Full text: St. Ingberter Anzeiger

eiger“ vom vorigen Jahr sich zu einer amtlichen 
Berichtigung veranlaßt jah, anf wilch letztere in 
Rr. 298 2. Blatt durch Herru Notar Bolza eine 
Antwort erfolgte. Das Erscheinen fraglicher Bro⸗ 
schüre enthält nun ein Nachspiel, indem in letzterer 
die Mitglieder des Lehrerraths der Studienanstalt 
auch heftige Angriffe und schwere Beleidigungen 
zegen sich erblicken und deßhalb gegen Herrn Bolza 
Privattlage erhoben haben. Der Termin zur 
dauptverhandlung vor dem Schöffengericht dahier 
st bereits bestimmi und hierzu der 28. Mai nächst⸗ 
zin festgesetzt. (C. A.) 
Wnm Königsberg, 12. Mai. Am 
perflossenen Samstag Abend suchte sich ein lebens⸗ 
nüder Schusterjunge bei Welchweiler dadurch das 
deben zu nehmen, daß er sich mit seiuem Hosen⸗ 
räger an einem Baume aufhängte. Doch beinahe 
Jätie er das Ziel seines Strebens nicht erreicht, 
enn der Hosenträger riß. Zum Glück floß ein 
Weiher unter dem Baum, der den Lehensmüden in 
eine nassen Arme nahm und das durch den Hosen⸗ 
räger begonnene Werk vollendete. Was den 16 
ährigen Burschen veranlaßte, diese That zu begehen, 
st noch nicht bekannt. 
Vermischtes. 
Starnberg, 18. Mai. Gestern Nachmit⸗ 
sag 4 Uhr fuhren, nachdem sie vielleicht schon 
emdas zu viel dem Biere zugesprochen, 6 Personen 
in einem Kahn von Bernuried nach Seeshaupt 
zurück. Einige hievon vergnügten sich gleich An⸗ 
sangs damit, die Anderen durch Schaukeln des 
Zahnes zu ängstigen, so daß ein mitfahrendes 
Frauenzimmer, ein 21.jähr. Mädchen aus Sees⸗ 
haupt, wiederholt und dringend bat, sie doch aus⸗ 
teigen zu lassen, jedoch vergebens. Einer der 
Insassen wollte seine Cigarre anzünden und stand 
zu diesem Zwecke auf, verlor jedoch in Folge des 
Schaukelns das Gleichgewicht und fiel auf die 
Seite des Kahnes, der nun umktippte, so daß 
sämmiliche Personen herausfielen. Der eine hievon 
konnte sich durch Schwimmen an das ganz nahe 
üfer retten, zwei hielten sich am Kahne fest bis 
Hilfe kam, die übrigen drei, darunter das Frauen⸗ 
zimmer fanden ihren Tod in den Wellen. 
Obernzell, 14. Mai. Wie man der 
„Pass. Zig.“ meldet, ist es den eifrigen Nachforsch⸗ 
ungen der Geusdarmerie gelungen, den Thäter des 
bor einigen Wochen in Kopfing an der Theresia 
Asinger verübten Raubmordes in der Person eines 
zewissen Kronberger von Kopfing ausfindig zu 
nachen und zu verhaften. Kronberger gestand die 
That sofort zu. Dies hatte denn auch die erfreu—⸗ 
üche Folge, daß ein wegen des Verdachts der That 
Verhafteter sofort aus der Haft entlassen wurde, 
nachdem er bereits mehrere Wochen gesessen hatte. 
Der arme Mensch, Vater einer zahlreichen Familie, 
—XV ihm seine Frei— 
lassung ankündigte. 
pSchlechtes Geschäft.), Ein junger, 
reicher Bauer bei Miesbach hieb sich ein Finger⸗ 
zlied weg, um sich vom Militär zu befreien und 
seine Braut, eine reiche Bauerntochter, heiraten zu 
hunn. Dafür erhielt er 1 Jahr 6 Monat Ge⸗ 
Gefängnis und die Braut erklarte: „An Krüppel 
mag ich auch net.“ 
4— Dder Herr Reichstags-Abgeordnete Tä glich 3⸗ 
beck zu Heünitz hat, wie die S. u. Bl. Ztg. ver⸗ 
nimmi, infolge seiner Beförderung zum Ober⸗Bergrat 
in Halle a. d. Saale sein Mandat als Abgeordneter 
für den Vl. Trierer Bezirk (Ortweiler ˖ St. Wendel⸗ 
Meisenheim) unter dem 14. d. M. nidereglegt. 
