Full text: St. Ingberter Anzeiger

¶ ydoch, wenn Deutschland zusehen wollte, wie 
* que anderen Nationen daselbst immer mehr 
e Eine Ablenkung des deutschen Auswan⸗ 
rstoms nach dem Kongogebiet hält der Vor⸗ 
agende für unsinnig, behauptet jedoch daß die 
ingebot enen Neger entschieden kultivationsfähig seien 
8 Massamedes und Namaqua liegen die klimat⸗ 
ishen Verhältnisse für die Europäer allerdings 
was günstiger. Dr. Falkenstein schließt mit der 
hofnung. ehenaener 8* F 
en Gegenden schweben möge, nach welchen je 
— den Herren Dr. Nachtigal 
de. Buchner chwimme. 
Berlin. In hiesigen Blättern ist ein selt— 
amer Aufruf erschieuen, unterzeichnet von einem 
ßrafidium und einem Comite von 21 Damen, 
arunter mehrere dee Namen, auch einige 
eiebte Bühnengrößen. Nachdem als Motto der 
e Matthäus 5, 7 in Bezug genommen ist, 
vird gesagt: 53 — ien Reichshaupt⸗ 
sudt ünd Kaiser- Residenz, darf sich mit Recht einer 
Fülle herrlichster Wohlthätigkeits-Anstalten rühmen, 
ind gemein Winunes. Segenbringendes von allen 
Futen längst Ersehntes, etwas ihr vollkommen — 
nämlich ein Hospital für arme Thiere! Wer wüßte 
uicht von Brut ilität roher Menschen gegen ein 
armes Thier, oft gegen das nützlichste, zu erzäühlen! 
Ach, den stummen Jammer unserer hülf-, sprach-, 
irost⸗ und gebetlosen Mitgeschöpfe nur annähernd 
u notiren, würde mehr als eine Bibliothek aus— 
machen! Aber der Gedanke wird mehr und mehr 
toden gewinnen, daß auch die Thiere als unsere 
Mitgeschopfe und durch ihre mannichfache Mithülfe 
un een und Diten zur großen Kette 
ozialer Verbruderung gehören, und zwar als keine 
der unwichtigsten Glieder. Im Namen Gottes und 
seinet vielgequälten hülfs⸗ und sprachlosen Creatur 
richten wir nun behufs Errichtung eines hechwichtigen 
Instituts der Barmherzigkeit, welches sich den 
mancherlei anderen unserer großen Hauptstadt der 
Intelligenz würdig anreihen, ja eine sehr fühlbare 
d ausfüllen soll, an alle Warmfühlenden, Edel— 
denkenden die dringende Bitte ... u. s. w.“ Am 
üschlusse heißt es: „Seit ein paar dhe haben 
ich in Deutschland rühmenswerthe Gesellschaften zur 
Errichtung von Reichs⸗Waisenhäusern verbunden — 
wohlan, ein Thier-Asyl ist auch ein Waisenhaus 
und jedes Thier ist eine Wa'se, ja, mehr als das, 
denn kein Menschenkind kann je so verlassen und 
berwaist sein, als ein armes Thier, ein unglückliches 
insbesondere. Erbarmet euch der Thiere! Denn 
selig sind die Barmherzigen!“ — Wissen denn diese 
damen nicht, daß sich in ihrer nächsten Nähe un— 
zähliche Menschen fiaden, die Dasjenige, was sie 
den Thieren zuwenden wollen, als größte Wohlthat 
für sich hinnehmen würden! Mit welchen Gefühlen 
müßte wohl ein Armer, der nichts zu Essen hat 
und in einer elenden Kellerwohnung sein Dasein 
ftistet, an einem solchen Thier⸗Asyl vorübergehen, 
denn er dort die alten Hunde und Katzen der 
ra 58 gsunert 58 So — 
34. B. kommen, daß einmal ein Armer an der 
Schwelle jenes Thier-Ashles erschien und bäte, ihm 
doch att eines Hundes Aufnahme zu gewähren. 
ün weich⸗ ein Fund für die Sozialdemokraten! 
