Full text: St. Ingberter Anzeiger

f Die Reise Laskers nach Amerika 
war der von den Aerzten verordnete letzte Bersuch, 
sein seit geraumer Zeit erkranktes Gehirn (Gehirn⸗ 
Jahmung), wieder zu heilen. Die mehr von ihm 
selber, als von seinen Freunden, welche längst die 
Befahr kannten, geheate Hoffnung ist leider eitel 
gewesen. 
4Göflichkeit der Aerzte.) Der Beruf 
eines Arztes bringt es wohl mit sich, daß es unter 
den achtbarsten Vertretern der medizinischen Wissen⸗ 
schaft so viele — Grobiane gibt, gerade den 
Wissenschafter muß es verstimmen, im Umgang 
mit den Laien immer und immer wieder auf Vor⸗ 
urtheile, verkehrte Ansichten, Eigenfinn und Recht⸗ 
Jaberei zu stoßen, und nichts ist begreiflicher, als 
denn der Arzt endlich die Geduld verliert und die 
Höflichkeit des gewöhnlichen Umganges bei Seite 
etzt. Eine berühmte Grobheit besitzt Professor H. 
in' Wien, der hoffnungslosen Patienten mehr als 
Anmal bei der ersten Konsultation ins Gesicht sagte: 
„Sie können sich auch 8 Todtenkastel bestell'n,“ 
ine Aeußerung, die ein Münchener Arzt wenigstens 
umschrieb, als er sagte: „Dieser Fall ist Sache des 
Sarg⸗Tischlers, nicht des Arztes.“ Von Dr. Fr. 
in Berlin erzählt man folgende Aeußerung. Ein 
nit mehreren Uebeln behafteter Patient hatte sich 
chm vorgestellt. Dr. F. untersuchte den Kranken 
viertelstundenlang und schüttelte bedenklich den Kopf. 
Der geängstigte Kranke stammelte ein furchtsames: 
„Nun, was fehlt mir denn eigentlich, Herr Medi⸗ 
zsinalrath?“ Dr. F. erwiederte kurz: „Das wird 
die Seklion ergeben!“ und drehte dem Aermsten 
den Rücken. 
(Ein sparsamet Mann) Wie ein 
Wiener Blatt erzählt, begann Herr Tewele, ehe⸗ 
maliger Direktor des Karl⸗Theaters in Wien, am 
Sylvesterabend einen Toast mit folgenden Woten: 
Das Jahr 1883 ist also auch zu Ende; es ist 
das Einzige, was ich in diesem Jahre zurückgelegt 
habe.“ 
Beisder „goldenen Jugend“ von 
Paris werden jetzt rothe, blaue und weiße Atlas⸗ 
fräcke Mode. Die Zeit der Narrheit rückt eben 
heran, merkt man. 
(Ein furchtbares Unglüch ereignete 
iich am Sonntag Morgen auf der englischen Nord 
westhahn zwischen den Stationen Standish und 
Toppull 5 Meilen nördlich von Wigan. In kurzer 
Entfernung von Coppull sollte eine alte Eisenbahn⸗ 
drücke abgetragen werden. Während der Arbeit 
stürzte die Brücke plötzlich ein und begrub eine An⸗ 
jahl von Arbeitern unter ihren Trümmern. Sieben 
wurden als furchtbar verstümmelte Leichen und sechs 
in schwerverletztem Zustande aus dem Schutt her⸗ 
vorgezogen. Unter den Getödteten befindet sich der 
Bruͤckeninspektor Hammond, der das Abtragungs- 
werk leitete und der Werkführer des Arbeiterper⸗ 
sonals. Wenige Stunden vor dem Einsturz der 
Brücke war ein Personenzug unter derselben vorüber⸗ 
gefahren. 
F In England werden die Versuche fortge— 
setzt, um die Wirkung des Oels auf den Wellen⸗ 
gang zu erproben, und sind bisher geradezu über 
raschende Resultate erzielt worden, die sich für die 
Schifffahrt von großer Bedeutung erweisen dürften. 
In allen Fällen verwandelte die Aufgießung einiger 
Gallonen Oel die stürmischste See zu ruhigem 
Fahrwasser und einige der transatlantischen Dampfer⸗ 
gesellschaften haben bereits die Frage in Erwägung 
gezogen, ob es nicht räthlich wäre, ihre Schiffe mit 
einem Oelvertheilungsapparat zu versehen, nur im 
Falle eines gefährlich hohen Wellengangs einen 
Schutzwall gegen Sturzseen zu schaffen. Am 1. d. 
