Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zreuz⸗ und Quer⸗, Bock⸗und Luftsprünge, so viel 
man nur begehrt, wers mitansehen kann, schlägt 
auch Purzelbaum auf ebener Erde, von einem, zwei 
Tischen herunter, gar schön mitanzusehen! Ein 
Allerweliskünstler aber ist er in der Trivialität, in 
des Wortes allerschlimmster Bedeutung, im Schelten, 
Raisonnieren und was dergl. Künste mehr sind. 
Hat der gute Mann kaum etwas vom Preise gesagt, 
— überall 
vorkommte, weil sie offenbar nicht so viel Geld in 
der Tasche hatten oder weil sie das Verlangte nicht 
jeben wollten. Nun aber folgt ein Schwall von 
Schimpf⸗ und Scheltworten, wie sie eben nur ein 
dicher Allerweltkünstier dem Publikum au den Kopf 
werfen kann. Das war gar lieblich anzuhören! 
Warum hat man einen solchen Menschen weiter⸗ 
spielen lassen? Ein solch gemeines Subjelkt hätte 
nicht die geringste Schonung verdientSeine beiden 
Toöchter sind würdige Sprossen; der Apfel fällt 
aicht weit vom Stamm! Als von gewisser Seite der 
Tausendkunstler auf die ungescheite, flegelhafte Art, 
Beld zu bekommen. aufmerksam gemacht wurde, 
scharfte der superfeine fahrende Geselle seine Läster- 
zunge und setzte seiner gewiß feinen Schmähvor⸗ 
tellung damit die Krone auf, daß er den, der es 
qut mit ihm meinte, indirekt lächerlich zu machen 
uchte. Manchen soll er dadurch etwas ergötzt 
jaben. Natürlich! Nachbeter giebts überall! Indeß 
hat sich der Künstler selbst gerichtet, indem er in⸗ 
ständig um Verzeihung bat. So schnell wie mög⸗ 
ich hat er sich hierauf aus gewissen Gründen aus 
dein Staube gemacht und sich, so viel ich weiß, nach 
Ensheim begeben. Einem solchen Menschen sollte 
nan das Recht zu spielen ganz und gar verweigern! 
dieber guter Muͤller von Alsenborn, nichtwahr, so 
deißen Sie! Wenn Sie diese Zeilen lesen, so 
vissen Sie wer sie geschrieben, lernen Sie aber 
zuch etwas aus ihnen! 
— In Landstuhl wurde eine hellbräunliche 
Brieftaube von einem Ardeiter eingefangen, welche 
inter dem rechten Flügel die Bezeichnung trägt: 
Dourdan 61J TQUREL we 56 Tergnioer 50. 
* Kaiserszlautern. EKreisrealsschul 
1biläume) Die Vorarbeiten des Comités sind 
nunmehr so weit gediehen, daß die künstlerisch aus⸗ 
zeführte Festkarte den angemeldeten oder in den 
Listen eingezeichneten Theilnehmern demnächst zuge⸗ 
tellt werden kann. Auch das Festprogramm 
ist den Hauptzügen nach festgestellt, nämlich: 
Am 2. Aug. abends: Begrüßungsreunion in einer 
der hiesigen Gartenwirthschaften. 
Am 3. Aug. vormittags: Schulfestakt im Frucht⸗ 
hallsaale. — Nachmittags: Schauturnen der 
stealschüler auf dem Marplatze. hierauf gesellige 
Anterhaltung in einer Gartenwirthschaft, an 
der sich auch Familienangehörige der Festtheil⸗ 
nehmer betheiligen können. — Abends: Banket 
m Fruchthallsaale. 
In den Zwischenpausen, vor⸗ und nach⸗ 
mittags, Befichtigung der Zeichnungen und 
schriflichen Arbeiten der Realschüler, der Samm⸗ 
ungen und Einrichtungen der Anstalt, ferner 
des Gewerbemuseums und anderer Sehens⸗ 
würdigkeiten der Stadt. 
4. Aug.: Musikalischer Frühschoppen in einer 
Gartenwirthschaft; nachmittags bei günstiger 
Witterung: Waldpartie mit Familienange⸗ 
hörigen. 