Seht diese Peichen!“ würden sie sagen; „sie bauen 
Hiuser. in denen sie ihre Hunde und Katzen pflegen, 
wähtend wir mit Frau und Kind frieren und 
gunzern!“ Und — was das Schlimmste wäre — 
n haͤtten recht! Wahrlich, es ist nicht an der Zeit, 
m dieser Weise die Gefühle des Volkes herauszu— 
Und wenn jene verehrten Damen sich die 
9 regt überlegt. so hätten sie sich sagen sollen, 
n Aufruf, zumahl mit seinen salbungsvollen 
* s jedes echt menschliche und echt religiöse 
un ief verletzt — und obendrein recht lächer⸗ 
9 Rach Berlin kommt vor einiger Zeit der 
ð nnher eines benachbarten Staates, um eine 
4J nleihe zu kontrahiren. Aber der erste Bankier 
Atsich abgeneigt und Se. Excellenz fürchten schon 
underrichtetet S i i 
B ache wieder voa dannen ziehen zu 
8 rübsinnig sitzt er in seinem Hotel, da 
nin klopft es an seiner Thür und ein Herr 
folgendermatzen vorstellend, ein: „Excellenz, 
—8 von ihrer Anwesenheit, Sie wollen eine 
4 outtahiren, mein Name ist G old berger.“ 
—* angenehm“, meint der witzige Staatsmann, 
indeh brauche keinen Goldberger, sondern einen 
— * orger“. „Ja“, erwiderte der schlagfertige 
nnn „wenn Ew. Excellenz weiter Nichts zu 
en haben, als die Buchstaben meines Namens 
rann ich auch Sr. Durchlaucht, Ihrem erhabenen 
dandesbater, kein Geld borgen.“ 
F Einasscheußliches Fomplot von „ünf 
Verbrechern, die von der Stadt Berlin in dem 
maison de santé in Schöneberg untergebracht 
sind, hat am Sonntag Miittag die Anstalt in 
Feuersgefahr gebracht und zahlreiche Menschen⸗ 
ieben ernstlich gefährdet. In einem im hinuteren 
Theil des Gartens belegenen Pavillon sind 171 
Kranke untergebracht, die sämmtlich der Anstalt von 
der Stadt Berlin übergeben worden iind; unter 
ihnen befinden sich fünf schwere Verbrecher, 
die bereits seit längerer Zeit einen Fluchtversuch 
geplant zu haben scheinen und am Sonntag zur 
Ausführung ihres teuflisch angelegten Planes schritten. 
Als die Irren gestern Mitiag in den Speisesaal 
zgeführt wurden, gelang es den Funfen, nach dem 
Schlafsaal zu echapprren. Dort verrammelten sie 
sofort die Thür und steckten mit Streichhölzchen, 
die sie sich heimlich zu verschaffen gewußt, die Betten 
in Brand. Ihre Flucht war natürlich sogleich be— 
nerkt worden, aber noch ehe man sich in den ver— 
chlossenen Schlafsaal Eingang verschaffen konnte, 
tand derselbe bereits in hellen Flammen. Die 
sdierdurch hervorgerufene Aufregung benutzten die 
Verbrecher, um sich an zusammengeknüpften Bett— 
acken aus dem Fenster in den Garten herabzulassen. 
Ju Erkenntniß der Gefahr ließ die Direkttion der 
Anstalt schleunigst ein größeres Detachement vom 
cfisenbahnregiment requiriren, das dem Rufe auch 
chnelle Folge leistete. Mit Hülfe des Militars 
jelang es denn auch, drei der Verbrecher, die sich 
schon in Sicherheit wähnten, wieder einzufangen 
ind auch die beiden andern noch rechtzeitig an der 
Flucht zu hindern. Die übrigen Irren waren in— 
wischen in aller Ruhe ins Freie geführt worden, 
so daß sie keinerlei Verletzungen erlitten. Das 
Feuer im Schlafsaal wurde von der aus Berlin 
—XDDDDDD 
f(Reichsgerichtsserkenntniß.) Eine 
für die Ausübung des Beschwerderechts außerordentlich 
vichtige Entscheidung hat letzthin das Reichsgericht 
getroffen. Vielfach sind Bürger von der Einreichung 
don Beschwerden gegen Unregemäßigkeiten eines 
Beamten dadurch ahgehalten worden, daß sie nicht 
n der Lage waren, die vollen Beweise für die 
Wahrheit ihrer Beschwerde zu erbringen, vielmehr 
Jjätten warten müssen, daß die anzustellende Unter— 
uchung diese Beweise liefere. Aus Furcht nun, 
»aß die anzustellende Untersuchung nicht dieses Re— 
ultat ergebe und dann eine harte Bestrafung wegen 
Zeamtenbeleidigung eintreten könne, sind oft be— 
rechtigte Beschwerden unterblieben. Nach der er— 
vaähnten Entscheidung des Reichsgerichts ist nun ein 
'olches Resultat der Beschwerde⸗Untersuchung nicht 
mehr nöthig, vielmehr genügt auch ohne dasselde 
ur Straflosigkeit des Beschwerdeführers, daß er 
Jeglaubt hat, die Berechtigung zu haben. das Be— 
chwerderecht auszuiben. Zur Ausübung dieses 
Rechtes sei jeder Staatsbürger befugt. 
