Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. J 
der St. Ingberter Anzeiger? erscheint wdchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
tlakt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet viertelijährlich 1 4 60 ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 A 75 H, einschließlich 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 18 H, Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
X 80.. 
„Für die Monate Mai und Juni 
nehmen die Postanstalten, die 
luüsträger und die Expedition Bestel— 
sungen auf dieses Blatt eutgegen. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 283. April. Dem Vernehmen 
aach erhielten das Finanz gesetz und die übrigen 
hon den beiden Kammern des Landiags vereinbarten 
hesetze die Allerhöch ste Sanktison und wer—⸗ 
den dieselben demnächst im Gesetze und Verordnungs⸗ 
Zlatte veröffentlicht werden. — Der Minister des 
zoͤnigl. Hauses und des Aeußeren, Frhr. v. Crails⸗ 
deim, begibt sich morgen Nachmittag auf ungefähr 
Tage nach Berlin. 
Berlin, 24. April. Die Reise des Kaisers 
ach Wiesbaden ist wegen des Unwohlseins der 
daiserin auf den 1. Mai verschoben worden. Vor 
det Abreise wird der Kaiser der Grundsteinlegung 
des Reichstagsgebäudes beiwohnen. Das Befinden 
des Kaisers ist fortdauernd vortrefflich. 
Berlin, 24. April. Die Commission des 
Keichs ages für das Aktiengesetz nahm den Artikel 
der Vorlage an, welcher den Minimalbetrag für 
Attien auf Namen auf 2000 und für Aktien auf 
Inhaber auf 1000 Mk. feststellt. 
Berlin, 24. April. Die Nordd. Allg. Zig. 
agt, indem sie an ihre Bemerkung anknüpft, daß 
die polnische Insurrectionspartei in den letzten 
dahren Hoffnung gehegt habe, für deren Verwirk⸗ 
ichung ein russisch⸗ deutscher Krieg die Vorbedingung 
jei; gegenüber der Ableugnung der polnischen Presse 
und speziell dem Abgeordneten Kantak ist es schwer 
Jaublich, daß Letzterem die Gazeta torunska, des 
hielgrzym, Przyjaciel, Katolik und anderer aus den 
Jahren 1881 und 1882 unbekannt geblieben oder 
ganz entfaleen sind, worin Rußland von den An⸗ 
zgriffs · und Eroberungsplänen Preußens gewarnt 
und darauf aufmerksam gemacht wird, daß alle 
deutschen Unsiedler in Russisch-Polen Spione seien, 
dazu bestimmt, im Falle eines Krieges die preußi⸗ 
ichen Offiziere zu führen und worin kaltblütig ab⸗ 
zewogen war, ob die Polen im Kriegsfalle mit 
deutschland gegen Rußland oder umgekehrt gehen 
ollten. Auf die Theilnahme der polnischen Truppen 
mm Kriege von 1870 hinzuweisen, wie es polnischer⸗ 
eits und in Centrumskreisen zu geschehen pflege, 
eien die Leute nicht berufen, welche, wie die Ga⸗ 
zeta torunska, diese Theilnahme als das schmerzlichste 
Blutopfer bezeichneten, weil die Rothwendigkeit sie 
ezwungen habe, diejenigen zu schlagen, mit deren 
Waffenbrüderschaft und jahrelange Sumvathien sie 
—X 
Angeregt durch die Pfälz. Kampfgenossenschaft 
lam am Mittwoch, 23. April im Reichstag u. 
I. der Antrag Stauffenberg⸗Hoffmann zur Ver— 
sandlung, welcher dahingeht: den Herrn Reichs— 
ianzler zu ersuchen, in Veranlassung der betreffenden 
n der letzten Session eingegangenen Petitionen Er⸗ 
ebungen darüber anzuordnen, ob und bezw. unter 
velchen Voraussetzungen es sich empfiehlt, auch 
olchen ehemaligen Militärpersonen einen Pensions⸗ 
anspruch zu gewähren, bei denen im Kriege er— 
itlene innere Dienstbeschädigungen erst nach dem 
braclusib ·Termin für Pensionsansprüche hervorge⸗ 
steten sind. Zunachst ergreift das Wort der Kriegs⸗ 
ninister Bronsart bon Schellendorf. Dit 
Samstag, 26. April 1884. 