M. wurden abermals im Hafen von Folkestone, 
welcher seiner offenen Lage wegen jede heftige Be— 
wegung des Meeres mitempfindet, interessante Ver⸗ 
fuche mit der Oelaufschüttung gemacht. Von drei 
Stellen aus sollte Oel auf das Wasser gepumpf 
werden, wozu ein Netz schwimmender Bleiröhren 
konstruirt wurde. Es galt nun, den äußersten 
Punkt mit Oel zu versorgen, wozu eine kleine 
Barke verwendet werden sollte. Der Wellengang 
war jedoch so stark, daß man Bedenken trug, das 
jchwanke Schiffchen die Fahrt unternehmen zu 
lassen, als dem Bootführer der Gedanke kam, die 
Wirkung des Oeles von der Barke aus zu ver— 
suchen. Das Resultat war überraschend: kaum 
waren einige Kübel voll von dem Bug der Barke 
aus auf das Wasser gegossen und das Wellenspiel 
hörte auf; auf spiegelglatter Bahn zog die Barke 
über die heftig bewegte See hin und erreichte ohne 
Schwieriakeit ibt ARiel. Asßs man von den drei 
Stellen zugleich das Oel auszupumpen begann, 
war die Wirkung dieselbe; in ganz kurzer Zeit lag 
der Hafen ruhig wie ein Teich da, während außer⸗ 
halb seiner „Oelgrenze“ die Wellen heftig auf- und 
abwogten. Die Wirkung hielt eine volle Stunde 
ain und die Kosten betrugen kaum 2 Pfd. Sterl. 
Man hofft nun, den Hafen von Folkestone durch 
eine systematische Anwendung von Oel auch im 
stürmischsten Wetter für ein⸗ und auslaufende Schiffe 
sicher machen zu können, und trifft die hierzu 
nöthigen Vorbereitungen. 
F GFall Hilgard.) Dem Londoner „Stand⸗ 
ard“ wird unterm 7. Januar aus New ⸗PHork tele⸗ 
zraphirt: Villard übergab seinen Gläubigern seine 
palastartige Wohnung. Es verbleiben ihm eine 
halbe Million Dollars und eine Villa, welche er 
vor einigen Jahren seiner Frau geschenkt hat. 
F(Ein dankbarer Schuldner.) Die 
Reise Eduard Lasker's nach Amer'ika galt auch 
seinem in Galbeston (Texas) als Banquier und 
Industrieller in glänzenden Verhältnissen lebender 
üngeren Bruder. Ueber die Art und Weise, wit 
dieser Bruder Eduard Lasker's den Grundstein zu 
seinem großen Vermögen legte, wird von Lasker 
selbst dem B. T. eine recht hübsche An?kdote zur 
Verfügung gestellt. Der Schwager des Bruders 
des Verstorbenen hatie, als er vor langen Jahren 
nach Amerika kam, die flüchtige Bekanntschaft eine? 
Icländers gemacht und diesem, als sich derselbe in 
großer Noth befand, ein Darlehen von etwa 100 
Dosllars gemacht. Jahre vergingen darüber; der 
Schwager des jüngeren Lasker hatte jenes Darlehens⸗ 
Jeschäft längst vergessen. Da wird er eines Tages 
in Galveston, wo er mit dem jüngeren Lasker in 
Tompagnie ein bescheidenes Mühlenetablissement be⸗ 
saß, durch einen Diener nach dem Bahnhof beschie— 
den, wo ihn ein Herr dringend zu sprechen wünsche 
Beide Compagnons begaben sich ungesäumt nach 
dem Ort des Rendezvous. Hier stellte sich dem 
Schwager Lasker's ein Herr mit der Frage vor, 
ob er sich seiner nicht mehr entsinne. Die Antwort 
autete verneinend. Erst als der Fremde den 
Schwager Lasker's durch Angabe aller Details da— 
tan erinnerte, daß er es sei, welcher einst jenes 
Darlehen von 100 Dollars empfangen, fand die 
Erkennungsscene statt. Der Fremde war kein An⸗ 
derer als der schon seit Jahren zum vielfachen 
Dillionar gewordene Makay. Lange Zeit hindurch 
hatte Makay seinen Gläubiger vergebens gesucht 
uind als er ihn endlich ermittelt, war er mit einem 
Expreßtrain unverzüglich nach Galveston geeilt, um 
einer Dankbarkeit Genüge zu leisten. Jenes Dar⸗ 
ehn von 100 Dollars hatte in dem Geschicke Ma⸗ 
kah's einen Wendepunkt bezeichnet. Makay schenkte 
seinem wiedergefundenen Freunde 100,000 Dollars 
in Baar und eröffnete den beiden Compagnons für 
ihr Geschäft einen nach Belieben zu verzinsenden 
unkündbaren Credit von 500,000 Dollars. 