Nur mit Festkarten Versehene oder speziell Ein⸗ 
geladene haben Zutritt zu den angegebenen Jubi⸗ 
ãumsfeierlichkeiten. — Die Abgabe von Festkarten 
13Mk. hat das Comitémitglied Herr Vorschuß⸗ 
hereins⸗-Kassier Th. Jakob übernommen, an welchen 
man sich eintretenden Falles wenden wolle. 
— Kaiserstautern, 29. April. Die 
Funktion eines Feuerwehr-Inspektors für 
den Verwaltungsbezirk Kaiserslautern ist von dem 
igl. Bezirksamte dem Major a. D. Hrn. Keyl 
ahier uͤbertragen worden, und hat derselbe sein 
Amt bereits übernommen. 
Kaiserslautern, 30. April. Wir 
neldeten gestern, daß sich ein Mitglied des hiesigen 
Stadtthealers, Frl. Schupp, mit zwei Revolver⸗ 
schüssen schwer verletzt hätte. Namenlose Leiden 
waren die Folgen der verhängnißvollen That, von 
denen sie erst nach drei Tagen der Tod erlöste. 
Was das in der Blüthe der Jugend vrangende 
Mädchen veranlaßte, die Bande gewaltsam zu lösen, 
die sie ans Leben gekettet, wollen wir unerörtert 
assen. Unsere Pflicht ist jedoch, sie vor entehrenden 
Muͤthmaßungen zu schützen und offen Zeugniß zu 
rehen daß an der Ebre der Nerstorhenen kein 
uU 
Ztäubchen haftet. Mit Entrüstung muß einer That 
ache gedacht werden, da sie nicht ohne Einfluß auf 
as ohnehin schon gedrückte Gemüth gewesen. Ein 
S„chamloser hat es gewagt, der ihm vollständig 
remden Dame brieflich unehrenhafte Anträge zu 
nachen, welche, da sie keine Berücksichtigung fanden 
des anderen Tages in offener Postkarte wiederhol⸗ 
vurden. Noch in ihren Fieberphantasien hat sich 
zie Verstorbene bitter über diese Mißachtung beklagt, 
was dem anonymen Briefschreiber zur Genugthuung 
Jereichen möge. Sie aber, an derem Grabe eine 
untröftliche Mutter weint, ruhe in Frieden. 
(Pf. V.) 
— Kausersbaruntern, 80. April. Das 
„Pfälz. Vbl. schreibt: Als ein Zeichen der Zeit 
Zarf xs gewiß betrachtet werden, daß im Laufe 
ieser Woche das hiesige Landgericht allein über 
nicht weniger uts 165 sage zehn Ehescheidungsklagen 
zu verhandeln hatte., 8 
— Die Verssammlung der pfälzischen Gee— 
richtsschreiber und GerichtsschreiberamtsCan- 
didalen der Concurse 1880 und 1883 findet Sonn— 
ag, den 4. Mai, in Kaiserslautern stan. 
VWVermischtes. 
Ein bedauexas werther Unfall hat 
ich nach der S. Zig. gestern früh kurz vor 7 Uhr 
mn dem Neubau des Landgerichtsgebäudes in Saar- 
rücken zugetragen. Ein dorl über dem Korri— 
hor des Hauptbaues errichtetes Gerüst brach zu⸗ 
ammen uͤnd 5 Mann stürzten von der zweiten 
xctage in den Kellerraum. Drei davon erlitten 
zurch den Fall und nachstürzendes Gestein und Ge⸗ 
dälk schwere Verletzungen (Schädelbruch, Schenkel⸗ 
hruch), während die anderen mit leichteren Verletz⸗ 
ungen (Arm⸗e und Beinbrüchen, Quetschungen), da⸗ 
»on kamen. Die Verletzten wurden mittelst Trag⸗ 
hahren in das hiesige Civilhospital übergeführt, wo 
hnen jede ärztliche Hülfe zu theil wurde. Ursache 
)es Unglüds soll gewesen sein. daß trotz der War⸗ 
nung des Poliers die Arbeiter das Gerüst zu sehr 
nit Mauersteinen überlastet hatten. 
