlich 
O ⸗ Zuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 154, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M... 
Samstaq, 12. Januar 1884. 19. Jahrg. 
iti Die „Times“ melden aus Philadelphia, 
Politische Uebersicht. —E Repräsentantenhause sei eine Bill eingebracht 
Deutsches Reich. worden, wonach der Präsident, wenn eine fremde 
München, 10. Januar. Die Kammer er⸗ Regierung den Impori amerikanischen Pöckelfleischet? 
edigte die Einzelartikel 17 bis 20 des Hagelver- derbiete, befugt sein soll, die Einfuhr von Wein, 
icherungs⸗Gesetzes, letzteren auf Befürwectung des diqueuren und anderen Erzeugnissen dieses Landes 
Ministers des Innern mit dem Antrag Hörmann in die Vereinigten Staaten zu verbieten und das 
iber den Beitritt der Pfalz ab Januar 1886, und Jerbot aufrecht zu erhalten. bis die erwähnte Be— 
ahm schließlich das ganze Gesetz mit 151 gegen ränkung wieder aufaehoben ist. 
zie Stimmen der Abgeordneten von Stauffenberg 
ind Hörmann an. 
Berlin, 10. Januar. Der Nordd. Allgem. 
Zztg. zufolge werden die Berathungen des Volks— 
virtschaftsrathes über die Unfallversicherungsvorlage 
jereits in den ersten Tagen des letzten Januar—⸗ 
zrittels beginnen. 
und Eigenthums nicht mehr sicher. Insbesondere 
hatte er es auf Kirchen, Pfarrhäuser und die 
Wohnstätten, in denen Wittwen lebten, abgesehen. 
Er hat bereits gestanden, daß die etlichen 20 Ein— 
bruchsdiebstaͤhle, welche neueflens so viel Aufsehen 
erregten, auf jein Conto gehören. 
— —* 
Vermischtes. 
FMünchen, 8. Januar. In den ersten 
Tagen des neuen Jahres wurde der altkatholischen 
Gemeinde von einem ihrer Mitglieder für den 
stirchenbau die Summe von 1000 Mk. übergeben. 
Das königl. Oberpostamt in Augs— 
burg gibt bekannt, daß es alle humoristischen 
Neujahrspostkarten, die für's Ausland bestimmt 
waren, zurückgehalten hat, da von der Grenze 
XX 
Formulare gedruckt ift. 
F In einem Kohlengeschaft in Augsburg 
wurde eine Hundertmarkbanknote in Zahlung ge⸗ 
geben, welche sich als eine der bekannten Spielereien 
erwies. Sie rluhrt von einem Cafetier in Hannover 
her und verspricht Jedem, der in dessen Etablisse— 
ment jährlich 1000 Tassen Chokslade trinkt, 1000 
Thaler. Der Fabrikarbeiter, welcher dieses Papier 
ausgegeben hatte und der bald ausfindig gemacht 
var gab an, er habe die Note von seiner Tochter 
in Hamburg bekommen, und nicht gewußt, daß 
dieselbe falsch sei, da er noch nie eine Hundert⸗ 
narknote gesehen. 
F Waͤhrend der letzten Sonntags⸗Nachmittags- 
indacht in der Pfarrkirche zu Freising war ein 
rommer Beter in tiefen Schlaf gesunken und fand 
ich, als er erwachte, in der Kirche eingesperrt. Um 
ich zu befreien, läutete er die Kirchenglocken, was 
auch bald den gewünschten Erfolg hatte. 
Das achtjährige Mädchen eines Bauern in 
Langdorf erhielt in Folge von Brandwunden 
am vorderen Gliede des Mittelfingers eine gefähr⸗ 
liche Entzundung und der Arzt rieth zur Ampu—⸗ 
ation. Um die Kurkosten zu sparen, nahmznun 
der Vater des Madchens Stemmeisen und Hammer 
und stemmte unter Beistand seines ältesten Sohnes 
auf einem Holzblock das kranke Glied ab. Mutter 
Ratur war so gütig, trotz dieser barbarischen Ope⸗ 
ration den Finger zu heilen. 
fF Von der Saar wird der „Saar⸗Zig.“ 
geschrieben: Die Eisenpreise sind in der letzten Zeit 
wiederum gesunken. Besorgnißerregend sind die 
Rachrichten aus England. woselbst die Kohlenindustrie 
einer Kathastrophe entgegenzugehen scheint. So 
hzaben, wie von dort gemeldet wird, die Bradforder 
dohlenfitma John Faust Easbo mit 100,000 Pfd. 
