Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
Der .St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fuünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltunge 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LM 75 4, einschließliq 
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auf welche die Exrpedition Auskunft ertheilt, I3 H, Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
69. Montag, 7. April 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. — 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 5. April. Die Reichsrathskammer 
berieih den von der Abgeordnetenkammer abgelehn⸗ 
ten Regierungsantrag, betreffend die Aufbesserung 
der Beamtengehälter und beschloß einstimmig, die 
gierfür geforderten 1,171,270 Mk. in den Etat 
cinzustellen, stimmte den Beschlüssen der Abgeordneten, 
zetteffs det Culturrentenbank und der Feuerversicher⸗ 
ung des Hoftheaters, sowie der Ablösung der Bau⸗ 
pflicht an die Annenkirche bei. Ferner wurden die 
Zuschüsse zu den Kirchenbauten in München, Nürn⸗ 
derg, sowie der Ausbau des Hafens Ludwigshafen 
renehmigt. 
— Kaiserslautern, 6. April. Zu un⸗ 
serer großen Freude können wir heute mittheilen, 
daß Herr Oberbürgermeister Dr. Miquel in 
Frankfurt a. M. dem bereits auf der Heidelberger 
donferenz und nachher auf dem pfälzischen Ver— 
rauensmännertage, beide Male einstimmig aus⸗ 
gesprochenen Wunsche in freundlichster Weise ent— 
prochen und sich bereit erklärt hat die einleitend 
Rede auf dem Neustadter Parteitage zu halten. 
Wir begrüßen diesen Entschluß mit der aufrichtigsten 
Benugthuung und richten im Hinweis auf die Be— 
)eutung dieses Gastes wiederholt die eindringliche 
Bitte an alle unsere Freunde im Kreise, auf einen 
möglichst zahlreichen Besuch des Parteitages hinzu⸗ 
wirken. 
— Neustadt, a/H., 5. April. Gestern Abend 
hat sich hierselbst ein Lokal⸗Comité gebildet, 
velches sich den von weiterher zu erwartenden 
HBäften zum Parteitag der nationalen und 
iberalen Handelsparteien in Süd- und 
Züdwest⸗ Deutschland am Ostermontag zur Verfüg⸗ 
ing stellt und den gesammten Gästen überhaupt 
ꝛinen würdigen Empfang bereiten wird. Etwaige 
Wünsche in Bezug auf Quartier, Verpflegung u. s. w 
verden in der entgegenkommendsten Weise erfüllt 
verden. Die Korrespondenz führt Herr Dr. F 
dnecht, an welchen auch alle diesbezüglichen 
Wünsche zu richten sind. 
— Speyer, 3. April. Der Hochw. Herr 
Bischof wird die diesjährige Visitations- und Firm— 
ungsreise am 22. April antreten. Dieselbe wird 
sich über die Decanate Germersheim, Bergzabern 
ind Pirmasens erstrecken. 
— Einen Fall, der beim Genuß von Milch 
zur Vorsicht mahnen soll, hat die „Frkth. Z.“ aus 
Brünstadt zu verzeichnen. Der Ackerer Peter 
Schenk erhandelte kürzlich eine Milchkuh, die sich 
frisch und gesund zeigte und ein bedeutendes Quan⸗ 
tum Milch lieferte. Vor einigen Tagen brach 
diese Kuh ein Bein und mußte deßhalb geschlachte 
werden. Bei der Fleischschau wurde nun constatirt, 
daß dieses Thier die Tuberkeln in so hohem Grade 
hatte, daß das Fleisch als gesundheitsschädlich ver⸗ 
griaben werden mußte. Daß die Milch eines sol⸗ 
hen Thiers, besonders in dem beliebten „kuhwarmen“ 
Zustande genossen, höchst gefährlich werden kann 
dürfte kaum mehr zu bezweifeln sein und wäre zu 
empfehlen, Milch nur abgekacht zu genießen. 