. München. Zur Theilnahme an dem 
Festzuge bei der am 11. Mai d. J. dahier stattfin⸗ 
enden zehnjährigen Gründungsfeier des bayerischen 
geteranen⸗ Krieger⸗ und Kampfgenossen-Vereins 
ind' bereiis über 10,000 Kameraden mit 400 
Fahnen angemeldet. J 
7 München, 26. April. Billige Pfingst⸗ 
ouren. Am Freitag, den 30. Mai, abends 10 
Uhr, wird dahier ein Pfingst-Sepbaratzug nach 
Venedig⸗Mailand⸗Turin (zur italienischen Landes- 
rusftellung via Brenner) abgelassen. Ankunft in 
tZenedig 831. Mai, Abends 6 Uhr, Fahrpreise um 
irka 50 pCt. ermaͤßigt, für Hin⸗ und Rückfahrt; 
München-⸗Venedig II. Kl. 50 M., III. Ri. 35 M.; 
Nünchen⸗-Turin leinschließlich der Fahrt nach Venedig) 
II. Kil. 73,50 M., IilI. Kl. 51,30 M. Die Giltig⸗ 
eilsdauer der Billete ist 30 Tage; Unterbrechung 
der Einzelnrückreise ist auf allen Hauptstationen ge⸗ 
tattet. Die Ausgabe der Billete sindet nur bis 27. 
Mai statt und eriheilt Programme, sowie weitere 
AMuskünfte gratis das M. Seemann'sche internationale 
Reisebureau dahier. 
. München, 830. April. In der Nacht vom 
27. auf 28. April sind in Gmund bei Tegernsee 
20,000 Mark in Werthpapieren, darunter mehrere 
Stücke zu 1000 Mk., gestohlen worden. — Der 
vegen Ermordnung der 17jährigen Katharina Oppelt 
»on Neuschleichach zum Tode verurtheilte Joseph 
Tremmel von Breitenbach ist von Sr. Maj. dem 
Zönig zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe beanadiat 
vorden. 
Aus Bayern, 27. April. Der außeror⸗ 
)entlich hohe Preis der Apotheken in Deutschland 
nacht es einem großen Theile der deutschen Apo— 
hekergehilfen unmöglich, je selbstständige Apotheken⸗ 
esitzet zu werden. Um nun die Existenz jener, die 
eitlebens Gehilfen bleiben, sicher zu stellen und 
zadurch dem Stande neue Kräfte zuzuführen, wird 
seit einiger Zeit die Gründung einer „Apothekerge⸗ 
hilfen⸗Pensionsanstalt“ geplant. Bevor es aber 
noch zu einleitenden Schritten kam, brachen zwischen 
„Nord und Süd'“ Differenzen aus, infolge deren 
nun die bayerischen Apotheker selbstständig vorgehen 
wollen. Es finden deshalb am Dienstag, den 29. 
ds., in München Konferenzen von Delegierten 
der 8 bayerischen Kreise statt, bei denen auch die 
Brinzipale vertreten sein werden. Die Bewegung 
nistamnmt nämlich der Initiative der Prinzipale, 
zie auch bei der Verwirklichung des Projektes sich 
nit nambaften regelmäßigen Beiträgen betheiligen 
werden, wodurch sich für die Grhilfen die jährlich 
Beitragsziffer außergewöhnlich nieder stellt. 
pWuürzburg. In den hiesigen Volksschulen 
wurde kürzlich eine ärztliche Untersuchung der Schülen 
vorgenommen und hiebei sehr unerfreuliche Resultat⸗ 
betreffs körperlicher Gebrechen gefunden. So wurder 
nicht weniger als 421 Kurzsichtige, 152 Schwer 
hörige, 103 Schüler mit chronischen Augenentzünd 
ungen, 130 Skrophulöse, 53 Verkrüppelte, 4 
Epileptische ermittelt und insgesammt 1147 mi 
körperlichen Gebrechen. Das ist ungefähr der vier 
Theil der gesammten Schulkinderzahl. 
.In Forchheim ist der einst von Zigeunern 
geraubt gewesene Sohn reicher Bauersleute, welche 
im vorigen Herbst seine „Mutter“ wieder gefunden 
dieselbe aber bestohlen hatte und verduftete, nur 
abermals in's „Elternhaus“ zurückgekehrt. Di— 
Mutter verweigert jedoch seine Annahme und be 
streitet, daß der Dieb und Landstreicher ihr geraubte 
Sohn sei. 
