Full text: St. Ingberter Anzeiger

tend dargestellt. Dagegen meldet ein Telegramm 
aus Key West, daß dort eine neue cubanische Frei⸗ 
beuter⸗ Expedition organisirt wird. Die Behörden 
snp auf ihrer Hut. Seesoldaten patrouillirten in 
ded Nacht die Stadt und das Gestadte ab, während 
Zollkutter längs der Küste kreuzen. Nach Berichten 
dus cubanischen Quellen ist General Aguero mit 
seinem Anhange sm Bahamogebirge, welches einsi 
die Veste der jüngsten Rebellion war, angelangt. 
Die Freischaaren haben mehrere Steuerkassen ge— 
plündert. Sie waren allenthalben siegreich und 
vwurden gut aufgenommen. Auf dem Marsche von 
der Küste erhielten sie ansehnliche Verstärkungen. 
Lokale und vfälzische Nachrichten. 
DJer ,„Pfälzer Ztg.“ wird von der Trualb 
eine Wuchergeschichte mitgetheilt. Danach hätte 
ein Mann von B., Bürgermeisterei Gr.⸗St., sich 
bvor einigen Jahren an nen „Juden“ des Dorfes 
R⸗ um kein Darlehen von 30 fl. gewendet behufs 
Bezahlung von „Trinkschulden“, auch 209fl. wirklich 
erhalien, aber 50 fl., rückzahlbar nach einem Jahr, 
schreiben müsser. Als Schuͤldner dann wieder nicht 
bezahlen konnte, habe einen Schuldschein von 70 fl. 
unterzeichet, nach Ibermals einem Jahr einen solchen 
von i00 fl.; dazu seien noch einige kleine Dar⸗ 
lehen gekommen, sodaß die Schuld auf 200 fl. 
angewachsen sei. „Neulich nun“ sei die Sache 
zum Abschlusse gekommen, indem Gläubiger einen 
Schuldschein von 2200 M. . präsentirt habe, 
der auch habe bezahlt werden müssen. Der Ein⸗ 
sender äußert am Schlusse, daß in diesem Falle 
das k. Landgericht Zweibrücken zuständig sein werde. 
— Kaiserslautern, 16. April. Alé⸗ 
Curiosum wird der „Pfälzischen Post“ mitgetheilt 
daß ein 12jähriger Schüler Th. in N. schon graue 
Haare hat. Ebenso eine Sountaasschülerin 15 
Jahre alt, in Zw. 
Aus der Pfalz wird der „Pf. Pr.“ ge⸗ 
schrieben: Vor einigen Tagen war in der Pfäl⸗ 
zischen Presse ein der Corr. Hoffmann entnommener 
Aruüͤkel zu lesen, in welchem ein Mißstand berührt 
wird, welcher schon seit langem in pfälzischen Ju⸗ 
ristenkreisen tief empfunden wird, nämlich die pfälz. 
Vertretung sowohl am Verwaltungsgerichtshof, wie 
vornehmlich am obersten Zandesgericht. Anschließend 
an diese Bemerkung sei uns es gestattet beizufügen, 
daß ein ähnlicher Mißstand seit dem 1. Oktober 
1869 sich in dem kgl. Staateministerium der Justiz 
geltend macht, in welchem zur Zeit — abgesehen 
don dem Justizminister selbst — 13 Justizbeamte 
angestellt sind, nämlich ein Staatsrath im ordent⸗ 
lichen Dienst, drei Ministerialräthe, drei Ministe⸗ 
riclassessoren, zwei geheime Ministerialsekretäre im 
Refereniendienst, ein Oberlandesgerichtsrath, zwei 
Staatsanwölte und ein Amtsrichter, darunter jedoch 
kein einziger, von welchem man sagen kann, er sei 
in dem rheinischen Rechte aufgewachsen und kenne 
dasselbe gründlich; denn der im Uebrigen zwar 
sehr verdienstvolle Staatsrath von Los, welcher als 
Vertreter des rheinilchen Rechts gilt, in neuerer 
Zeit aber hänfig krank ist, stammt nicht aus der 
Pfalz, trat vielmehr, nachdem er im rechtsrheinischen 
Bayern den Staatskonkurs bestandeu hatte, erst im 
Jahre 1849 in den pfaͤlzischen Justizstaatsdienst 
n welchem er bis zu seiner 1866 erfolgten Beru⸗ 
fung in das Justizministerium verwendet wurde 
jedoch fast ausschließlich in der pfälzischen Staats 
anwaltschaft, sodaß er nur wenig Gelegenheit hatte. 
