Balloͤß: „Gestern, Samstag. morgens sechs Uhr
erschien eine Schaar von Polizeiagenten, geführt
on zwei Polizeikommissären, in der Wohnung des
Burgers Petit im Faubourg Antoine. Derjenige,
velcher die Bande anführte, fragte die Hausbesor⸗
gerin nach den Herten Schultze, Kennel, Reifelder.
Walde Die Portiere erwiderte, sie keune diese
Herren nicht, allein die Agenten ließen sich nicht
Feirren und stiegen direkt zum Bürger Petit hinauf.
Nach den gesetzlichen Sommationen drangen sie in
die Wohnung ein und bemachtigten sich der Bürger
Waldo, Schuͤltze und Reifelder. Diese Bürger wur⸗
den sofort in Gewahrsam gebracht. Die drei ver⸗
hafteten So zialisten sind als Redner bei dem
Großen internationalen Meeting, veranstaltet von
den österreichischen und deutschen anarchistischen
Gruppen von Paris“, eingeschrieben, welches heute
der Salle du Commerce im Faubourg du Tempte
tattfinden soll. Diese Verhaftungen fanden auf
Grund des Verlangens seitens der österreichischen
Regierung und infolge eines persönlichen Schrittes
des österreichischen Botschafters bei Herrn Ferry statt.
Man gibt vor, daß die verhafteten Sozialisten in
die leßglten Attentate von Wien verwickelt sind.“
Das Faktum wird als richtig beftätigt und dürfte
das Vorgehen der französischen Regierung gegen
ene internationalen Revolutionärs und Anarchisten
aur zu billigen sein.
London, 20. April. Wie dem „Observer“
aus Alexandrien vom 19. d. von angeblich guter
Seite telegraphirt wird, wäre die englische Regie⸗
rung entschlossen, auf einer Konferenz in London
die finanzielle Lage Egyptens zu besprechen uud zu
regeln. Der Zweck der Reise Sir E. Barings sei,
m dieser Konferenz theilzunehmen.
London, 21. April. Die Einladungen zu
einer Conferenz der Großmächte, betreffend die Re⸗
gelung der finanziellen Lage Egyptens, sind bereits
rgangen.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— Pirmasens, 17. Apcil. Der „Pfälzer
Ztg.“ wird von hier geschtieben: „Um einem längst
Jefühlten Bedürfniß abzuhelfen, geht man hier,
dein Vernehmen nach, mit dem Plane um, wie in
anderen pfälzischen Stadten einen Saalbau zu
errrichten. Wenn auch vorerst von einem Monu⸗
mentalbau, wegen unzureichender Mittel, noch ab—
gesehen werden muß, so soll derselbe doch ia räum—
licher Beziehung den Verhältnissen angemessen aus⸗
geführt werden.“
gaiserslautern, 19. April. Laut einer
in der „Pfälz. Lehrerzeitung“ veröffentlichten Mor⸗
alitätssialistik sind während des Jahres 1883 in
der Pfalz 19 aktive und 25 pensionirte Volksschul⸗
lehret gestorben. Von den erstern war der älteste
38, der jüngste 20 Jahre alt; 6 erreichten nicht
das 30. Lebensjahr. 9 wurden über 50 Jahre alt;
ag Durchschniltsalter beträgt 48,6 Jahre. Von
den pensionirten Lehrern erreichte einer das Alter
don 96 Jahren, 6 wurden über 80 Jahre alt, 2
erreichten nicht das 30. Lebensjahr; das Durch⸗
schnitisalter beträgt hier 67,5 Jahre. — Die 9.
Haupwersammlung des bayer. Lehrervereins wird
Hkaler Hindernisse wegen nicht, wie früher gemeldet
wurde, am 1.2. und 3. September, sondern
schon am 27., 28. und 29. August 1884 in
Ansbach stattfinden.