Sterl. Passiven und die Kohlengrubenbesitzer Church, 
Milstred u. Comp. in London mit 97,000 Pfd. 
Sterl. Paffiven ihre Zahlungen eingestellt. Diese 
Nachrichten in Verbindung mit der Meldung von 
der Zahlungs⸗Einstellung der englischen Kohlen⸗ 
zrubenbesitzer Alex. Brodgen und Henry Brodgen, 
bei deren jeder ca. 720,000 Pfd. Sterl. in Pas⸗ 
siven in Betracht kommen, hat den Montanmarkt 
der Berliner Böorse sehr stark verstimmt, so daß auf 
diesem Gebiete durchweg weichende Kurse und siarke 
Verkaufslust zu verzeichnen sind. Man sieht in 
den erwähnten Fallimenten den Beginn einer Krisis 
im englischen Kohlen⸗ und Eisengeschäft, die seit 
sange schon signalisirt wird, und die jedenfalls nicht 
»hne eine schwere Rückwirkung auf die deutsche 
Montan ; Industrie bleiden könnte. In England 
jat eine so starke Ueberproduktion sowohl auf dem 
Behiete der Eisen- wie der Koblen⸗Industrie stoft, 
Lokale und pfälziiche Nachrichten. 
N Blieskastel, 10. Januar. Am gest— 
rigen Abende fanden sich mehrere hiesige Bür— 
zer, insbesondere Geschäftsleute, im Hotel Lang 
usammen betufs Vorbesprechung zur Gründung 
ines Vereine. gegen Hausbettel. Ueberzeugt 
yon der Nothwenodigkeit eines derartigen Vereinb 
entschied man sich einstimmig zur Grün dung eines 
olchen und übergab die weiteren Arbeiten vorläufig 
inem provisorischen Comité. Hoffen wir eine recht 
ahlreiche Betheiligung, damit das Projekt bald⸗ 
nöalichst realisiert werden kann. 
— Pirmasens, 8. Januar. Um die Be⸗ 
aühungen zur Wiedererlangung der aus dem Post⸗ 
vogen gestohlenen Werthe anzufeuern, hat das 
zankhaus August Schneider & Co. im Interesse der 
etroffenen Versicherungsgesellschaft durch öffentliche 
zekanntmachung eine Belohnung von 10 pCt. des 
piederbeschaffenen Betrages zugesichert. Hoffentlich 
elingt es, die Diebe ausfindig zu machen und die 
ntwendeten Werthbeträge wieder zu erlangen. 
— Waldfischbach, 8. Jan. Heute Mit— 
ag suchte der k. Amtsgerichtssekretär Friedr. Ball 
rch einen Revolverschuß seinem Leben ein Ende 
u machen. Die Kugel ging ihm unterhalb des 
Herzens durch. Bis jetzt defindet sich der Unglück⸗ 
iche noch am Leben. P. Zig.) 
— In Angelegenheit der Straßenbahn Dürk— 
jeim-Ludwigshafen meldet der „D. Anz.“, 
zaß die zunächst betheiligten Gemeinden dieses Can— 
ons, sowie die Stadt Ludwigshafen und die son⸗ 
tigen angrenzenden Ortschaften fur die betr. Pro— 
ekttirungskosten aufzukommen gewillt sind. Das 
engere Komité wird deßhalb demnächst weitere 
Schritte bei den betr. Behörden thun. — Das 
Beingeschäft war in Dürkheim in der letz 
en Zeit ein ziemlich lebhaftes. Für bessere Sachen 
m Neuen wurden pro 1000 Liter 620 -650 - 690 
MNk. bezahlt. Ferner wurden für 1881 er bis zu 
00 Mk. und für 1882 in einzelnen Fällen bis 
u 400 Mk. für gleiches Quantum bewilligt. 
— Die Verpflegungszuschüsse pro J. 
Quartal 1884 betragen für die Garnisonen Landau 
ind Germersheim für die Mannschaften 16 Pf., 
ür Unteroffiziere 24, für Kaisers autern und Speher 
17 und 26, fur Zweibrücken 17 und 25 Pf. 