— Ludwigshafen, 5. April. Die Fahr⸗ 
zelegenheit auf den pfälzischen Eisenbahnen am Oster⸗ 
montag dürfte gutem Vernehmen zufolge in der 
Vorderpfalz und bis Kaiserslautern einige Erweite 
rung erfahren. Die Freqnenz an den beiden Oster⸗ 
tagen ist herkömmlich, — namentlich wenn Ostern 
so spät fällt, wie in diesem Jahre, eine außerordent⸗ 
lich starke und erfordert stets die Einlegung von 
Extrazügen. Hoffentlich kommen dieselben auch den 
Theilnehmern am Neustadter Parteitag zu Statten, 
welche nicht unmittelbar nach dem offiziellen Schluße 
der Festlichkeit das gastfreundliche Neustadt verlassen, 
sondern in zwanglosem, geselligem Verkehre noch ein 
oder zwei Stündchen zusammen sein möchten. Was den 
Westrich anbelangt, so ist den Besuchern des Partei⸗ 
tags, welche von der Zweibrückener Gegend kommen, 
die Benützung eines Rundereisebillets zu empfehlen, 
damit sie über Kaiserslautern nach Neustadt und 
üher Landan-Niobermühle zurückfahren können. 
noch eine zweite Ausgabe veranstaltet, weil di 
gestrige Mittagausgabe Nro. 78 confiszirt worden 
wvar. Anlaß zu dieser Maßregel gab eine Be— 
prechung des militärischen Avancements, speziell 
m bayer. Generalstab und eine für die Kriegs— 
minister Bayerns im Allgemeinen und für den gegen⸗ 
wärtigen speziell wenig schmeichelhafte Besprechung 
dessen Thätigkeit. In diesem Artikel wird die Frage 
aufgeworfen, wozu wir in Bayern überhaupt noch 
ein Kriegsministerium und einen Generalstab brauchen? 
F München, 6. April. Der Freiherr v. 
Cramer⸗Klett, Mitglied der Kammer der Reichsräthe, 
ist gestorben. 
FGierfälschung.) Das Oberlandesgericht 
Mäünchen hat ein Urtheil dahin erlassen, daß die 
Be imischung von Caramel (gebrannten Zucker) zu 
Bier, sowie die Mitverwendung der Kerne von 
Vesen (Dinkel) zur Erzeugung von Braunbier eine 
Uebertretung des Gesetzes über den Malzaufschlag 
und ein Vergehen gegen das Reichsgesetz, den Ver⸗ 
kehr mit Nahrungs- und Genußmitteln ꝛc. beir., 
bilde. 
Generalmusikdirektor Franz Lachner i Mun- 
chen, der gefeierte Altmeister der Musik, beging 
am 2. April seinen 81. Geburtstag. Die herz⸗ 
lichen Glückwünsche, welche ihm von allen Seiten 
wieder zu Theil wurden, möoögen dem verehrten 
Manne ein Beweis sein, wie hoch er in der Liebe 
und Achtung steht. 
F Ein allzureicher Segen wurde in München 
eiker armen Familie in der Nacht auf den 1. April 
bescheert: es kamen Drillinge an, zwei Buben und 
ein Mädchen. Eingezogene Erkundigungen im Hause 
und beim Distriktsvorsteher haben ergeben, daß die 
jehr brave Familie in überaus ärmlichen Verhält⸗ 
nissen is. Und nun noch Drillinge dazu? Man 
lann sich die schweren Sorgen denken! 
F Heidelberg, 5. April. Die österreichische 
aiserin und die Erzherzogin Valerie sind mit Ge⸗ 
'olge hier eingetroffen und im Auftrage des badischen 
Hofes vom Oberst Kammherrn v. Gemingen und 
dom Stadtdirektor v. Scherer empfangen worden. 
fFAlzey, 5. April. Am Montag Mittag 
tkraf hier ein Extrazug — 25 Waggons — Eis 
aus Tirol ein, welcher für die Brauereien Klein⸗ 
knecht und Winter und Wendecker bestimmt war. 
Die Brauerei Neidlinger bezieht ihren Eisbedarf 
aus Norwegen. Letzteres Eis kostet einschließlich 
Fracht bis Alzey etwas über 300 Mtk. pro Waggon. 
Dasselbe soll von weit besserer Qualität sein, als 
das Tiroler. Es befinden sich dabei Blöcke von 
4 bis 6 Zentnern. 