Gaiv.) Aus Kaiserslautern wird
dem „Pfaälz. Vbl.“ geschrieben; „Ein auswärtiger
Besttzer eines Kaiserlauterer Kirchenbaulooses hat
m in Mitglied des Ausschusses die bescheidene
Bitte gerichtet, man möge ihm in der bedrängten
dage, in der er sich befindet, einen Gewinn, wenn
auch nur im Betrage von etwa 1000 Mark zu⸗
kommen lassen.“
Wie man seine Lehrer ehren soll, hat die
Semeinde Albersweiler am 16. d. Mts. bei
dem 50jährigen Dienstjubiläum ihres verdienten
dehrers Waldschmitt gezeigt. Alle Confessionen und
Slaäude welleiferten, um die Feier zu einer recht
vurdigen und erhabenen zu machen.
Gclingen, 16. April. Als gestern
Nachmittag ein Hochzeitszug von dem Standesamte
dahier nach Hause ging, wurde von dem Bruder
der Braut, Johannes Sommer von hier, ein mit
einer Kugel geladener Schuß nach dem Bräutigam,
A. R., Reisender aus Godramstein, vom Fenster
des 2. Slodes der Sommer'schen Wohnung aus,
abgefeuert, verfehlte jedoch glücklicherweise sein Ziel.
Die Kugel fuhr hart an dem Kopfe eines auf der
Sate ehenden Mädchens vorbei und vrallte wider
die Gibelmauer eines Wohnhauses. Sommer, der
anfänglich mit seinem Schwager auf intimstem
Fuße stand, verfeindete sich mit demselben als dieser
sich mit des ersteren Schwester derlobte. Das
Motiv zur That ist persönlicher Haß, weil Som⸗
ner durch die Verehelichung seiner Schwester deren
Bermögensantheil ausbezahlen muß und deßhalb
die Verehelichung nicht zugeben wollte. (Pf. Pr.)
— Germersheim, 18. April. Gestern
um 4 Uhr Nachmittags wurden hier 2. Schwestern
zur Erde bestattet, welche beide vorgestern und zwar
urz nacheinander verschieden. Es waren dies die
Damen Frau Louise von Wifsel, geb. von Gögel
Bittwe des 1879 dahier verstorbenen k. General⸗
major a. D. Herrn von Wissel und Frl. Antonie
»on Gögel, Ordensstiftsdame. Die Betheiligung
in dem Leichenbegängniß von Seiten der Offiziere
Beamten und der Bürgerschaft war eine sehr starke.
— Der Schreiber eines Rechtsanwalts in
Frankenthal hatte nach der „F. Z.“ auf dem
Postamte die Summe von 400 Mk. in vier Rollen
inzuzahlen. Er legte das Geld auf das Schalter⸗
hrett und nachdem der Beamte das Fenster herunter⸗
zelassen, um die Quittung zu schreiben, und der
Auftraggeber einen Augenblick das Geld außer Ach—
gelassen, machte er die unangenehme Entdeckung
haß eine 100 Mk.-Rolle fehlte. Alles Suchen nach
herselben am Platze sowohl wie auf der Straße
ind dem Bureau war vergebens und kounte bald
ein Zweifel mehr darüber bestehen, daß das
Beld mit einer unvergleichbaren Frechheit gestohlen
vorden sei.
— Ludwigshafen, a. Rh., 19. April.
Nit innigem Behagen brachten vor kurzer Zeit die
Zzlätter politischer und persönlicher Feinde des Re—
»akteurs Herrn Karl Wörle in Ludwigshafen den
Abdruck eines gegen ihn gerichteten Schmähartikels
der Aachener Zeitung, eines Artikels, der geeignet
var, wenn auf Wahrheit beruhend, die politische
uind geschäftliche Stellung des Angegriffenen un⸗
nöglich zu machen. Heute nun lesen wir in allen
Blättern, die den Abdruck beregten Artikels brach⸗
en, eine Ehrenerklärung des Redakteurs der
Aachener Zeitung, Rudolph Heine, deren kurzer
Sinn der ist, daß er in allen Theilen gelogen
zabe. Wenn nun auch die meisten Blätter es sich
mit dem Abdruck des beregten Schandartikels ge—
nügen ließen, so war es für andere und nament⸗
ich eines aus der Nachbarschaft eine willkommene
Belegenheit zu den gehässigsten Angriffen, über
deren Tragweite und daraus entspringenden Folgen
ich die Fabrikanten derartiger Schandartikel keine
Rechenschaft gebrn können. Auf Wohlanständigkeit
anspruchmachende Redaktionen sollten sich von Pro—
duktion wie Reproduktion solcher Artikel fern halten.