—X 
Frage um die es sich handle, sei unausgesetzt seitens 
Zer preußischen Militärverwalttung im Auge be— 
zalten worden. Die Erörterung des Gegenstandes 
n der vorigen Session seitens der Abgg. Buhl! 
ind Groß dahin gehend, ob nicht eine generelle 
Regelung möglich wäre, habe der preuß. Regierung 
Beranlaffung gegeben, die Frage von Neuem zu 
ꝛrörtern. Die Frage sei ungemein schwierig; die 
PBerhandlungen, die innerhalb des preußischen 
riegsministeriums stattgefunden haben, um eine 
Form zu finden, durch welche dem thatsächlich be⸗ 
lehenden Bedürfnisse abgeholfen werden kann, aber 
hrem Abschlusse nahe. Der Reichskanzler bringe 
dieser Angelegenheit sein volles Interesse eutgegen; 
auch seitens der verbündeten Regierungen sei das⸗ 
elbe Wohlwollen für die Männer, die ihre Gesund⸗ 
heit im Kriege dem Vaterlande geopfert haben, im 
höchsten Maße vorhanden und so hoffe er denn, 
daß es möglich sein werde, eine befriedigende 
Lösung zu finden. Unter diesen Gesichtspunkten, 
die das, was der Antrag will, unterstützen, könnte 
er den Antrag als gegenstandslos bezeichnen, thue 
»s aber deßhalb nicht, weil es der preußischen 
Militärverwaltung und den verbündeten Regierungen 
nur erwünscht sein kann, wenn sie in ihren Be⸗ 
trebungen eine Unterstützung in der Zustimmung 
des Reichsstags finden. Die entsprechende Form 
dafür zu finden, glaubt der Kriegsminister dem 
Reichstag anheimstellen zu müssen. (Lebhafter Beifall 
uuf allen Seiten des Hauses.) 
Hofmann als Mitantragsteller begründet den 
Antrag unter bestem Danke für die wohlwollende 
Erklärung vom Bundesrathstische. 
Dr. Buhl. Ich bin seit Jahren Vorstand 
einer Zweigstiftung der Kaiser Wilhelm- Stiftung 
ind es ist mir in meiner Praxis eine ganze Reihe 
zon Fällen vorgekommen, wo die Leute den Termin 
dersäumt haben, obgleich die Schädigung schon 
dorher eingetreten war. Sehr viele infolge des 
drieges Beschädigte haben eine gewisse Scham em⸗ 
pfunden, sich um die Pension zu bewerben; die 
deute haben förmlich eine Ehre darein gesetzt, von 
hren Ansprüchen abzusehen, und haben die Pension 
als ein Almosen betrachtet. Ich bin weit entfernt, 
in Abrede zu stellen, daß es außerordentlich große 
Zchwierigkeiten haben wird, in dieser Beziehung Ge⸗ 
rechtigkeit walten zu lassen; aber ich meine, daß in 
ieser Frage die Ehre des gesammten Vaterlandes 
engagirt ist. Wir werden deßhalb für den Antrag 
timmen. 
An der Debatte nahmen noch v. Minnigerode, 
Reindel und Windthorst theil, worauf der Antrag 
ꝛinstimmig angenommen wurde. 
Millionen für die französische Industrie darstellen 
hiezu kommt eine noch stärkere Verminderung des 
Absatzes im Innern. Die Einfuhr verarbeiteter 
Waaren ist freilich auch zurückgegangen, indem sie 
dieses Quartal nur 1603 Millionen beträgt gegen 
18113 Millionen im Vorjahre. Aber dieser Rück⸗ 
zang ist hauptsächlich der Minderung des Verbrauches, 
der geringeren Kauffähigkeit des französischen Volkes 
uzuschreiben. Es sind die Nachwirkungen des 
Börsenkrachs und der schlechten Ernten, welche sich 
etzt immer mehr geltend machen. Dies wird auch 
durch den Rückgang der Einnahmen an Verbrauchs⸗ 
teuern bestätigt, welcher während des ersten Quar⸗ 
tals 7,690,000 Fres. betrug. Gegen den Voran⸗ 
chlag beträgt der Ausfall 222/4 Millionen. Ebenso 
st der Ertrag der städtischen Verbrauchssteuer (octroi) 
in Paris um mehr als zwei Millionen im Nach—⸗ 
heil. Eine weitere Bestätigung des wirthschaftlichen 
Nothstandes besteht darin, daß jetzt schon seit einem 
Jahre sich die Abhebungen bei der Pariser Spar⸗ 
kasse fast ebenso hoch belaufen als die Einzahlungen. 