ich in das pfälzische Civilrecht einzuleben. In 
früherer Zeit hat man bei der Ernennung von 
Justizminsterialbeamten auf die Pfalz mehr Rück · 
ficht genommen; denn eine Reihe von Jahren hin; 
ducch fanden gleichzeitig mit dem Staatsrath vor 
dos zwei geborene und in der Pfalz aufgewachsene 
Pfalzer, nämlich der . Oberlandesgerichtspräsident 
— jezige Rath am 
Sberlandesgericht in München, Verwendung in 
dem k. Justizministerium und da auch nicht im 
Entferntesten abzusehen ist, warum in dieser Hin⸗ 
sicht seit dem 1J. Oktober 1879 eine Aenderung 
beliebt wurde, so ist der vielfach geäußerte Wunsch 
pfälzischer Gerichtsbaren, es möchte bei der nächsten 
Gelegenheit ein in der Pfalz geborener und aufge⸗ 
wachsener, schon längere Zeit im pfälzischen Ju⸗ 
stizdienst angestellter Jurist in das Staatsministerium 
der Justiz berufen werden, sicherlich ein berechtigter 
Der Ausschuß des prot. Vereins 
der Pfalz wac am Tienstag in Neustadt ver— 
fammelt; derselbe erklärte sich gegen die von der 
rcheubehard⸗ angereale und von dem Aus⸗ 
schuß der Generalsynode begutachtele Einführung 
es neuen Gesangbuches; ein Bedürfniß 
zur Abschaffung oder Abänderung des jetzigen Ge⸗ 
—XVV nicht gezeigt, weßhalb es 
urchaus ungerechtfertigt sei, die prot. Bevölkerung 
don neuem in Aufregung zu versetzen. 
Der Saatenstaͤnd in der Pfalz im Monat 
März 1884 ist nach Zusammenstellungen imk. 
dayer. statistischen Bureau foigender: 1. Frankenthal⸗ 
Grünstadt, Speyer (mit Lndwigshafen a. Rh.). 
Neustadt a. H. (mit Dürtkheim). Winterweizen 
und Winterroggen: Sehr gut. Winlerspelz, Sommer⸗ 
Jerste, Hafer, Reps, Klee, Futterpflanzen und 
Wiesen: gut. 2. Germersheim, Kandel, Bergzabern 
mit Annweiler), Landau (mit Edenkoben). Winter— 
veizen, Winterspelz, Winterroggen, Wintergerste 
(nur selten angebaut) und Reps: Sehr gut. Im 
Zezirke Landau machen die Feldmäuse an den 
Fruͤchten vielen Schaden. 3. Kirchhe imbolanden 
mit Obermoschel und Rockenhausen), Kusel (mit 
zauteteken und Wolfstein), dann Homburg und 
Zaiserslautern (soweit nördlich der Bahn Mittelberx⸗ 
hach-Homburg⸗ Kaiserslautern- Neustadt Felegen). 
Wiuterweizen, Winterspelz und Winterroggen; Aus⸗ 
Jezeichnet; Sommerweizen: Sehr gut. 4. Pirma— 
ens (mit Dahn und Waldfischbach), Zweibrücken 
mit Blieskastel und St. Ingbert), dann Homburg 
und Kaiserslautern (soweit füdlich der zu 3 ange⸗ 
gebenen Vahn). Winterweizen: Gut; ist in den 
setzten Tagen sehr zurückgeblieben. Winterroggen 
Sehr gut; steht theilweise doch dünn, sonst würde 
der im allgemeinen vorzügliche Stand desselben zu 
der Bezeichnung „ausgezeichnet“ berechtigen. Klee 
Gut; ebenso Rotklee; Klee, im vorigen Jahre an— 
gelegt, steht dünn. 
Vermischtes. 