Fr. T)
— Herr Kunstgärtner C. F. Velten in Speyer
hat wieder eine ehrende Auszeichnung erfahren.
Auf der in Mainz stattfindenden Blumenausstellung
erhielt derselbe für Azaleen-Neuheiten die einzige
wroße aoldene Verbande-Medaille,
Vermischtes.
F München, 18. April. Wegen der kürzlich
konfiszirten Nummer des „Bayer. Vaterland“ ist
dessen Redalteur, Herr Dr. Sigl, vom Untersuch—⸗
ungsrichter vernommen worden. Die Anklage lautet
auf Verbreitung erdichteter und entstellter Thatsachen
(S 131 des St. G. B.) und Beleidigung des kgl.
driegsministeriums und des Generalstahs der Armee
(8 186 des St. G. B.)
* (Ein Streit um des Königs Bart.)
Das Bayerische „Vaterland'“ des Dr. Sigl in
Muünchen meldete neulich, der König von Bayern
rage jetzt langen Vollbart und wallendes Haupt—
jaar. Heute lesen wir nun im „Fränk. Cur.“:
„Wie aus München von zuverlässiger Seite mitge—
heilt wird, war die neuliche Mittheilung des Bayer—
schen „Vaterland'“ über das äußere Aussehen des
dönigs nichts als ein überaus unehrerbietiger Scherz
), den sich das Sigl'sche Blatt in seiner Frechheit
rlaubt hat; Se. Majestät gleiche im äußeren
AIussehen auch jetzt noch durchaus den in den letz
en Jahren von ihm bekannt gewordenen Porträts.“
Im Monat März d8. Is. betrug die Ge—
ammtbevölkerung im Stadtbezirke Müuchen 240.000
Seelen, die Zahl der Geburten 824, der Trau—
ingen 143 und der Sterbfälle 637.
4F In Kissingen hat man! das Aktienbad
chon am 15. April eröffnet, das nunmehr wahr⸗
cheinlich wieder geschlossen wird; übrigens sind
chon 6 Bodecäste dorf
F, Ein dankbarer Stammgast war der unlan
n Würzburg verstorbene privatisierende ann
er Hög; derselbe vermachte der Kellnerin sein
Stammwirthshauses zum DNanke für freundüh
Bedienung 2000 Mark. Mögen sich das *
dellnerinnen zu Herzen nehmen und ihre Aufmen
jamkeiten nicht der undankbaren Jugend allen
ondern auch alten soliden Herrn zuwenden. J
onderheit, wenn letztere Junggesellen und vern
gend sind. W
F Karlhsruhe, 20. April. Ein schöne.
