Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugbherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St. Jugberter Anzeitzer“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltunge 
zlatt und Sonntagßs mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.A 75 —, einschliekna 
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M 97. 
Volitische Uebersicht. 
Ausland. 
London, 17. Mai. Die Saint⸗James Ga— 
eue meldet, das Cabinet habe nach wiederholten 
rathungen beschlossen, zu einer Expedition nach 
hartum Vorbereitungen zu treffen und alles Er— 
xderliche sofort in Angriff nehmen zu lassen. Die 
truppen sollen, sobald die Gewässer des Nils das 
dassiren kleiner Dampfer gestatten, also schon gegen 
ende Juli, abgesandt werden. 
Petersburg, 17. Mai. Der Prinz Wil⸗ 
eim mit Gefolge ist um 5 Uhr 55 Min. wohlbe⸗ 
atlen hier angekommen. Am Bahnhofe empfangen 
on den Großfürsten und den Spitzen der Vehörden 
ind dem Personal der deutschen Botschaft. Die 
degrüßung war sehr herzlich. Auf dem Babnhofe 
par eine Ehrencompagnie des Sremeonof'schen 
reibgarde· Grenadieregiments nebst Fahne und Musik 
uufgestellt. Der Prinz fuhr in's Winterpalais, wo⸗ 
elhst er absteigt. Die Straßen, die der Prirz pas⸗ 
irte, hatten geflaggt. Das Publikum grüßte sehr 
ympathisch. v. Schweinitz war dem Prinz eni— 
egengereist. 
Petersberg, 17. Mai. In Begleitung des 
ßroßfürsten Wladimir im Winterpalais argelangt, 
vard Prinz Wilhelm daselbst vom Kaiser empfangen, 
erzlichst begrüßt und in seine Apartements geleitet, 
vo der Prinz den Besuch sämmtlicher anwesenden 
hroßfürsten empfing. Bald darauf begab sich der 
zrinz zur Familientafel ins Anitschkoff· Palais, wo 
ie Kaiserin mit den Großfürstinnen derfaremelt 
varen. Den Ehrendienst beim Prinzen bat der 
yeneralmajor Graf Lambsdorff, die Ordon ranzen 
tellt das Petersburger Grenadier⸗ Regiment Konig 
zriedtich Wilhelm. Schweinitz, Werder und Bis 
t waren dem Prinzen bis Gatschina entgegen⸗ 
efahren 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
8St. Ingbert, 19. Mai. Nicht weniger 
is vier hiesige Vereine machten gestern ihre Mai⸗ 
uzflüge: der Kriegerverein der Tuͤrnverein. 
die „Geduldigen“? und der Verein, Du kommst ja 
iht“. Der Turnverein hatte sich Reunkirchen zum 
siele gesetzt, die übrigen Vereine dlieben mehr in 
er Nahe. Selbstverständlich erfolgte der Aus⸗ und 
iinmarsch unter klingendem Spiele. 
- Bei der vor einigen Tagen staitgehabten 
hergebung der Bauarbeiten im neuen Amtsgerichts⸗ 
ind Gefaͤngniß⸗Gebaude in Homburg erhielt in 
mgerer Sudmission Herr Maurermeifter Pfleger 
von hier die Maurerarbeiten. 
—Am 19. Dezember 1883 war der 54 Jahre 
ohann Kiehl vonhier durch das Schoffengericht 
gen Vernachlässigung seines Hjahrigen Sohnes 
uit 8 Tagen Gefangniß bestraft worden. Kiehl 
ane das Kind ohne Schuhe gelassen, wierer an⸗ 
ibt, weil er zu arm sei, um solche anschaffen zu 
nnen. In Folge dessen konnte der Knabe die 
thuule nicht besuchen. Es wurde jedoch feftgestellt, 
aß der Beschuldigte nur eine Ausred gebraucht 
atte und im Vereine mit seiner Ehefrau und drei 
wachsenen Kindern wohl in der Lage ist, für den 
nierhait seiner jüngeren Kinder ausreichend Sorge 
gen zu können.Sein⸗ gegen das schöffenge⸗ 
huliche Uriheil erhobene Berufung wurde dorm 
nd in der letzten Straftammersitzung des igl. 
— Zweibrucken alz unbegruͤndet derworfen 
— dleibt es fur Kiehl, eine gewissen Sorte von 
cllern zw Warnung, bei ben 3 Tagen Gefäncniß 
Montag, 19. Mai 1884. 