7 Das Schwurgericht in Ambera dberurtheilt. 
den 32jährigen Hilfsbremser Fuchs zu einer Zucht. 
zausstrafe von 14 Jahren 2 Monaten, weil er ap 
23. Dezember v. Is. in ein Coupé eines Eisep— 
bahnwagens II. Klasse eindrang, eine darin befigh, 
liche Dame, die ihm auf Aufforderung nicht — 
willig ihr Geld gab, aus dem Wagen in de— 
Schnee warf, und ihre Börse mit 25 Mk. raubt 
F Von der Bergstraße schreibt man dem 
„Mainz. T.“: Ich machte einen Gang durch die 
Weinberge der Umgegend; der geringste Schaden 
ist Us, vielfach finden sich aber auch 28 —* 
und *6. Manche Weinberge sind so beschadigi 
daß ganz neues Tragholz gebildet werden muß, st 
»aß also die Ernte für 2 Jahre dvernichtet ist 
Zelbstverständlich haben die Obstbäume ebenfalls 
tark gelitten; wenn das Kernobst dieses Jahr 
nichts bringt, so ist das nicht so schlimm, weil den 
ßäumen nach dem vorjährigen, sehr bedeutenden 
xErtrage die Ruhe wohl zu gönnen und jedenfallt 
echt vortheilhaft ist. Aber Frühobst und Nüsse 
ind total ruinitt und werden wohl auch an den 
aftreichen Tragästchen leiden, so daß sich auch hier 
ein zweijahriger Schaden geltend machen wird 
Späte Obstsorten, auf Anhöhen stehend und noch 
nicht weit in der Entwicklung vorgeschritten, können 
zagegen noch Erträge bringen und diese werder 
dann wohl hohe Preise erzielen. 
fF Eiserne Eisenbahnschwellen wer— 
»en nunmehr in ausgedehntem Maßstabe in Deutsch 
land fabriziert. Die Werke „Gute Hoffnung“ und 
die Oberhausen⸗Kompagnie zu Strasburg in West 
Preußen haben eine Bestellung auf 14548 Meilen 
die Tonne zu 5 Pfd. Sterl. 15 8. 8 d., und zr 
Berlin sind die „Osnabrück-Stahlwerke“ ebenfalls 
einen Kontrakt zur Lieferung von 2617 Tonner 
eiserner Eisenbahn⸗Schwellen zu 5 Pfd. Sterl. 158 
her Tonne eingegangen, und auch die Königs- und 
daurahütten⸗Kompagnien haben dergleichen Bestel 
ungen erhalten. 
—Gie gegenwärtige Stärke de— 
deutschen Volkes.) Nach der Volkszählun— 
vom J. Dezember 1880 gab es im deuischen Reicht 
15,234,000 Einwohner; die Zunahme von 18748 
zis 1880 betrug pro Jahr rund 500, 000 Köpfe 
Für die Zeit vom 1. Dezember 1880 bis 1. Apri 
1883 wird die Bevölkerungszunahme im Deutscher 
Reiche nur auf ungefähr 900, 000 geschätzt werder 
können, da der Geburtenüberschuß geringer, di 
überseeische Auswanderung aber staärker gewesen it 
als von 1875 —80. Demnach würde jetzt die 
dolksmenge im deutschen Reiche ungefähr 46, 140, 000 
Zopfe betragen. Von diesen bekennen sich 3,140.000 
zu einer anderen Muttersprache, als der deutschen 
zämlich 2,460,000 Poten, 140, 000 Litthauer 
30,000 Tschechen, 140,000 Dänen, 2206,000 
Fxranzosen und Wallonen und 120,000 Wenden 
die Zahl der Deutschen im Deuischen Reiche würd! 
mithin gegenwärtig rund 43 Millionen betragen. 
In Cisleithanien lebten nach der letzten Zählun— 
hom 31. Dezember 1880 8.008 000, in Trans 
lilhamen Tss0. odo Deutsche. Man wird deßhah 
lam irren, wenn man die Zahl des deutjche 
Volles in ganz Oesterreich- Ungarn auf reichlich it 
Millionen veranschlagt. In der Schweiz spreche 
über 2 Mill. der Bewohner deutsch, in Rußlan 
1 Million. Im Großherzogthum Luxemburg un 
dem angrenzenden belgischen Bezirke Arlon wohnen 
gegen 250,000 Deutsche, in Rtumänien und de 
Snaaten der Balkanhalbinsel eiwa 30.000, in Jiali 
ind zwar in den deutschen Gemeinden am Sin 
shange des Mont⸗ Rosa und im Tosathalew