F Auf, nach Sevilla! Der Magistrat 
von Sevilla hat dem Magistrat von Berlin ein fast 
drei Meter langes, in farbigem Druck ausgestattetes 
Publikandum mitgetheilt, worin zum Besuch der 
Ostermesse in Sevilla eingeladen und allerhand geist⸗ 
liche und weltliche Lustbarkeiten, wie Oratorien, 
Umzüge, Musikaufführungen, Feuerwerk, Stiergefechte 
verheißen werden. Fehlen nur Autos⸗da⸗fé, die 
freilich nicht mehr im Geschmack der öffentlichen 
Meinung sind. Dem Wunsch der Sevillaner ent⸗ 
sprechend, hat der Magistrat angeordnet, daß das 
Plakat acht Tage lang im Treppenhause des Rath⸗ 
hauses aufgehängt werde, um dann ins — Archiv 
des Märkischen Museums zu wandern. 
Die chronique scandaleuse der Stadt Ant⸗ 
werpen ist um einen pikanten Fall bereichert 
worden: Eine dem höchsten Adel angehörende 
junge Dame, die schon mehr als einem Cavalier, 
der sich um ihre Gunst beworben. einen Korb ge— 
Ausland. 
Paris, 5. April. Die Kammer verwarf die 
Senatsänderung bezüglich der Pariser Municipal— 
wahlen und stellte mit 334 gegen 156 Stimmen 
die Eintheilung von Paris in vier große Wahlbe⸗ 
irke wieder he. 
Lille, 4. April. In Denain herrscht große 
Erregung, da Henri Rochefort, der Redakteur des 
„Intransigeant“, dort eingetroffen ist. Es erfolgte 
ein Aufzug von 3000 feiernden Arbeitern, welche 
aufrührerische Rufe ausstießen. Die Gendarmen 
waren außer Stande, die Menge zu zerstreuen 
Von hier sind Truppen nach Denain abgegangen. 
London, 4. April. Die Leiche des Herzogs 
don Albany ist, vom Prinzen von Wales, dem 
deutschen Kronprinzen und anderen Fürstlichkeiten 
geleitet, vormittags von Portsmouth nach Schloß 
Windsor übergeführt worden. Auf der Station 
Windsor wurde sie von der Königin und den Prin— 
zessinnen empfangen und dann nach Albert-⸗Memo⸗ 
rial Hall gebracht, wo ein Trauergottesdienst abge⸗ 
dalten wurde. 
Nachrichten aus Cuba bezeichnen die 
dort herrschende Lage als eine sehr üble. Räuber⸗ 
banden fangen an, in großem Maßstabe ihr Un—⸗ 
wesen zu treiben. Nach Telegrammen aus Key 
West ist es ferner einem Schooner der angeblichen 
cubanischen Freibeuter ⸗Expedition gelungen, mit 
Heneral Aguero und 20 bewaffneten Männern an 
dord nach Cuha abzusegeln. Der amerikanische 
dolldampfer „Dix“, mit dem spanischen Consul an 
vord, verfolgte den Schooner, aber vermochte ihn 
nicht einzuholen. Man fürchtet, der Anhang des 
henetals werde sich vor seiner Ankunft in Tuba 
derstärken. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 7. April. Gestern Nach— 
mittag gegen 5 Uhr wurde unsere Stadt durch 
Feue ral arm erschrect. Es brannte im Walde 
der Hen. Gebr. Krämer zwischen hier und Spiesen. 
Der Brand erstreckte sich, ehe er gedämpft werden 
lonnie, über eine Fläche von 3 bis 4 Hektar und 
soll durch leichtsinnig weggeworfene brennende Zuͤnd⸗ 
hoͤlzchen entstanden sein 
— Kaiserslautern. 4. April. Dem Fest⸗ 
tomite für das Realschul-⸗Jubiläum am 
ʒ. August ds. Is. sind auf erfolgte Einladung 
Aethstehend benannte auswärtige Herren — frühen 
Swuler der Anstalt — beigeiceten Herr Geheimer 
Sanitätsrath Zinn von Eberswalde, Herr Ober⸗ 
maschinenmeister Mahla von München, Herr Fabri⸗ 
lant Rud. Böcking von der Halbergerhuͤtte, Herr 
Rommissionsrath Glaser von Berlin. Von zwei 
weiteren auswartigen Herren aus der Pfalz ist 
aoch keine Juschrif eingelaufen. 
Vermischtes. 
F München, 4. März. Das „Bayer. Va— 
terland“ des Hrn. Dr. Sigl hatte gestern Abend