F Neunkirchen, 17. April. Gestern Morgen 
gegen 6 Uhr verließ der in der Josephstraße hier⸗ 
selbst wohnende Bergmann Ph. Chr. A. seine 
Wohnung, um zur Arbeit zu gehen, und kehrte 
furz darauf in dieselbe zurück, wo er nach wenigen 
Minuten verstarb. In der rechten Brustseite hatte 
derselbe eine Wunde, aus weicher die Eingeweide 
herausgetreten waren. Wie ihm diese beigebracht 
Horden ist, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden; 
die sofort eingeleitete Untersuchung wird wohl bald 
das Nähere ergeben. (S. u. Bl.⸗Z.) 
Fenn, 17. April. Am Ostermontag spannte 
der Knecht eines hiesigen Bürgers an und fuhr 
ins Feld zum „Zacern.“ Das war schon gewiß 
auffallend. Am Tage darnach war der Knecht ver— 
chwunden und der Wagen stand noch im Acker 
Das war wieder auffallend. Nun ging der Herr 
hin und brachte den Wagen nach Hause, fand aber 
dabei, daß sämmtliche Speichen an den Rädern, 
18 an der Zahl, durchsägt waren, d. h. bis auf 
ein kleines Pöstichen, sodaß bei einer kleinen Last 
der Wagen zusammenbrechen mußte. Das Ganze 
ist noch ein Räthsel, das aber bald seine Auflösung 
finden wird. (S. 3.) 
Mannheim, 15. April. Am ersten Oster⸗ 
tage fand der 20jährige Kaufmann Karl Herrmann 
im Verbindungskanal durch Ertrinken den Tod. 
Einige junge Leute wollten sich mit einer Wasser— 
fahrt amüsiren und benützten einen sogen. Grön⸗ 
nder. Einer derselben, Namens Bonfik, bestieg 
das Boot, kippte um und ftürzte in das Wasser, 
konnte aber gerettet werden. Trotz mehrmaligen 
Abmahnens bestieg Herrmany nun gleichfalls das 
Boot und theilte das Schichsal seines Kollegen, 
iber für ihn gab es keine Rettung mehr, obgleich 
dilfe sofort zur Hand war. Er sank kaum drei 
Schritte von einem Holzfloß entfernt unter; die 
deiche wurde heute Morgen aufgefunden. 
ꝓ Aus Bruchsal wird geschrieben: Handels 
nann Seligmann Mayer von hier, welcher vor 
wei Monaien, ohne sich bei seinen Gläubigern zu 
Ferabschieden, unter Mitnahme jseiner sämmtlichen 
Aktiden und Hinterlassung von 90,000 Mt. Pas⸗ 
iden verduftet ist, soll auf einen Wink des großh 
Slaatsanwalts feine Rückreise von Newyork ange— 
treten haben. Derselbe wird in einigen Tagen 
gdier eintreffen. Maher soll sich in der Zwischenzeit 
nit dem vor ungefähr zwei Jahren auf ähnliche 
Weise verdufteten Handelsmann J. Klein in Nem⸗ 
York vereinigt haben. 
(Selbstmord eines jungen Frank— 
furters.) Unter anderen jungen Leuten, die sich 
im Samstag in Eßlingen a. N. an der Aufnahme⸗ 
inng ue gehrerfeminar beiheiligten. befand sich 
auch der 19jährige R. P. aus Frankfnrt. Derselbe 
wurde nach der Prüfung in der Religion für un— 
nügend befunden und auf ein halbes Jahr zurück 
gestellt. P. nahm sich dies so zu Herzen, daß er 
sich Sonntag früh gegen 7 Uhr mit einem Revolver 
in seinem Bette im Hotel in die linke Schläfe schoß 
o daß der Tod sofort einrtat. Der unglückliche 
Vater des jungen Mannes ist sofort telegraphisch 
nach Eßlingen gerufen worden. 
Gerhaftung von Sozialdemokra 
ben.) Gestern und vorgestern wurden von Frank 
turter Geheimschutzleuten Haussuchungen bei in 
Rödelheim wohnenden Sozialdemokraten vorgenom 
men, die zu zwei Verhaftungen führten. 
