St. Iugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Auzeitzer“ erscheint wochentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltun as
zutt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.A 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 A, einschliehnq
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VW 96.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 115. Mai. Die Kommission betreffs
zunchädigung unschuldig Verurtheilter beendete die
gerathungen und bestellte Schwartze zum Referenten.
die Entschädigungspflicht soll der Strafrichter,
velcher im Wiederaufnahmeverfahren auf Frei⸗
prechung erkennt, die Entschädigungssumme soll
der Civilrichter im Civilberfahren feststellen. Sind
mschuldig Verurtheilte und Staatsanwalt über die
zutschadigungssumme einig, soll der Strafrichter
ie Entschädigungssumme alsbald definitiv feststellen.
die endgiltige Redaktion und Feststellung der heu⸗
igen Beschlüsse erfolgt morgen.
Berlin, 16. Mai. Der Kaiser empfing
stachmittags den Finanzminister v. Scholz zum
Bortrag und unternahm hierauf eine Ausfahrt.
Zpöter conferirte der Kaiser mit dem Fürsten Bismard
Die Wahlprüfungskommission des Reichstags
GBerichterstatter Abg. Dohrn) beantragt, der Reichs⸗
jag wolle beschließen, die Wahl des Abgeordneten
Taͤglichsbeck im 6. Trier'schen Wahlkreise für un⸗
zilig zu erklären und den Herrn Reichskanzler zu
esuchen, gegen den Ortsvorsteher Karl Wommer
u Ronnenberg strafrechtliches Verfahren zu veran⸗
assen. (Der Genannte hat, wie durch Zeugenver⸗
nehmung vor Gericht festgestellt worden ist, vor der
Bahl gedroht, den Wählern, welche für Virchow
lümmen würden, keine Laubstreu geben zu wollen.)
llebtigens hat, wie gestern gemeldet, der Abg.
Taͤglichsbbeck sein Mandat in Folge seiner Ernen⸗
aung zum Oberbergrath niedergelegt.
Der Reichskanzler Fürst Bismarck,
velcher dieser Tage abzureisen gedachte, hat diese
Abreise in Folge des Hierbleibens des Kaisers wie⸗
der aufgegeben. Heute liegt wieder eine Reihe von
lachtichien über den Rücktritt des Ministerpräsiden⸗
ien Bismarck und den Staatsrath vor. Zunächst
wird bestätigt, daß bezüglich des Rücktrittes des
Fürsten Bismarck aus dem preußischen Staatsmini⸗
terium und im Zusammenhange damit der Reacti⸗
dirung des Staatsrathes die endgiltige Entscheidung
doch noch nicht erfolgt ist. Von regelmäßig gut
unterrichteter Seite gibt man als Grund der Ver⸗
ögerung an, daß die Frage des Vorsitzes im Staats⸗
tache noch nicht zu völliger Lösung gelangt sei.
Lin Offiziosus nennt wieder den Unlerstaatssekretar
homeher als Staatssekretär des Staatsrathes und
welt die Staatsrathsernennungen für die allernächste
deit in Aussicht.
Die Vossische Zeitung schreibt: Es scheint sich
bestätigen, daß nach dem Rücktritt des Fürsien
dizmarck aus dem pieußischen Staatsministerium
Ne Stelle des Ministerpräfidenten zunächst nicht
vicder besetzt werden soll.
Ausland.
Vajor Colmar Freiherr v. d. Goltz
mn der Türkei General und Pascha) ist jetzt bei
J ESultan, wie dem Frobi. geschrieben wird,
grata geworden. Der Sultan zieht den
nicht nuͤr häufig zu seinen kleinen Diners
—* hat ihm auch einen hohen türkischen Orden
e, ihm die Ueberwachung des Unlerrichts
e aiserlichen Prinzen anvertraut und ihn endlich
nge Commission für Befestigungen gewählt
. I Freiher v. d. Goltz in Konftantinopel
i tellung erlangt, die seinem regen Schaffens
J entspricht und ihm jetzt volle Befriedigung
e Erst kürzlich hat er auf Befehl des Suitans
selben sein Buch?“ Das Velt in Wassen ver
Sonntag, 18. Mai 1884. 19. Jahrg.