Ueber den Brand der Klosterschule in Belle— 
pille, Illinois, sind weitere Schilderungen einge⸗ 
troffen. Beim Ausbruch des Feuers, welches in 
einem Kamine des Erdgeschosses seinen Ursprung 
hatte, lagen in den Schlafsälen im vierten Stod- 
verle des Klostergebäudes etwa zwanzig Kloster⸗ 
chwestern und sechzig Schülerinnen im tiefen 
Schlafe. Das Feuer hatte schon die Treppe er— 
griffen, als der erste Feuerlärm gegeben wurde. 
Fine entsetzliche Verwirrung entstand. Der Haus— 
ordnung gemäß waren alle Thüren der Schlafge⸗ 
macher von außen verschlossen und die Schlüssel im 
Besißze der Oberin. Die Nonnen und die ihrer 
Obhut anvertrauten jungen Mädchen waren daher 
Befangene und sahen sich den Weg über die Stiegen 
vberschlossen. Die Gluth drang schon in die Zimmer 
ein; an den Fenstern erschienen die Gestalten der 
armen Mädchen und Kinder; sie stiegen zagend auf 
die Fensterbrüstung und sprangen dann von der 
zewaltigen Höhe durch Flammen und Rauch her⸗ 
anter. In kurzer Zeit lagen fünfzehn Menschen 
sörper zerschmetlert als Leichen ader in Todeszuck— 
uingen auf dem harten Steinpflaster. Zwei Mäd⸗ 
hen, von Todesangst erfuͤllt, hielten sich an ein 
einernes Gesimse und schwebten so über der un— 
Jeimlichen Tiefe; endlich beleckten sie die Flammen; 
mit einem furchtbaren Aufschrei ließen sie ihren 
Hhalt fahren und lagen im nächsten Augenblicke als 
gräßlich verstümmelte Leichen neben ihren verun— 
glückten Schwestern! Die am Brandorte ver— 
ammelte Menschenmenge war in heller Verzweiflung. 
Der Mangel aller Rettungswerkzeuge machte es 
unmoglich, Hilfe zu leisten, und das Klosterthor 
widerstand aüͤen Anstrengungen. es aufzusprengen. 
Endlich brachte man eine mächtige Eisenstange, mit 
velcher das Thor eingestoßen wurde. Eine Schaar 
zeherzter Männer drang nun in das brennende Ge 
zäude ein, eilte über eine Hintertreppe in das 
bierte Stockwerk, schlug mit Aexten die Thüren ein 
und trug nun die vom Rauch betäubten Mädchen 
mit eigener Lebensgefahr ins Freie. Nur vierzig 
Leben wurden so gerettet; außer denen, die durch 
den gewagten Sprung aus den Fenstern das Leben 
berloren hatten, verbrannten noch etwa fünfzehn 
Personen. Als man die Trümmer durchsuchte, 
fand man die Oberin und acht um sie gedrängte 
rdinder, von denen eins seine Arme um ihren 
dals geschlungen hatte, todt und halbverbrannt 
dor. Von den Lehrerinnen verloren beinahe alle 
achtzehn) das Leben; ihrer Haltung zollt man das 
höchste Lob. 
F Eine in San Francisco abgehaltene 
Versammlung, welche Eigenthum im Werthe von 
300 Millionen Dollars repräsentirte, hat beschlossen, 
zine Weltausstellung im Jahre 1887 daselbst abzu⸗ 
halten. Der Gouberneur führte den Vorsitz und 
die Congreßmitglieder für Californien versprachen, 
das Unternehmen zu unterstützen. Es murde ein 
Garantiefonds von 1 Mill. Doll. gezeichnet und 
die Staatslegislatur wie der Congreß werden ange⸗ 
gangen werden, gleichfalls das Project zu fördern. 