— Speyer, 9. Januar. Der 74 Jahre alte 
Ackerer Sebastian Merz, in der Mörschgasse wohn⸗ 
jaft, pflegte des Morgens 6 Uhr ein Gläschen 
Wein zu trinken, welches ihm von der Dienstmagd 
in das Bett gebracht wurde. Gestern früh fand 
etztere das Bett leer. Die Leiche des Alten wurde 
in der Dunggrube gefunden, in die er offenbar bei 
einem nächtlichen Gange durch den Hof gefallen war. 
— Einen rechten „Galgenstrick hat 
nan am Montag in der Person des 832jährigen 
xhr. Sattler aus Göllheim festgenommen, als er 
jserade dem Pfaarhause seines Heimathsortes einen 
Zefuch abstattete. Der Bursche hat es in wenigen 
Nonaten verstanden, die ganze innere Pfalz in 
zerruf zu bringen, als sei man dort seines Lebens 
Ausland. 
Paris, 6. Januar. Die „Agence Havas“ 
neldet: Eine Depesche des Admirals Courbet aus 
haiphong vom 31. Dezember meldet: Nach ge⸗ 
iauen Ermittelungen verlor der Feind bei der 
kinnahme von Sontay 400 Todte und 600 Ver⸗ 
vundete. Unter letzteren befinden sich der Führer 
der Schwarzflaggen und sein Vertreter, unter den 
Betödteten mehrere chinesische Offiziere. Der Feind 
ieß in Sontay 89 Geschütze von Bronce oder 
Hußceisen zurück, unter diesen 7 gezogen, sowie 
100 Kilogramm Dynamit und 150,000 Geschosse. 
Paris, 10. Januar. Der Graf von Paris 
heute Morgen nach Spanien abgereist. 
Petersburg, 10. Jannar. Das Journal 
»St. Petersbourg meldet, Giers werde infolge 
imer durch Lobanoff nach Montreux überbrachten 
rinladung des Kaisers von Oesterreich nach Wien 
eisen. Das Datum der Ankunft ist Familienver⸗ 
altnisse wegen jedoch noch unbestimmt. — Be— 
üglich der Handschreiben des deutschen Kaisers an 
ie Berliner Stadtbehörden sagt dasselbe Blatt: 
heide Schreiben bezeugen den Willen des Kaisers, 
zas Vertrauen in die Erhaltung des Friedens und 
ju den herzlichen Bezichungen der Mächte allent— 
zalben zu verbreiten. 
Die Lage in Rußland nach dem neuesten 
Attentat wird als sehr ernst geschildert. Der ‚Neuen 
reien Presse“ schreibt man, in dieser Beziehung: 
die allgemeine Sachlage, die Darstellung über die 
borgänge in den leitenden Kreisen deuten auf eine 
ald bevorstehende Krise hin, über deren Ausgang 
ich nicht einmal Vermuthungen aufstellen lassen; 
has im Alltagsleben Zufall heißt, wird wohl auch 
in gut Theil dabei mitspielen. Klar zu erkennen 
tenur die tiefe Unzufriedenheit aller Parteien mit 
er gegenwärtigen Sachlage; selbst Aksakow schildert 
ie Lage mit photographischer Treue, und sogar in 
eer Mitte der Anhänger Katkows beginnt ein viel 
edeutendes Hin⸗ und Herschwanken, wovon bis 
or kurzem noch keine Rede sein konnte. Ein 
deborations-Wechsel scheint unerläßlich: Doch auf 
velche Weise und mit welchen Mitteln er bewerk— 
felligt werden kann, welches Bild sich dem Be— 
bauer dann zeigen wird, ist heute kaum jemand 
nmder Lage, zu sagen; an die Thatsache, daß Graf 
loris. Melkow sich seit einiger Feit größerer Auf⸗— 
nerksamkeit bei Hofe zu erfreuen hat, werden hier 
inr wenige Optimisten, wenn es solche überhaupt 
och giebt, kühne politische Vermuthungen knüpfen. 
die verbreitete Nachricht von der Verhaftung des 
Nörders Schudejkins ist unbegründet; der wickliche 
Jame Jablonskis ist Degajew, nicht Pigarew, der 
Mörder befindet sich noch in Freiheit.