F Saargemünd, 14. Mai. Vom besten 
Wetter begünstigt, fand am Sonntag Nachmittag 
vor zahlreich erschienenem Publitum auf dem hiesigen 
Frerzirplatze von Seiten des k. 5. Chevaur⸗ 
segers-Regiments „Prinz Otto“ wie im 
Vorjahre ein Rennen für die Oifiziere, Unteroffi⸗ 
ziere und Mannschaften Statt. Das Ergebniß war 
folgendes: Im Offiziershürdenrennen, geritten auf 
Thargenpferden, erhielt den ersten Preis — goldene 
Rauchtabaksdose, gegeben von den Damen des Re⸗ 
giments Lieutenant Frhr. v. Ealoffstein 
dit seiner Rappstute „Agathe“; den zweiten Preis 
Rauchtisch — Lieutenant Gebhard auf seinem 
Wallachen „Atill“. Leider hatte Frhr. v. Louisen⸗ 
khal das Unglück, durch einen äußerst gefährlichen 
Sprung seines Pferdes dicht vor der letzten Hurde 
— — die später folgende 
Steeplechase⸗ Handicap mit und errang einen Preis. 
Zei der SteeplechaseHandicap auf Pferden, welche 
hor der Front geritten wurden, errang wiederholt 
den ersten Preis — gegeben von dem Prinzen Otto 
bon Bayern, silbernes Kaffeeservice — Lieutenant 
Frhr. v. Egloffstein mit seinem Wallahen 
Quick“; den zweiten Preis — Ehrensäbel, gegeben 
jon Oberstlieütenant und Regimentskommandeur 
Frhrn. v. Harmmann — Vieutenant. Paraquin 
iuf seinem Fuchswallachen „Brentano“, den dritten 
ßreis — altdeutsches Liqueucservice — Lieutenaut 
fFrhr. v. Louisenthal auf seiner braunen Stute 
Blitzmädel“. Im Unteroffiziershürdenrennen erhielt 
zergant Färber der 1. Eskadron den ersten 
Zreis (goldene Remontoiruhr), Vizewachtmeister 
5chul zder 3. Estadron den 2. Preis GSeldstecher). 
Sergeant Wagner der 5. Estadron den 3. Preis 
Feldstecher), und im Mannschaftshürdenrenuen Ge⸗ 
ceiter Winzenhöler der J. Estadron den 1. 
breis (silberne Remontoiruhr), Gefreiter Baumann 
er 2. Estadron den 2. Preis (Glas mit silbernem 
Deckel), Gefreite Eppelshäuser der 3. Eska⸗ 
ron den 3. Preis Gportemonaie mit 10 Mart In⸗ 
jalt). Nach Schluß des Rennens fand feierliche 
Zreisvertheilung Statt, wobei rau Baronin v. 
hartmann persönlich die Preise an die Sieger 
iberreichte. 
Straßburg. Der nächste Extrazug von 
z„traßburg nach Berlin wird am Freitag 23. Rai 
Mittags 12 Uhr im hiesigen Centralbahnhofe ab⸗ 
zelassen. Der Fahrpreis für Hin- und Ruckfahrt 
Fetraͤgt für Straßburg: l. Klasse 57 Mtk. 8o Pf. 
I. Klasse 42 Mt. 10 Pf., III. Klasse 27 Mt 
30 Pf. Die Billets zu dieser Fahrt haben eine 
hültigkeitsdauer von 835 Tagen. Die Befoörderung 
er Passagiere zwischen Basel und Straßburg er⸗ 
olgt mit dem Personenzug Nr. 55. 
Gtraßburger Kaiserpalast.) Der 
zaufirma Holtzmann und Comp. in Straßburg, 
velche bei der Bauvergebung des Kaiserpalastes 
as billigste Gebst abgegeben hat, ist der Zuschlag 
ertheilt worden. Der Aufbau des Kaiserpalastes 
vird demnach in den nächsten Tagen beginnen. 
Bietigheim. Als neulich Abends ein 
Zzug das Bahnwarthaus in der Nähe von Besigheim 
assirte, bemerktte der Bahnwärter Knoll sein eigenes 
dind, wie es auf dem Geleise dem Zuge sich un— 
ersehends nüherte. Die Entfernung war zu groß, 
im die Gefahr abwenden zu können. Das Kind 
vurde vom Zug erfaßt und am Kopfe so schwer 
verletzt, daß der Tod kurz darauf eintrat. 