F Entsetzenerregende Zustände herrschen seit 
einiger Zeit im Anschanti-Reiche (Goldküste 
Afrikas). Das Volk steht dort unter dem Eindrucke 
»es Schreckens, der durch die Abschlachtung der 
Familie des Königs Koffi Kalkalli und durch die 
zeständigen Massenhinrichtungen seiner Anhänger 
jervergerufen worden ist. Hunderte sind schon ver⸗ 
hlutet und die Henker sind noch immer in voller 
Thätigkeit. Von den siebenzig Kindern des Königs 
Zoffi wurden achtundsechszig getödtet und nur ein 
dnabe und ein Mädchen wurden am Leben gelassen. 
kiner der Anhänger Kallkalli's, der Haͤuptling 
okofu, sandte, als er hörte, daß das Leben des 
dönigs bedroht sei, neunzig Krieger zu seinem 
Schutze nach Kumassie. Der neue Konig gestattete 
dieser Leibwache, um Koffi zu bleiben und ließ 
sie einige Tage lang unbehelligt; als sie sich aber 
sicher fühlte und die Aufstellung von Wachen unter⸗ 
ließen, wurde sie in einer Nacht plötzlich überfallen 
und insgesammt niedergemetzelt. — 
Verloosungen. 
München, 8. Januar. Haidhaufer 
Kirchenbaulotterie. Es gewannen: 
Nr. 283,3889 30,000 M. 
Nr. 298,674 10,000 M. 
Nr. 158,038 5000 M. Nr. 166,702 1500 M. 
Nr. 107,800 1500 M. Nr. 19,658, 175,236. 
177,288, 242,527, 190,511, 32,318, 262336 
151, 064, 78,776 je 1000 M. Ferner je 500 
M.: Nr. 11,087, 72,669, 282, 180, 168, 160, 
144,905, 40, 125, 161,501, 270,938, 196,497. 
101,514, 241, 8308, 62,892, 532,982, 82 180. 
200 M.: 224 666, 246,609, 178,700, 187, 199, 
O6, 098, 256,808, 178,086, 153, 410, 90640, 
51,753, 139, 457. 468, 102, 18,304, 109318, 
97,8323, 107, 165, 22, 872, 258,751, 252612 
295, 028, 280,7 11, 291,857, 117,606, 110 256, 
133,814, 21,077, 167,579, 248,959, 20 126. 
236,791, 173, 086, 19,965, 244, 852, 254 866. 
121,684, 215. 9354, 15,685, 250,259, 186.749, 
IIO,MI2, 93,3060, 88,912, 198,858, 280.466. 
Dazu kommen noch 100 Gewinnste mit je 100 
M. 117 mit i⸗ 50 und 9700 mit ie 5 M 
Sterbefälle. 
G.storben; in Frankenthal Magdalena Zicker, 
zeb. Löffler, 74 J. a.; in Dürkheim Lorenz Kohl⸗ 
müller, 42 J. a, in Ingenheim Frau Katha⸗ 
rina Barbara Kerth, geb. Bantz, 56 J. a.; in 
birmasens Peter Schwarz, 16 J. a. in Spehet 
Frau Marie Spiegel, geb. Schultz. 83 J. a. 
in Kaiserslautern Frau Karoline Hopp, geb. 
Helfrich, 28 J. a.; in Wachenheim Jean Stein—⸗ 
mek II. Geatshesitzer, 66 4 
Dienstesnachrichten. 
Der interim. Verweser der protest. Schulver⸗ 
weserstelle zu Neuhemsbach, Schuldienstexspektant 
Ludwig Schmidt, wurde zum Schulberweser, der 
Schulperweser Ludwig Dausch in Neuunkirchen 
zum Schulverweser an der kathol. Schule zu Esch— 
»ach, der Lehrer Jakob Hamm in Saalstadt zum 
Lehrer an der oberen protest. Schule in Dellfeld, 
der Schulverweser Franz Kempf in Walshausen 
zum Lehrer an der kathol. Schule zu Pleisweiler 
rnannt