Zug landesväterlicher Leutseligkeitwig
Jeute bekannt. An einem Tage der verflossen
Woche weilte in der Residenz ein schon ziemlich he
ahrtes Ehepaar aus dem Renchthale. di
guten Leute waren in ihrer schönen heimathliche
Tracht hierhergekommen, um ihre hierx bediens
Tochter sowie einen Bekannten zu besuchen, den si
iber krank antrafen. So war denn das Chepan
zenöihigt, in der fremden Stadt allein herumzu
aufen; sie wollten alsbald wieder heimreisen, da
irrten sich aber noch zufälligerweise vorher in d
Landesgewerbehalle, woselbst gerade der Großherzog
die Großherzogin und der Erbgroßherzog verweille
Sogleich fiel der Großherzogin die Landestracht au
und sie trat zu den Leuten hin mit der Frage
wo dieselbe zu Hause seien. Als erwiedert wurde
„von Ibach, Amts Oberkirch“, sprach die Großhen
zogin, sie habe auch schon gerne daselbst verweil
und hoffe auch dieses Jahr wieder das schöne Rench
thal zu besuchen. Der Großherzog erkundigte sit
dann in längerer Unterhaltung eingehend über di
Verhältnisse der beiden Eheleute und ermunierte sie
sich doch die Stadt zu besehen und auch das The
ater zu besuchen. Diese annoorteten, sie seien eben
jetzt so allein, sie hätten Niemand, der ihnen den
Weg zeige, ihre Tracht genire sie auch einigermaßer
in Karlsruhe und so wollten sie denn lieber jehl
zleich wieder heimkehren. „Nicht doch,“ erwider
der Großherzog, „gerade durch Ihre uns wohlbe—
tannte Heimathstracht sind wir jetzt auf sie auf⸗
nerksam geworden. Kommen Sie doch beide heui
Abend um halb 6 Uhr ins Schloß und bleiben Sie noch
hier den Tag über!“ Die Leute blieben auch richti
hier und begaben sich um genannte Zeit zum Schlosse
Als sie gegen dasselbe liefen, kam ihnen schon ei
Lakai entgegen mit der Frage, ob sie die Rench
thäler seien. Dies bejahend, führte er sie in ein
Zimmer, woselbst ihnen zu ihrem freudigen Er—
staunen ein feines Essen servirt wurde. Sodanr
geleitete sie der Bedienstete auf einen guten Plaf
ins Theater, woselbst gerade die „Meistersinger
zegeben wurden. Nach Schluß des Theaters ge
leitete sie der Bedienstete in das Hotel „Prin,
Max“, woselbst sie auf des Großherzogs Kosten ein
Nachtessen und zwei Flaschen Wein, sowie gute
Nachtquartier erhielten. Am andern Morgen be
gaben sich die so Erfreuten abermals ins Schloß
um persönlich den Dank für das Erhaltene abzu
statten. Als sie das Schloß verließen, geselite sid
„ein weiterer Herr zu ihnen, der sie mit in der
Stadtgarten nahm — kurz die Leute kamen er'
mit dem Nachtzuge heim.
Aus Mainz wird geschrieben: Zu dem ir
den Tagen vom 6. bis 8. Juli hier stattfindender
10. mittelrheinischen Musikfest sind die Anmeldungen
zur Mitwirkung im Chor so zahlreich eingelaufen.
zaß die Liste geschlossen wurde. Nicht weniger als
1060 Mitglieder — 465 Damen und 595 Herren —
wird der Chor zählen. Das Programm ist fol⸗
gendes: Erster Tag: Ouverture „Zur Weihe de—
dauses“ von Beethoben und „Messias“ von Händel
Zweiter Tag: „Faust“-Ouverture von Richard
Wagner, 23. Psalm für Frauenstimmen von Franz
Schubert; „Coriolan“, dramatische Szene für
Männerchor und Soti von Fr. Lux, Dirigent de
Matnzer Liedertafel; B-dur-Symphonie von Roh
A
Der dritte Tag ist für Solovorträge der Künftler
hestimmt, von welchen zugesagt haben: Frau Sachse—
doffmeister (Berlin), Fräulein Hermine Spieß
Wiesbaden), die Herren Emil Goͤtze (Köln) und
Joseph Staudigl (Karlsruhe).
Daß Stoͤrche lebendige Kinder den Menschen
ins Haus bringen, ist allgemein verbreiteter Kinder⸗
spruch, daß sie aber selbst lebendige Jungen zut
Welt bringen sollen, ist neu, wird aber in einen
Mainzer Lokalblatt in folgender Fassung be
zauptet: „Auf dem Schornsteine der Mobelfabril
Dibelius hat sich vor längerer Zeit ein Storchen-
aar niedergelassen, welches gestern vormittag durch
die Geburt zweier Jungen erfreut wurde.“
ho