In einzelnen Wochen wird sogar mehr abgegeben. 
Die allgemeine Geschäftslage in England 
ift traurig. Fast alle Industriezweige liegen dar⸗ 
aieder, und Tausende von Arbeitern sind ohne 
Beschäftigung. Am meisten leiden wohl die Schiffs- 
banuer, von denen in Nord⸗ und South⸗Shields 
ꝛwa 15000, an der Tyne 10,000 und in Sunder⸗ 
land eine gleiche Anzahl ohne Beschäftigung sind; 
auch an der Clyde sind die Schiffswerften ziemlich 
seer. Zahlreiche Eisenwerke stehen ebenfalls still, 
ind wo noch Arbeit vorhanden ist, suchen die Ar⸗ 
heitgeber, den Ueberfluß an unbeschäftigten Arbeitern 
»enutzend, die Lohne herabzusetzen, welche Tendenz 
ich überhaupt in fast allen Geschäftszweigen be⸗ 
nerklich macht, so daß Strikes überall an der Tages⸗ 
rdnung find. In Sunderland striken die Ma— 
chinenbauer seit zehn Monaten, in den Clydesdale 
Works haben etwa 600 Eisen⸗ und Stahlarbeiter 
vegen der Lohnherabsetzung Strike gemacht, in 
dondon striken die Schuhmacher, in Newport und 
Preston die Maurer, in Nottingham die Weber, 
urz in fast alien Industriezweigen wechseln Arbeits⸗ 
tillstand und Strikes mit einander ab. In Kidder⸗ 
ninster neigt sich nach wochenlangem Kampf der 
Strike der Teppichmacher zwar seinem Ende zu, da 
die Fabrikanten bedeutende Zugeständnisse gemacht 
jaben, doch fürchten die Arbeiter, daß diese Kon⸗ 
zessionen bei erster Gelegenheit wieder zurückge⸗ 
nommen werden. In den Kohlenminen sind die 
Arbeiterverhältnisse ebenfalls sehr unbefriedigend; 
durch das Stillstehen so vieler Fabriken ist die 
Nachfrage nach Kohlen sehr beschränkt, und die 
Eigenthümer suchen ihre Verluste durch Lohnreduk⸗ 
sionen wenigstens theilweise zu decken, was seitens 
der Arbeiter wieder mit Strickes beantwortet wird. 
Auch die Schifffahrt liegt sehr darnieder, und die 
Rheder sind gezwungen, Frachten zu solch' mäßigen 
Preisen anzunehmen, daß von einem Gewinn gar 
nicht mehr die Rede sein kann. Und dabei ist alle 
Aussicht vorhanden, daß diese große allgemeine 
Beschäftsflaue noch eine geraume Zeit anhalten 
vird. denn die alten Ordres sind größtentheils er⸗ 
schöpft und neue Bestellungen laufen entweder gar 
nicht oder doch nur sehr spärlich und meistens 
»bendrein noch zu wenig lohnenden Preisen ein, 
o daß an eine Besserung vorläufig gar nicht zu 
denken ist. 
Die Auswanderung des Papstes 
nach Frankreich beschäftigt die Pariser Blätter noch 
mmer. Der Telegraphe will wissen, die Nachricht 
Ausland. 
Ueber die „wirthschaftliche Noth' in Frank⸗ 
reich zibt neuerdings folgende Mittheilung einen 
Zeweis: Der Handelsausweis der ersten drei 
Monate des Jahres muß als ziffermäßiger Beweis 
)er wirthschastlichen Stockung betrachtet werden. 
Die Einfuhr ist gegen das Vorjahr von 1,220,852, 000 
auf 1,143, 008 000 die Ausfuhr von 831,059, 000 
auf 702,307,000 Fres. zurückgegangen. Die Ein⸗ 
fuhr hat eine Einbuße von 78, die Ausfuhr eine 
olche von 129 Millionen erlitten. Und was be⸗ 
onders hervorzuheben ist, die Ausfuhr verarbeiteter 
Waaren ist von 425 auf 3502 Millionen, also 
im nahezu 75 Millionen oder 20 Prozent gefallen. 
Fin solcher Rückgang ist fast beispiellos; es würde 
dieser Ausfall, wenn er das ganze Jahr 
indurch so anhält, einen Verlust von 300