5 In ' einem prächtig gelegenen Hotel, ober⸗ 
halb einer schönen Universitätsstadt, wohrt jetzt eine 
Zornehme Dame. Sie liebt die Einsamkeit. Es 
ist sogar durch die Zeitung bekannt gemacht wor— 
den, daß der beabsichtigte längere Aufenthalt in 
Wiesbaden abgekürzt worden, weil zudringliche Neu— 
gier sich lästig gemacht habe. Die Dame macht 
sich mit der Umgegend bekannt, jagt auf stattlichem 
Rosse dahin, nur von einem Stallmeister und einem 
Keilknechte begleitet; aber sie wählt nicht die ge— 
bahnten Wege, weil ihr dort Menschen begegnen 
könnten Dfondern auf dem Kamm der Berge reite 
sie bis zu einem fürstlichen Schlosse im Unterrhein 
kreise; doch folgen ihr — auf Anordnung der Be— 
hörde — in angemessener Entfernung ein paar be⸗ 
Antene Gendarmen. Ein guter Theil des Tages 
manchemal zwei bis drei Stunden hintereinander 
ist dem Fleuret-Fechten gewidmet. Dabei trägt dit 
Dame ein kurzes Gewand und über demselben einer 
Schuppenpanzer à la Jungfrau von Orleans. Die— 
ses Kostüm soll die 46jährige vorzüglich kleiden 
Sie ist aber auch so anmuthig, so schlank wie eine 
junge Frau von 25 Jahren und — wünscht es 
zu dleiben. Der Gedanke, stark zu werdeg, ist ih 
unerträglich und die Idee, 50 Kilo — 1 Centner 
zu wiegen, schauderhaft. Wirklich hat —A 
iniger Zelt an Gewicht nicht zugenommen. Frei 
lich, sobald die geringste Steigerung sich bemerklis 
macht, wird strenge Diat gehalten. Und wer wollt⸗ 
was dagegen sagen? Des Menschen Wille 
das ist sein Glück! 
Berlin. Ein zwölfjähriger Knabe hat bvo 
einigen Tagen infolge eines bösen Traumes seine, 
Tod gefunden. Der Knabe, der in einem Zimme 
bei seinen Eltern schliek, fuhr nach 4 Uhr Morgen 
plötzlich mit den Worten aus dem Bette empor 
Hulfe, Hülfe, sie erstechen mich!“ Die Mutter 
durch diesen Nuf aus dem Schlafe erweckt, eilt 
jofort an das neben einem Fenster stehende Be 
hres Sohnes. Dieser aber hatte bereits eine 
Fensterflügel geöffnet, und ehe die Mutter hinder 
sonnte, sprang der schlaftrunkene Knabe vom dritte 
Stock hinab auf die Straße. Am Kopf und ar 
der Brust schwer verletzi, blieb er bewußtlos lieger 
und ein schleunigst hinzugerufener Arzt konnte nu 
noch die Tödtlichkeit der Verletzungen feststeller 
Das unglückliche Kind starb eine Stunde darauf 
den Armen seiner tiefbetrübten Eltern. 
Mr. Cumberland, der Gedankenleser 
der bekanntlich letzthin mit größtem Erfolge 
Leipzig aufgetreten ist, war auch aufgeforder 
vorden, nach Berlin zu kommen —XX 
janten Demonstrationen dort mit einer Soiroͤe beir 
deutschen Kronprinzen zu beginnen. In Folge de 
Ablebens des Herzogs von Albany hat Mr. Cumben 
land seinen Reiseplan geändert und geht direkt no 
Paris, wo seiner die glänzendsten Engagementsa 
träge in verschiedenen aristokratischen Kreisen harre 
D die Kunst des Mr. Cumberland eine 
cinirägliche ist, geht u. A. daraus hervor, daß d 
sechs in Wien im Musiksaal veranstalteten Soiri 
dem räthselhaften Künstler die —X 
25,000 fl. Reingewinn brachten. 
p Der den Vuchdruckern und Buchbindern d 
Pfalz zur Genüge bekannte Hr. Oldenbourg um 
ein seht dankbarer und uneigennütziger Mann sil 
wovon alle erzuhlen können, welche ihm die —X— 
in die Küche jagen halfen. Nachdem daͤseh 
dunderttausende Mark für das vortreffliche Ist 
zaͤsche Lesebuch“ aus der Pfalz gezogen und ih 
emnächst durch Einführung der Weishaupt'sch 
Zeichenborlagen“ wieder schöne Summen ausn 
ßfaiß in die Tasche praktiziert werden sollen, ha 
Ir. Oldenbourg alle Ursache, sich an die Sh 
mnes Unternehmens zu stellen, welches bezwe 
dem Erfinder der Buchdrucker⸗Schnellpressen, v 
Friedrich Könia, in Eisleben ein Denkmal zy 
richten