Wien, 13. Mai. Die strafgerechtiche Unter⸗ 
uchung gegen die Anarchisten Stellmacher und 
Zammerer ist abgeschlossen. Der Staatsauwalt 
erhob gegen Stellmacher Anklage wegen Meuchel⸗ 
mordes an dem Detektwwen Blöch und wegen Mord; 
»ersuches an dem Arbeiter Meloun. Bezüglich der 
in Deutsschland begangenen Verbrechen kann Stell 
nacher, welcher Ausländer ist hier nicht belangt 
verden. Kammerer wird dem Militärgericht über⸗ 
intwortet. 
F Paris, 14. Mai. Gestern Abend fuhr 
auf der Nordbahn in der Ebene von St. Denis 
an einer Kreuzungsstelle ein Güterzug auf den von 
Boulogne anlaufenden Personenzug. Der Maschi— 
nist wurde sofort getödtet; 26 Reisende und 5 
Bahnbeam'e sind mehr oder minder verletzt, konn⸗ 
jen aber fast alle die Reise fortsetzen. 
(Eines der prächtigsten Pariser 
däuser) auf der Place de l'Etoile, an der Ecke 
der Avenue Friedmann, gegenüber dem Arc de 
Triomphe gelegen, bleibt, obwohl bewohnt, für die 
Außenwelt fast hermetisch verschtossen und wird einer 
vesonderen Ucsache wegen von den Bewohnern des 
Viertels „Konspirations-Hotel genannt. Das Hotel. 
velches mit dem üppigsten Luxrus ausgestattet ist, 
eine überaus kostbare Bildergallerie besitzt und sehr 
reich besetzte Stallungen umschließt, gehört Madame 
Blanche de Cassin. Man wird diese Dame um so 
veniger im goldenen Buch der Noblesse finden, als 
diese Dame sich selbst in den Adelsstand erhoben 
sat und ursprünglich — Wäscherin gewesen ist 
Sie war jedoch zu verführerisch, um ihr Leben bei 
dauge und grüner Seife am Waschtroge zu ver⸗ 
zringen. Ein reicher Engländer nahm sich ihrer 
in, und bald hatte die Ex-Blanchisseuse in der 
galanten Welt zur Zeit des Empire einen großen 
Ramen. Es heißt sogar, daß sie sich mit der fa⸗ 
nosen Marguerite Bellanger in der Gunst Napole— 
yns getheilt hat. Nach Sedan und nach dem Tod 
Napoleons legte Madame de Cassin sogar Trauer- 
leider und Wittwen-Schleier an. Und der Name 
Konspirationshotel'?! Jas, damit hat es eine 
echt interessante Bewandtniß. Als zur Zeit des 
16. Mai die Bonapartisten mit der stillschweigenden 
Begünstigung Ehren-Mac-Mahon einen Haundstreich 
vorbereiteten, um der jungen Republik hinterrücks 
in die Gurgel zu springen, ganz so, wie es der 
Mann des 2. Dezember gethan, da hielten die 
Verschwörer“ unter dem Vorsitze Feneral Fleurys 
n dem Hause der schönen Blanche Cassin geheim⸗ 
nißvolle Zusammenkünfte und wer weiß, welche 
stolle die Hausherrin unter einem neuen Empire 
jespielt hätte. Zum Glücke blieb eine solche Even⸗ 
XVV— 
ichen Fiasko der Bonapartisten glaubte sich die 
zeängstigte Courtisane ihres Lebens nicht mehr 
icher. Sie wollte ins Ausland gehen und ihr 
dotel verkaufen, da es aber fünf bis sechs Milli— 
en werth ist, so fand sich kein Käufer und Ma— 
»ame Blanche de Cassin mußte wohl oder übel in 
Baris wohnen bleiben. Sie glaubt beständig, die 
stegierung werde ihr Hotel sequestiren lassen und 
ver weiß, ob die einstige Favoritin des dritten Na⸗ 
zoleon sich in angstvollen Träumen nicht bereits in 
einem der Thürme der Conciergerie internirt sieht. 