In Kreuznach hat der Verein der Hotel⸗ 
ind Badehausbesitzer der unter Protektion der russischen 
daiserin stehenden Gesellijchaft des ‚Roten Kreuzes“ 
17 Freistellen für kurbedürftige russische Offiziere 
angeboten. 
AusDarmstadt, 13. Mai, berichtet man 
»er „N. F. P.“: Die morganatische Ehe des Groß 
jerzogs von Hessen mit Frau v. Kalemine sell so— 
ben wieder gelöst worden sein. Es heißt, daß 
hʒesonders die preußischen und englischen V.rwandten 
des Großherzogs, welcher gegenwärtig am Hofe der 
Zönigin Viktoria weilt, auf eine Lösung der viel⸗ 
zesprochenen Verbindung hingewirkt haben. 
Bonnu, 14. Mai. Bei dem Gewitter. wel⸗ 
hes am Montag Nachmittag von hier nach der 
Sieggegend zog, wurden in einem bei Eitorf gele— 
senen Walde zwei Kinder vom Blitz erschlagen 
in drittes ist mit einer Verletzung davongekommen. 
— Auch in Lüxheim bei Düren wurden zwei 
Personen, Mutter und Tochter, welche in trauter 
Stube zusammen, vom Blitze erschlagen. Ein in 
inmittelbarer Nähe weilendes Kind soll gänzlich 
erschont geblieben sein. 
F Düsseldorf, 12. Mai. Ein 50jähriges 
Jubiläum als Notariatszeuge ist gewiß eine Selten⸗ 
deit. Am 14. Mai feiert es Peter Jansen, der 
im 14. Mai 1834 den ersten Akt bei dem ver⸗ 
torbenen Notar Coninx als Zeuge unterzeichnete 
ind jetzt bei dessen Sohn, dem Nolar Coninx, noch 
hätig ist. Jansen ist 79 Jahre alt. In den 
30 Jahren hat derselbe, wie der „Düss. Anz.“ 
erichtet, 37214 notarielle Urkunden als Zeuge 
interschtieben und unter diesen manche wichtige 
ur Düsseldorf, z. B. die Gründungsurkunden der 
ẽElberfelder und der Köln⸗Mindener Eisenbahn, der 
Düsseldorfer und Niederländischen Dampfschifffahrts⸗ 
geselschaft. Auch das im Jahre 1848 von Prin- 
zessin Friedrich von Preußen gemachte Testament 
hat er mit unterschrieben. 
Düsseldorf. Ein junger Arbeiter wurde 
in einer Fabrik auf schauderhafte Weise verletzt. 
Fin älterer Arbeiter veranlaßte ihn, den Mund an 
den Probirktanen eines Dampfkessels zu halten. 
Der Kuabe that dies, der Arbeiter drehte den Hahr 
auf, und dem Knaben strömte der erhitzte Dampf 
mit kochendem Wasser in den Mund. Die Zunge 
und der Gaumen sind wie gekocht, und der Jungt 
liegt auf den Tod darnieder, unfähig, zu essen, 3 
trinken oder zu sprechen. 
Ein Fall „gewerbsmäßiger Herxerei 
wird aus dem Fürstenthum Lippe⸗Schaum— 
burg mitgetheilt. Vor einigen Wochen war einem 
Knechte im Dorfe Wennigsen eine Taschenuhr ge— 
stohlen worden. Von einigen Leuten, deuen er 
dies mitgetheilt, wird ihm nun gerathen, nach dem 
beruhmten Hexenmeister in Antendorf zu gehen 
derselbe würde ihm sagen, wer der Thäter wäre. 