önlich überreicht, von dessen Erfolg dem Sultan
Berichte zu Ohren gekommen waren. Herr v. d.
Boltz hat jetzt nach elfmonatlicher Trennung auch
seine Gemahlin und seine beiden jüngsten Töchter
nach Konstantinopel kommen lassen. Von Varna
aus wird Frau v. d. Goltz im kaiserlichen Salon⸗
vagen ihrem Bestimmungsorte zugeführt werden
— Dürkheim, 15. Mai. Der Verbandstag
der pfälzischen Kreditgenossenschaften findet am 9.
und 10. Juni dahier statt. (D. Anz.)
— Pfortz, 12. Mai. Die hiesigen Fischer,
velche heute den Alirhein ein Stück der Länge
iach mit dem Fischnetze, die Segen genannt, durch⸗
treiften, hatten am Ende des Fischwassers nicht
veniger als 3 Zir. und 18 Pfd. Fische im Neßz.
— Frankenthal, 16. Mai. Die hiesige
Freimaurerloge feiert übermorgen, Sonntag, in Ge⸗
neinschaft mit den Logen in Worms und Alzey ihr
Maifest in Neustadt a. H. Das Fest wird um so
anregender werden, da die verheiratheten Mitglieder
in Begleitung der Frauen erscheinen. Nach dem
aufgestellten Programm findet ein Ausflug ins
Schönthal über die Wolfsburg nach Haardt statt;
»as Mittagsmahl wird im Hotel Bauer daselbsi
eingenommen. (Fr. Tagbl.)
— Speyer, 14. Mai. Nachdem die Bier⸗
zrauereien der Herren Schwartz, Sick und Weltz
ich aus Norwegen Eis kommen ließen, sind wieder
wei solche Schiffe hier angelommen, und zwar für
die Fischhandlung von J. E. Eberhardt. Das Eis,
in großen Blöcken, ist sehr rein, aber auch sehr
heuer, weil auf der Reise und besonders beim Aus⸗
aden etwa ein Drittel verloren geht. Der Zentner
ommt dadurch, in den Eiskeller geliefert, auf etwa
Mk. 1,60 -170. Bemerkenswerih ist noch, daß
rotz des niederen Wasserstandes die Schiffe selbst
nit Lasten von 20,000 Zentner ungehindert. bis
Speyer gefahren sind.
— Am VDonnerstag ist dem Jakob Rheinheimer
uus Heinzweiler, eine Brieftaube in unerklär⸗
icher Weise zugeflogen. Auf Ihren Federn sind
inige Städte, sowie Name und Nr. abgedruckt:
Brieftaubenklub Frankfurt a. M., Speyer, Straß⸗
»urg, Nr. 27, sowie ein fast unleserlicher Name
„Schramm“ aus Frankfurt a. M. Entweder
wurde diese Taube von einem Raubvogel verfolgt,
oder es führte sie ihr Instinkt in unsere Gegend.
— Ludwigshafen, 14. Mai. Etadi⸗
cathssitzung) Zum ersten Stadischreiber schlug der
Vorsitzende im Einverständniß mit den beiden Herren
Adjunkten den zweiten Stadtschreiber von Zwei—⸗
rücken, Herrn Günther, vor. Der Bürgermeister
laubt in dem Erwählten einen Mann gefunden zu
saben, wie er für die hiesige Stelle gesucht worden
ei; derselbe sei sehr gut qualifizirt. Die Ver⸗
ammlung hat gegen die Wahl des Herrn Günther
dichts einzuwenden. Damit ist die leidige Ange—
egenheit bez. der Besetzung unserer ersten Stadt⸗
chreiberstelle nun auch erledigt.
— Nach und nach gehen aus sämmtlichen
Tabaksorten der Vorderpfalz Petitionen
in den Reichstag, bzhw. an den Hrn. Reichskanzler
um Erhöhung des Tabaktszolles; in
nanchen Petitionen wird gleichzeitig um Erhöhung
zes Getreidezolles nachgesuchi.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 17. Mai. Wie wir hören,
vird der Gesangverein von Bischmisheim nebst
einer Musikkapelle morgen Nachmittag einen Ausflug
jierher machen.
*St. Ingbert, 17. Mai. Mit dem 20.