19. Jahrg. 
O Mimbach, 17. Mai. Heute Nachmittag 
and die zweite Versteigerung der verschiedenen 
)ölzer aus den Gemeindewaldungen stait. Auch 
»iesmal wurde wie das erste mal ein namhafter 
Zetrag erlöst, so daß heuer die Gemeindebürger der 
Umlagen, d. h. der Gleichstellungsumlagen entlastet 
verden. — Heute Sonntag Morgen um 2 Uhr 
internahm der hiesige Männergesangverein seinen 
rsten Maiausflug. Derselbe erstreckte sich über die 
Irte Böckweiler, Seyweiler, Walsheim, Bliesdahl⸗ 
jeim, Breitfurt und Kirchheimerhof. 
— Der kath. Kirche Remigiusberg, egl. 
Bezirksamts Kusel, wurde zur Reparatur der kath. 
ßfarrkirche daselbst eine Kollekte in sämmilichen 
athol. Kirchen der Pfalz bewilligt und zur Vor⸗ 
nahme dieser Kollekte der 1. Pfingstfeiertag, Sonn⸗ 
ag den 1. Juni 1884, bestimmt. 
— Zu Leimersheim mußten im Laufe von 
inigen Tagen, nach einer Mittheilung des L. Anz., 
1Stück Kühe geschlachtet werden, bei denen ein 
zaar Tage nach dem Kalben der Milchfrost zum 
Ausbruche kam. Da aus andern Orten dieselben 
dlagen kommen, so scheint es, als ob die klimatischen 
Berhältnisse zur epidemischen Erscheinung dieser 
rankheitsform beitragen. Sehr viei wird auch von 
den Viehbesitzern troz häufiger Warnung darin ge— 
fehlt, daß kurz vor und nach dem Kalben die Thiere 
zu reichlich gefüttert und dadurch für den Milchfrost 
emofänglich werden. 
in Berlin aus der zweiten Etage des Hause 
Alexandrinenstraße Nr. 33 wegen nicht bestandenen 
Frxamens auf das Pflaster stürzte, aber noch lebend 
in die Charité eingeliefert wurde, ist nach Berliner 
Blättern trot der sorgsamsten Pflege am Dienstag 
gestorben. 
7 Eine neue Kurmethode bei Fett— 
beibigkeit.) Gegen das beschwerliche Leiden der 
Fettleibigkeit wirken mehr oder weniger gewaltsame 
Stoffentziehungen, wie solche durch die Mineral⸗ 
wasserkuren in Karlsbad und Marienbad erzielt 
werden, wie bekannt, nur vorübergehend und man 
ist langst bemüht gewesen andere Methoden zu 
finden, mit denen bei bezeichneter Krankheit Hilfe 
zu schaffen bez. besonders dem Eintritte derselben 
vorzubeugen. Diese wichtige Frage vollkommener 
zu lösen, als dies bisher gelungen, hat nun Prof. 
Dr. Wilh. Ebstein in Göttingen sich zur lohnenden 
Aufgabe gemacht. Ebsteins Kurmethode, welche in 
seiner nicht blos für Fachmänner, sondern auch für 
gebildete Laien verständlich abgefaßten Brochure: 
„Die Fettleibigkeit (Korpulenz) und ihre Behandlung 
nach physiologischen Grundsätzen, fünfte Auflage, 
Wiesbaden 1883, Verlag von F. Bergmann“, des 
Naheren beschrieben, erhellt, in ihren Grundprinzi⸗ 
pien den Ausführungen eines Herrn M. aus Greifs- 
wald entlehnt, ungefähr aus folgender Betrechtung: 
Von der vielgkrühmten Banting-Kur hat schon 
Mancher erfahren, daß dieselbe gesundheilsschadlich 
st. Sie stellt zu große Anforderungen an die 
Leistungsfähigkeit der Fettleibigen. Da letztere in 
der Regel weniger widerstandsfähig als Magere 
— die Fettleibigkeit führt mit der Zeit zu Blut⸗ 
armuth und Korperschwäche — so muß eine gewalt⸗ 
jame Eutziehungskur bei denselben direkt schädlich 
wirken. Die Banting⸗Kur ist aber eine Entzieh— 
ungskur im vollsten Sinne des Wortes, denn sie 
beschrankt zwar nicht der Quantität nach, aber ge⸗ 
ttattet nur den Genuß von Fleisch, von welchem 
die Verdauungsorgane so große Quantitäten, als 
zur Sättigung bei reiner Fleischnahrung erforderlich 
(23 Kilogr. täglich), zu bewältigen außer Stande 
sind. Mit einem Zusatz von Fett und Mehl kann 
bekanntlich ein Erwachsener sich mit einem Pfunde 
Fleisch besser nähren, als ohne diese Beigaben mit 
vier Pfunden Fleisch. Fett und Kohlehydrate sind 
Eiweißsparer, also auch Fleischsparer. — Bei den 
im Korper bestandig vor sich gehenden Verbren⸗ 
nungsprozessen, bei denen aus dem Eiweiß die 
ganze Masse der zum Aufbau des Koͤrpers noth⸗ 
wendigen Substanzen, unter anderem auch das noth⸗ 
vendige Fett entsteht, bewirken Kohlehydrate und 
Fette durch ihre Gegenwart, daß weniger Eiweiß 
zersetzt wird und daher auch weniger ersetzt werden 
nuß. Sie bewirken dies, indem sie selbst der Zer⸗ 
etzung verfallen. Aber sie bewirken dies, auf 
Janz verschiedene Weise. Während bei Gegenwari 
von Kohlehydraten das wirklich sich zersetzende Ei— 
veiß vorzugsweise Fett liefert, ist die Bildung 
»on Fett aus dem sich zersetzenden Eiweiß 
»ei Gegenwart von Fett eine sehr geringe. 