Noch ist erwähnenswerth, daß der edle Don Char— 
os zu der Zeit, als ihn das Ausweisungsdekret 
der Französischen Regierung ereilte, in einem Dome— 
tikenstübchen des famosen Conspirations-Hotel bei 
Madame Blanche vorübergehend Asyl fand! 
F Bei Buir schnitt ein Engländer, neugierig 
und unverfroren, wie die meisten seiner Laudsleute, 
die Plomben von der Luftdruckbremse seines Koupés 
ab und brachte dadurch den Schnellzug zum Stehen. 
Der Vorwitzige wurde alsbald ermittelt, dem Stations⸗ 
zorsteher zugeführt und hatte dort das Vergnügen, 
30 Mark zu zahlen für die Bereicherung, welche er 
einen Eisenbahnkenntnissen hatte angedeihen lassen. 
F Ueber die Tageseintheilung des Papstes 
vird aus Rom geschrieben: Leo XIII. steht jeden 
Morgen um 6 Uhr auf. Um 7 Uhr feiert er di?e 
Messe, nachdem er vorher eine längere Betrachtung 
jehalten. Nach der Messe widmet er geraume Zeit 
der Danksagung. Um 8 Uhr empfängt und er⸗ 
ledigt er die Denkschriften der Kongregationen und 
feine umfangreiche Korrespondenz. Um 11 Uhr 
inden die öffentlichen Audienzen statt. Der Papst 
empfängt die Bischöfe und Gesandten, sowie die 
Pilger aus allen Ländern und Ständen. Um halb 
Uhr macht der Papst einen Spaziergang in den 
zatikanischen Gärten. In der Regel ist er begleitet 
yon einem der Prälaten seiner Umgebung und zwei 
Nobelgardisten. Meistens begleitet ihn Msgr. Boc⸗ 
ali, sein Geheimsekretär, sein Freund und Ver— 
rauter. Ist das Wetter weniger günstig, oder 
ühlt sich der Papst weniger kräftig, so macht er 
eine Spazierfahrt in einem eigens dazu gebauten 
Wagen und fährt dann in der Regel bis zum 
Beloedere des Vatikans. Leo XIII. speist um 
2 Uhr zu mittag nach der Sitte, wie sie noch in 
ehr vielen römischen Familien herrscht. Dieses 
Mahl danert nur eine halbe Stunde und ist sehr 
rugal; es vesteht aus einem Fischgericht, zwei Ge⸗ 
tichten Gemüse und Früchten. Der Paptft trinkt 
dazu ein Glas Bordeaur, welchen ihm die Aerzte 
augerathen. Nach dem Essen hält er eine kurzt 
stuhe und begibt sich dann in sein Privakabinet 
sur Arbeit. Um halb 5 Uhr empfängt er dann 
die Präfekten und Sekretäre der verschiedenen Kon⸗ 
zregationen und verhandelt mit ihnen über die 
iechlichen Angelegenheiten. Um 8 Uhr bringt man 
die Bätter der verschiedenen Länder. Der Papst 
iest nur die italienischen und französischen Zei— 
ungẽn. Interessante Artikel der deutschen und 
»ugl jchen Baätter läzt er sich übersetzen. Um halb 
iO Uyr betet er den Rosenkranz Um 10 Uhr 
nimmt der Papst eine kleine Kollation, die ein für 
aille mal in einer Suppe, einem Ei und ein wenig 
Zalat besteht Darnach zieht er sich in sein Privat⸗ 
gemach zurück. 
̃(kine unangenehme Enttäuschung.) 
Ja Turin findet bekanntlich jetzt eine nationale