Gesagt, gethan, der Knecht macht sich in Begleitung 
eines Freundes auf den Weg nach dem vier Stunden 
entftrnten Wohnorte des Hexenmeisters. Derselbe 
ist auf Nachfrage auch bald gefunden, und der 
Knecht bringt sein Anliegen vor. Der Hexenmeister 
erwiederte: „Ja, dat hebbe ick schon gistern wußt 
dat da Uhrstahlen ist.“ (Ja, das habe ich schon 
gestern gewußt, daß die Uhr gestohlen ist.) Auf 
weiteres Beftagen, was er nun zu thun habe, um 
wieder in den Besitz der Uhr zu gelangen wird ihm 
vom Hexenmeister ein papiernes Zifferblatt ange— 
fertigt, welches er in die Tasche stecken muß, in 
welcher er früher die Uhr getragen hat, und ihm dabei 
gesagt, daß der Dieb nun die Uhr wiederbringen 
würde, andernfalis müsse derselbe verr .... und 
verdorren. Auf Befragen, was er zu bezahlen 
habe, forderte der Hexenmeister 3 Mt., welcher Be— 
irag auch mit Freuden entrichtet wurde. Nachdem 
die beiden Knechte sich gehörig gestärkt hätten, 
zingen sie vergnügt und in der festen Hoffnung, 
ie ühr recht bald wieder zu erhalten dder den 
Dieb verr .... oder verdorrt zu sehen, nach 
hrem Heimathsorte zurück. — Siehe da, am zweiten 
kage findet der Knecht seine Uhr in einer Kuh— 
rippe wieder. Hatte nun schon die Erklärung des 
dexenmeisters: „Dat hebbe ick gisterx schon wußt, 
dat dä Uhr stahlen is“ die beiden Knechte in das 
größte Erstaunen versetzt, so war der Glaube an 
die Hexerei beim Wiederfinden der Uhr nun erf 
recht besiegelt. Die Augelegenheit wurde in dem 
Dorfe bekaͤnnt und gelangte auch zu den Ohren 
des daselbst stationirten Gensdarmen. Dieser macht⸗ 
der zuständigen Behörde von dem Vorfall Anzeige 
und der Hexenmeister ist vor das Schöffengericht 
Jurt und von demselben wegen „gewerbsmüäßiger 
Hexerei“ zu acht Tagen Gefängniß verurtheilt 
Hocden. Diese Straf wird wothl genügen, um 
dem Hexenmeister in Zukunft dieses Handwerk zu 
legen. So geschehen im Jahre 1884. 
Berlin. GB. T.) Der „schwarze Welt 
heil“ kommt — in des Wortes wirklichster Be— 
deutung — immer mehr in Mode, denn auch da⸗ 
chöne WGeschlecht beginnt, ein reges Interesse für 
hn zu bekunden. So bestand die am Sonnabend 
im großen Saale des Architektenhauses hier von 
dem Ceutralverein für Handelsgeographie einberufene, 
sehr zahlreich besuchte Versammlung, in welchet 
herr Dr. Falkenstein über die Zukunft Westafrilas 
qnen längeren Vortrag hielt, fast zur Hailfte aus 
Damen. Der Vortragende begann mit einen 
uurzen Rückblick auf die Entdeckung Westafrika⸗ 
ind die Entwickelung der dortigen bportugiesischen 
Folonien, wobei er die Ansicht aussprach, daß 
Portugal zu einer nachhaltigen Kolonisation zu 
hnmächtig sei. In warmen Worten gedachte dann 
Dr. Falkensiein der großen Verdienste Stanleho 
zer zuerst das Kongogebiet, woselbst der Schwer⸗ 
dunkt von gunz Afrika liegt, durchforschte. 
— V gegen 
den englisch-portugiesischen Kongovertrag und ginh 
‚aun auf das eigentliche Thema, auf die Ftage 
Lohnt sich eine Kolomsation Westafrita's ?n uͤher 
Vor etwa fünf Wochen hat der betannte Afrile 
risende Dr. Pechuel⸗-Lösche in einem in der Gesel 
schaft für Erdkunde gehaltenen Vortrag in diese 
sichtung ein ziemlich ungünstiges Urtheil aus 
prochen. Gestuͤtzt auf die letzten, sehr günstigen 
Irtheile des verstorbenen Pogge, glaubt ODr. dat 
dein der pesfimistischen Anschauung Dr. Pehu 
rösches widersprechen zu müssen. Er schidn 
auf das Leben der Händier in Westafrita — 
kommi dabei zu dem Schluß, daß das von Hüb 
Schleiden bekämpfte, dagegen von Woermann 
heidigte Trust ⸗System (der Handel durch inn 
borene Agenten unter Bewilligung —V 
zroßer Kredite) in Afrika nicht zu entbehren g 
der Handel in Westafrika sei zwar nicht übet 
Stadium der Kindheit gekommen, unberzeihlidh