328. Mts. tritt auf allen deutschen Bahnen der
Fahrplan für den Sommerdienst in
Kraft. Einen Auszug desselben findet der Leser
mn Inseratenthtil.
**Rohrbach, 16. Mai. Heute Vormittag
um 9 Uhr fand die Beerdigung unseres theueren,
vor 2 Tagen im 66. Lebensjahre verstorbenen
Lehrers Franz Schindler sen. statt. In
velchen Ehren der Verstorbene stand, das zeigte der
Trauerzug, den unsere Gemeinde so zahlreich wohl
noch nie sah. Keine Familie ist hier, die nicht in
nehreren Gliedern in demselben vertreten war; in
zroßer Anzahl waren die Freunde und Collegen des
Entschlafenen von Auswäris herbeigeeilt, um den⸗
elben zu Grabe zu geleiten. Und waährlich, dem
diese Ehre galt, er hatte sie redlich verdient. 46
Jahre hat er in treuem Fleiße seines schweren Amtes
zewartet, 34 Jahre am hiesigen Orte. Und wie
er allzeit ein pflichteifriger Lehrer war, so war er
auch ein sorgsamer Familienvater, für die Seinen
tets bedacht und bemüht, ein lieber und treuer
College, ein ruhiger, rechtlich denkender und handeln⸗
her Gemeinde- und Staatsbürger, immer bescheiden
und anspruchslos in seinem Auftreten. Von des
Lebens Weh war auch ihm ein gut Theil zuge⸗
messen. Zwei erwachsene Kinder, einen hoffnungs⸗
»ollen Sohn und eine verheirathete Tochter, sah er
n's Grab sinken. Monate lang schon quälie ihn
chweres korperliches Leiden, das ihn, den diensteis⸗
igen Mann, nöthigte, um seine Pensionirung ein⸗
ukommen. Diese erfolgte denn auch am 1. do.
Mts. auf die Dauer eines Jahres. Aber Genesung
ollte sie ihm nicht bringen; schneller als er und
zie Seinen erwartet, trat der Tod an ihn heran
vurde ihm das letzte „Lebe wohl!“ nachgesungen
Barme und zu Herzen gehende Worte widmete der
Beistliche im Anschluß an das Bibelwort: „Selig,
die im Herrn sterben; sie werden ausruhen von
hrer Arbeit, ihre Werke folgen ihnen nach und sie
verden gekrönet werden“ — dem Entschlafenen an
)essen Grabe. Er schilderte denselben, wie er als
dler Mensch, als treuer katholischer Christ und als
zewissenhafter Lehrer gelebt habe, ein Vorbild für
pie, die ihn kannten. Ergriffen schieden alle vom
Hrabe. Er aber, dem der warme Nachruf galt,
nmöge ruhen in Frieden!“ Sein Andenken wird
in der hiesichen Gemeinde in Segen bleiben.
— Neustadt, 15. Mai. Der „Bayerische
hof“ (Hotel Obladen) ist dem Vernehmen nach um
35,000 Mt. an einen Herrn von Karlsruhe verkauft.
— Neustadt. An Christihimmelfahrt, Nachm.
31/2 Uhr, gibt der Sängerchor (120 Sänger) des
Lehrervereins zu Frankfurt a. M. hier
im Saalbau ein großes Konzert; es wirken ferner
nit, 3 Damen sowie 2 Herren vom Raff⸗-Konser—
atorium. Die Eintrittspreise stellen sich auf 2 Mk.
Mk. 50 Pf. 1 Mk. und 75 Pf
Vermischtes.
F Munchen, 15. Mai. Das Anti⸗-Sigl-
Blatt, genannt „das andere Vaterland“ äst
nach Verausgabung seiner Nummer 1 wieder seelig
ntschlafen und somit Dr. Sigl ohne Kampf Herr
der Situation geworden.
F Nürnberg, 14. Mai. Unweit des Denk⸗
nals von Albrecht Dürer steht an eine Capelle ge—
ehnt das winzige Häuschen „Bratwurstglöcklein“,
n welchem man zum Bier Bramurst und Kraut
zekomnit, gerade wie zu den Zeiten, wo die Pirk—
reimer. Hans Sachs, Adam Kraft RNeit Stosch.
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