deide sparen Eiweiß, aber die Kohlehydrate 
anter Fettbildung, die Fette ohne dieselbe. — 
Von Fleisch kann der Fettleibige allein nicht leben, 
veil er nicht genug davon essen kann, um sich zu 
,rhalten. Damit demnach die schon entwickelie oder 
)rohende Blutverarmung nicht gefördert werde, muß 
der Fleischnahrung ein Eiweiß- oder Fleischsparer 
lugesetzt werden. Von den heiden zur Dispofsition 
tehenden sind die Kohlehyrdrate als Feitbildner zu 
sermeiden — Damit wäre der Boden für di 
Vermischtes. 
F München, 16. Mai. Der bekannte Stati— 
tiker und Demokrat Georg Kolb (früher in Speyer, 
. 3. Landtags- und Zollparlamenisabgeordneter 
ür Kaiserslautern⸗Kirchheimbolanden) ist heute Mach⸗ 
nittag hier gestorben. Kolb war 1808 in Speyer 
jeboren, Bürgermeister daselbst, 1848 Mitglied der 
ꝛeutschen Nationalversammlung, 1870 der einzige 
falzische und liberale Abgeordnete der bayer. Kam⸗ 
ner, welcher für die Neutralität Bayerns stimmte. 
f München. Bei dem Festzug der Ve— 
keranen waren, wie nun oöffiziell festgestellt ist, 
399 Fahnen zur Stelle; 824 Vereine waren durch 
384 offizielle Delegirte vertreten. 
f Ein sensationeller Doppelselbst⸗ 
nmord hält die Einwohnerschaft von Stuhlweißen⸗ 
hurg in Aufregung. Die Hauptmannswittwe Pram⸗ 
buscher wurde in ihrer an der Offener Straße ge⸗ 
egenen Wohnung todt aufgefunden. Der sofort 
jerbeigerufene Arzt, Dr. Arokay, constatirte den 
Tod durch Vergiftung. Eine große Volksmenge 
and sich vor dem Hause der Selbstmörderin ein. 
Als nun auch der gerade des Weges kommende 
Forporal bei den Ulanen, Anton Reinbacher, Kennt⸗ 
niß von dem Geschehenen erhielt, eilte derselbe so—⸗ 
ort nach Hause und trank eine Cyankali- Lösung 
er gab dann nach wenigen Minuten den Geist auf. 
horläufig wurde nur so viel constatirt, daß Rein⸗ 
zacher mit der Hauptmannswittwe ein heimliches 
Liebesverhältniß unterhielt und dieses wahrscheinlich 
nuch den Beiden das Motiv des Selbstmordes bildete 
F Morgen, Dienstag, den 20. Mai findet die 
kröffnung des Salinenbades zu Salzbronn 
bei Saaralben statt. Den chemischen Untersuchungen 
zufolge, welche die Professoren Bunsen und Rilter 
»em im Garten der Saline gegrabenen Mineral⸗ 
zrunnen gewidmet haben, enthält das Wasser die⸗ 
elben Bestandtheile wie die Heilquelien der Kurorie 
Vichy und Contrereville. 
F Der Studiosus phil. Georg Ch. aus Frank⸗ 
furt a. M. adebürtia, ver sich am Diensffag Abend